10 Juli 2013

Offener Brief an den NSA-Zuträger Apple


Von: Matt Wagner
Betreff: Aufforderung zur Änderung der AGBs anlässlich des NSA-Skandals
Datum: 10. Juli 2013 20:56:01 MESZ
An: media.de@apple.com



Sehr geehrter Herr Albrecht,

ich bin seit vielen Jahren Apple-Kunde, mein erster Rechner war ein Performa, dann kam ein iMac, schließlich diverse Power- und MacBooks, natürlich iPods, Airport Express, Apple-TV und so weiter. So um die 20.000 Euro dürften in den vergangenen 20 Jahren von meiner Börse in Ihre geflossen sein, aber das war es mir wert. Ich war (fast) immer nicht nur zufrieden, sondern begeistert von der Qualität Ihrer Produkte und von ihrer Schönheit und Eleganz.

Das galt auch für Ihre Software. Auf iTunes bin ich begeistert eingestiegen, als Sie die iCloud gestartet haben, war ich gefühlt der erste deutsche Abonnent. Und natürlich habe ich seit langem eine Apple-ID mit entsprechender Mailadresse.

Bei den letzten beiden Punkten aber wird es neuerdings heikel. Denn, wie inzwischen herauskam, haben Sie anscheinend dem amerikanischen Auslandsgeheimdienst NSA einen generellen Zugriff auf meine Cloud- und Maildaten erlaubt. Dabei bin ich kein Terrorist.

Ich finde das erschütternd. Denn all die Jahre habe ich Ihnen vertraut. Wenn meine Freunde sagten, sie würden Dienste wie Dropbox meiden, weil sie sich Sorgen um die Privatheit ihrer Daten machten, dann habe ich nur gelächelt. Schließlich war ich bei Apple, einer Firma, die von einem Hippie gegründet worden war, dem die privaten Entfaltungsmöglichkeiten über alles gingen. Ich wähnte meine Privatsphäre bei Ihnen sicher.

Aber das war sie nicht. Sie haben meine Daten geteilt. Obwohl Sie wussten, dass die NSA mit ihrer Forderung gegen nationale Gesetze und sogar gegen das Völkerrecht verstieß, haben Sie den Zugriff erlaubt und mich nicht darüber informiert.

Dabei hätten Sie nur nein sagen müssen.

 

Recht, Gesetz, Moral und Anstand wären auf Ihrer Seite gewesen. Und mir als Kunden gegenüber, der sich nichts hat zuschulden kommen lassen, wären Sie dazu verpflichtet gewesen. Das ist ein schwerer Schlag für mich und meine Meinung über Sie. Ich fange an, über die 20.000 Euro nachzudenken, die ich Ihnen überlassen habe. Und ich denke ernsthaft nach über die Zukunft unserer Geschäftsbeziehung.

Daher meine Forderung an Sie: Versichern Sie mir, dass meine Daten von jetzt an sicher sind bei Ihnen. Versprechen Sie mir, dass Sie den unrechtmäßigen, völkerrechtswidrigen flächendeckenden geheimdienstlichen Zugriff auf Apple-Kundendaten – darunter auch meine – ab sofort unterbinden. Schreiben Sie das in Ihre AGBs, in die Geschäftsbedingungen, in die Kaufverträge.

Dann werde ich mit Sicherheit auch wieder einen mit Ihnen abschließen.
Auf eine baldige Zusage freue ich mich.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Wagner

PS: Diesen Brief werde ich als offenes Schreiben in meinem Blog veröffentlichen und erbitte die Erlaubnis, das auch mit Ihrer Antwort tun zu dürfen. Es ist – da sind wir uns sicher einig – in unserem gemeinsamen Interesse.




Update vom 22.7.2013

Nach zweimaligem Nachfragen kam heute eine Mail mit folgendem Text:


„Apple’s Commitment to Customer Privacy

June 16, 2013

Two weeks ago, when technology companies were accused of indiscriminately sharing customer data with government agencies, Apple issued a clear response: We first heard of the government’s “Prism” program when news organizations asked us about it on June 6. We do not provide any government agency with direct access to our servers, and any government agency requesting customer content must get a court order.

Like several other companies, we have asked the U.S. government for permission to report how many requests we receive related to national security and how we handle them. We have been authorized to share some of that data, and we are providing it here in the interest of transparency.

From December 1, 2012 to May 31, 2013, Apple received between 4,000 and 5,000 requests from U.S. law enforcement for customer data. Between 9,000 and 10,000 accounts or devices were specified in those requests, which came from federal, state and local authorities and included both criminal investigations and national security matters. The most common form of request comes from police investigating robberies and other crimes, searching for missing children, trying to locate a patient with Alzheimer’s disease, or hoping to prevent a suicide.

Regardless of the circumstances, our Legal team conducts an evaluation of each request and, only if appropriate, we retrieve and deliver the narrowest possible set of information to the authorities. In fact, from time to time when we see inconsistencies or inaccuracies in a request, we will refuse to fulfill it.

Apple has always placed a priority on protecting our customers’ personal data, and we don’t collect or maintain a mountain of personal details about our customers in the first place. There are certain categories of information which we do not provide to law enforcement or any other group because we choose not to retain it.

For example, conversations which take place over iMessage and FaceTime are protected by end-to-end encryption so no one but the sender and receiver can see or read them. Apple cannot decrypt that data. Similarly, we do not store data related to customers’ location, Map searches or Siri requests in any identifiable form.

We will continue to work hard to strike the right balance between fulfilling our legal responsibilities and protecting our customers’ privacy as they expect and deserve.“

20 Kommentare:

  1. " Dabei bin ich kein Terrorist."

    Das sagen Sie einfach so.
    Sie kennen doch den Bezugsrahmen überhaupt nicht, in den Sie eingespannt werden. Ich ja auch nicht, so wie andere.
    In einer Demokratie ist so etwas einfach nicht möglich. Ganz klar.
    Oder: Wo so etwas möglich ist, ist doch nicht von einer De..kratie auszugehen, denn ein womöglich eventuell vielleicht unter Umständen gegebenenfalls potentiell möglicher "Anscheinsbeweis" spricht dagegen ?
    Alles Gute an Edward Snowden.

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  2. Ach man. Weder Apple noch die anderen Firmen geben der NSA oder sonstwelchen Behörden uneingeschraenkten Zugriff auf irgendwelche (oder gar alle Daten). Das waere technisch und finanziell bloedsinn. Liest sich aber gut in Medien und hilft dem Idiot Snowden.

    Es muss eine Anfrage einer Behoerde fuer eine bestimmte Person vorliegen (Wer diese Anfrage stellt, das kann hingegen diskutiert werden). Und hier unterscheiden sich US-Unternehmen und NSA nun absolut nicht von deutschen Unternehmen, Gesetzen und Vorgaengen. Absolut nicht...

    (Dass die NSA evt. andere, u.U. illegale Methoden anwendet um von den Firmen unbemerkt Daten der Nutzer zu erlagen, kann man nicht Apple anlasten)

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  3. Anonym, woher haben Sie Ihre Erkenntnisse? Es besteht sehr wohl der Verdacht, dass Unternehmen wie Apple ihre Daten der NSA überlassen; aus den Unterlagen, die Snowden mitgenommen hat, geht das nach Angaben der Medien, die Einsicht nehmen konnten, hervor. Siehe hier: Prism.

    Zitat: „Große Internetkonzerne sollen die Daten ihrer Nutzer freiwillig an den US-Geheimdienst liefern. Apple, Microsoft und Co. bestreiten die Vorwürfe.“

    Bestreiten würde ich das an deren Stelle auch. Und warum noch mal gleich ist Snowden ein „Idiot“? Ihre Motivation, Beleidigungen statt Fakten beizusteuern, würde mich interessieren.

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  4. »Dann werde ich mit Sicherheit auch wieder einen mit Ihnen abschließen.«

    Das Problem wird sein, mit wem Sie abschließen, wenn Apple Ihrer berechtigten Forderung nicht nachkommt. Zumal ich fürchte, dass es sich dabei um das wahrscheinlichere Szenario handelt.

    Weite Teile der digitalen Gegenwart und deren voraussichtlich komplette Zukunft sind geschlossene Systeme, an denen Sie mit Ihren Gadgets hängen wie ein Junkie an der Nadel. Allen Systemen gemeinsam: Ihr Gegenüber kontrolliert, was immer er will, Sie kontrollieren rein gar nichts.

    Sie können es entweder ganz lassen, oder mit irgendeinem Unsympathen abschließen. Ihre Optionen beschränken sich auf die Auwsahl des am wenigsten unsympathischen Unsympathen. Falls der mal Hippie gewesen sein will, wird Ihnen das übrigens nichts nützen (siehe Elchkritiker).

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  5. Wahrscheinlich haben Sie Recht.

    Aber eine AGB-Floskel, die so etwas wie Datenzugriff für Externe definitiv ausschließt, ergäbe zumindest mal eine rechtliche Handhabe. Inwieweit das dann im Fall der Fälle durchsetzbar wäre, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

    Außerdem möchte ich, dass die Unsympathen mit genau so was um mich als Kunden kämpfen. Und dabei hätten sie ja sogar Recht und Gesetz auf ihrer Seite.

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  6. Das geht aus den Unterlagen von Snowden eben nicht hervor. Dieses "sie koennen alles jederzeit von jedem lesen" ist eine Interpretation der Medien (evt. auch von Snowden selbst). Je reisserischer umso besser! Und die Konzerne geben es auch nicht "freiwillig" heraus, sondern nur, wenn sie von den Behoerden auf Grundlage geltender Gesetze dazu aufgefordert werden, und auch nur fuer die Personen, die "ueberwacht" werden sollen. (Google, Facebook, Microsoft & Yahoo haben inzwischen erreicht zumindest die grobe Zahl der "Verfahren" zu veroeffentlichen, um die Behauptung "alles wird abehoert" zu korrigieren)

    Allein die Kosten von laecherlichen 20M Dollar, die in dem von Snowden geleaktem Dokument genannt werden, sollten klar machen, dass es sich gar nicht um eine Totalueberwachung handeln kann.

    Das Problem ist die "rechtliche Grundlage" und wie diese umgesetzt oder teilweise ausgehoehlt wurde. Hier steht Europa und vor allem Deutschland den USA aber in absolut nichts nach...

    Was Snowden betrifft: Den Idioten kann ich zuruecknehmen. Jedoch behaupte ich, dass seine Motivation nicht lupenrein und nicht nur vom Aufklärungsdrang gepraegt ist. Er hat sich anstellen lassen, mit dem Vorsatz, Informationen zu veroeffentlichen. Ausserdem unterstelle ich, dass er Zugang zu Informationen und Unterlagen hatte (teils veröffentlicht) deren genauen Kontext, Hintegrund und Funktionsweise auch er nicht kannte. Seine Meinung war jedoch schon vorgefertigt und das hat mit Sicherheit auch seine Interpretation einiger Dinge beeinflusst.

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  7. Wunderschön. Und leider komplett ohne jede Aussicht auf Erfolg.

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  8. @ Anonym 23:58
    Ihre Meinung scheint auch vorgefertigt. Von wem auch immer

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  9. Sehr geehrter Herr Wagner,
    Ich schätze sie werden in einer hochqualitativen, schönen und eleganten Art den ebensolchen Mittelfinger von Apple besichtigen dürfen. So wie wir alle gerade den Mittelfinger unserer Regierung betrachten dürfen und die Klappe halten sollen. "Ist doch alles nur zu eurem Besten!"

    Ich fürchte ein großer Teil der Journalisten hat noch nicht kapiert, daß Journalismus der auf Insiderinformation beruht gerade den Bach runtergegangen ist. Hofberichterstattung geht natürlich noch.

    (Natürlich anonym. HA HA)

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  10. Wenn Sie sich bei Apple in Bezug auf Datenschutzgründe sicher gefühlt haben, dann muss ich Ihnen eine gewisse Blauäugigkeit unterstellen. Apple hat sich lediglich dadurch hervorgetan das sie ein Korsett für ihre Produkte geschaffen haben in dem nur von ihnen erlaubte Inhalte vorkommen dürfen und in dem sie eine 100%ige Kontrolle haben - das ist nicht die Verhaltensweise einer Firma die Wert auf die Meinung (und Daten) ihrer Kunden legt.

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  11. Apple war auch vor der NSA-Affäre schon nicht mehr die coole, kleine Underdog-Hippie-Firma. Schlechte Arbeitsbedingungen in den chinesischen Werken, Abschottung, aggressive Lizenz- und Rechte-Politik, miese iTunes-Gebührenzahlungen an Bands, sektenhafte Arbeitsbedingungen in den Apple-Stores (die übrigens die Hölle sind) - um nur ein paar Punkte aufzuführen.

    Apple macht übrigens 156 Milliarden Euro Umsatz im Jahr (2012) und 42 Milliarden Euro Gewinn.

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    1. ... und hat supertolle Steuersparmodelle, damit sie im Verhältnis fast nix abführen müssen.

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  12. Liebe Leute, das sind alles Nebenschauplätze, die man bestimmt kritisch diskutieren sollte, aber was hat das mit dem NSA-Zugriff auf meine Daten zu tun? Lassen Sie uns bei der Sache bleiben, ok?

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  13. Übrigens sind genau die Umsatz- und Gewinnzahlen Punkte, an denen man Apple packen kann. Wenn die Kunden nämlich wegbleiben, weil dort ihre Daten nicht sicher sind, ist das bestimmt unschön für Apple. Oder jede andere Firma.

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  14. Also, wenn ich mir diesen Artikel (heise.de/tp/artikel/39/39408/1.html) genau durchlese, der zeigt, wie wir hier in Deutschland seit Jahrzehnten am Nasenring durch die Arena geführt werden, ist die ganze Aufregung und Diskussion, egal auf welcher Ebene, für mich nur ein Sturm im Wasserglas.
    Schlimm nur, dass sich mein persönliches Demokratieverständnis dabei in Wohlgefallen auflöst - wem soll man denn überhaupt noch trauen?

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  15. Lieber Herr Wagner, was das mit dem NSA-Zugriff auf Ihre Daten zu tun hat? Nun, in Ihrem Artikel beschreiben Sie groß und lang, wie toll Apple ist. Aber jetzt - surprise, surprise - plötzlich nicht mehr. Oder eigentlich auch nur: Weg mit dem NSA-Zugriffen, und dann ist alles wieder prima.

    Wer die Entwicklung des Apple-Konzerns in den letzten Jahren nüchtern betrachtet hat, für den kommt diese Sache nicht gerade überraschend.

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  16. Die Produkte überzeugen mich weiterhin, daran ändert der Skandal ja nichts – und auch nicht die Entwicklung der letzten Jahre. Es funktioniert, es harmoniert, es überzeugt mich ästhetisch: Das bleibt.

    Übrigens scheint das Ganze nicht so schlimm zu sein wie bei Microsoft, das der NSA sogar die interne Entschlüsselung auf dem Silbertablett überreicht hat. Kann aber natürlich auch noch rauskommen.

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    1. Na ja - ob nun "freiwillig" und dabei wohl offensiv wider besseren Wissens (war das richtig ?) täuschend oder nur "willig"...
      Das Ergebnis ist das gleiche.
      Wenigstens widerwillig wäre ja schon etwas. So etwas, das immerhin eine richterliche Anordnung nötig machte.
      Es - "das alles" - macht mich immer wieder unruhig, wirklich wichtiges rede ich an vorher nicht bestimmten Orten und zu nicht vorher bestimmten Zeitpunkten unter vier Augen, zwei Mündern und vier Ohren. Hoffentlich war das bisher ausreichend.

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  17. Übrigens, Herr Albrecht ist seit fast 2 Jahren nicht mehr bei Apple.

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  18. Ja, das hat mir Apple inzwischen auch mitgeteilt. Ändert aber nichts am Grundproblem …

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