23 Dezember 2005

Das Grauen, das Grauen!

Wir waren eingeladen zu Marks allvorweihnachtlichem Greuljulklapp, konnten aber nicht. Die Idee dieser Veranstaltung ist ultrabrutal: Jeder bringt etwas mit, das er unter keinen Umständen mehr besitzen möchte, und alle Mitbringsel wandern dann mithilfe eines perfiden Distributionsverfahrens reihum in neue angewiderte Hände. Es kann also sein, dass man feixend mit Plüschhandschellen antanzt und später mit einer trüben Lavalampe und säuerlichem Lächeln davonschlurft. Hmpf.

Mark hat den Verlauf der diesjährigen Veranstaltung protokolliert. Wir wissen jetzt, was wir verpasst haben. Zum Beispiel einen Petersilienhacker, ein Muscheldöschen, Selbstgetöpfertes zur Teeerwärmung, ein Seifenblasenset, ein Mikro-Fimo-Schweinchen, das Parfum „Tet a Tet" (vulgo: russischer Nuttendiesel) und ein silbern eingefasstes Märchenschlossfoto in Metallic.

Tja, was wäre ggflls. von uns gekommen? Vielleicht die hölzerne thailändische Glücksgöttin, die seit Jahren statt einer Leuchte an der Wohnzimmerdecke hängt und uns alltäglich dazu zwingt, im Dunkeln fluchend nach dem Trittschalter der Stehlampe zu suchen? Nein, sie ist zu alt und war zu teuer.

Oder die treuherzige Memoente, die tagein, tagaus als stummer oranger Butler Rechnungen, Kinokarten oder Paketquittungen im Schnabel hält und uns diese monotone Tätigkeit unablässig mit stummer Verbitterung vorhält? Nein, sie ist zu nützlich.


Im Grunde braucht man nur ein einziges bestürzend grauenhaftes Objekt, um ein für alle Mal am Höllenkreis des Greuljulklapp teilnehmen zu können. Denn was man dieses Jahr bekommt, kann man ja nächstes Jahr wieder in die Runde werfen.

„Wir müssen uns Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen.“ Sagt Camus.

Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Miss Sarajewo“ von George Michael, „The moon is down“ von Explosions In The Sky und „Nightlife at 3:33“ von Buscemi.

22 Dezember 2005

Die Gesetzesinitiative

Eins der letzten Konzerte in der Weltbühne. Das Gebäude an der Holstenstraße wird nächstes Jahr abgerissen, alles riecht nach Abschied. Die halblegendäre Hamburger Band Huah! reuniert sich speziell zum Tschüs-Sagen. Einst hatte sie eine subtile Analyse unseres Gesellschaftssystem zur hartleibigen Aussage „Scheiß Kapitalismus“ verdichtet, und heute legt sie sie noch einmal die ganze Strecke von den 50ern bis zum Punk zurück.

Das Publikum schwankt zwischen Melancholie und Euphorie, auch jener Teil, der wenig sehen kann. Ich plädiere übrigens für ein Gesetz, dass Menschen, die größer sind als andere, dazu zwingt, sich bei Konzerten hinter jedwedem Kleineren aufzuhalten. Die Durchführung wäre recht simpel: Jeder schaut sich prüfend um, und sobald er jemanden entdeckt, den er überragt, begibt er sich ohne viel Federlesens hinter dessen Rücken. Zweifelsfälle könnten leicht mit mitgeführten Zollstöcken geklärt werden. Schon ergäbe sich in jedem beliebigen Konzertsaal eine treppenstufenartige Staffelung des Publikums, die vertikal Benachteiligte – evolutionstechnisch also vor allem Frauen – automatisch in Bühnennähe platzierte. Alle wären glücklich.

Doch dieses Gesetz existiert noch nicht, und der Typ vor mir – schätzungsweise 195 Zentimeter hoch und damit rund 15 höher als ich – sieht auch keinerlei Notwendigkeit, sein Verhalten freiwilig an Kants kategorischem Imperativ zu orientieren („Stell dich immer so hin, dass du zugleich wollen kannst, dass alle sich so hinstellen"). Nicht genug damit, er muss auch noch ständig seinem Kumpel irgendwelche Wichtigkeiten zubrüllen, so dass der Blick auf die Bühne gänzlich verstellt ist durch zwei blöde Hinterköpfe.


Mehrere Becks müssen Trost spenden.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Vera C“ von Hector Zazou, „Beloved, where would I go?“ von Kronos Quartet & Asha Bosle und „Wayfaring stranger“ von Andreas Scholl.


21 Dezember 2005

Der Fußball

Ah, er tobt, der Kiez, Freude schäumt durch die Straßen! Hertha ist geschlagen im Pokal, in dramatischer Manier nach 0:2-Rückstand, mit Verlängerung, Schlammbädern auf dem Fußballacker und finalem Astra unter der Dusche. Und der nächste Gegner heißt Werder Bremen, da wird man ausscheiden, aber mit Glanz und Gloria und vielleicht ja doch nicht. Kann das Leben schöner sein?

Doch hier kommt Waldi. Der entweder sardonische oder bloß sedierte ARD-Hartmann erzählt dem bis zum Beginn des Interviews noch quietschglücklichen St.-Pauli-Trainer Andi Bergmann, das nächste Pokalspiel seiner Kiezkicker fände im Bremer Weserstadion statt. Bergmann ist baff, er wirkt schlagartig wie eine ausgeblasene Kerze. Denn er dachte, Amateure hätten gegen Profis immer Heimrecht – und so ist es ja auch. Das weiß jeder, vielleicht sogar Thomas Hässler.

Nur Waldi nicht. Und als er dann noch Oliver Bierhoff dafür lobt, seine Sache bei der Auslosung der nächsten Runde „als Debütant ganz fantastisch“ gemacht zu haben, und Bierhoff ihn irritiert lächelnd darauf hinweist, schon einmal in dieser Sache tätig gewesen zu sein, da ist Waldis Tag endgültig von einer Konsistenz, die an Schonmalgegessenes erinnert.

Werden wir ihn bei der WM wiedersehen?

Apropos Fußball: Heute erkundigten sich diverse „Freunde“ mit hämischer Pseudobesorgtheit bei mir, was denn nun aus meinem Premiere-Abo würde, wo der Pay-TV-Sender doch jetzt die Bundesligarechte verloren habe. Nun, was schon? Ich werde mir „aus dem Decoder ein Vogelhäuschen basteln“ (Harald Schmidt).

Warum hat sich die Fifa beim WM-Ball-Design eigentlich von Slipeinlagen inspirieren lassen? Das ist eine viel wichtigere Frage als die nach meinem Premiere-Abo. Verstanden?

Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Marseille“ von Roy Budd, „Love theme“ von Seductive Souls und „Some velvet morning“ von Nancy Sinatra & Lee Hazlewood.

20 Dezember 2005

Der Dienstags-Deal

Das von Nietzsche stammende Motto des literarisch ambitionierten Blogs „Der Club der halbtoten Dichter" lautet: „Alle guten Dinge haben etwas Lässiges und liegen wie Kühe auf der Wiese.“

Das stimmt natürlich sehr, und auch das Gegenteil: Alle schlechten Dinge haben etwas Verkrampftes und stehen wie Rocker hinterm Tresen. Nicht weit von der abgebildeten Postfiliale in der Seilerstraße hat ein Schuster seinen Laden. Er ist tätowiert bis über beide Ohren, trägt Jeansjacke und Bandana, verströmt den Odeur der Harley-Davidson-Generation und hat sicher alle LPs von Steppenwolf im Schrank, aber noch nichts von sinnvollen Öffnungszeiten gehört.

Den Schuh, den ich ihm am Freitagnachmittag zum Reparieren vorbeibrachte, kann ich nämlich quasi gar nicht mehr zeitnah in meinen Besitz bringen. Ich arbeite (in Ottensen) von 9.30 bis 18.30, er hat geöffnet (in St. Pauli) von 10 bis 18 Uhr. Unsere Tagesabläufe sind völlig inkompatibel.

Weil mir das unbewusst war, hatte ich mich dummerweise auf sein Drängen hin verpflichtet, den Schuh heute abzuholen. Der Schuster war schon am Freitag recht muffig, weil ich nur einen Fünfziger dabei hatte und seinem Begehr nach Vorkasse (sechs Euro) nicht entsprechen konnte. Er grummelte, brummelte, sein Bart wackelte unwirsch, doch händigte er mir schließlich nach meiner Zusicherung, den Schuh ganz bestimmt am Dienstag abzuholen, einen blauen Abholzettel aus. Keine Ahnung, warum die Festlegung auf Dienstag für ihn eine Bedeutung hat wie die Roadmap für Palästina. Ich meine: Was will ich mit nur einem Schuh? Natürlich hole ich ihn wieder ab. Wenn nicht Dienstag, dann halt irgendwann.

Doch jetzt das: Ich brach den Dienstags-Deal!

In einer erklärenden und, wie ich finde, bewegenden E-Mail schilderte ich ihm heute den objektiven Grund dafür: die Inkompatibilität unserer Lebensabläufe. Doch ich erntete nur schmollendes Nichts. Was wird jetzt aus meinem Schuh? Wenigstens habe ich ab Donnerstag Urlaub, und wenn der Schuster ihn bis dahin nicht mit unwirsch wackelndem Bart und unter wütendem Abspielen von „Born to be wild“ rituell verbrannt hat, anstatt ihn zu kleben, dann gibt es eine Chance auf Rückgabe. Für sechs Euro.

Nein, besser: Ich schicke morgen Ms. Columbo vorbei; sie hat frei. Bin auf ihren Bericht gespannt.

Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Keep a light in the window“ von J W Alexander, „If I were a carpenter“ von The Four Tops und „Elle et moi“ von Max Berlin.


19 Dezember 2005

Die Fundstücke des Tages

1. Die Aboverwalterin der Zeitschrift Konkret hat im Impressum keinen Vornamen, sondern heißt „Frau Gullasch“.

2. Truman Capote wurde geboren als „Truman Streckfus Persons“.


3. Unter der Webadresse www.kingkong.de verbirgt sich eine Personalberatung. Sie vermittelt aber keine Affen. Zumindest keine echten.


4. Der Hamburger Bauer-Verlag will zehn Schlussredakteure entlassen, „um die Qualität der Hefte zu steigern“ (sic!). Das ist ungefähr so, als würde Horst Seehofer seine Gammelfleischkontrolleure feuern, um die Qualität von Schweinehack zu steigern. Dazu würde mich mal die Meinung von Frau Gullasch interessieren.


Da diese vier Fundstücke nicht legal illustrierbar sind, kann ich genausogut die Spielhalle in Ottensen abbilden, an der ich heute nach der Arbeit vorbeilief.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „True love“ von Ed Townsend, „I put a spell on you“ von Nina Simone und „Moonshiner (live at Gaslight 1962)“ von Bob Dylan.


18 Dezember 2005

Die Affen

Naomi Watts läuft die ganze Zeit durch „King Kong", als sei sie grenzdebil: mit halboffenem Mund. Klar, sie hat zwei schlagende physische Argumente, nämlich außerordentlich aparte Schneidezähne.

Aber warum zeigt sie uns sogar in jener Szene die Beißerchen, als Rieseninsekten ihr Tentakel in den Mund stecken? Vielleicht hat Regisseur Peter Jackson ihr gesagt: „Naomi, wenn du auch nur einmal in diesen drei Stunden den Mund zumachst, dann musst du mich heiraten.“


Am Ende des Films fällt der Riesengorilla, wie es seit 72 Jahren sein Schicksal ist, vom Empire State Building. Nach hunderten von Metern klatscht er auf den Asphalt – und ist doch kein Matsch. Der Film ist ab 12.


Im Ufakino am Gänsemarkt haben sie an den Seiten diese riesigen Leuchtröhren. Auf dem Foto schwebt eine davon in der Schwärze wie ein Raumschiff aus Kubricks „2001“. Auch das ein Film über Affen. So schließen sich Kreise, immer und überall.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Good times are back“ von TV Smith, „Washboard Lisa“ von Grayson Crapps und „Lover“ von Lilium.


17 Dezember 2005

Der Busfahrer (2)

Der Zwischenfall von vorgestern (ein Münchner Pendant dazu wird hier erzählt) hat eine Vorgeschichte, die ich erst jetzt, im Licht der aktuellen Ereignisse, richtig einstufen kann.

Vergangene Woche nämlich musste ich rennen, um an der Davidstraße den Bus noch zu erwischen. Er stand an der Haltestelle, als ich ihn erreichte. Doch die hintere Tür war zu. Ich betätigte den „Öffnen“-Knopf und nichts passierte. Noch mal drücken, nichts. Und plötzlich gibt der Fahrer Gas. Ich brülle irgendwas, das phonetisch an „Hey!“ erinnert und semantisch einen giftigen Mix aus Überraschung und Empörung ausdrücken soll.


Doch vergebens, weg ist er. Ärgerlich, aber solche Fahrer gibt es halt. Sie müssen offenbar mit einem nagenden Frust fertig werden, der ihr Leben vergiftet und sie von Zeit zu Zeit zu kleinen schäbigen Bösartigkeiten drängt.


Dachte ich zumindest. Doch dass auch diese Aktion mit der neuen Hamburger Regelung der Ticketpräsentation zusammenhing, ist mir erst jetzt aufgegangen. Wäre ich etwas sensibler gewesen, ich hätte schon vergangene Woche erahnt, was die Hochbahn mir durch die Schikane sagen wollte. Aber ich bin eben ein Holzklotz.


Die abgebildete Lampe hätte ich auch gern zu Hause stehen. Doch sie gehört der Geschäftsstelle der Aids-Hilfe in der Seilerstraße. Und sie steht dort gar nicht, sondern hängt von der Decke. Kleiner Drehtrick.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Bandy Bandy (feat. Erykah Badu)“ von Zap Mama, „Nighthawking“ von Tim Buckley und „Song #3“ von Marvin Gaye.


16 Dezember 2005

Der Schäuble

Heute hat sich die neue Bundesregierung in Gestalt von Innenminister Wolfgang Schäuble ausdrücklich vom Völkerrecht verabschiedet.

Zwar möchte er ungern, dass deutsche Beamte foltern, soviel muss klar sein. Aber wenn ausländische Beamte das sowieso bereits getan haben, dann kann man die Geständnisse doch auch verwerten. Wo sie ja schon mal da sind.

Ja, ja, der gute Christ aus Baden. Mal davon abgesehen, wie perfide sein Vorschlag ist und wie leichthändig sich der Mann damit von den Menschenrechten und den Grundprinzipien der Humanität verabschiedet: Weiß er denn
wirklich nicht, was von Geständnissen zu halten ist, die erfoltert wurden?

Mann, wenn man mit mir Ertrinken spielte, was nach Ansicht des guten texanischen Christen George W. Bush ja zu einem netten, legitimen Verhör dazugehört, dann würde ich
alles gestehen, auch die Ermordung Kennedys. Oder den kompletten 11. September.

Sogar das Attentat auf Schäuble.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „The Postcard“ von Robbie Williams, „The world is a ghetto“ von War und „Druck“ von Richard Wahnfried.

15 Dezember 2005

Der Busfahrer

Nachdem ich die Zeisehallen (Foto) durchquert hatte, stellte ich mich an die Haltestelle Friedensallee. Bis zur Ankunft des Busses gab es noch keine Blog-Geschichte für heute. Wenig später schon.

Es begann damit, dass der Fahrer die hintere Tür nicht öffnete. Ich telefonierte gerade mit einem Freund und drückte gedankenverloren den Knopf, doch nichts geschah. Also hieß es nach vorne tapern, wo mich der Fahrer – ohne den Blick von der Straße zu wenden – mit den Worten begrüßte: „Statt telefonieren lieber Fahrkarte zeigen.“

Huch. Das war mir neu – und sein Tonfall vielleicht nicht hundertprozentig der Situation angemessen, denn immerhin sprach er mit einem Kunden, der mit einem nicht unerklecklichen Monatsbeitrag sein Gehalt finanzierte. Vielleicht hatte der gute Mann aber einfach diese Reflektionsebene noch nicht erreicht. Das sollte ihm allerdings auch im Lauf unserer Begegnung nicht mehr gelingen.

Bisher, wandte ich jedenfalls irritiert ein, habe man doch erst ab 21 Uhr die Karte zeigen müssen. Seit letzter Woche sei das eben anders, schnappte der Fahrer. Er schaute mich noch immer nicht an, sondern höchstens mal betont gelangweilt hoch zum Rückspiegel. Dabei gab es darin gar nichts zu sehen; immerhin konnte ja hinten keiner einsteigen, weil er die Tür nicht geöffnet hatte.

„Wo wurde diese Neuerung denn kommuniziert?“, fragte ich, nachdem ich meinem Freund gesagt hatte, ich riefe gleich zurück, derweil ich einhändig die Abokarte aus der Brieftasche fingerte. „In der BILD-Zeitung“, sagt er, „und im Hamburger Abendblatt.“

„Ich lese keine Springer-Zeitungen“, entgegnete ich dem Ignoranten recht giftig, obwohl ich manchmal doch in die eine oder andere reinluge, aber höchstens online. Zum Beispiel lese ich die Zitate im BILDblog (siehe links in der Blogroll), und die sind original Springer, nämlich allzu oft falsch, verdreht, verwechselt, dumm oder alles zusammen. Der Fahrer ratterte weitere Zeitungsnamen herunter.

„Vielen Dank für Ihre Freundlichkeit“, demütigte ich ihn und zog mich in den hinteren Busteil zurück.
Als wir uns zehn Minuten später der Davidstraße näherten, stellte ich mich zum Aussteigen vor die hintere Tür. Und zu meinem nicht geringen Erstaunen prangte dort der übliche riesigrunde Aufkleber: „Ab 21 Uhr bitte Karte vorne beim Fahrer vorzeigen.“ Es war 18:20 Uhr.

Also ging ich nach vorn und fragte den Fahrer, warum denn dieser Aufkleber da hinten noch klebe und ob er ihn nicht vielleicht mal entfernen wolle angesichts der doch per Springer kommunizierten veränderten Zusteigepraxis. „Wenden Sie sich an die Hochbahn“, sagte er und schaute schon wieder sinnlos in den Rückspiegel, „ich mache gar nichts weg.“

Um es noch mal zusammenzufassen: In ihren eigenen Bussen fordert mich die Hochbahn zu etwas auf, das sie per BILD-Zeitung untersagt hat. Doch der Fahrer hört auf BILD.

Das ist Medienmacht.

Große Musik, die heute durch den iPod floss: „A few minutes after trancefer“ von Klaus Schulze, „Scarborough fair“ von Walter Parks & Alan Dynin und „A stream with bright fish“ von Brian Eno & Harold Budd.


14 Dezember 2005

Das Bürschchen

„Ich habe das Buch nicht gelesen, aber ich habe den Film gesehen.“ Dieser Satz ist geradezu Folklore: unter Kinokritikern. Erst heute habe ich ihn wieder gehört, am Rande der Pressevorstellung des Biopics „Capote". Reingehen bitte, ab 16. Februar.

Auf dem Weg ins Fitnessstudio passiere ich die abgebildeten Arkaden an der Ludwig-Erhard-Straße. Beim Bauchtraining liegt neben mir auf der Matte ein Bursche, der schwer von seiner Coolness überzeugt ist.

Alles an ihm ist geschniegelt und neu. Gel im frischfrisierten, von einem Band zurückgehaltenen Blondhaar, ein Bartstrich, der über Kiefernknochen und Kinn von einer Kotelette zur anderen huscht, als wollte er sich bei Bro'Sis bewerben. Futschneue Fila-Sneakers, blitzsaubere Adidas-Shorts, ein farblich darauf abgestimmter Knieschoner, den er wahrscheinlich bei einem Background-Tänzer in einem Madonna-Video entdeckt hat.

Alles perfekt also, wahrscheinlich war er vorm Training anderthalb Stunden bei Sport-Scheck. Aber beim Bauchtraining macht das Bürschchen nach zweieinhalb Minuten schlapp. Uff.

Es müsste ein Gesetz geben, das Anfänger darauf verpflichtete, in den ersten Trainingsstunden schäbige Lappen zu tragen. Im Lauf der Monate könnten sie sich dann hochcrunchen zu Markenklamotten. Eine große Koalition müsste das doch hinkriegen.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Shadow blues“, „A shining lamp“ und „Snow camping“, alle von der unvergleichlichen
Laura Veirs. Wie sagt der Amerikaner? Dig it!

13 Dezember 2005

Der Media Markt

Wenn du dich mal allein und verlassen fühlen willst, geh in den Media Markt. Auf der Suche nach einem bestimmten, mir allerdings in seiner genauen Ausformung unbekannten Kabel irre ich durch die Gänge der Filiale am Bahnhof Altona (davor kann ich unbemerkt das abgebildete Beinfoto schießen).

Doch kein Verkäufer in Sicht. Ich bin desorientiert und hilflos. Allen anderen Kunden scheint es genauso zu gehen. Ratlosigkeit schwebt über uns wie eine große schwarze Wolke.
Ich finde schließlich die richtige Abteilung, sie liegt eine Etage höher.

Da, ein Verkäufer. Allerdings radebrecht er gerade ein Beratungsgespräch mit einem älteren Herrn auf Englisch. Ich warte. Und warte. Und warte. Es will kein Ende nehmen.


Ich entferne mich, um einen anderen Verkäufer zu finden. Das gelingt auch. Ich schildere das Problem, er sagt zu meiner spontan aufflammenden Freude: „Kommen Sie bitte mit“, was ich auch tue – und stehe plötzlich wieder vor dem Radebrecher. Ich fühle mich wie Sysyphos.

„Hier habe ich schon 20 Minuten aufs Ende seines Verkaufsgesprächs gewartet“, erkläre ich dem Hinbringer mit einem ersten Hauch von Frustration in der Stimme, „und ich hatte gehofft, Sie könnten mir helfen.“
Nun, das war eine Fehlannahme. Er sei vollkommen unzuständig und habe nicht den Schimmer einer Ahnung von jener merkwürdigen Welt der Kabel, erklärt er sinngemäß und schulterzuckend im eiligen Weggehen.

Während ich also schon wieder aufs Ende dieses zähen Kauderwelschs warte, sehe ich, wie eine Dame, die bereits vorhin mit mir gemeinsam um den kabelkundigen Verkäufer buhlte, einen weiteren Media-Markt-Mann anspricht. Sein Schulterzucken kommt mir inzwischen bekannt vor, doch seine Antwort ist mir neu: „Nein, ich kann Ihnen nicht helfen, ich bin nur ein Praktikant.“ Sein Lächeln wirkt triumphierend, aber ich kann mich täuschen. Die Dame dampft ab. Durch ihre schwarze Wolke zucken Blitze.

Irgendwann ist es soweit. Ich kann den richtigen Mann ansprechen. Und er identifiziert sogar mein Kabel. Trotzdem gehe ich da nicht mehr hin. Ich bin doch nicht blöd.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Untitled 3“ von Calexico/TLS, „Appalachian spring “ von Yo-Yo Ma und „Promenade sentimentale“ von Vladimir Costa.


12 Dezember 2005

Das WM-Spiel

Wir wurden schon gestern Abend per SMS vorgewarnt: Im Büro sei die Heizung ausgefallen. Wir sollten uns besser warm anziehen. Um halb zehn heute morgen gingen sie also los, die allgemeinen Schal- und Wollsockenfestspiele.

Wie sich allerdings herausstellte, war die Heizung bereits über Nacht repariert worden. Ich versuchte dennoch spaßeshalber, mit Strickhandschuhen meinen Namen in die Tastatur zu hacken. Ergebnis: „Ma tg g hiysxc Wabvnef“.

Seit Freitag muss ich mich mit Spötteleien über mein WM-Spiel herumschlagen. Costa Rica gegen Ecuador, hmpff. Aber man muss das mal so sehen: Ecuadorianerinnen und Costaricanerinnen, mit denen ich unzweifelhaft die Tribüne teilen werde, wollen sicherlich nächsten Juni die abgetakelten Sambaschabracken aus Brasilien vergessen machen. Immerhin ist das ihre einzige Chance. Und wo geht das am allerallerbesten? Bei genau dieser Partie. Costa Rica gegen Ecuador. Und ich mittendrin.


So.


Abends bin ich zum Weihnachtsessen einer großen Plattenfirma eingeladen. Im Restaurant Abendmahl am Hein-Köllisch-Platz (wo ich die abgebildete Telefonzelle mit Baumkorona entdeckte) ist es höllisch laut, obwohl keine Musik spielt, nicht mal die der großen Plattenfirma. Dennoch weht ein denkwürdiger Dialogfetzen zu uns herüber, und er klingt, findet Herr Rammoser, wie in Stein gemeißelt:


„Das kannst du vergessen!”

„Ich denk gar nicht dran!“

Darauf muss man erst mal kommen.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Knife in the table“ von Beef Terminal, „Deep lake“ von Film School und „FM delight“ von Klaus Schulze.


11 Dezember 2005

Das Knoblauchdesaster

Bin gerade während der Premiere-Bundesligakonferenz beim Kochen, als aus dem Wohnzimmer ein Moderatorenlärm ertönt, der mit der 1:0-Führung meines 1. FC Köln zusammenhängen könnte.

Ich stürme wie ein fideler Geißbock durch den Flur und finde zu meinem Entzücken den Höreindruck bestätigt. Euphorisiert betrachte ich das Tor aus allen Perspektiven und kehre beschwingt zurück in die Küche.


Hat schon mal jemand eine Pfanne mit verbranntem Knoblauch vorgefunden? Es sind sehr hässliche pechschwarze Flocken, die am Pfannenboden festkleben, weil das, was einst Olivenöl war, in einer thermodynamischen Reaktion zu einem nicht nur olfaktorisch eklen gelben Schmier verschmolzen ist.

Bremen gewinnt dann doch noch.

Große Musik, die heute durch den iPod floss: „World spins“ von Julee Cruise, „Acts of heroes“ von Washington und „Lobster“ von Red Snapper.

10 Dezember 2005

Der Besuch

In einem anderen Blog las ich unlängst, wie mulmig einem wird, wenn man direkt am Transenstrich in der Schmuckstraße wohnt und ein Elternbesuch ansteht. So ähnlich geht es mir dieses Wochenende.

Die beiden älteren Herrschaften kommen aus einem frommen hessischen Dörfchen und müssen jetzt zwischen Peepshows, Sexkinos und Betteljunkies hindurch slalomieren, um Sohn und Schwiegertochter in der Seilerstraße aufzusuchen.
Wir lotsen sie möglichst um die neuralgischen Punkte herum, führen sie sogar in die beruhigend weit vom Sündenpfuhl entfernte AOL-Arena (Westtribüne, Block 16c), um den HSV gegen Hertha siegen zu sehen.

Statt heißer Ohren auf dem Kiez holen sie sich also nur kalte Füße im Stadion an der Müllverbrennungsanlage. Und müssen hinterher feststellen, dass dort nach dem Spiel genauso viele Taxis herumstehen wie in ihrem kleinen frommen hessischen Dörfchen an der Hauptstraße: nämlich null. Weltstadt Hamburg.


Also muss ich mich mit Frau und Eltern bang in die rücksichtslose Menschenmasse stürzen, die in einen der Shuttle-Busse eindringen will – und zwar alle Mann gleichzeitig, sofort und ohne Rücksicht auf Verluste oder ältere Herrschaften. Meine Mutter entpuppt sich indes als robuste Ellbogenscharfschützin, ich remple, schiebe und stoße staunend hinter ihr her.


Abends gibt es Hirschgulasch.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Cosmic trigger“ von Axiom Ambient, „Flammende Herzen“ von Michael Rother und „Clue“ von Roedelius.


09 Dezember 2005

Die Weihnachtsfeier

Das Gute an Weihnachtsfeiern? Temporär freie Kost und Logis sowie viel Zeit für die üblichen dummen Witze, aber ohne dass Arbeit liegen bleibt.

Heute Abend sitzt fast die ganze Welt – na gut, rund eine Drittelmilliarde Menschen – vor den Fernsehern und verfolgt die WM-Auslosung, während das Kollegium sich an Fischsuppe, Ziegenkäse im Speckgürtel und Ente auf Rotkohl mit Polenta und Bohnengemüse laben darf.
Der präventiv eingerichtete SMS-Service von zu Hause liefert zunächst unbefriedigende Ergebnisse – „Heidi Klum hat breitere Schultern als Reinhold Beckmann“ ist zwar eine interessante Beobachtung, aber nicht gerade die Neuigkeit, nach der die Fußball-Aficionados am Tisch sehnlichst gieren. Ich muss telefonisch eine zielgenauere Informationspolitik anmahnen, was auch fruchtet.

In der ersten Auslosungsphase hatte ich ein Ticket für das WM-Spiel am 15. Juni in Hamburg ergattert, und gegen 22.30 Uhr ist dann endlich klar, welches es sein wird: Costa Rica gegen Ecuador. Dabeisein ist alles, argumentiere ich präventiv offensiv, muss aber ohnmächtig erleben, wie dieses Ergebnis die Spottlust der fröhlichen Zechrunde kräftig befeuert. Selbstbewusst verbuche ich das als blanken Neid und ordere trotzig einen Marc de Provence, eine Art französischen Grappa.

Irgendwann stehen mehrere Kollegen gestikulierend im Raum, während sie mit offenbar nur noch vegetativ gesteuerten Reflexen in beiden Händen Weingläser unterschiedlich kolorierten Inhalts ausbalancieren.

Es wird Zeit zu gehen, nicht ohne die spinnenartige Deckenlampe des Restaurants La Provence auf die SIM-Karte zu bannen.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Love street“ von Nigel Kennedy, „Electric edwardians“ von In The Nursery und „Good times are back“ von TV Smith.


08 Dezember 2005

Der Umzug Israels

Der heute veröffentlichte Vorschlag des iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinedschad, Israel kurzerhand nach Deutschland zu verlegen, weil damit „das Kernproblem der Region“ gelöst sei, stieß bei mir auf spontane Gegenliebe. Zumal ich sofort eine Idee hatte, welche der „ein bis zwei Provinzen“ (Ahmadinedschad) wir dafür zur Verfügung stellen könnten. Also trabte ich vorfreudig zum Franken, doch der reagierte auf meinem Vorschlag recht muffig.

Auch mein Argument: „Dann haben wir endlich die Atombombe!“ wollte ihn in seiner Ablehnung nicht wankend machen. Selbst mein Ergänzungsangebot – Zurverfügungstellung der Provinzen Sachsen, meinetwegen auch Mecklenburg-Vorpommern – fruchtete nichts.

Dank Ahmadinedschad schlägt uns der Iran endlich auf der nach oben offenen Peinlichkeitsskala, deren Rekordmarke wir seit Bundespräsident Lübke („Meine Damen und Herren, liebe Neger“) und Kanzler Kohl („You can say you to me“) unangefochten inne hatten.

Einen solch denkwürdigen Tag sollte man kulinarisch beenden. Dabei half eine Einladung zum Showcase mit Dinner ins Café Lago, wo sie sehr schöne Bodenkacheln haben, wie man sieht. Durch die halb blickdichten Bastjalousien sahen wir die Elbe schimmern im Licht der Docks, während man u. a. Gänsekeulen auf Rotkohl servierte und ein italienischer Topten-Sänger uns mit einer Akustikversion von „Rhythm is a dancer“ überraschte.

Für einen schönen runden Abschluss dieses Tages sorgte schließlich die Enthüllung, dass der Italiener ein gebürtiger Israeli sei. Wir verbuchten ihn freudig als Vorhut im Sinne Ahmadinedschads.

Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Sally Ann“ von Natalie Merchant, „It takes a lot to laugh, it takes a train to cry“ von Jerry Garcia & Merle Saunders und „One“ von U2.


07 Dezember 2005

Die Frauennamen

Ach ja, Männergespräche in der Umkleidekabine … Heute im Fitnessstudio unterhielten sich zwei meiner Geschlechtsgenossen, natürlich über Frauen. Genauer gesagt: über eine bestimmte.

„Wie heißt die noch mal?“, fragt der eine.
Der andere: „Karina.“
„Wie?“
„Na, Karina. Wie die Damenbinden.“

Schon war die Sache klar, und das Gespräch konnte recht unfallfrei fortgeführt werden.


In einer „Seinfeld“-Folge hat Titelheld Jerry den Namen der Frau vergessen, mit der er ausgeht. Er weiß nur noch, dass ihr Name sich auf einen Teil der weiblichen Anatomie reimt. Am Ende ahnt sie seine Amnesie und stellt ihn ultimativ zur Rede. Seine Lage ist natürlich vollkommen verzweifelt und hoffnungslos, und er setzt kleinlaut alles auf eine Karte: „Mulva …?“

Sie hieß natürlich Uschi.

Der auf dem Foto vorbeihuschende Bus am Bahnhof Altona brachte mich übrigens nicht zum Fitnessstudio. Aber der nächste.

Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Mysterious ways“ von U2, „Feels like teen spirit“ von Makrosoft und „I'm never gonna sleep tonight“ von Asche & Spencer vom „Stay“-Soundtrack.


06 Dezember 2005

Die Suchabfragen

Es ist mmer wieder interessant, wie Leute über Suchmaschinen auf diesen Blog stoßen. In der Regel suchen sie bei Google nach Begriffen wie „Herbertstraße“, „Huren“, „Transen“ oder „Reeperbahn“. Doch zu ihrer Überraschung empfange ich sie hier mit launigen Bemerkungen über meinen Alltag, und sie müssen arg unbefriedigt wieder von dannen surfen.

Heute fand jemand den Weg hierher über die Suchabfrage „reeperbahn luden“. Er (ich bin sicher, dass es ein Er war) kam aus Bayern, und pikanterweise heißt sein Heimatörtchen (ich bin sicher, dass es ein Örtchen ist) ausgerechnet „Poppendorf“. Diese sinnige Kombination aus Suchbegriff und Herkunft ist bisher ungeschlagen. Ist ja noch weit besser, als würde ein Hamburger nach „McDonalds“ suchen.


Unglaublich viele Leute landen außerdem auf meiner Seite, nachdem sie nach „Zahnarztstuhl“ gegoogelt haben. „Zahnarztstuhl“? Anfangs erschien mir das seltsam, bis mir klar wurde, dass auch das wohl sexuell motiviert sein muss.


Es ist eine fremde und seltsame Welt.


Der abgebildete Table-Dance-Club auf der Reeperbahn ist hiermit jetzt auch erwähnt; mal sehen, wann der erste neugierige Moulin-Rouge-Googler aus St. Blasien hier vorbeischaut.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „The passenger“ von Iggy Pop, „Sounds of silence“ von Simon & Garfunkel und „The killers“ von Motörhead.


05 Dezember 2005

Die Tanzhalle

Dass die Tanzhalle „Tanzhalle“ heißt, ist ungefähr so, als würde man die Londoner Royal Albert Hall „Engtanzschuppen“ nennen. Der Club ist echt klein, wahrscheinlich der kleinste auf dem Kiez.

Er liegt in der Silbersackstraße, und um von der Seilerstraße unbelästigt von einschlägigen Damen dorthin zu gelangen, muss ein Plan her.
Dazu gehört essentiell das Fahrrad. Aus mehreren Gründen: weil es a) nur mäßig regnet, b) schneller geht und c) die unterwegs trotz der Umgehungsroute eventuell lauernden Abfangjägerinnen es schwerer haben mit Opfern, die unterwegs sind wie der Blitz.

Ich radle also die Seilerstraße hinab, biege am Hamburger Berg links ein und dann rechts in die Reeperbahn, folge ihr bis zur S-Bahn-Station und überquere sie an der Fußgängerampel. Somit habe ich die hochneuralgischen Punkte Davidstraße und Hans-Albers-Platz, wo die Gefahr sich vielbeinig ballt, links liegen gelassen.

Jetzt kann ich ungestört die Silbersackstraße hochfahren, wo die Tanzhalle liegt.
Dort spielen heute Abend zwei Gitarren-Bands, Film School und The National, und wären sie schon größer und berühmter, würden sie höhnisch lachen über die Tanzhalle und sich lieber ums Ausschlürfen bretonischer Austern kümmern. So aber ist man als Zuschauer nirgends weiter als sechs, sieben Meter von den Musikern weg.

Das geht natürlich auf die Ohren; ich verkrümele mich daher ans hintere Ende des Raumes, wo zugleich der Tresen aufhört. Und dort auf der Anrichte entdecke ich dieses Arrangement aus Flasche, Spieß und grobem Zucker im Glas. Auch im größten Lärm ist eben Platz für ein Stilleben.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Neon lights“ von Kraftwerk, „This wheel's on fire“ von The Byrds und „In love with a view“ von Mojave 3.


04 Dezember 2005

Die Telefonbuchfrage

Gestern auf der Post unten an der Ecke, direkt gegenüber der legendären Kneipe Tippel II: Zwei Männer wollen ein Telefonbuch kaufen. Postangestellter: „Von A–K oder von L–Z?" 1. Mann zum 2. Mann: „Der schreibt sich doch mit I, oder?" Und zum Postmann: „Also das Buch mit I.“

Postmann läuft los (Er läuft immer. Er kann alles, nur nicht langsam.). Der zweite Mann hat inzwischen einen Zettel rausgekramt, stiert konzentriert darauf und sagt mit jener gewissen Langsamkeit, die auf ein Bildungsniveau deutlich unter Doktorgrad schließen lässt: „Nee, mit Ypsilon.“ Er hält dem Kumpel den Zettel hin: „Das ist doch ein Ypsilon?"


Der Postangestellte hat gute Ohren und eine sehr niedrige Genervtseintoleranz. Er stoppt und fragt mit jener zuschnappenden Geschwindigkeit, die auf ein Bildungsniveau von mindestens Abitur schließen lässt: „Also, was denn nun: von A–K oder von L–Z?" 1. Mann: „Ach, geben Se beide.“


Ich liebe St. Pauli.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Chosen one“ von Smog, „Steady as a rock“ von Deadbeat und „Are you goin with me“ von Pat Metheny.