Zwischen Training und Dusche suche ich die Toilette auf, und zwar so, wie die Evolution mich schuf, aber plus Handtuch. Es gibt zwei Kabinen, eine ist besetzt. Als ich meiner dort üblichen Beschäftigung nachgehe, erhalte ich unfreiwillig akustisch Kunde von den erstaunlichen Vorgängen in der Nachbarkabine.
Ohne ins Detail gehen zu wollen – die Geräuschkulisse erinnert an Bombenangriffe. Könnte man Schall riechen, müsste ich sofort in Ohnmacht fallen, niedergestreckt von einem olfaktorischen Overkill. Auch Dauer und Dynamik der Attacken sprengen jede Vorstellung, zumindest meine.
Ich drücke kräftig aufs Tempo und verlasse diesen ungastlichen Ort, so schnell es geht. Im Vorraum leert gerade eine nette Reinigungskraft mit Migrationshintergrund den Mülleimer. Mir wird plötzlich klar, wie wenig schallisoliert die Kabinen sind und wie wenig gedämpft man gewisse Geschehnisse auch hier, an den Waschbecken, vernehmen kann. Und mir wird zugleich bewusst, was die nette Reinigungskraft mit Migrationshintergrund jetzt denken muss. Schließlich weiß sie nichts von einem weiteren in Frage kommenden Kandidaten.
Ein sehr, sehr unangenehmer Gedanke. Ich darf mir das, was eben in der Nachbarkabine geschah, keinesfalls anhängen lassen, soviel ist sicher. Aber soll ich sie wirklich ansprechen und die Sachlage wahrheitsgemäß aufschlüsseln? Soll ich, ein nackter Mann mit Handtuch, mich wirklich vor diese Frau hinstellen und beschwörend murmeln: „Hören Sie, ich weiß, was Sie jetzt denken, aber ich war das nicht, ehrlich!“? Hmm.
Sie ist weiter mit dem Leeren des Behälters beschäftigt und hat bisher höflicherweise nicht hochgeschaut; immerhin bewegt sie sich tagtäglich im Reich nackter Männer und weiß, was sich gehört. Und darin liegt meine Chance, doch noch ohne Plädoyer und Stigma aus der Sache rauszukommen. Also stehle ich mich rasch hinaus. Sie hat mich gewiss nicht gesehen, geschweige denn erkannt; erleichtert fliehe ich unter die Dusche.
Und dort, unter der schütztenden Kaskade, fällt mir nicht nur ein ähnliches Erlebnis vom Januar ein, sondern auch eine Geschichte von David Sedaris. Er erzählt davon, wie er auf einer Gartenparty das Klo aufsucht und dort etwas Unbeschreibliches im Becken vorfindet, was sich partout nicht wegspülen lassen will; also beginnt er fiebrig zu rätseln, wie er die dort dümpelnde Elefantenwurst los wird, um nicht mit ihr in Verbindung gebracht zu werden.
Eine Geschichte, die mir bislang extrem witzig vorkam, aber im Licht der heutigen Ereignisse deutlich an Komik eingebüßt hat.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Toilettenbezug
1. „Waterloo“ von Abba (haha …)
2. „Pissing in a river“ von Patti Smith
3. „Aliens broke my toilet seat“ von Sir Oliver Mally's Blues Distillery
„3000 Plattenkritiken“ | „Die Frankensaga – Vollfettstufe“ | RSS-Feed | In memoriam | mattwagner {at} web.de |
08 Juni 2006
07 Juni 2006
Die Schmäh von Cordoba
Kurz vor Beginn der Fußball-WM ist es angebracht, noch einmal einen hübsch bösen Comedyclip zu würdigen. Er ging zwar schon mal rund, aber irgendwer verpasst ihn ja immer, und das darf nicht sein.
Es ist übrigens ganz nützlich, sich zuvor noch einmal das Vorbild ins Gedächtnis zu rufen, jenes denkwürdige Spiel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich bei der WM 1978 in Argentinien, welches als die Schmach von Cordoba in die Geschichtsbücher einging. Selbst Fußballfans, die selbige noch immer nicht verwunden haben, dürfte der Clip erfreuen – es sei denn, sie sind Nazis. Aber die stürzen sich ja nur auf meinen Blogeintrag vom 11. Februar.
Gut, hier ist sie also, die „Schmäh von Cordoba“:
Ex cathedra: Die Top 3 der satirischen Songs
1. „Everybody's makin' it big but me“ von Dr. Hook & The Medicine Show
2. „Bobby Brown“ von Frank Zappa
3. „I don't wanna sing Bob Dylan songs“ von Attersee
Es ist übrigens ganz nützlich, sich zuvor noch einmal das Vorbild ins Gedächtnis zu rufen, jenes denkwürdige Spiel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich bei der WM 1978 in Argentinien, welches als die Schmach von Cordoba in die Geschichtsbücher einging. Selbst Fußballfans, die selbige noch immer nicht verwunden haben, dürfte der Clip erfreuen – es sei denn, sie sind Nazis. Aber die stürzen sich ja nur auf meinen Blogeintrag vom 11. Februar.
Gut, hier ist sie also, die „Schmäh von Cordoba“:
Ex cathedra: Die Top 3 der satirischen Songs
1. „Everybody's makin' it big but me“ von Dr. Hook & The Medicine Show
2. „Bobby Brown“ von Frank Zappa
3. „I don't wanna sing Bob Dylan songs“ von Attersee
05 Juni 2006
Ein ganz mieses Nie-Wo
Ich habe schon immer zum Kalauern geneigt, nicht nur über Pfingsten auf Rügen. Ein guter Kalauer ist so doof, dass er schon wieder gut ist. Natürlich muss er einen Sinn ergeben, l’art pour l’art macht ihn fad. Doppeldeutigkeit, vertrackter Hintersinn und ein inhaltlich intakter Bezug beim Verdrehen und Veräppeln eines Spruchs: All das muss ein Vertreter dieses zu Unrecht verpönten Genres schon leisten, wenn er als perfekt geadelt werden möchte. Das ist natürlich bockelschwer, und das meiste, was einem so aus dem Finger rutscht, ist höchstens schön doof, aber keinesfalls weltmeisterlich.
So ahnt man kurioserweise in der Stadt Calau, die angeblich doch seine Namensgeberin gewesen sein soll, nicht einmal, was ein Kalauer überhaupt ist. Das beweist die Rubrik „Kalauer des Monats“ auf ihrer Website, wo es viele miese Witze gibt, aber definitiv keine Kalauer. Hallo, Calau, das hier zum Beispiel ist ein echter: Was heißt Sonnenuntergang auf Finnisch? Hell-Sinki.
Zugegeben, der ist äußerst übel. Selbst ich wage mir dabei allenfalls ins Fäustchen zu lachen, obwohl ich glaube, ihn vor vielen Jahren selbst verbrochen zu haben. Oder nehmen wir den hier: Was sagte die betuchte Adlige, als sie noch einmal über ihre sündhaft teure Geschlechtsumwandlung nachsann? „Once I was rich – now I am Richard …“ Deutliche Steigerung, behaupte ich. Dennoch überlasse ich ihn gern der Beurteilung der Nachwelt. Oder: Wie könnte man die Suche nach jamaikanischen Gangstern nennen? Natürlich Rasta-Fahndung. Und so weiter.
Kalauer jedenfalls passieren mir ständig. Als wir am Freitag vor Pfingsten in Binz auf Rügen eintrafen, fiel mir als erstes ein kalauernder Werbeslogan ein, mit dem das Strandstädtchen junge Individualurlauber anlocken könnte: „Ich binz, wer sonz?“ Gut, der ist grauenhaft. Aber auch ein bisschen lustig. Für mich wenigstens. Selbst Ms. Columbo grinst meist höflich schief, wenn ich mal wieder ein Exemplar zum Besten gebe, was ungefähr täglich vorkommt. Manchmal lacht sie aber auch glöckchenhell auf, und dann weiß ich: Es war ein guter.
Die Kalaueritis wirkt sogar ansteckend. Wenn ich mich recht entsinne, ist der hier auf Ms. Columbos Dung gediehen: Wie nennt man vegetarische Rentner? Korn-Greise … Chapeau! Davon inspiriert kreierte ich – als intern Zuständiger für Schmuddeligkeiten – diesen Bruder im Geiste: Wenn alte Herrschaften Sex haben, nennt man das doch wohl … Greisverkehr. Harhar.
Der Fahrradverleih in Binz heißt übrigens „RADzfatz“. Finde ich zu bemüht, offen gestanden. Ich fühlte mich kalauertechnisch dank meines „Ich binz“ also sicher und überlegen auf der Insel. Doch kurz vor der Abreise musste ich mich düpieren lassen. Da parkte am Straßenrand ein Kleinwagen, der über und über mit Werbung vollgepflastert war, und mittendrin prunkte die Internetadresse www.ich-binz.info.
Jemand war also vor mir da gewesen. Es tröstete mich gar nicht – im Gegenteil –, als ich auf besagter Homepage auch noch diverse Volldeppenapostrophe entdeckte („Info's“, „FeWo’s“). Doch irgendwie passt das zum bisweilen abgrundtiefen „Nie-Wo“ (Arno Schmidt) dieses Beitrags. Gleichwohl möchte ich darum bitten, mir schweinische Elektropost zu ersparen. Also keine Iiiih-Mails, okay …?
(Foto: das schimpansenartige Gesicht des Fernrohrs auf der Binzer Seebrücke)
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Inseln
1. „Island in the sun“ von Harry Belafonte
2. „Tiny island“ von Leo Kottke
3. „Bermuda“ von Jonathan Richman
So ahnt man kurioserweise in der Stadt Calau, die angeblich doch seine Namensgeberin gewesen sein soll, nicht einmal, was ein Kalauer überhaupt ist. Das beweist die Rubrik „Kalauer des Monats“ auf ihrer Website, wo es viele miese Witze gibt, aber definitiv keine Kalauer. Hallo, Calau, das hier zum Beispiel ist ein echter: Was heißt Sonnenuntergang auf Finnisch? Hell-Sinki.
Zugegeben, der ist äußerst übel. Selbst ich wage mir dabei allenfalls ins Fäustchen zu lachen, obwohl ich glaube, ihn vor vielen Jahren selbst verbrochen zu haben. Oder nehmen wir den hier: Was sagte die betuchte Adlige, als sie noch einmal über ihre sündhaft teure Geschlechtsumwandlung nachsann? „Once I was rich – now I am Richard …“ Deutliche Steigerung, behaupte ich. Dennoch überlasse ich ihn gern der Beurteilung der Nachwelt. Oder: Wie könnte man die Suche nach jamaikanischen Gangstern nennen? Natürlich Rasta-Fahndung. Und so weiter.
Kalauer jedenfalls passieren mir ständig. Als wir am Freitag vor Pfingsten in Binz auf Rügen eintrafen, fiel mir als erstes ein kalauernder Werbeslogan ein, mit dem das Strandstädtchen junge Individualurlauber anlocken könnte: „Ich binz, wer sonz?“ Gut, der ist grauenhaft. Aber auch ein bisschen lustig. Für mich wenigstens. Selbst Ms. Columbo grinst meist höflich schief, wenn ich mal wieder ein Exemplar zum Besten gebe, was ungefähr täglich vorkommt. Manchmal lacht sie aber auch glöckchenhell auf, und dann weiß ich: Es war ein guter.
Die Kalaueritis wirkt sogar ansteckend. Wenn ich mich recht entsinne, ist der hier auf Ms. Columbos Dung gediehen: Wie nennt man vegetarische Rentner? Korn-Greise … Chapeau! Davon inspiriert kreierte ich – als intern Zuständiger für Schmuddeligkeiten – diesen Bruder im Geiste: Wenn alte Herrschaften Sex haben, nennt man das doch wohl … Greisverkehr. Harhar.
Der Fahrradverleih in Binz heißt übrigens „RADzfatz“. Finde ich zu bemüht, offen gestanden. Ich fühlte mich kalauertechnisch dank meines „Ich binz“ also sicher und überlegen auf der Insel. Doch kurz vor der Abreise musste ich mich düpieren lassen. Da parkte am Straßenrand ein Kleinwagen, der über und über mit Werbung vollgepflastert war, und mittendrin prunkte die Internetadresse www.ich-binz.info.
Jemand war also vor mir da gewesen. Es tröstete mich gar nicht – im Gegenteil –, als ich auf besagter Homepage auch noch diverse Volldeppenapostrophe entdeckte („Info's“, „FeWo’s“). Doch irgendwie passt das zum bisweilen abgrundtiefen „Nie-Wo“ (Arno Schmidt) dieses Beitrags. Gleichwohl möchte ich darum bitten, mir schweinische Elektropost zu ersparen. Also keine Iiiih-Mails, okay …?
(Foto: das schimpansenartige Gesicht des Fernrohrs auf der Binzer Seebrücke)
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Inseln
1. „Island in the sun“ von Harry Belafonte
2. „Tiny island“ von Leo Kottke
3. „Bermuda“ von Jonathan Richman
02 Juni 2006
Das Pimmelproblem
Das Töchterchen meines besten Freundes ist gerade mal zweieinhalb und erschließt sich just die Welt, vor allem verbal. „Hast du einen Pimmel?“, fragt mich die Kleine – und erwischt mich auf dem falschen Fuß. „Ja, hab ich“, verberge ich dennoch nicht ungeschickt meine Überraschung und gebe mich souverän und lebenserfahren: „Wie jeder Mann und jeder Junge.“
„Will sehen!“, kräht sie.
Natürlich wäre es wünschenswert, gegenüber den kleinen Rackern möglichst locker und schamarm mit Nacktheit umzugehen, damit erst gar keine Komplexe und so was entstehen. Nur müsste man dazu wahrscheinlich selber völlig komplexbefreit durchs Leben gehen. Und wer tut das schon?
Ich anscheinend nicht. Jedenfalls sehe ich mich gedrängt, ihr Ansinnen behutsam abtropfen zu lassen. Sie erträgt die Abfuhr fröhlich und wechselt die Strategie. „Ich habe eine Scheide, ich zeig sie dir!“ Irgendwie schaffe ich es, sie auch von diesem Ansinnen abzubringen, indem ich ihre Aufmerksamkeit erfolgreich auf die Strahlkraft des Hochbetts mit angeflanschter Rutschbahn lenke, doch mir wird mal wieder klar: Ich bin nicht geschaffen für Situationen wie diese. Als ich ihrem Papa davon erzähle, lacht der nur: Ach, mit diesen Pimmelforderungen und Scheidenofferten kommt sie zurzeit jedem.
Nicht nur deshalb, sondern u. a. auch wegen der seltsamen kleinkindlichen Hygienevorstellungen und ihrem nachhaltigem Pochen auf komplette elterliche Hingabe kommt mir das Leben ohne Kinder gar nicht mal so schlecht vor. Findet übrigens auch Ms. Columbo.
So, und jetzt ab an die Ostsee (Foto). In den nächsten Tagen teste ich mal das Mail- und Handybloggen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Kinder
1. „Memphis, Tennessee“ von Chuck Berry
2. „Cats in the cradle“ von Harry Chapin
3. „Your mother and I“ von Loudon Wainwright III
„Will sehen!“, kräht sie.
Natürlich wäre es wünschenswert, gegenüber den kleinen Rackern möglichst locker und schamarm mit Nacktheit umzugehen, damit erst gar keine Komplexe und so was entstehen. Nur müsste man dazu wahrscheinlich selber völlig komplexbefreit durchs Leben gehen. Und wer tut das schon?
Ich anscheinend nicht. Jedenfalls sehe ich mich gedrängt, ihr Ansinnen behutsam abtropfen zu lassen. Sie erträgt die Abfuhr fröhlich und wechselt die Strategie. „Ich habe eine Scheide, ich zeig sie dir!“ Irgendwie schaffe ich es, sie auch von diesem Ansinnen abzubringen, indem ich ihre Aufmerksamkeit erfolgreich auf die Strahlkraft des Hochbetts mit angeflanschter Rutschbahn lenke, doch mir wird mal wieder klar: Ich bin nicht geschaffen für Situationen wie diese. Als ich ihrem Papa davon erzähle, lacht der nur: Ach, mit diesen Pimmelforderungen und Scheidenofferten kommt sie zurzeit jedem.
Nicht nur deshalb, sondern u. a. auch wegen der seltsamen kleinkindlichen Hygienevorstellungen und ihrem nachhaltigem Pochen auf komplette elterliche Hingabe kommt mir das Leben ohne Kinder gar nicht mal so schlecht vor. Findet übrigens auch Ms. Columbo.
So, und jetzt ab an die Ostsee (Foto). In den nächsten Tagen teste ich mal das Mail- und Handybloggen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Kinder
1. „Memphis, Tennessee“ von Chuck Berry
2. „Cats in the cradle“ von Harry Chapin
3. „Your mother and I“ von Loudon Wainwright III
01 Juni 2006
30 Mai 2006
Am Polarkiez
Nur ein paar hundert Leute verlieren sich im Millerntorstadion, darunter Alexander, Alexander und ich. Dabei spielt die Türkische Republik Nordzypern beim Fifi Wild Cup gegen Grönland, hey!
Es ist so kalt, als hätten die Männer aus dem Eis eine Methode gefunden, ihr Standardwetter mit nach Hamburg zu schmuggeln. Unsere Hände nehmen die Form des außergewöhnlich steifen Bierplastikbechers an, denn an Fellhandschuhe hat keiner von uns gedacht. Wenn wir ausgetrunken haben, können wir unsere gebogenen Finger als Getränkehalter vermieten. Als Idee nicht schlecht, doch das Vermarktungspotenzial scheint angesichts des dünnbesuchten Turniers begrenzt. Nein, Wärme muss her. Wir müssen auftauen, irgendwie.
Da komischerweise nirgends ein Glühweinstand zu sehen ist, behelfen wir uns mit Currywürsten. Wenn man Gesicht und Hände ganz dicht über die dampfende Masse aus Fleisch und Soße hält, entsteht eine leichte Illusion von Wärme. Mit jedem Bissen allerdings schwindet dieser Effekt; ein Dilemma.
Zur Halbzeit führt Nordzypern mit 1:0. Die Stimmung auf den Rängen ist gedrückt. Keine Wende in der zweiten Hälfte. Wir trippeln auf der Gegengerade hin und her und schauen sinnierend unseren Atemwolken nach, während Grönland sich vergeblich abmüht, den auch auf dem Kiez vereinigungsunwilligen Nordzyprioten ein Remis aufzuschwatzen.
Ich halte Ausschau nach Opa Edi, kann seinen imposanten Grauschopf aber nirgends entdecken. Wir geben uns trotzig der nachgewiesenermaßen falschen Vorstellung hin, Alkohol wärme von innen, und holen uns die nächste Runde Bier. Jetzt spielt die Freie Republik St. Pauli gegen Gibraltar. Einige Hardcorepaulifans machen Stimmung. „Ein Tor, ein Tor, St. Pauli schießt ein Tor!“ fantasiert ein junger Bursche unbeeindruckt von Kälte und mangelnder Unterstützung, was allerdings die Männer vom Affenfelsen zur 1:0-Führung peitscht. Wir klatschen, und nicht nur aus Höflichkeit: Es wärmt.
Zur Halbzeit habe ich das Gefühl, mir werde es alsbald ergehen wie Ötzi, dem Gletschermann vom Hauslabjoch, sofern ich nicht recht bald in eine beheizte Berghütte flüchte. So verabschiede ich mich klappernd von sämtlichen Alexanders, zücke an der Budapester Straße noch kurz die Kamera für die pittoreske Tristesse einer gewissen Bühne 62 und finde muggelige Zuflucht im Grünen Jäger. Dort zieht gerade eine ebenso sympathische wie hochmittelmäßige Band aus Düsseldorf den Abend bis zur Hauptattraktion – Downpilot aus Seattle – in die Länge wie einst die Seiler auf der Reeperbahn ihre Schiffstaue.
Immerhin: Es ist warm. Und Downpilot spielen ihre langsamen Americana-Preziosen mit Ernst und Würde. Außerdem sieht der Sänger aus wie Jackson Browne.
St. Pauli hat übrigens wirklich noch den Ausgleich geschossen, wie ich aus dem Web erfahre. Psychologisch natürlich ganz schlecht für Gibraltar.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Kältebezug
1. „Shiloh Town“ von Tim Hardin
2. „Antarctica starts here“ von John Cale
3. „Frozen“ von Madonna
Es ist so kalt, als hätten die Männer aus dem Eis eine Methode gefunden, ihr Standardwetter mit nach Hamburg zu schmuggeln. Unsere Hände nehmen die Form des außergewöhnlich steifen Bierplastikbechers an, denn an Fellhandschuhe hat keiner von uns gedacht. Wenn wir ausgetrunken haben, können wir unsere gebogenen Finger als Getränkehalter vermieten. Als Idee nicht schlecht, doch das Vermarktungspotenzial scheint angesichts des dünnbesuchten Turniers begrenzt. Nein, Wärme muss her. Wir müssen auftauen, irgendwie.
Da komischerweise nirgends ein Glühweinstand zu sehen ist, behelfen wir uns mit Currywürsten. Wenn man Gesicht und Hände ganz dicht über die dampfende Masse aus Fleisch und Soße hält, entsteht eine leichte Illusion von Wärme. Mit jedem Bissen allerdings schwindet dieser Effekt; ein Dilemma.
Zur Halbzeit führt Nordzypern mit 1:0. Die Stimmung auf den Rängen ist gedrückt. Keine Wende in der zweiten Hälfte. Wir trippeln auf der Gegengerade hin und her und schauen sinnierend unseren Atemwolken nach, während Grönland sich vergeblich abmüht, den auch auf dem Kiez vereinigungsunwilligen Nordzyprioten ein Remis aufzuschwatzen.
Ich halte Ausschau nach Opa Edi, kann seinen imposanten Grauschopf aber nirgends entdecken. Wir geben uns trotzig der nachgewiesenermaßen falschen Vorstellung hin, Alkohol wärme von innen, und holen uns die nächste Runde Bier. Jetzt spielt die Freie Republik St. Pauli gegen Gibraltar. Einige Hardcorepaulifans machen Stimmung. „Ein Tor, ein Tor, St. Pauli schießt ein Tor!“ fantasiert ein junger Bursche unbeeindruckt von Kälte und mangelnder Unterstützung, was allerdings die Männer vom Affenfelsen zur 1:0-Führung peitscht. Wir klatschen, und nicht nur aus Höflichkeit: Es wärmt.
Zur Halbzeit habe ich das Gefühl, mir werde es alsbald ergehen wie Ötzi, dem Gletschermann vom Hauslabjoch, sofern ich nicht recht bald in eine beheizte Berghütte flüchte. So verabschiede ich mich klappernd von sämtlichen Alexanders, zücke an der Budapester Straße noch kurz die Kamera für die pittoreske Tristesse einer gewissen Bühne 62 und finde muggelige Zuflucht im Grünen Jäger. Dort zieht gerade eine ebenso sympathische wie hochmittelmäßige Band aus Düsseldorf den Abend bis zur Hauptattraktion – Downpilot aus Seattle – in die Länge wie einst die Seiler auf der Reeperbahn ihre Schiffstaue.
Immerhin: Es ist warm. Und Downpilot spielen ihre langsamen Americana-Preziosen mit Ernst und Würde. Außerdem sieht der Sänger aus wie Jackson Browne.
St. Pauli hat übrigens wirklich noch den Ausgleich geschossen, wie ich aus dem Web erfahre. Psychologisch natürlich ganz schlecht für Gibraltar.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Kältebezug
1. „Shiloh Town“ von Tim Hardin
2. „Antarctica starts here“ von John Cale
3. „Frozen“ von Madonna
Aufruf
Lieber Unbekannter (falls du eine Frau bist, korrigiere mich bitte),
du hast am Wochenende in der Seilerstraße einen Fahrradsattel samt Stange „gefunden“. Gut, du hast den Drehhebel umlegen müssen, um die Stange aus dem Rohr zu ziehen. Doch das war völlig in Ordnung so; schließlich hätte dies auch ein Dieb tun können. Ich war ja leider zufaul gutgläubig und hatte es versäumt, den Sattel plus Stange abends mit in die Wohnung zu nehmen; nun hast du das vorsorglich für mich übernommen, und das ist fantastisch.
Allerdings irritiert mich die Dauer der Sicherungsverwahrung. Und auch der Ort ist mir bis jetzt noch nicht ganz klar geworden. Wenn ich wüsste, wer du bist und wo du wohnst, wäre mir auch wohler. Deshalb bleibt mir nur dieser Weg, dir meinen Dank auszudrücken, verbunden mit der Zusicherung: Ja, ich habe gelernt aus dieser Sache. Ich werde künftig immer selber den Drehhebel umlegen, den Sattel samt Stange aus dem Rohr ziehen und des nachts an einem sicheren Ort deponieren.
Du kannst mir das Teil also zurückgeben. Du weißt ja, wo das Fahrrad angeschlossen ist. Heute habe ich mal probiert, damit herumzufahren. Es ist doch recht unbequem.
Noch einmal ganz herzlichen Dank für deine fürsorgliche Zivilcourage. Sie hat möglicherweise ein Verbrechen verhindert. Über einen angemessenen Finderlohn lasse ich natürlich mit mir reden, keine Frage.
Dein Matt
du hast am Wochenende in der Seilerstraße einen Fahrradsattel samt Stange „gefunden“. Gut, du hast den Drehhebel umlegen müssen, um die Stange aus dem Rohr zu ziehen. Doch das war völlig in Ordnung so; schließlich hätte dies auch ein Dieb tun können. Ich war ja leider zu
Allerdings irritiert mich die Dauer der Sicherungsverwahrung. Und auch der Ort ist mir bis jetzt noch nicht ganz klar geworden. Wenn ich wüsste, wer du bist und wo du wohnst, wäre mir auch wohler. Deshalb bleibt mir nur dieser Weg, dir meinen Dank auszudrücken, verbunden mit der Zusicherung: Ja, ich habe gelernt aus dieser Sache. Ich werde künftig immer selber den Drehhebel umlegen, den Sattel samt Stange aus dem Rohr ziehen und des nachts an einem sicheren Ort deponieren.
Du kannst mir das Teil also zurückgeben. Du weißt ja, wo das Fahrrad angeschlossen ist. Heute habe ich mal probiert, damit herumzufahren. Es ist doch recht unbequem.
Noch einmal ganz herzlichen Dank für deine fürsorgliche Zivilcourage. Sie hat möglicherweise ein Verbrechen verhindert. Über einen angemessenen Finderlohn lasse ich natürlich mit mir reden, keine Frage.
Dein Matt
29 Mai 2006
Zwei neue Kerben im Colt
Im Sanitärbereich der Color Line Arena wedele ich immer hektischer vor den Fotozellen eines Wasserhahns herum, erfolglos. Als ich es bei einem anderen versuche, tritt ein Mann ans erste Waschbecken, streckt kurz und bestimmt die Hand aus und erzwingt mühelos einen prachtvollen Strahl, der mich auch als Rinnsal düpiert hätte. Hmpff.
Im Saal auf der Bühne steht derweil zusammen, was nicht zusammengehört: Mark Knopfler und Emmylou Harris, der schottische Gitarrenstilist also und die Countryikone aus Alabama. Harris sang 1972/73 auf beiden Alben von Gram Parsons, diesem frühvollendeten und -gestorbenen Genie des Countryrock, und sie schaffte 1976 auf Dylans „Desire“ das Unmögliche: mit His Bobness glorios zu duettieren. Ihre Methode war die einzig richtige: einfach drauflossingen mit der ganzen hohen kräftigen Reinheit ihres Jubilierens und gar nicht erst darüber nachdenken, was diese komische Kratzkehle neben ihr vokal so vorhat.
Und heute steht sie in Hamburg auf der Bühne. Oben ist an ihr alles Haar, eine gewaltige weißgraue Löwenmähne; hüftabwärts sieht man zwei Strohhalme in Röhrenjeans, die in Harris' Welt offenbar als Beine durchgehen. Nein, „Emmy“, wie der (nicht mir ihr) verheiratete Knopfler sie irritierend zärtlich nennt, hat kein Gramm Fett zugelegt, seit sie einst den Junkie Parsons beim Dahinsiechen begleiten musste.
Das vieltausendköpfige Publikum scheint allerdings vor allem wegen des Stadionrockers Knopfler da zu sein. Ich würde meine sämtlichen Emmylou-Harris-Alben auf ungefähr folgende berufsspezifische Aufteilung verwetten: Lehrer (48 %), Abteilungsleiter (16 %), Abteilungsleitersekretärinnen (27 %), alle in der verwelkten Blüte ihrer Jahre. Brav klatschen sie jeden Viervierteltakt mit, sie wiegen steif die Köpfe und schauen selig, und zweifellos sind das alles Emotionen mit einer gewissen Substanz, doch ich fremdle sehr auf meinem Platz Nr. 10 im Untergeschoss 16, Reihe 19.
Während der Zugaben stehen sie alle auf, die Lehrer, Abteilungsleiter und Abteilungsleitersekretärinnen, sie klatschen im Takt und wiegen selig die Köpfe. Ich verziehe mich leise, mit zwei weiteren Kerben im Colt. Und neben der größeren der beiden steht Emmy.
Bonustrack: „In my hour of darkness“ von Gram Parsons und Emmylou Harris, 1973
28 Mai 2006
Die Fundstücke des Tages (18)
1. Im Web stößt man immer wieder auf Menschen, die zu viel Zeit haben und somit gegen das erste der Neuen Zehn Gebote verstoßen. Zum Beispiel dieser Geselle hier, der unter dem Eintrag „100 Wege, eine Pizza zu bestellen“ genau das Gegenteil im Schilde führt, nämlich den Pizzaservice in den Wahnsinn zu treiben. Zum Beispiel mit Punkt 31: „Überrasche den Telefonisten mit wenig bekannten Fakten über Volksmusik.“ Aufgelistet werden wirklich 100 solcher Scherzchen.
2. In Polen haben sie zum Papstbesuch neben allerlei erotischer Spots auch Tamponwerbung aus dem Fernsehen verbannt. Konsequenterweise dürften menstruierende Polinnen dann auch bis zu Benedikts Rückflug keine Tampons mehr benutzen. Keine Ahnung, ob er das wirklich möchte - vor allem bei Groupies in der ersten Reihe.
3. Ok, Dylan-Hasser dürfen diesen Punkt überspringen, denn hier gibt es den Link zum vierten Teil seiner Radioshow; diesmal geht es um Baseball. Dylan redet übrigens noch öfter als sonst in Versen. Und hier geht es zu Teil 1, Teil 2 und Teil 3.
4. Neue Suchabfragen, die zu meinem Blog führten:
– „arbeitsmäßig bin ich callboy und in der wehrbebrange tätig“ (El Paso, Texas). Gut, den hier habe ich mir selbst zuzuschreiben. Dass Callboy Torsten aber jetzt auch die Menschen in Texas bewegt, ist schon erstaunlich. Sind das seine fünfzehn Minuten Ruhm? Genieß ihn, Torsten! Du hast schließlich hart dafür gearbeitet ...
– „wie trennt man sich am besten von seiner freundin“ (Bittermark, Nordrhein-Westfalen). Wo das hinführt, ist klar - nämlich alsbald zu dieser Suchabfrage:
– „meine dumme ex“ (Mainz, Rheinland-Pfalz). Weiter geht es mit ...
– „rache aktion an meiner ex“ (Dreieich, Hessen). Ehe es möglicherweise auf das hier hinausläuft:
– „bluterguss tränensack“ (via AOL).
2. In Polen haben sie zum Papstbesuch neben allerlei erotischer Spots auch Tamponwerbung aus dem Fernsehen verbannt. Konsequenterweise dürften menstruierende Polinnen dann auch bis zu Benedikts Rückflug keine Tampons mehr benutzen. Keine Ahnung, ob er das wirklich möchte - vor allem bei Groupies in der ersten Reihe.
3. Ok, Dylan-Hasser dürfen diesen Punkt überspringen, denn hier gibt es den Link zum vierten Teil seiner Radioshow; diesmal geht es um Baseball. Dylan redet übrigens noch öfter als sonst in Versen. Und hier geht es zu Teil 1, Teil 2 und Teil 3.
4. Neue Suchabfragen, die zu meinem Blog führten:
– „arbeitsmäßig bin ich callboy und in der wehrbebrange tätig“ (El Paso, Texas). Gut, den hier habe ich mir selbst zuzuschreiben. Dass Callboy Torsten aber jetzt auch die Menschen in Texas bewegt, ist schon erstaunlich. Sind das seine fünfzehn Minuten Ruhm? Genieß ihn, Torsten! Du hast schließlich hart dafür gearbeitet ...
– „wie trennt man sich am besten von seiner freundin“ (Bittermark, Nordrhein-Westfalen). Wo das hinführt, ist klar - nämlich alsbald zu dieser Suchabfrage:
– „meine dumme ex“ (Mainz, Rheinland-Pfalz). Weiter geht es mit ...
– „rache aktion an meiner ex“ (Dreieich, Hessen). Ehe es möglicherweise auf das hier hinausläuft:
– „bluterguss tränensack“ (via AOL).
26 Mai 2006
In weiter Ferne, so nah
Unglaublich: Der WM-Pokal ist in der Stadt! Genauer gesagt: in einem großen schwarzen Zelt auf dem Rathausmarkt, und als ich das erfuhr, schwang ich mich sofort aufs Rad, um mich mit dieser bedeutendsten aller Trophäen, die zuletzt Ronaldo triumphierend stemmen durfte, fotografieren zu lassen.
Ich weiß: Es gibt plausiblere Bedürfnisse. Aber auch profanere. Als ich ankam, sah ich mich allerdings einer rund 50 Meter langen Menschenschlange gegenüber, die alles mögliche ausstrahlte (z. B. grimmige Entschlossenheit), doch keinerlei Bereitschaft, Quereinsteigern wie mir mit Höflichkeit („Kommen Sie, ich lasse sie vor!“) oder Sanftmut zu begegnen.
Ich orientierte mich einsichtig ein paar Meter weiter, wo die Postbank eine Torwand aufgestellt hatte. Wer oben und unten je drei Bälle versenke, so das elektrisierende Versprechen, gewänne zwei WM-Tickets. An dieser Stelle darf ich mein Expertentum in dieser Disziplin nicht länger verschweigen. Bereits mehrfach ging ich nämlich aus solchen Wettbewerben siegreich hervor.
Vor einigen Jahren etwa gewann ich dank vierer Treffer beim Schauspielhaussommerfest ein Saisonabonnement, tauschte es aber wegen meiner mangelnden Theateraffinität ein gegen zwei schreiendgelbe Struwwelpeter-T-Shirts, die ich seither nie mehr getragen habe. Und bei einem Torwandschießen in meinem Heimatdorf, bei dem ich die Konkurrenz im Stechen niedergerungen hatte, überreichte man mir einst einen Pokal, auf den der Graveur – offenbar dank eines telefonischen Übermittlungsfehlers – die Inschrift „Sieger im Torwartschießen“ eingestanzt hatte. Diese Trophäe wuchs mir daher nie richtig ans Herz.
Wie auch immer: Für die Chance auf zwei WM-Tickets würde ich natürlich jederzeit versuchen, die alte Schusstechnik wieder aus der Versenkung der vegetativen Erinnerung hervorzuholen. Doch auch hier: eine verflixte Menschenschlange, deren fernes Ende sich irgendwo im Rathausmarkttrubel verlor. Die Aussicht auf stundenlanges Warten hatte auf meinen Eifer sofort einen lähmenden Einfluss, und ich trollte mich. Auf der Heimfahrt sonnte ich mich – think positive, verdammt noch mal! – ersatzweise im Bewusstsein, mich nur gefühlte fünf Meter entfernt vom WM-Pokal aufgehalten zu haben.
Neulich entdeckte ich übrigens beim geschätzten Bloggerkollegen ramses101 die oben abgebildete Veräppelung des WM-Emblems, und rückblickend scheint mir das nun doch besser zu diesem Tag zu passen als die Imagination einer gefühlten Nähe.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Frust
1. „Creep“ von Radiohead
2. „Summertime blues“ von Eddie Cochran
3. „Loser“ von Beck
Ich weiß: Es gibt plausiblere Bedürfnisse. Aber auch profanere. Als ich ankam, sah ich mich allerdings einer rund 50 Meter langen Menschenschlange gegenüber, die alles mögliche ausstrahlte (z. B. grimmige Entschlossenheit), doch keinerlei Bereitschaft, Quereinsteigern wie mir mit Höflichkeit („Kommen Sie, ich lasse sie vor!“) oder Sanftmut zu begegnen.
Ich orientierte mich einsichtig ein paar Meter weiter, wo die Postbank eine Torwand aufgestellt hatte. Wer oben und unten je drei Bälle versenke, so das elektrisierende Versprechen, gewänne zwei WM-Tickets. An dieser Stelle darf ich mein Expertentum in dieser Disziplin nicht länger verschweigen. Bereits mehrfach ging ich nämlich aus solchen Wettbewerben siegreich hervor.
Vor einigen Jahren etwa gewann ich dank vierer Treffer beim Schauspielhaussommerfest ein Saisonabonnement, tauschte es aber wegen meiner mangelnden Theateraffinität ein gegen zwei schreiendgelbe Struwwelpeter-T-Shirts, die ich seither nie mehr getragen habe. Und bei einem Torwandschießen in meinem Heimatdorf, bei dem ich die Konkurrenz im Stechen niedergerungen hatte, überreichte man mir einst einen Pokal, auf den der Graveur – offenbar dank eines telefonischen Übermittlungsfehlers – die Inschrift „Sieger im Torwartschießen“ eingestanzt hatte. Diese Trophäe wuchs mir daher nie richtig ans Herz.
Wie auch immer: Für die Chance auf zwei WM-Tickets würde ich natürlich jederzeit versuchen, die alte Schusstechnik wieder aus der Versenkung der vegetativen Erinnerung hervorzuholen. Doch auch hier: eine verflixte Menschenschlange, deren fernes Ende sich irgendwo im Rathausmarkttrubel verlor. Die Aussicht auf stundenlanges Warten hatte auf meinen Eifer sofort einen lähmenden Einfluss, und ich trollte mich. Auf der Heimfahrt sonnte ich mich – think positive, verdammt noch mal! – ersatzweise im Bewusstsein, mich nur gefühlte fünf Meter entfernt vom WM-Pokal aufgehalten zu haben.
Neulich entdeckte ich übrigens beim geschätzten Bloggerkollegen ramses101 die oben abgebildete Veräppelung des WM-Emblems, und rückblickend scheint mir das nun doch besser zu diesem Tag zu passen als die Imagination einer gefühlten Nähe.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Frust
1. „Creep“ von Radiohead
2. „Summertime blues“ von Eddie Cochran
3. „Loser“ von Beck
Damen drücken
Ich nehme ja halb unbewusst an, schlechtes Deutsch sei immer auch ein Indiz für die überschaubare Qualität einer offerierten Dienstleistung. Nehmen wir „Rosi's Grillimbi's“: Rosi mischt doch mit Sicherheit Sägemehl unter die Pferdewurst. Auch das Angebot dieses Berliners, der zurzeit etwas im Gerede ist, kommt mir nur deshalb gleich weniger vielversprechend vor, weil er über sich selber schreibt: „Arbeitsmäßig bin ich Callboy und in der Wehrbebrange tätig.“
Ehrlich gesagt würde ich allein dank dieses Satzes all seinen Dienstleistungsarten mit Skepsis entgegenblicken. Vielleicht tue ich ihm auch unrecht, vielleicht war er es ja, der den Slogan „Das König der Biere“ erfunden hat. Das wäre dann ein gutes Beispiel dafür, wie sich aus Legasthenie Kapital schlagen lässt.
Wo wir gerade bei Fehlleistungen sind: Neulich erhielt ich eine Mail mit einem hübschen Tippfehler, versteckt in dem Satz „Jetzt heißt es Damen drücken!“ Oftmals im Leben möchte man dem allzu gerne Folge leisten, seufzte ich als Hetero, und ich denke, auch die lesbischen Damen rundherum unterschrieben dies sehr gerne, so man sie nur dazu aufforderte.
Die Fülle der Fehler indes, die der Film „Der DaVinci Code – Sakrileg“ sich leistet, würde ein eigenes Blog erfordern. Ms. Columbo hatte es heute geschafft, meine Abwehrmauer aus Muffeligkeit und zitierbaren Verrissen zu durchbrechen und mich ins Cinemaxx am Dammtor zu entführen. Der Film ist unfassbar schlecht. Wer sich vom Versprechen, einen Thriller vorgesetzt zu bekommen, ins Kino locken lassen will, dem rufe ich hiermit zu: Tu's nicht, das ist gar kein Thriller! Es sei denn, Langeweile, Geschwätzigkeit, die Spritzigkeit einer bulgarischen Landschildkröte auf Arktisurlaub und Drehbuchlöcher von der Tiefe des Grand Canyons sind neuerdings Thrillerkriterien. Und Tom Hanks hat übrigens die Ausdruckskraft einer Wachsleiche.
All das jedoch will ich eigentlich gar nicht bemäkeln, sondern einen positiven Aspekt des Filmes hervorheben, obwohl dieser nur der Synchronisation anzurechnen ist. An einer Stelle nämlich vermeidet sie sorgsam einen grassierenden Deppenanglizismus: Es ist völlig korrekt die Rede von „DNS“ (Desoxyribonukleinsäure), während immer mehr Leute mit „DNA“ glauben glänzen zu müssen.
Dabei wüsste von diesen anglophilen Möchtegernschlaumeiern wahrscheinlich so gut wie keiner, was das ausgeschrieben überhaupt heißt, nämlich desoxyribonucleic acid. Gut, bei DNS habe ich zur Sicherheit auch bei Wikipedia nachschlagen müssen. Doch nähme man mir auch dieses Argument noch, was bliebe dann von „Der DaVinci Code – Sakrileg“ überhaupt übrig an abspeicherwürdigen Erinnerungen? Also.
Das beste an diesem Nachmittag war übrigens – neben der Gesellschaft von Ms. Columbo – der Anblick der Cinemaxx-Wandlampen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Malen
1. „Vincent“ von Don McLean
2. „When I paint my masterpiece“ von Bob Dylan
3. „30 coins of gold“ von David Olney
Ehrlich gesagt würde ich allein dank dieses Satzes all seinen Dienstleistungsarten mit Skepsis entgegenblicken. Vielleicht tue ich ihm auch unrecht, vielleicht war er es ja, der den Slogan „Das König der Biere“ erfunden hat. Das wäre dann ein gutes Beispiel dafür, wie sich aus Legasthenie Kapital schlagen lässt.
Wo wir gerade bei Fehlleistungen sind: Neulich erhielt ich eine Mail mit einem hübschen Tippfehler, versteckt in dem Satz „Jetzt heißt es Damen drücken!“ Oftmals im Leben möchte man dem allzu gerne Folge leisten, seufzte ich als Hetero, und ich denke, auch die lesbischen Damen rundherum unterschrieben dies sehr gerne, so man sie nur dazu aufforderte.
Die Fülle der Fehler indes, die der Film „Der DaVinci Code – Sakrileg“ sich leistet, würde ein eigenes Blog erfordern. Ms. Columbo hatte es heute geschafft, meine Abwehrmauer aus Muffeligkeit und zitierbaren Verrissen zu durchbrechen und mich ins Cinemaxx am Dammtor zu entführen. Der Film ist unfassbar schlecht. Wer sich vom Versprechen, einen Thriller vorgesetzt zu bekommen, ins Kino locken lassen will, dem rufe ich hiermit zu: Tu's nicht, das ist gar kein Thriller! Es sei denn, Langeweile, Geschwätzigkeit, die Spritzigkeit einer bulgarischen Landschildkröte auf Arktisurlaub und Drehbuchlöcher von der Tiefe des Grand Canyons sind neuerdings Thrillerkriterien. Und Tom Hanks hat übrigens die Ausdruckskraft einer Wachsleiche.
All das jedoch will ich eigentlich gar nicht bemäkeln, sondern einen positiven Aspekt des Filmes hervorheben, obwohl dieser nur der Synchronisation anzurechnen ist. An einer Stelle nämlich vermeidet sie sorgsam einen grassierenden Deppenanglizismus: Es ist völlig korrekt die Rede von „DNS“ (Desoxyribonukleinsäure), während immer mehr Leute mit „DNA“ glauben glänzen zu müssen.
Dabei wüsste von diesen anglophilen Möchtegernschlaumeiern wahrscheinlich so gut wie keiner, was das ausgeschrieben überhaupt heißt, nämlich desoxyribonucleic acid. Gut, bei DNS habe ich zur Sicherheit auch bei Wikipedia nachschlagen müssen. Doch nähme man mir auch dieses Argument noch, was bliebe dann von „Der DaVinci Code – Sakrileg“ überhaupt übrig an abspeicherwürdigen Erinnerungen? Also.
Das beste an diesem Nachmittag war übrigens – neben der Gesellschaft von Ms. Columbo – der Anblick der Cinemaxx-Wandlampen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Malen
1. „Vincent“ von Don McLean
2. „When I paint my masterpiece“ von Bob Dylan
3. „30 coins of gold“ von David Olney
24 Mai 2006
Poodle-Bob
Heute Abend in der Tanzhalle spielte der kanadische Songwriter Jason Collett mit seiner Band auf, doch die Idee, Bob Dylan ein Ständchen zum 65. zu singen, kam dem guten Mann nicht. Ich zählte auf die Zugaben, doch Collett spielte störrisch Selbstkomponiertes.
Das war toll, keine Frage, aber ein kleines „Forever young“ oder so hätte mein Herz genauso erfreut wie sein zwischendurch erzählter Jugendschwank von einem Tanzabend, der an einem Joint scheiterte.
Dessen noch nicht ganz verglommener Stummel nämlich war Collett irgendwie in den Kragen seines Polyesterpullovers geraten, was ihn zunächst weder bekümmerte noch davon abhielt, mit einer gewissen Crystal Vanderbilt ins Highschoolfoyer zu marschieren. Darauf aber hatte der perfide Jointstummel nur gewartet – und setzte Colletts Pullover in Flammen. Polyester, das weiß er seither, brennt verdammt gut. „Crystal was screaming and laughing“, schilderte Collett den recht holprigen Verlauf der Rettungsaktion, aber ein Dylanstück spielte er nicht mehr heute Abend.
Dafür liefert der hochgeschätzte Herr Poodle ein ebensolches, was mir die beabsichtigte Eloge vollkommen erspart, die mir eh wieder viel zu lang geraten wäre und einen Teil der Leserschaft zum Augenrollen gezwungen hätte. Bis auf Herrn Boogie natürlich, der mich gar zu einer dylanologischen Abhandlung animieren wollte.
Nicht nur ihn hoffe ich daher mit dem dritten Teil von Dylans Radioshow zu besänftigen, diesmal zum Thema Trinken. Apropos Nahrungsaufnahme: In seiner Autobiografie schildert der Musikmanager Walter Yetnikoff, wie er 1986 mal zum Lunch mit Bob Dylan verabredet war und dieser nicht alleine, sondern mit seiner Mutter, mehreren Onkeln und Kusinen anrauschte.
Während des Mahls musste Yetnikoff dann mit großem Befremden erleben, wie sich der mysteriöse Dichter in Klein-Bobby Zimmerman verwandelte. Dylans Mutter nämlich schnitt Sohnemann das Essen klein, fand ihn zu dünn, drängte darauf, er möge tüchtiger zulangen und sich vor allem klarer artikulieren.
„Bobby", mahnte sie streng das Sprachrohr seiner Generation, „be nice!“
Ergo: Happy birthday, Bob!
*** Exklusiver Bonustrack: „Big River“, ein offiziell unveröffentlichtes Duett von Johnny Cash und Bob Dylan, aufgenommen im Februar 1969 in Nashville, Tennessee.
Das war toll, keine Frage, aber ein kleines „Forever young“ oder so hätte mein Herz genauso erfreut wie sein zwischendurch erzählter Jugendschwank von einem Tanzabend, der an einem Joint scheiterte.
Dessen noch nicht ganz verglommener Stummel nämlich war Collett irgendwie in den Kragen seines Polyesterpullovers geraten, was ihn zunächst weder bekümmerte noch davon abhielt, mit einer gewissen Crystal Vanderbilt ins Highschoolfoyer zu marschieren. Darauf aber hatte der perfide Jointstummel nur gewartet – und setzte Colletts Pullover in Flammen. Polyester, das weiß er seither, brennt verdammt gut. „Crystal was screaming and laughing“, schilderte Collett den recht holprigen Verlauf der Rettungsaktion, aber ein Dylanstück spielte er nicht mehr heute Abend.
Dafür liefert der hochgeschätzte Herr Poodle ein ebensolches, was mir die beabsichtigte Eloge vollkommen erspart, die mir eh wieder viel zu lang geraten wäre und einen Teil der Leserschaft zum Augenrollen gezwungen hätte. Bis auf Herrn Boogie natürlich, der mich gar zu einer dylanologischen Abhandlung animieren wollte.
Nicht nur ihn hoffe ich daher mit dem dritten Teil von Dylans Radioshow zu besänftigen, diesmal zum Thema Trinken. Apropos Nahrungsaufnahme: In seiner Autobiografie schildert der Musikmanager Walter Yetnikoff, wie er 1986 mal zum Lunch mit Bob Dylan verabredet war und dieser nicht alleine, sondern mit seiner Mutter, mehreren Onkeln und Kusinen anrauschte.
Während des Mahls musste Yetnikoff dann mit großem Befremden erleben, wie sich der mysteriöse Dichter in Klein-Bobby Zimmerman verwandelte. Dylans Mutter nämlich schnitt Sohnemann das Essen klein, fand ihn zu dünn, drängte darauf, er möge tüchtiger zulangen und sich vor allem klarer artikulieren.
„Bobby", mahnte sie streng das Sprachrohr seiner Generation, „be nice!“
Ergo: Happy birthday, Bob!
*** Exklusiver Bonustrack: „Big River“, ein offiziell unveröffentlichtes Duett von Johnny Cash und Bob Dylan, aufgenommen im Februar 1969 in Nashville, Tennessee.
Auf heißen Sohlen
Heute gibt es auf Spiegel Online einen Rückblick auf die Geschichte jener Fußballschuhe, die bei Weltmeisterschaften getragen wurden – und ich verweise deswegen darauf, weil ich darin verwickelt bin.
Für meine Zeitschrift u_mag habe ich die Buffergalerie nämlich zusammengestellt. Titel: „Shoeting Stars“ …
Im Druck sehen die Schuhe einfach großartig aus, vor allem Helmut Rahns vergoldeter Linker von 1954. Dieser Treter, mit dem er den Ungarn das unschätzbare 3:2 reinnagelte, prangt majestätisch auf einer Doppelseite – beim heiligen Pelé, das ist wie eine Auravolldusche!
Der Werbeblock ist hier noch nicht zu Ende, denn im Spiegel-Online-Text ist auch die komplette Galerie als Bilderstrecke integriert, versehen mit meinen Kurzkommentaren.
Ach ja, der Tippfehler im Rahn-Text („würde“ statt wurde): Ich war das nicht, das war SpOn! ;-)
Für meine Zeitschrift u_mag habe ich die Buffergalerie nämlich zusammengestellt. Titel: „Shoeting Stars“ …
Im Druck sehen die Schuhe einfach großartig aus, vor allem Helmut Rahns vergoldeter Linker von 1954. Dieser Treter, mit dem er den Ungarn das unschätzbare 3:2 reinnagelte, prangt majestätisch auf einer Doppelseite – beim heiligen Pelé, das ist wie eine Auravolldusche!
Der Werbeblock ist hier noch nicht zu Ende, denn im Spiegel-Online-Text ist auch die komplette Galerie als Bilderstrecke integriert, versehen mit meinen Kurzkommentaren.
Ach ja, der Tippfehler im Rahn-Text („würde“ statt wurde): Ich war das nicht, das war SpOn! ;-)
10 Wörter, die ich schon immer mal lesen wollte (2)
Kraftgriffschraubendreher
Fesselriemchensandalen
Handtuftlangflorteppich
Flockenquetsche
Fremdkörperfalle
Dauerfusselroller
Pomponwuschel
Graupelschauer
Wuschellampe
Zuglufttiere
Teil 1
Fesselriemchensandalen
Handtuftlangflorteppich
Flockenquetsche
Fremdkörperfalle
Dauerfusselroller
Pomponwuschel
Graupelschauer
Wuschellampe
Zuglufttiere
Teil 1
23 Mai 2006
Letzte Geheimnisse: Das Herrenklo (1)
Zeit für eine neue Serie in diesem Blog. Sie soll sich – vor allem visuell – mit dem beschäftigen, was der weiblichen Hälfte der Menschheit gemeinhin verborgen bleibt, sofern sie nicht mit der professionellen Reinigung desselben ihr allzu karges Brot verdienen muss: Herrentoiletten. Genauer gesagt: dem Innern der Kabinen.
Denn dort, wo der Mann noch Mann sein darf und muss, sieht es bisweilen heimelig aus und oft klinisch; und immer, wenn es wenigstens ein bisschen ästhetisch dort zugeht, zücke ich gewöhnlich meine selbst an diesem merkwürdigen Örtchen klaglos treue Digicam. Doch keine Angst: Blicke in die Abgründe des männlichen Seins werde ich mir und uns ersparen.
Heute erregte der Sanitärbereich der Bar Hamburg in der Nähe des Hauptbahnhofs meine Aufmerksamkeit. Die stoffbespannte, an eine Nachttischlampe erinnernde Wandleuchte, die hier warmherzig Spülkasten und Keramik anlächelt, überrascht doch an einem Ort, wo gemeinhin eher Abwaschbarkeit gefragt ist.
Dorthin verschlagen hatte es uns wegen eines Showcase' des schwedischen Künstlers Daniel Cirera, der daherkommt wie ein Folkie, aber ein Vokabular drauf hat wie ein Straßenköter aus Compton. Später, im Smalltalk, stellte sich heraus: Cirera hatte Deutsch in der Schule. Und er kann auch noch einen Satz aufsagen: „Ick bin ajne ajngebildede Ssiege“.
Guter Mann.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs ab 18 (Reihenfolge willkürlich)
1. „Sexy MF“ von Prince
2. „Motherfucker“ von Daniel Cirera
3. „Motherfuckin asshole“ von Martha Wainwright
Denn dort, wo der Mann noch Mann sein darf und muss, sieht es bisweilen heimelig aus und oft klinisch; und immer, wenn es wenigstens ein bisschen ästhetisch dort zugeht, zücke ich gewöhnlich meine selbst an diesem merkwürdigen Örtchen klaglos treue Digicam. Doch keine Angst: Blicke in die Abgründe des männlichen Seins werde ich mir und uns ersparen.
Heute erregte der Sanitärbereich der Bar Hamburg in der Nähe des Hauptbahnhofs meine Aufmerksamkeit. Die stoffbespannte, an eine Nachttischlampe erinnernde Wandleuchte, die hier warmherzig Spülkasten und Keramik anlächelt, überrascht doch an einem Ort, wo gemeinhin eher Abwaschbarkeit gefragt ist.
Dorthin verschlagen hatte es uns wegen eines Showcase' des schwedischen Künstlers Daniel Cirera, der daherkommt wie ein Folkie, aber ein Vokabular drauf hat wie ein Straßenköter aus Compton. Später, im Smalltalk, stellte sich heraus: Cirera hatte Deutsch in der Schule. Und er kann auch noch einen Satz aufsagen: „Ick bin ajne ajngebildede Ssiege“.
Guter Mann.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs ab 18 (Reihenfolge willkürlich)
1. „Sexy MF“ von Prince
2. „Motherfucker“ von Daniel Cirera
3. „Motherfuckin asshole“ von Martha Wainwright
22 Mai 2006
Alarm in Entenhausen
Die Entenmutter mit ihren zehn Küken gehört eindeutig nicht mitten auf die Clemens-Schultz-Straße. Das wird mir sogleich klar, als ich die Bäckerei mit den Sonntagsbrötchen verlasse und die Bescherung sehe. Wo kommen die überhaupt her? Weit und breit kein Teich noch Tümpel.
Ein Passantin mit zum Glück parierendem Hund schirmt die fehlgeleiteten Vögel nach hinten ab, wo bereits eine Kolonne Sonntagsfahrer Ungeduld ausdünstet, angeführt und in Schach gehalten indes von einer sichtbar gerührten Mittelklassewagenlenkerin. Die Enten müssen in den Park, nach Planten un Blomen, so viel ist klar. Das wird tüftelig, denn zwei selbst sonntags stark frequentierte vierspurige Straßen gilt es zu überwinden.
Angesichts dieser nur im Team zu bewältigenden Aufgabe findet sich spontan eine Schicksalsgemeinschaft, der auch ich anzugehören die Ehre habe. Sie besteht aus der Dame mit Hund, einem gemütlichen Schnauzbartträger mit Balkanakzent, der weiterhin hochentzückten Mittelklassewagenlenkerin, die inzwischen geparkt hat und mitsamt ihrer Freundin – Conny, zufällig aus Frankfurt zu Gast – der Entenrettung höchste Priorität einräumt. Eigentlich waren die beiden ja auf dem Weg in die Kunsthalle, wo es ein gutes Frühstück geben soll, doch wat mutt, dat mutt.
Es ist übrigens interessant, wie man als Hüter einer Entenfamilie plötzlich mit den Augen der Schutzbefohlenen in die Welt schaut. Plötzlich scheint aus jeder zweiten Passage ein yetigroßer Hund hervorzustürmen (was ist eigentlich aus dem Leinenzwang geworden, Herr Innensenator?!), und diese lautlos uns entgegenrollenden, ultraschmalen, aber immens hohen Dinger mit nichtsahnenden Menschen obendrauf (sog. „Fahrräder”) nerven ungemein.
Uns gelingt es dennoch irgendwie, die Enten auf den Bürgersteig zu drängen, was immerhin den Verkehrsfluss im Viertel wieder begünstigt. Doch der Gehweg ist eng, die Entenmutter, um die sich die Küken halbkreisförmig scharen, zeigt deutliche Anzeichen aufkeimender Panik. Manchmal versucht sie zur Seite auszubrechen, doch mal der Schnauzbart, mal ich, mal eine der Frauen wissen das jeweils sanft, doch bestimmt zu unterbinden.
Inzwischen haben sich uns auch ein ungefähr 12-jähriges Mädchen namens Lotte (Foto), eine etwa 40-jährige Radlerin und ein so weißhaariger wie solariumsgebräunter Ruheständler angeschlossen. Die illustre, die Gesamtbevölkerung in ihrer Alters- und Milieustruktur verblüffend genau abbildende Rettungstruppe nähert sich mitsamt ihren Schützlingen jetzt der ersten großen Hürde. Sie heißt Budapester Straße und brüllt vor Verkehr.
Der wird kurzerhand gestoppt. Rauf auf die Straße, Blickkontakt zu den Automobilisten und mit breiten Armen entschuldigende Stoppgesten wedeln – die Verblüffung der auf freie Fahrt eingestellten freien Bürger weicht nur in der ersten Reihe dem offenbar genetisch bedingten Entzücken beim Anblick der Vogelfamilie. Dahinter aber geht das Gehupe los. Wir ertragen es mit gandhiesker Gleichmut. Geschafft.
Übers Heiligengeistfeld geht es gut voran. Eins der Küken verschwindet zwar fast zwischen den obszön weit auseinanderliegenden Streben eines Gullydeckels, doch es rettet sich in letzter Sekunde. Puh. Jetzt aber die Glacischaussee; das nächste Problem mit vier Spuren. Wir bringen erneut den Verkehr mit den inzwischen bewährten Mitteln minutenlang zum völligen Erliegen, und die Entenarmada watschelt nervös durchs Spalier.
Nur noch wenige zehn Meter bis zum Parkeingang. Daisy Duck scheint allmählich das rettende Wasser zu riechen, oder ist es die nun doch überhandnehmende Panik? Jedenfalls setzt sie zum Watschelsprint an, der die vor Eifer und Schutzbedürfnis fast platzenden kleinen Wollknäuel in ihrem Gefolge unter höchsten Stress setzt.
Da, der Teich! Die Alte bricht durchs Ufergebüsch, ihre Küken stolpern, klettern, wackeln hinterher, und plötzlich sind alle im Wasser: eine adrenalinüberflutete Entenmama mit ihren zehn Winzlingen, denen nun auch über den heutigen Tag hinaus eine Zukunft beschert sein dürfte.
Für uns alle ein außergewöhnlich schönes Sonntagserlebnis. Wir tauschen Mailadressen, plaudern noch ein wenig, gehen ein Stück gemeinsam und verabschieden uns dann voneinander, fast wie Freunde.
Erst als ich in die Seilerstraße einbiege, dämmert mir: Wir hätten eigentlich die Feuerwehr rufen müssen; die kümmert sich ja professionell um so was. Und sie ist vor allem eins: versichert. Ein von uns verursachter Auffahrunfall beim mutwilligen Stauen einer Hauptverkehrsstraße hätte bei der Assekuranz sicherlich Stirnrunzeln hervorgerufen.
So aber fühlt er sich verdammt gut an, dieser Sonntag. Und zwar nur deshalb, weil wir die Sache selbst in die Hand genommen haben. Wie Jack Bauer in „24“.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Vögel (via Andreas)
1. „Surfin' bird“ von The Trashmen
2. „Blackbird“ von The Beatles
3. „Bird on the wire“ von Leonard Cohen
Ein Passantin mit zum Glück parierendem Hund schirmt die fehlgeleiteten Vögel nach hinten ab, wo bereits eine Kolonne Sonntagsfahrer Ungeduld ausdünstet, angeführt und in Schach gehalten indes von einer sichtbar gerührten Mittelklassewagenlenkerin. Die Enten müssen in den Park, nach Planten un Blomen, so viel ist klar. Das wird tüftelig, denn zwei selbst sonntags stark frequentierte vierspurige Straßen gilt es zu überwinden.
Angesichts dieser nur im Team zu bewältigenden Aufgabe findet sich spontan eine Schicksalsgemeinschaft, der auch ich anzugehören die Ehre habe. Sie besteht aus der Dame mit Hund, einem gemütlichen Schnauzbartträger mit Balkanakzent, der weiterhin hochentzückten Mittelklassewagenlenkerin, die inzwischen geparkt hat und mitsamt ihrer Freundin – Conny, zufällig aus Frankfurt zu Gast – der Entenrettung höchste Priorität einräumt. Eigentlich waren die beiden ja auf dem Weg in die Kunsthalle, wo es ein gutes Frühstück geben soll, doch wat mutt, dat mutt.
Es ist übrigens interessant, wie man als Hüter einer Entenfamilie plötzlich mit den Augen der Schutzbefohlenen in die Welt schaut. Plötzlich scheint aus jeder zweiten Passage ein yetigroßer Hund hervorzustürmen (was ist eigentlich aus dem Leinenzwang geworden, Herr Innensenator?!), und diese lautlos uns entgegenrollenden, ultraschmalen, aber immens hohen Dinger mit nichtsahnenden Menschen obendrauf (sog. „Fahrräder”) nerven ungemein.
Uns gelingt es dennoch irgendwie, die Enten auf den Bürgersteig zu drängen, was immerhin den Verkehrsfluss im Viertel wieder begünstigt. Doch der Gehweg ist eng, die Entenmutter, um die sich die Küken halbkreisförmig scharen, zeigt deutliche Anzeichen aufkeimender Panik. Manchmal versucht sie zur Seite auszubrechen, doch mal der Schnauzbart, mal ich, mal eine der Frauen wissen das jeweils sanft, doch bestimmt zu unterbinden.
Inzwischen haben sich uns auch ein ungefähr 12-jähriges Mädchen namens Lotte (Foto), eine etwa 40-jährige Radlerin und ein so weißhaariger wie solariumsgebräunter Ruheständler angeschlossen. Die illustre, die Gesamtbevölkerung in ihrer Alters- und Milieustruktur verblüffend genau abbildende Rettungstruppe nähert sich mitsamt ihren Schützlingen jetzt der ersten großen Hürde. Sie heißt Budapester Straße und brüllt vor Verkehr.
Der wird kurzerhand gestoppt. Rauf auf die Straße, Blickkontakt zu den Automobilisten und mit breiten Armen entschuldigende Stoppgesten wedeln – die Verblüffung der auf freie Fahrt eingestellten freien Bürger weicht nur in der ersten Reihe dem offenbar genetisch bedingten Entzücken beim Anblick der Vogelfamilie. Dahinter aber geht das Gehupe los. Wir ertragen es mit gandhiesker Gleichmut. Geschafft.
Übers Heiligengeistfeld geht es gut voran. Eins der Küken verschwindet zwar fast zwischen den obszön weit auseinanderliegenden Streben eines Gullydeckels, doch es rettet sich in letzter Sekunde. Puh. Jetzt aber die Glacischaussee; das nächste Problem mit vier Spuren. Wir bringen erneut den Verkehr mit den inzwischen bewährten Mitteln minutenlang zum völligen Erliegen, und die Entenarmada watschelt nervös durchs Spalier.
Nur noch wenige zehn Meter bis zum Parkeingang. Daisy Duck scheint allmählich das rettende Wasser zu riechen, oder ist es die nun doch überhandnehmende Panik? Jedenfalls setzt sie zum Watschelsprint an, der die vor Eifer und Schutzbedürfnis fast platzenden kleinen Wollknäuel in ihrem Gefolge unter höchsten Stress setzt.
Da, der Teich! Die Alte bricht durchs Ufergebüsch, ihre Küken stolpern, klettern, wackeln hinterher, und plötzlich sind alle im Wasser: eine adrenalinüberflutete Entenmama mit ihren zehn Winzlingen, denen nun auch über den heutigen Tag hinaus eine Zukunft beschert sein dürfte.
Für uns alle ein außergewöhnlich schönes Sonntagserlebnis. Wir tauschen Mailadressen, plaudern noch ein wenig, gehen ein Stück gemeinsam und verabschieden uns dann voneinander, fast wie Freunde.
Erst als ich in die Seilerstraße einbiege, dämmert mir: Wir hätten eigentlich die Feuerwehr rufen müssen; die kümmert sich ja professionell um so was. Und sie ist vor allem eins: versichert. Ein von uns verursachter Auffahrunfall beim mutwilligen Stauen einer Hauptverkehrsstraße hätte bei der Assekuranz sicherlich Stirnrunzeln hervorgerufen.
So aber fühlt er sich verdammt gut an, dieser Sonntag. Und zwar nur deshalb, weil wir die Sache selbst in die Hand genommen haben. Wie Jack Bauer in „24“.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Vögel (via Andreas)
1. „Surfin' bird“ von The Trashmen
2. „Blackbird“ von The Beatles
3. „Bird on the wire“ von Leonard Cohen
20 Mai 2006
Wenn Opelflittchen Amok fahren
(Foto via Cabman)
Ok, bisher habe ich mich hier brav mit allen möglichen Themen beschäftigt, ohne etwas zu den tobenden blog wars zu sagen, obwohl auch ich heftig zwischen die Fronten geraten bin. Jetzt muss es doch sein.
Was ist geschehen? Poodle hatte eine heftige, brillant formulierte Polemik gegen vier sogenannte „A-Blogger“ losgelassen, die sich vom Autohersteller Opel einen Wagen leihen ließen, über den sie dann auch vier Wochen lang bitteschön zu bloggen haben. Ist natürlich eklig, die Vorstellung, bei vier der meistfrequentierten Blogs nur noch was über Onkelautos lesen zu müssen (ix schwärmte denn auch gleich von der „absurd kleinen heckscheibe“). Ich fand die Aktion ebenfalls sehr, sehr peinlich und verwies bei MC Winkel und ix, zwei der von Opel Auserwählten, auf Poodles Text und machte zudem kein Hehl aus meiner Parteinahme für den ebenso klar argumentierenden wie kompromisslos harten Blogger aus Schwaben.
Dann geschah Folgendes: Von ix erntete ich aufmunternde Komplimente („flasche“, „penner“), Don Dahlmann lobte mich für mein selbstloses Engagement („kläffendes Schoßhündchen“), und in MC Winkel erwachte der Mutterinstinkt, weshalb er sofort meine Kommentare von seiner Website entfernte, dies aus lauter Fürsorglichkeit auch weiteren Bloggern empfahl und mich anderswo verbal als „Pfeife“ liebkoste. Derweil heizte die Opelflittchen-Fan-Kamarilla (hier von Don Alphonso unnachahmlich zur Schnecke gemacht) auf unfassbare Weise dem guten Poodle ein – vor allem hinter den Kulissen. Folge: Er schloss sein Blog.
All das, die Reaktionen der Opelblogger und ihrer nicht zur Räson gerufenen Bluthunde, erinnert lustigerweise genau an das Image, welches Opelfahrern seit seligen Manta-Zeiten anhängt. Schon immer galten sie als etwas schlicht, ihre begrenzte Fähigkeit zu verbaler Streitkultur war sprichwörtlich. Wichtig war, wer den größten Fuchsschwanz und die blondeste Friseuse hatte. Klar, dass Herr „Schwanzvergleich“ ix und Obermacho Winkel sich in diesem gefühlten Umfeld höchst heimisch fühlen.
Das entscheidende Argument von Poodle ist übrigens dieses: Was die Blogosphäre auszeichnet, ist jene Glaubwürdigkeit, die nur durch Unabhängigkeit entsteht – also genau das, was Werbung nicht hat und niemals haben wird. Wenn ein Autokonzern diese Glaubwürdigkeit anzapfen will, darf man das Spielchen einfach nicht mitspielen; denn egal, was man auch bloggt und wie man versucht, sich zu distanzieren: Die exklusive Währung, welche die Blogosphäre aufzuweisen hat – ihre Subjektivität, Unmittelbarkeit, Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit –, geht dabei flöten. Und ist auch nicht mehr zurückzugewinnen.
Klar: Auf den ersten Blick sieht das mit dem Opelbloggen alles aus wie eine Kleinigkeit. Ist es aber nicht. Eher ein Sündenfall, um mal etwas pathetisch zu werden. Also, ihr Opelblogger: Stellt die Wagen ins Halteverbot (wie es Neobazi mal feinsinnig anregte), schmeißt die Schlüssel in den jeweiligen Fluss, der durch eure Stadt fließt, und bloggt. Über euer Leben oder irgendeinenen anderen Quatsch, der euch so einfällt. Aber macht es für euch.
Poodle ist übrigens wieder online. Die beste Nachricht des Wochenendes.
Und jetzt alle wieder an die Arbeit, husch, husch!
Ok, bisher habe ich mich hier brav mit allen möglichen Themen beschäftigt, ohne etwas zu den tobenden blog wars zu sagen, obwohl auch ich heftig zwischen die Fronten geraten bin. Jetzt muss es doch sein.
Was ist geschehen? Poodle hatte eine heftige, brillant formulierte Polemik gegen vier sogenannte „A-Blogger“ losgelassen, die sich vom Autohersteller Opel einen Wagen leihen ließen, über den sie dann auch vier Wochen lang bitteschön zu bloggen haben. Ist natürlich eklig, die Vorstellung, bei vier der meistfrequentierten Blogs nur noch was über Onkelautos lesen zu müssen (ix schwärmte denn auch gleich von der „absurd kleinen heckscheibe“). Ich fand die Aktion ebenfalls sehr, sehr peinlich und verwies bei MC Winkel und ix, zwei der von Opel Auserwählten, auf Poodles Text und machte zudem kein Hehl aus meiner Parteinahme für den ebenso klar argumentierenden wie kompromisslos harten Blogger aus Schwaben.
Dann geschah Folgendes: Von ix erntete ich aufmunternde Komplimente („flasche“, „penner“), Don Dahlmann lobte mich für mein selbstloses Engagement („kläffendes Schoßhündchen“), und in MC Winkel erwachte der Mutterinstinkt, weshalb er sofort meine Kommentare von seiner Website entfernte, dies aus lauter Fürsorglichkeit auch weiteren Bloggern empfahl und mich anderswo verbal als „Pfeife“ liebkoste. Derweil heizte die Opelflittchen-Fan-Kamarilla (hier von Don Alphonso unnachahmlich zur Schnecke gemacht) auf unfassbare Weise dem guten Poodle ein – vor allem hinter den Kulissen. Folge: Er schloss sein Blog.
All das, die Reaktionen der Opelblogger und ihrer nicht zur Räson gerufenen Bluthunde, erinnert lustigerweise genau an das Image, welches Opelfahrern seit seligen Manta-Zeiten anhängt. Schon immer galten sie als etwas schlicht, ihre begrenzte Fähigkeit zu verbaler Streitkultur war sprichwörtlich. Wichtig war, wer den größten Fuchsschwanz und die blondeste Friseuse hatte. Klar, dass Herr „Schwanzvergleich“ ix und Obermacho Winkel sich in diesem gefühlten Umfeld höchst heimisch fühlen.
Das entscheidende Argument von Poodle ist übrigens dieses: Was die Blogosphäre auszeichnet, ist jene Glaubwürdigkeit, die nur durch Unabhängigkeit entsteht – also genau das, was Werbung nicht hat und niemals haben wird. Wenn ein Autokonzern diese Glaubwürdigkeit anzapfen will, darf man das Spielchen einfach nicht mitspielen; denn egal, was man auch bloggt und wie man versucht, sich zu distanzieren: Die exklusive Währung, welche die Blogosphäre aufzuweisen hat – ihre Subjektivität, Unmittelbarkeit, Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit –, geht dabei flöten. Und ist auch nicht mehr zurückzugewinnen.
Klar: Auf den ersten Blick sieht das mit dem Opelbloggen alles aus wie eine Kleinigkeit. Ist es aber nicht. Eher ein Sündenfall, um mal etwas pathetisch zu werden. Also, ihr Opelblogger: Stellt die Wagen ins Halteverbot (wie es Neobazi mal feinsinnig anregte), schmeißt die Schlüssel in den jeweiligen Fluss, der durch eure Stadt fließt, und bloggt. Über euer Leben oder irgendeinenen anderen Quatsch, der euch so einfällt. Aber macht es für euch.
Poodle ist übrigens wieder online. Die beste Nachricht des Wochenendes.
Und jetzt alle wieder an die Arbeit, husch, husch!
19 Mai 2006
Der Reaktionstest oder Netter Versuch
Gesendet: Donnerstag, 18. Mai 2006 20:25
An: G*******, Jens, WM-Organisationskomitee
Betreff: Bloggen über die WM
Betreff: Re: Bloggen über die WM
Gesendet: 19. Mai 2006 16:13:54 MESZ
An: Wagner, Matthias
Betreff: Re: WG: Bloggen über die WM
Gesendet 19. Mai 2006 16:22:54 MESZ
An: G****, Gerd
An: G*******, Jens, WM-Organisationskomitee
Betreff: Bloggen über die WM
Sehr geehrter Herr G*******,
in den USA ist es längst üblich, dass Blogger zu wichtigen Veranstaltungen in Politik, Kultur und Sport akkreditiert werden.
Ich denke, in Deutschland ist die Zeit ebenfalls reif dafür.
Daher möchte ich Sie bitten, mich als Blogger für die WM-Spiele in Hamburg zu akkreditieren, damit ich in meinem täglich aktualisierten Weblog „Die Rückseite der Reeperbahn“ darüber berichten und diesem globalen Ereignis auch in der Blogosphäre eine entsprechende Resonanz verschaffen kann.
Wenn Sie sich ein Bild meiner Tätigkeit machen wollen, so lade ich Sie gerne zur Lektüre ein.
Die Webadresse lautet: www.mattwagner.de/blog.htm.
Über einen entsprechenden Akkreditierungsantrag würde ich mich sehr freuen.
Vielen Dank für Ihre Mühe
Beste Grüße
Betreff: Re: Bloggen über die WM
Gesendet: 19. Mai 2006 16:13:54 MESZ
An: Wagner, Matthias
Sehr geehrter Herr Wagner,
meine Kollege Jens G******* hat Ihre Anfrage an mich weitergeleitet. Einmal ganz davon abgesehen, dass die Akkreditierungsphase schon seit September 2005 abgeschlossen ist und keine Nachakkreditierungen mehr vorgenommen werden können, wird es auch nicht möglich sein, Blogger zu akkreditieren. Die Zahl der Akkreditierungsgesuche überschritt bei weitem die Zahl des Kontingentes.
Natürlich ist auch uns bewusst, welch rasante Entwicklung das Thema Blogg genommen hat, zu einer Medienakkreditierung genügt dies jedoch bei weitem noch nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Gerd G****
Pressesprecher
OK FIFA WM 2006
Betreff: Re: WG: Bloggen über die WM
Gesendet 19. Mai 2006 16:22:54 MESZ
An: G****, Gerd
Sehr geehrter Herr G****,
danke für Ihre rasche Antwort.
Schade – so kann ich nur über Costa Rica-Ecuador bloggen. Aber immerhin.
Bis zur nächsten WM hat sich die OK-Einschätzung sicher geändert.
Dann können Sie mich ja nach Südafrika schicken.
Möge der Bessere gewinnen – solange er nicht gegen Deutschland spielt.
Beste Grüße
Matthias Wagner
18 Mai 2006
Wie ich mal die Steuerzahler entlastet habe
Was ist denn los? Warum geht es nicht weiter? Seit fünf Minuten steht der Bus an der S Reeperbahn, und mir dämmert das erst allmählich, weil ich auf den Ohren den alten Al Green habe und vor den Augen ein Buch. Ich blicke auf.
Vorn diskutiert ein massiger Mann afrikanischer Prägung erregt mit dem Fahrer. Eine Einigung scheint fern. Der Fahrer ist offenbar nicht gewillt loszufahren, solange der lautstarke Diskutant sich nicht trollt. „Steigen Sie aus!“ schallt es durch den Bus. Der so unfein schroff Aufgeforderte aber denkt nicht im Traum daran, sondern kommt jetzt den Gang herunter und setzt sich schräg hinter mich.
Zu einer Lösung der Lage trägt diese Entscheidung freilich nicht bei, denn der Fahrer stellt den Motor ab und nestelt an seinem Funkgerät. Offenbar ist er zu dem Schluss gekommen, externe Hilfe sei opportun. Immerhin ist die Davidwache (Foto) nah, da könnte in Bälde ein wirksamer Eingriff der Exekutive erfolgen.
„Was ist denn los?“ frage ich den Herrn hinter mir. Froh über ein offenes Ohr, dem er sein Leid klagen kann, erläutert er, sich im Besitz einer Tageskarte zu befinden – und es stimmt, er hält sie mir hin –, die nach Aussage des für den Verkauf zuständigen Schaltermenschen auch für diesen Bus hier Gültigkeit besäße. Doch der Fahrer sei uneinsichtig, ja geradezu renitent. Dieser Bürokrat, führt er sinngemäß weiter aus, habe seiner Auslegung der Tageskartenfunktion gänzlich unaufgeschlossen gegenübergestanden und ihm als Alternative in recht deutlichen Worten den Kauf eines zusätzlichen Tickets anempfohlen. Kostenpunkt: einszwanzig.
Dies hält mein Nachbar weiterhin für inakzeptabel. Schließlich habe er zum einen eine gültige Tageskarte und andererseits zehn Cent zu wenig in der Tasche.
Hm, mir schwant ein Polizeieinsatz, mir schwanen schreiende Menschen, über Muskeln sich spannende Uniformen, ich höre vor meinen geistigen Ohr das silbrige Klirren von Handschellen, sehe Tränengasschwaden, es droht eine Gefährdung des öffentlichen Personennahverkehrs, ich sehe Verhaftung, Abschiebung, eine zerrissene Familie und schließliches Dahindämmern in den Slums von Kinshasa oder Ouagadougou … Und alles nur wegen einer fehlenden Münze, der viertkleinsten überhaupt.
Während der Fahrer vorne offenbar im Begriff ist, eine erfolgreiche Funkverbindung zur Einsatzleitung herzustellen, offeriere ich dem Mann zehn Cent, zunächst in Form einer Ein-Euro-Münze, die er mit einem Wort des Dankes auch annimmt. Damit stapft er ungebrochen verärgert nach vorne und legt wortlos seinen und meinen Euro dem Fahrer hin. Der beendet den Funkkontakt, ratscht – ebenfalls stumm – ein Ticket aus dem Automaten, zählt das Wechselgeld ab, und der Mann steckt es samt Ticket still ein, stapft durch den Gang zurück und gibt mir 90 Cent zurück. Der Bus fährt los, alles ist gut.
Wäre man Haushaltsexperte im Fachbereich polizeiliche Einsatzkräfte, könnte man wohl leicht ausrechnen, wieviele Steuern die Stadt Hamburg just durch die Investition einer Zehn-Cent-Münze zur richtigen Zeit am richtigen Ort gespart hat.
Die Rendite ist jedenfalls atemberaubend. Schade, dass ich bei privaten Finanzgeschäften dagegen immer auf die Schnauze falle.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs von Al Green
1. „Love is a beautiful thing“
2. „I can't stop“
3. „Call me“
Vorn diskutiert ein massiger Mann afrikanischer Prägung erregt mit dem Fahrer. Eine Einigung scheint fern. Der Fahrer ist offenbar nicht gewillt loszufahren, solange der lautstarke Diskutant sich nicht trollt. „Steigen Sie aus!“ schallt es durch den Bus. Der so unfein schroff Aufgeforderte aber denkt nicht im Traum daran, sondern kommt jetzt den Gang herunter und setzt sich schräg hinter mich.
Zu einer Lösung der Lage trägt diese Entscheidung freilich nicht bei, denn der Fahrer stellt den Motor ab und nestelt an seinem Funkgerät. Offenbar ist er zu dem Schluss gekommen, externe Hilfe sei opportun. Immerhin ist die Davidwache (Foto) nah, da könnte in Bälde ein wirksamer Eingriff der Exekutive erfolgen.
„Was ist denn los?“ frage ich den Herrn hinter mir. Froh über ein offenes Ohr, dem er sein Leid klagen kann, erläutert er, sich im Besitz einer Tageskarte zu befinden – und es stimmt, er hält sie mir hin –, die nach Aussage des für den Verkauf zuständigen Schaltermenschen auch für diesen Bus hier Gültigkeit besäße. Doch der Fahrer sei uneinsichtig, ja geradezu renitent. Dieser Bürokrat, führt er sinngemäß weiter aus, habe seiner Auslegung der Tageskartenfunktion gänzlich unaufgeschlossen gegenübergestanden und ihm als Alternative in recht deutlichen Worten den Kauf eines zusätzlichen Tickets anempfohlen. Kostenpunkt: einszwanzig.
Dies hält mein Nachbar weiterhin für inakzeptabel. Schließlich habe er zum einen eine gültige Tageskarte und andererseits zehn Cent zu wenig in der Tasche.
Hm, mir schwant ein Polizeieinsatz, mir schwanen schreiende Menschen, über Muskeln sich spannende Uniformen, ich höre vor meinen geistigen Ohr das silbrige Klirren von Handschellen, sehe Tränengasschwaden, es droht eine Gefährdung des öffentlichen Personennahverkehrs, ich sehe Verhaftung, Abschiebung, eine zerrissene Familie und schließliches Dahindämmern in den Slums von Kinshasa oder Ouagadougou … Und alles nur wegen einer fehlenden Münze, der viertkleinsten überhaupt.
Während der Fahrer vorne offenbar im Begriff ist, eine erfolgreiche Funkverbindung zur Einsatzleitung herzustellen, offeriere ich dem Mann zehn Cent, zunächst in Form einer Ein-Euro-Münze, die er mit einem Wort des Dankes auch annimmt. Damit stapft er ungebrochen verärgert nach vorne und legt wortlos seinen und meinen Euro dem Fahrer hin. Der beendet den Funkkontakt, ratscht – ebenfalls stumm – ein Ticket aus dem Automaten, zählt das Wechselgeld ab, und der Mann steckt es samt Ticket still ein, stapft durch den Gang zurück und gibt mir 90 Cent zurück. Der Bus fährt los, alles ist gut.
Wäre man Haushaltsexperte im Fachbereich polizeiliche Einsatzkräfte, könnte man wohl leicht ausrechnen, wieviele Steuern die Stadt Hamburg just durch die Investition einer Zehn-Cent-Münze zur richtigen Zeit am richtigen Ort gespart hat.
Die Rendite ist jedenfalls atemberaubend. Schade, dass ich bei privaten Finanzgeschäften dagegen immer auf die Schnauze falle.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs von Al Green
1. „Love is a beautiful thing“
2. „I can't stop“
3. „Call me“
Die letzten 36 Stunden
Dienstag
8.15: Wecker klingelt, Bad, Frühstück, Abschiedskuss für Ms. Columbo.
9.15: Radle zur Arbeit. Heute werden 100 Mails auf mich warten. Und tausend Dinge mehr. F…
12.19: Mittagspause. Wir hetzen los. In 30 Minuten müssen wir wieder zurück sein. Verschlinge Viktoriabarschfilet. Esstempo kann nicht gesund sein. Egal. Hetze zurück. Höchstens noch 50 Mails. Beruhigend. Auf eine gewisse Art.
18.15: Radle rasend heim. Willkommenskuss von Ms. Columbo. Schnell was essen. Muss zum Konzert.
21.00: Treffe vorm Knust ein. Der Franke auch. Okkervil River spielen. Folk noir aus den USA. Düster, verletzlich, wild. Band lässt uns aber erst mal eine Stunde warten. Wir trösten uns mit Beck's. Band spielt bis Mitternacht. Radle rasend heim. Muss noch bloggen. Aber was? Am besten die Dylan-Radioshow. Die Welt soll davon erfahren.
2.00: Ins Bett. Kann nicht gleich schlafen wegen irgendwelcher Musik im Ohr. Geht nicht weg; wie ein Loop.
Mittwoch
8.15: Wecker klingelt, Bad, Frühstück, Abschiedskuss für Ms. Columbo.
9.05: Zur Bushaltestelle, weil Fitnesstasche zu unhandlich fürs Fahrrad. Muss feststellen, dass Haltestelle verlegt worden ist. 800 Meter laufen mit blöder Fitnesstasche. Kriege den Bus noch so eben. Im Büro werden 100 Mails auf mich warten. Und tausend Dinge mehr. F…
12.45: Mittagspause. Wir hetzen los. In 30 Minuten müssen wir wieder zurück sein. Verschlinge Currywurst mit Pommes Frites. Esstempo kann nicht gesund sein. Egal. Hetze zurück. Höchstens noch 50 Mails. Beruhigend. Auf eine gewisse Art.
18.15: Mit dem Bus ins Fitnessstudio. Vorm Bauch/Rückenkurs noch schnell für 20 Minuten auf den Crosstrainer zum Aufwärmen. Sage tschüs zu 317 Kalorien.
20.35: U-Bahn nach St. Pauli. Hetze die Treppen hoch, werfe Tasche ins Bad, stelle Fernseher an: Champions-League-Finale. Genieße beim Laufen in die Küche die Tatsache, die gleiche Luft zu atmen wie Ronaldinho, global gesehen. Esse Käsebrote mit Basilikumtomaten, während erste Halbzeit läuft.
21.45: Zeichne Finale weiter auf. Muss zum Konzert von Gregor Samsa ins Molotow (Foto: die Decke). Club liegt auf der anderen Seite der Reeperbahn, drei Fußminuten weg. Zum Glück.
22.02: Treffe erregt und verschwitzt im Molotow ein. Hatte mich durch den Absperrzaun der Riesenbaustelle Reeperbahn gezwängt, fand aber an der anderen Seite keinen Ausgang. Irrte minutenlang über den Spielbudenplatz. Fühlte mich wie auf Guantanamo Bay. Musste schließlich am Dixieklo den Zaun anheben, quetschte mich durch. Erfahre im Molotow, dass die Band schon gespielt hat. Könnte heulen.
22.15: Eile durch die Seilerstraße zurück nach Hause. Vor mir watschelt ein Typ in Shorts und Hawaiihemd. Er stoppt an einem Auto und stellt, während er seine Wagenschlüssel sucht, eine Motorsäge aufs Dach. Will lieber nicht wissen, warum.
22.50: Aufzeichnung des Champions-League-Finales. Barca schießt zwei Tore in drei Minuten. Ms. Columbo kommt nach Hause. Willkommenskuss. Vertrete die Theorie, Arsenal-Keeper Jens Lehmann habe sich in der ersten Halbzeit beim Stand von 0:0 nur deshalb vom Platz stellen lassen, um seinen Torrekord nicht zu gefährden und vor der WM keinen Treffer mehr zu kassieren. Hat funktioniert.
22:58: Spiel ist aus. Schaue Ronaldinho beim Feiern zu. Atme die gleich Luft wie er, global gesehen, was eine Gnade ist. Aber jetzt Schluss mit lustig: Private Mails müssen erledigt werden. Sind zum Glück nur 19.
23.31: Verdammt, muss noch bloggen! Aber was bloß, WAS? Ach, warum nicht einfach die letzten 36 Stunden im Zeitraffer zusammenfassen? Genau. So mach ich's.
0.14: Jetzt noch geschäftliche Korrespondenz, Banküberweisungen, Kram. Und dann ab ins Bett. Wenn nur diese komische Musik im Ohr wegginge. Ist hartnäckig wie ein Loop. Aber immerhin anderes Stück als gestern.
8.15: Wecker klingelt, Bad, Frühstück, Abschiedskuss für Ms. Columbo.
9.15: Radle zur Arbeit. Heute werden 100 Mails auf mich warten. Und tausend Dinge mehr. F…
12.19: Mittagspause. Wir hetzen los. In 30 Minuten müssen wir wieder zurück sein. Verschlinge Viktoriabarschfilet. Esstempo kann nicht gesund sein. Egal. Hetze zurück. Höchstens noch 50 Mails. Beruhigend. Auf eine gewisse Art.
18.15: Radle rasend heim. Willkommenskuss von Ms. Columbo. Schnell was essen. Muss zum Konzert.
21.00: Treffe vorm Knust ein. Der Franke auch. Okkervil River spielen. Folk noir aus den USA. Düster, verletzlich, wild. Band lässt uns aber erst mal eine Stunde warten. Wir trösten uns mit Beck's. Band spielt bis Mitternacht. Radle rasend heim. Muss noch bloggen. Aber was? Am besten die Dylan-Radioshow. Die Welt soll davon erfahren.
2.00: Ins Bett. Kann nicht gleich schlafen wegen irgendwelcher Musik im Ohr. Geht nicht weg; wie ein Loop.
Mittwoch
8.15: Wecker klingelt, Bad, Frühstück, Abschiedskuss für Ms. Columbo.
9.05: Zur Bushaltestelle, weil Fitnesstasche zu unhandlich fürs Fahrrad. Muss feststellen, dass Haltestelle verlegt worden ist. 800 Meter laufen mit blöder Fitnesstasche. Kriege den Bus noch so eben. Im Büro werden 100 Mails auf mich warten. Und tausend Dinge mehr. F…
12.45: Mittagspause. Wir hetzen los. In 30 Minuten müssen wir wieder zurück sein. Verschlinge Currywurst mit Pommes Frites. Esstempo kann nicht gesund sein. Egal. Hetze zurück. Höchstens noch 50 Mails. Beruhigend. Auf eine gewisse Art.
18.15: Mit dem Bus ins Fitnessstudio. Vorm Bauch/Rückenkurs noch schnell für 20 Minuten auf den Crosstrainer zum Aufwärmen. Sage tschüs zu 317 Kalorien.
20.35: U-Bahn nach St. Pauli. Hetze die Treppen hoch, werfe Tasche ins Bad, stelle Fernseher an: Champions-League-Finale. Genieße beim Laufen in die Küche die Tatsache, die gleiche Luft zu atmen wie Ronaldinho, global gesehen. Esse Käsebrote mit Basilikumtomaten, während erste Halbzeit läuft.
21.45: Zeichne Finale weiter auf. Muss zum Konzert von Gregor Samsa ins Molotow (Foto: die Decke). Club liegt auf der anderen Seite der Reeperbahn, drei Fußminuten weg. Zum Glück.
22.02: Treffe erregt und verschwitzt im Molotow ein. Hatte mich durch den Absperrzaun der Riesenbaustelle Reeperbahn gezwängt, fand aber an der anderen Seite keinen Ausgang. Irrte minutenlang über den Spielbudenplatz. Fühlte mich wie auf Guantanamo Bay. Musste schließlich am Dixieklo den Zaun anheben, quetschte mich durch. Erfahre im Molotow, dass die Band schon gespielt hat. Könnte heulen.
22.15: Eile durch die Seilerstraße zurück nach Hause. Vor mir watschelt ein Typ in Shorts und Hawaiihemd. Er stoppt an einem Auto und stellt, während er seine Wagenschlüssel sucht, eine Motorsäge aufs Dach. Will lieber nicht wissen, warum.
22.50: Aufzeichnung des Champions-League-Finales. Barca schießt zwei Tore in drei Minuten. Ms. Columbo kommt nach Hause. Willkommenskuss. Vertrete die Theorie, Arsenal-Keeper Jens Lehmann habe sich in der ersten Halbzeit beim Stand von 0:0 nur deshalb vom Platz stellen lassen, um seinen Torrekord nicht zu gefährden und vor der WM keinen Treffer mehr zu kassieren. Hat funktioniert.
22:58: Spiel ist aus. Schaue Ronaldinho beim Feiern zu. Atme die gleich Luft wie er, global gesehen, was eine Gnade ist. Aber jetzt Schluss mit lustig: Private Mails müssen erledigt werden. Sind zum Glück nur 19.
23.31: Verdammt, muss noch bloggen! Aber was bloß, WAS? Ach, warum nicht einfach die letzten 36 Stunden im Zeitraffer zusammenfassen? Genau. So mach ich's.
0.14: Jetzt noch geschäftliche Korrespondenz, Banküberweisungen, Kram. Und dann ab ins Bett. Wenn nur diese komische Musik im Ohr wegginge. Ist hartnäckig wie ein Loop. Aber immerhin anderes Stück als gestern.
Abonnieren
Posts (Atom)