22 Mai 2014

Vielleicht bin ich ja auch nur geizig

 

Liebes Restaurant XXXXXX,

bis zur Rechnung haben wir dir alles nachgesehen. Dass der Kellner stilles statt Sprudelwasser servierte, war lässlich. Und dass er mir Messer und Gabel von links quer vorm Gesicht vorbeiführte, um es rechts von mir abzulegen, war nur ein bisschen gefährlich. 

Doch dann kam die Rechnung. 

Drauf standen 14 Euro für die Getränke; das Essen war durch einen Groupon-Gutschein schon vorfinanziert. Ich sagte 16, tippte routiniert meine PIN ins hingereichte Kartengerät und erhielt den Quittungsausdruck. Ich wollte ihn schon dankend einstecken, als mein Blick zufällig die Gesamtsumme streifte, welche ich gerade mit Maestrokarte bezahlt hatte.

Sie betrug nicht 16 Euro, oh nein. 
Sondern 60. 

„60?“, prustete ich los, „ich habe 16 gesagt!“ Diverse Reaktionen Ihres Mitarbeiters wären an dieser Stelle denkbar gewesen. Bestürzung zum Beispiel. Eine von Kopfschütteln begleitete Bitte um Entschuldigung. Ein Sich-die-Hand-vor-die-Stirn-Schlagen.

Doch Ihr Mitarbeiter verzog erstaunlicherweise keine Miene – und bot in dürren Worten an, mir die überschüssigen 44 Euro in bar zurückzuzahlen. Klar, das löste das Problem. Doch hätte er sich nicht von vorneherein ganz anders verhalten müssen? Wenn bei Gästen eine 14-Euro-Rechnung aufgelaufen ist und er glaubt, als Zahlbetrag inklusive Trinkgeld 60 verstanden zu haben: Muss er dann nicht stutzig werden? 

Nur zwei Reaktionen wären in einer solchen Situation denkbar und logisch: entweder eine ungläubige Rückfrage – oder überschäumende Begeisterung ob des höchsten Trinkgelds seit Michael Jacksons letztem Besuch bei Ihnen. Doch nichts dergleichen. 

Die Mimik Ihres Kellners war von einer Beweglichkeit, die an Buster Keaton erinnerte. Oder an eine Gipsbüste. Wäre ich nicht im letzten Augenblick über den Rechnungsbetrag gestolpert, hätte er ohne mit der Wimper zu klimpern sagenhafte 46 Euro Trinkgeld eingesackt – ein Betrag, der mehr als dreimal so hoch war wie die Gesamtrechnung.

Uns scheint es so, als hätte der Mann dieses Missverständnis billigend in Kauf genommen. Und auch wenn uns letztlich kein Schaden entstanden ist, weder finanziell noch durch am Gesicht vorbeigeführte Besteckensembles: Stammgäste werden wir nicht bei Ihnen.

Aber das haben Sie sich wahrscheinlich schon gedacht.

Mit freundlichem Gruß
Matt

PS: Warum ich so blind war und den falschen Betrag nicht bereits während der Eingabe meiner PIN wahrgenommen habe? Nun, das ist eine völlig andere Geschichte, die wir hier nicht vertiefen wollen, danke.


4 Kommentare:

  1. Empörend.
    Der Kellner.
    Vielmehr aber, dass Sie uns den offenbar spannendsten Teil der Geschichte vorenthalten. Was spielte sich da auf/an/unter dem Tisch ab, dass Sie so abgelenkt waren, dass Sie den falschen Betrag nicht bemerkt haben!?

    AntwortenLöschen
  2. Das frage ich mich ehrlich gesagt auch. Immer noch.

    AntwortenLöschen
  3. Ich habe die Rechnung gesehen und war fest davon überzeugt, ich werde etwas über zwei Mineralwasser lesen, die sage und schreibe 9,00 (in Worten: neun) Euro kosten.

    AntwortenLöschen
  4. Immerhin waren es große Flaschen.

    AntwortenLöschen