
Seit mehreren Jahrzehnten besitze ich keine Uhr mehr. Schließlich schlägt dem Glücklichen keine Stunde, wozu also braucht er einen Chronometer?
Außerdem ist meine innere Uhr durch dieses jahrzehntelange Training von einer verblüffenden Treffsicherheit, mit der ich Ms. Columbo immer wieder neu auf eine Weise beeindrucken kann, als beherrschte ich das Jonglieren im Kopfstand, und zwar unter Wasser.
Wenn ich hingegen wirklich mal hundertprozentig genau wissen muss, wie spät es ist, dann hängt – o Segen der Großstadt! – immer gerade irgendeine Uhr in Sichtweite rum, und für Notfälle gibt es ja auch noch das iPhone in meiner Hosentasche.
Kurzum: An der Notwendigkeit, mein Handgelenk mit einem Zeitmesser beschweren und somit ständig diesen eklen Schweißfilm ertragen zu müssen, der sich zwangsläufig an der Uhrenunterseite bildet, gebricht es mir total.
Als ich heute auf dem Heimweg allerdings mal wieder einen Blick in die öden Weiten der progressiv dahinsiechenden Woolworth-Filiale in der Großen Bergstraße warf, gewahrte ich einen Tisch, an dem Uhren verramscht wurden. Unverbindlich schaute ich mal drauf – und verliebte mich augenblicklich ins abgebildete Objekt.
Es war indes keineswegs die recht schlicht konzipierte Uhr an sich, welche mich in ihren Bann schlug, sondern die Zusatzapplikation Flaschenöffner mitsamt der Befestigungsmöglichkeit am Schlüsselbund. Der Preis gab mir dann den Rest, denn Woolworth vertickt (sic!) das Teil für fünf Euro und legt sogar noch eine Ersatzbatterie bei.
Ja, ich habe ein Herz für Ramsch. Und ich weiß, in Ihren Augen hebt diese Schwäche meinen sozialen Status keineswegs. Doch eins kann ich Ihnen sagen: Wenn sie das nächste Mal ratlos mit einer zuen Flasche Astra anner Reeperbahn rumstehen, dann werden Sie heilfroh sein, wenn ich mit meinem Uhrenschlüsselanhängerflaschenöffner zufällig des Weges komme – und Ihnen sagen kann, wie spät es ist.
Einfach so.