Wenn man vor seinem blitzsauberen winzigen Souterrainladen auf der Hein-Hoyer-Straße steht, sieht man die Reeperbahn. Dort wogen die Menschen, dort tobt das Leben, sie liegt nur 50 Meter weit weg. Doch von den tausenden Touristen verirren sich nur wenige hierher. 50 Meter: Das ist eine Welt. Deshalb hat Freddy kaum Laufkundschaft, sondern vor allem Stammkunden aus den umliegenden Straßen, natürlich auch aus der Seilerstraße. Und wenn man den Stammkundenstatus einmal erreicht hat, wird man ihn nicht mehr los. Das ist ähnlich geregelt wie beim Nobelpreiskommitee in Stockholm.
Sonntagabend, nach einigen geflügellosen Monaten, war ich mal wieder bei Freddy auf ein Hähnchen mit Pommes Frites, und er macht die Augen groß, als ich die drei Stufen zu ihm hinuntersteige, sagt „Ah, wie geht's?“ und reicht mir begeistert die Hand. Gut geht's, und selbst? „Gut, gut“, lächelt Freddy und entfernt eilfertig irgendein Krümelchen Paprikapulver von der Anrichte. Wie gesagt: Der Laden ist blitzsauber. Die Uhr, die hinter ihm an der Wand hängt, ist sogar in Frischhaltefolie eingeschlagen. Aus irgendeinem Grund.
„Wie immer?“ fragt er. Wie immer, sagt der Stammkunde. Und muss trotz mehrmonatiger Geflügellosigkeit nicht mal mehr erwähnen, dass er die Pommes nur gesalzen, nicht gepfeffert bevorzugt. Und das Hähnchen geviertelt. Freddy hat halt ein Gedächtnis wie ein indischer Elefant. Und wenn er dir, dem Stammkunden, am Ende das Wechselgeld überreicht, schafft er es mit einer kühnen manuellen Drehtechnik, das Übergeben der Münzen in ein herzliches Händedrücken münden zu lassen. Das hatte der alte Freddy, der mit dem Deppenapostroph, bestimmt nicht drauf. Das kann nur der Herr Singh.
Große Musik, die heute aus dem iPod floss: „My back pages“ vom Keith Jarrett Trio, „Albatros“ von Peter Holler und „Night drive“ von Lynn Miles.
PS: Die Transen sind wieder da – nur zur Information.