Dieses Schaubild stammt von der Generali-Versicherung. Es zeigt die Verteilung von Fahrraddiebstählen in Hamburg. Je dunkelgrüner, desto mehr. St. Pauli ist ausgesprochen dunkelgrün.
Hier auf dem Kiez wird laut Generali im Lauf von zehn Jahren jedes zehnte Rad geklaut. Darüber kann ich natürlich nur lachen. In zehn Jahren gehe ich im Schnitt dreier Räder verlustig; das sind alle, die ich habe, und entspricht somit einer Quote von hundert Prozent.
Als mir meine Insuranz, die in dieser Beziehung bestürzend wankelmütige Zürich Versicherung, das letzte empörenderweise nicht mehr ersetzen wollte, kündigte ich sofort lauthals zeternd den Vertrag. Das erleichterte Aufatmen der Zürich, mich endlich los zu sein, wehte behende über die Alpen nordwärts und war noch hier in St. Pauli als linder Windhauch spürbar.
Meine Konsequenz aus diesem unablässigen Geschröpftwerden durch Diebsgesindel ist seit Jahren die, dass ich mir immer billigere Räder anschaffe. Das aktuelle ist ein gefühlt zentnerschwerer Trumm mit Stoßdämpfer und hat mich auf dem Schlachthofflohmarkt verkraftbare 50 Euro gekostet.
Als ich es zum türkischen Händler meines Vertrauens brachte, um es auf ein alltagstaugliches Niveau bringen zu lassen, runzelte er spontan sorgenumwölkt und auch missbilligend die Stirn. „Farrat scheiße“, beschied mir der grundehrliche Mann ohne den geringsten Versuch, seine Einschätzung zu beschönigen. „Immä Propläm.“
Ich fühlte mich natürlich ordnungsgemäß schlecht; immerhin hatte ich das Rad nicht bei ihm gekauft wie schon mehrfach in der Vergangenheit. Doch sein Preisniveau startet eben erst bei 250 Euro, und für das nächste Fahrrad, das ich mir im dunkelgrünen St. Pauli klauen lassen möchte, ist das letztlich einfach ein zu hoher Preis.
Unter Protestgemurmel nahm er den Auftrag schließlich an und brachte es auf Vordermann. Ich besorgte mir für den doppelten Fahrradpreis ein Schloss, das angeblich auch einer Flex oder zumindest einem Atomkrieg standhält, und jetzt walze und schaukle (Stoßdämpfer!) ich mit dem zentnerschweren Trumm gar nicht mal so unzufrieden durch Hamburg. In die Wohnung trage ich es natürlich nicht hoch; dafür bräuchte ich Möbelpacker.
Meine Hoffnung, dass ein Fahrraddieb es mustert und denkt „Farrat scheiße, immä Propläm“, ist übrigens grün. Dunkelgrün.
Grafik: Generali
Meine Gazelle mit Hammerburgaufkleber erfreut sich hieseits des Alpenbogens auf jeden Fall grosser Bewunderung und wird von den zänkischen Mitberglern nicht geklaut. Natürlich ist sie auch tonnenschwer und nur mit erheblichem Tretaufwand über die Steilwände, von denen wir in verschwenderischem Masse umgeben sind, hochgeprügelt. Prolog am Hamburger Berg, dass ich nicht lache.
AntwortenLöschenMachen Sie sich nur lustig! Aber eine Dampfwalze z. B. würden Sie auch auf der flachbrüstigen Reeperbahn nicht allein mit Muskelkraft in Bewegung setzen können. Und mein Rad ist nah damit verwandt. Mit der Dampfwalze, nicht der Reeperbahn.
AntwortenLöschenAls ich mir vor zwei Jahren ein gebrauchtes, aber recht gutes und auch gut aussehendes Rad kaufte, hab ich es noch gleich am ersten Tag mit Gaffa und Aufklebern optisch auf ca. 10% seines Kaufswertes reduziert. Das Ding fährt wie 'ne 1, sieht aus wie 'ne 6 und da ich nichtmal ein tolles Schloß besitze schiebe ich das auf sein Outfit.
AntwortenLöschenDie begabten Diebe wissen so was aber inzwischen auch; die haben einen Expertenblick, der sich von Oberflächlichkeiten nicht täuschen lässt. Kurz: Sie sind einfach ein Kind des Glücks. Noch.
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