Unser seit einem Dreivierteljahr hin und her wogender Kampf mit Supermaus ist in eine neue Phase eingetreten. Monatelang hatten sich Giftköder und Schlagfallen als untaugliche Mittel erwiesen. Der Maus entlockten sie längst nur noch ein müdes Schnurrhaarwackeln.
Die Überwachungskamera zeigte in deprimierender Allnächtlichkeit, wie der Minisäuger zunehmend desinteressiert den Parcours abschritt; ein immer routinierterer Slalom durch ein Minenfeld, das er längst kartiert hatte.
Also musste eine neue Strategie her. Deshalb bestellte ich nach dem Rat eines Bloglesers im Internet eine Lebendfalle. Zwei Zugänge, als Wippen konstruiert, führen ins Innere des Kastens. Dort platzierte ich in der Mitte einen ordentlichen Klecks Schokocreme samt einer verführerisch duftenden Walnuss obendrauf. Der Weg in die Falle war simpel, der wieder hinaus unmöglich. Eine so geniale wie einfache Konstruktion. Und ich würde mich keines Mordes an einem Mitgeschöpf schuldig machen müssen, das wäre ein durchaus angenehmer Nebeneffekt. Denn eigentlich haben Ms. Columbo und ich ja gar nichts gegen die Maus, wir mögen halt nur nicht mit ihr unter einem Dach leben. Sie beteiligt sich schließlich nicht mal an den Nebenkosten.
In freudiger Erwartung stellte ich die Lebendfalle dort auf, wo die Maus sich allnächtlich am liebsten tummelte: auf dem IKEA-Flokati unterm Esstisch. Vorher hatte ich die bisher so nutzlosen todbringenden Waffen alle abgebaut. Schließlich sollte eine neue Strategie etabliert werden, und Kriegstaktiken darf man nicht vermischen, das hat schon Clausewitz gesagt. Oder auch nicht, ich habe ihn nie gelesen.
Wie auch immer: Am ersten Morgen dieses neuen Zeitalters checkte ich die Kamera und sah – nichts. Die Maus war nicht ins Blickfeld geraten. Ebenso wenig am Folgemorgen. Auch die Kastenfalle blieb öde und leer. Am dritten Morgen aber waren sechs Bilder auf der SD-Karte.
Sie zeigten die Maus, wie sie aus respektvoller Entfernung den Kasten musterte. Dabei bewegte sie sich kaum, ganz so, als studierte sie die neue Sachlage intensiv, als machte sie sich ein genaues Bild der veränderten Situation. Am Folgetag ein ähnliches Bild. Diesmal allerdings wagte sie sich näher heran; das heutige Foto dokumentiert ihren Terraingewinn sehr gut.
Aber in die Falle tappte der Nager noch immer nicht, und ehrlich gesagt bin ich auch längst insgeheim davon überzeugt, dass dies niemals geschehen wird – unabhängig davon, was immer ich oder irgendein Vergrämer auch unternehmen werden. Diese Maus wird never ever so unvorsichtig sein und nur aufgrund von Schokocremeduft einen unbekannten Gang betreten. Das täte sie nur, wenn sie sicher wäre, auch wieder unbeschadet herauszukommen – wie damals, als sie das Stück Käse aus der scharfen Schlagfalle holte und damit Fußball spielte.
Woher die Maus weiß, was sie tun darf und was nicht? Ich weiß es nicht. Aber eins weiß ich, und das hätte mir schon früher dämmern sollen: Friedliche Koexistenz ist eigentlich auch was sehr Schönes.
Die Lebendfalle bleibt trotzdem vorerst einmal stehen. Ein wenig nächtliches Entertainment hat unsere Maus sich redlich verdient – nicht dass sie sich noch zu Tode langweilt, das würde ich mir nie verzeihen.