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01 September 2013
31 August 2013
Siebträgergesichter, entdeckt in der Küche im Dunstkreis unserer Espressomaschine.
Beide funktionieren übrigens auch prächtig, wenn man sie auf den Kopf stellt. Probieren Sie es doch einfach mal aus, indem Sie Ihr „Device“ um 180 Grad drehen.
Es wird Ihr Schaden nicht sein.
PS: Eine ganze Galerie gibt es weiterhin bei der Pareidolie-Tante.
Beide funktionieren übrigens auch prächtig, wenn man sie auf den Kopf stellt. Probieren Sie es doch einfach mal aus, indem Sie Ihr „Device“ um 180 Grad drehen.
Es wird Ihr Schaden nicht sein.
PS: Eine ganze Galerie gibt es weiterhin bei der Pareidolie-Tante.
27 August 2013
Doppelt deppert
Jeden Morgen radle ich die Seilerstraße runter gen Altona, und jeden Morgen stoße ich am Ende der Straße auf den seinem Namen keinerlei Ehre machenden Hamburger Berg. Dort bin ich leider unweigerlich dem Anblick der Außenfassade von „Rosi`s Bar“ ausgesetzt.
Nichts gegen diese Kneipe freilich; dort habe ich schon einige erbauliche Stunden verbracht. Vor allem montags, wenn niemand auf dem Kiez rumhängt, nicht mal die Pinneberger, dann sitzt es sich da sehr kommod in der ungewohnten Leere des Gastraums.
Denn wie wir längst wissen, ist die Großstadt als solche ein bestechend einleuchtendes Konzept, welches lediglich durch die Anwesenheit von Menschen beeinträchtigt wird, ganz arg sogar. Und montags gibt es außer der Bedienung so gut wie keine Menschen in „Rosi`s Bar“, das ist bestechend.
Aber auch an solchen Tagen hängt das Schild „Rosi`s Bar“ unverdrossen überm Eingang. Wenn man drin ist, sieht man’s zwar nicht, doch es ist da, es sorgt dafür, dass mir seine Präsenz stets bewusst ist. Und morgens, wenn ich mich dem Ende der Seilerstraße nähere, fahre ich sogar direkt darauf zu. Es springt mir ins Auge, es gibt kein Entrinnen. Ich schaue das Schild an, das Schild schaut mich an.
Wenn Sie jetzt glauben, es sei bloß der Deppenapostroph, der auf mein sprachästhetisches Empfinden einsticht wie Catherine Tramell mit einem Eispickel, dann liegen Sie nur halb richtig; wirklich quälend ist vor allem die Tatsache, dass der Hersteller des Schildes nicht einmal in der Lage war, einen ordentlichen Apostroph aus der Zeichensatzkiste zu ziehen.
Nein, diese volllegasthenische Trottellumme griff auch noch zu einem Accent grave! Dieser Fehlgriff macht den Deppenapostroph in „Rosi`s Bar“ gleichsam doppelt so deppert.
Wer aber jetzt denkt, diese missliche Lage an der Fassade müsste doch Rosis durchschnittlichen Astratagesumsatz erheblich mindern, der liegt womöglich falsch. Bei Rosi nämlich ist immer Remmidemmi außer montags, kaum einen Gast scheint es zu kümmern, was dort draußen an der Hauswand in entsetzlicher Permanenz Tag und Nacht vor sich geht, ja, es scheint, als würde kaum einer die Interpunktionskatastrophe überhaupt bemerken.
Manchmal denke ich inzwischen, zermürbt vom jahrelangen Daraufzufahren, ich könnte mich mit dem richtigen falschen Apostroph fast so was wie anfreunden.
„Rosi’s Bar“: Ja, das wäre ein Kompromiss.
(Nein! Niemals!)
Nichts gegen diese Kneipe freilich; dort habe ich schon einige erbauliche Stunden verbracht. Vor allem montags, wenn niemand auf dem Kiez rumhängt, nicht mal die Pinneberger, dann sitzt es sich da sehr kommod in der ungewohnten Leere des Gastraums.
Denn wie wir längst wissen, ist die Großstadt als solche ein bestechend einleuchtendes Konzept, welches lediglich durch die Anwesenheit von Menschen beeinträchtigt wird, ganz arg sogar. Und montags gibt es außer der Bedienung so gut wie keine Menschen in „Rosi`s Bar“, das ist bestechend.
Aber auch an solchen Tagen hängt das Schild „Rosi`s Bar“ unverdrossen überm Eingang. Wenn man drin ist, sieht man’s zwar nicht, doch es ist da, es sorgt dafür, dass mir seine Präsenz stets bewusst ist. Und morgens, wenn ich mich dem Ende der Seilerstraße nähere, fahre ich sogar direkt darauf zu. Es springt mir ins Auge, es gibt kein Entrinnen. Ich schaue das Schild an, das Schild schaut mich an.
Wenn Sie jetzt glauben, es sei bloß der Deppenapostroph, der auf mein sprachästhetisches Empfinden einsticht wie Catherine Tramell mit einem Eispickel, dann liegen Sie nur halb richtig; wirklich quälend ist vor allem die Tatsache, dass der Hersteller des Schildes nicht einmal in der Lage war, einen ordentlichen Apostroph aus der Zeichensatzkiste zu ziehen.
Nein, diese volllegasthenische Trottellumme griff auch noch zu einem Accent grave! Dieser Fehlgriff macht den Deppenapostroph in „Rosi`s Bar“ gleichsam doppelt so deppert.
Wer aber jetzt denkt, diese missliche Lage an der Fassade müsste doch Rosis durchschnittlichen Astratagesumsatz erheblich mindern, der liegt womöglich falsch. Bei Rosi nämlich ist immer Remmidemmi außer montags, kaum einen Gast scheint es zu kümmern, was dort draußen an der Hauswand in entsetzlicher Permanenz Tag und Nacht vor sich geht, ja, es scheint, als würde kaum einer die Interpunktionskatastrophe überhaupt bemerken.
Manchmal denke ich inzwischen, zermürbt vom jahrelangen Daraufzufahren, ich könnte mich mit dem richtigen falschen Apostroph fast so was wie anfreunden.
„Rosi’s Bar“: Ja, das wäre ein Kompromiss.
(Nein! Niemals!)
23 August 2013
Pareidolie (64)
Was Spiegel-Autor Konrad Lischka gerade gemacht hat, hätte ich ehrlich gesagt auch gekonnt: ein Buch mit Pareidolien zu füllen. Aber wer zu spät kommt, ist nun mal nicht der frühe Vogel, so ist das halt.
Deshalb geht es vorerst hier im Blog weiter mit der Pareidolieserie. Meine wäre auch bestimmt weniger gut vermarktbar, denn im Gegensatz zu Lischkas pareidolischem La-La-Land (Untertitel: „Die Welt steckt voller Lächeln“) geht es hier allzu oft sehr düster, ja manchmal geradezu panisch zu. Wie heute mal wieder.
Entdeckt auf dem Hoheluftflohmarkt.
PS: Eine ganze Galerie gibt es übrigens bei der Pareidolie-Tante. Sie hätte überhaupt als erste ein solches Buch machen sollen. Aber so ein E-Book ist ja schnell gestrickt heutzutage.
19 August 2013
Fundstücke (180): Menschenhandel in Ottensen
Die Vielzahl der Problemzonen dieses Werbeschildes rechtfertigen auf alle Fälle einen eigenen Blogeintrag.
Dabei möchte ich – um den Rahmen nicht zu sprengen – die sympathisch heterogen gehandhabte Groß- und Kleinschreibung von vorneherein ausklammern. Zu sehr dominiert die Strahlkraft der Deppenleerzeichen diesen Entwurf, als dass man ihre Würdigung mit anderen Aspekten kontaminieren dürfte.
Es geht schon oben los. Der Inhaber des beworbenen und – wie wir noch sehen werden – breit aufgestellten Unternehmens, Herr Musa, beschäftigt anscheinend einen Meister, der mit Nachnamen Friseur heißt. Welch schöner Zufall, ist Musa doch vor allem im Geschäftsfeld der Haarbehandlung tätig.
Interessanterweise aber scheint er sogar ein ganzes Team mit diesem Nachnamen in Lohn und Brot zu haben – und der Einfachheit halber unter dem Rubrum „Damen und Herren“ zusammenzufassen; wohl um nicht alle Rufnamen einzeln aufführen zu müssen. So ein Schild bietet schließlich nicht endlos Platz.
Musas Geschäftsmodell aber ist, wie bereits angedeutet, erstaunlich vielfältig. Es geht weit über das Shampoonieren und Trimmen hinaus. So hat der pfiffige Geschäftsmann – obzwar damit frohgemut gegen die Genfer Konvention verstoßend – sogar Rentner im Verkauf.
Jetzt mal abgesehen von moralisch-ethisch-gesetzlichen Erwägungen und diesem ganzen Pipapo: Der Endpreis von 8 Euro pro Rentner scheint mir doch sehr knapp kalkuliert. Vielleicht handelt es sich sogar um ein Lockvogelangebot, und das wäre auf jeden Fall illegal.
Denn müssten Rentner mit all ihrer in Jahrzehnten angesammelten Fachkunde und Lebenserfahrung nicht für deutlich mehr Geld in der Auslage liegen? Die Produktions- und Lagerkosten, das weiß jeder kaufmännische Berufsschüler, fließen schließlich in den Preis mit ein und sollten sich am Point of Sale entsprechend niederschlagen. Was sagen eigentlich seine Angestellten dazu, die Damen und Herren Friseur? Zumal Musas Parallelprodukt, ein simpler „Maschienenharrschnitt“, genau so wenig kostet wie ein Rentner.
Beides kann man beim kulanten Ottenser übrigens ohne jede „voranmeldung“ erwerben – und ich habe es jetzt doch nicht geschafft, die heterogen gehandhabte Groß- und Kleinschreibung dieses Großen unter den Kleinunternehmern von vorneherein auszuklammern.
Na ja, jeder macht mal Fehler.
PS: Über den Kamm, der oben rechts wahrscheinlich wild knurrend eine unschuldige Schere totbeißt, möchte ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen. Aus Gründen.
Dabei möchte ich – um den Rahmen nicht zu sprengen – die sympathisch heterogen gehandhabte Groß- und Kleinschreibung von vorneherein ausklammern. Zu sehr dominiert die Strahlkraft der Deppenleerzeichen diesen Entwurf, als dass man ihre Würdigung mit anderen Aspekten kontaminieren dürfte.
Es geht schon oben los. Der Inhaber des beworbenen und – wie wir noch sehen werden – breit aufgestellten Unternehmens, Herr Musa, beschäftigt anscheinend einen Meister, der mit Nachnamen Friseur heißt. Welch schöner Zufall, ist Musa doch vor allem im Geschäftsfeld der Haarbehandlung tätig.
Interessanterweise aber scheint er sogar ein ganzes Team mit diesem Nachnamen in Lohn und Brot zu haben – und der Einfachheit halber unter dem Rubrum „Damen und Herren“ zusammenzufassen; wohl um nicht alle Rufnamen einzeln aufführen zu müssen. So ein Schild bietet schließlich nicht endlos Platz.
Musas Geschäftsmodell aber ist, wie bereits angedeutet, erstaunlich vielfältig. Es geht weit über das Shampoonieren und Trimmen hinaus. So hat der pfiffige Geschäftsmann – obzwar damit frohgemut gegen die Genfer Konvention verstoßend – sogar Rentner im Verkauf.
Jetzt mal abgesehen von moralisch-ethisch-gesetzlichen Erwägungen und diesem ganzen Pipapo: Der Endpreis von 8 Euro pro Rentner scheint mir doch sehr knapp kalkuliert. Vielleicht handelt es sich sogar um ein Lockvogelangebot, und das wäre auf jeden Fall illegal.
Denn müssten Rentner mit all ihrer in Jahrzehnten angesammelten Fachkunde und Lebenserfahrung nicht für deutlich mehr Geld in der Auslage liegen? Die Produktions- und Lagerkosten, das weiß jeder kaufmännische Berufsschüler, fließen schließlich in den Preis mit ein und sollten sich am Point of Sale entsprechend niederschlagen. Was sagen eigentlich seine Angestellten dazu, die Damen und Herren Friseur? Zumal Musas Parallelprodukt, ein simpler „Maschienenharrschnitt“, genau so wenig kostet wie ein Rentner.
Beides kann man beim kulanten Ottenser übrigens ohne jede „voranmeldung“ erwerben – und ich habe es jetzt doch nicht geschafft, die heterogen gehandhabte Groß- und Kleinschreibung dieses Großen unter den Kleinunternehmern von vorneherein auszuklammern.
Na ja, jeder macht mal Fehler.
PS: Über den Kamm, der oben rechts wahrscheinlich wild knurrend eine unschuldige Schere totbeißt, möchte ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen. Aus Gründen.
15 August 2013
Franke ahoi!
Unglaublich, aber wahr: Der Franke – haha, halten Sie sich bitte gut fest! –, hat den Segelschein gemacht. Den Segelschein! Original aufm Wasser!
Ich weiß, das ist ungefähr so, als bewürbe sich ein Usbeke ums Jodeldiplom. Doch dem im Schatten des Josefspitals aufgewachsenen Naturburschen kam sein Ansinnen komischerweise überhaupt nicht komisch vor.
Als Folge desselben nervte er uns monatelang – und zwar mittags mit unvermittelt heruntergemurmelten Knotenknüpftechniken, nachmittags mit sorgenvollen Windstärkenmeldungen und abends mit dauerhafter Unabkömmlichkeit – er musste ja zum Segeltraining.
Wenn er ausnahmsweise doch mal mitkam zum Grillen an die Elbe, knechtete er uns mit komplett uninteressantem Fachwissen. Düste zum Beispiel ein Motorboot im Abendlicht von rechts nach links elbaufwärts, fragte er mich: „Was fällt dir an diesem Boot auf?“
„Es fährt im Abendlicht von rechts nach links elbaufwärts“, rollte ich mit den Augen. „Und woran erkennst du, dass es von rechts nach links fährt?“, bohrte der Franke weiter. „Eventuell daran, dass es offenkundig von rechts nach links fährt …?“, versuchte ich ihn mit zusammengekniffenen Augen zur Räson zu bringen.
„Nein!“, rief der Franke daraufhin triumphierend aus, „sondern daran, dass du ein GRÜNES LICHT siehst! Wenn es nämlich von links nach rechts führe, sähst du ein ROTES Licht!“
Vielleicht verhielt es sich auch umgekehrt mit den Farben, so genau weiß ich das nicht mehr. Jedenfalls war alles absolut hoffnungslos, und ich nagte verdrossen weiter an meiner gegrillten Aubergine, während der Franke sich glühenden Blicks auf die rot und grün die Elbe durchpflügenden Boote die dritte Bratwurst reinpfiff.
Wir alle sehnten den Tag seiner Theorieprüfung herbei, die er dank einer appgestützt fehlberechneten Fahrtzeit („Scheiß Google Maps!“, schimpfte er noch Tage später) und einer unerklärlich frankenfeindlichen roten Welle erst mit zehnminütiger Verspätung antrat und gleichwohl bestand.
Vor der einige Tage später folgenden praktischen Prüfung gerierte er sich als fahriges Nervenbündel, das von zu rettenden Bojen faselte, wegen der vorhergesagten Windstärke vier Panik schob und drauf und dran war, Steuer-, Back- und Bücherbord zu verwechseln. Doch auch dieses Examen absolvierte der Mann aus dem weinberggesprenkelten Binnenland erfolgreich.
„Einen Vorteil hat das Ganze ja“, wandte ich mich in des Franken Gegenwart seufzend an Kramer. „Ich sehe uns schon auf dem Sonnendeck Cocktails schlürfen, während Käptn Ahab uns über die Weltmeere schippert.“
Warum der Franke daraufhin irgendwas von einem Baum salbaderte, der uns beide von der Jolle fegen würde, weiß ich auch nicht. Im Herbst will er übrigens weitere Prüfungen ablegen, die ihn dazu berechtigen, nicht nur über die Alster, sondern auch quer durch Dreimeilenzonen zu marodieren.
Wo ist eigentlich Windstärke zwölf, wenn man sie mal braucht?
PS: Weiteren Frankenhorror gibt es in meinem E-Book „Die Frankensaga“ für einen stark untertriebenen Preis bei Amazon.
Ich weiß, das ist ungefähr so, als bewürbe sich ein Usbeke ums Jodeldiplom. Doch dem im Schatten des Josefspitals aufgewachsenen Naturburschen kam sein Ansinnen komischerweise überhaupt nicht komisch vor.
Als Folge desselben nervte er uns monatelang – und zwar mittags mit unvermittelt heruntergemurmelten Knotenknüpftechniken, nachmittags mit sorgenvollen Windstärkenmeldungen und abends mit dauerhafter Unabkömmlichkeit – er musste ja zum Segeltraining.
Wenn er ausnahmsweise doch mal mitkam zum Grillen an die Elbe, knechtete er uns mit komplett uninteressantem Fachwissen. Düste zum Beispiel ein Motorboot im Abendlicht von rechts nach links elbaufwärts, fragte er mich: „Was fällt dir an diesem Boot auf?“
„Es fährt im Abendlicht von rechts nach links elbaufwärts“, rollte ich mit den Augen. „Und woran erkennst du, dass es von rechts nach links fährt?“, bohrte der Franke weiter. „Eventuell daran, dass es offenkundig von rechts nach links fährt …?“, versuchte ich ihn mit zusammengekniffenen Augen zur Räson zu bringen.
„Nein!“, rief der Franke daraufhin triumphierend aus, „sondern daran, dass du ein GRÜNES LICHT siehst! Wenn es nämlich von links nach rechts führe, sähst du ein ROTES Licht!“
Vielleicht verhielt es sich auch umgekehrt mit den Farben, so genau weiß ich das nicht mehr. Jedenfalls war alles absolut hoffnungslos, und ich nagte verdrossen weiter an meiner gegrillten Aubergine, während der Franke sich glühenden Blicks auf die rot und grün die Elbe durchpflügenden Boote die dritte Bratwurst reinpfiff.
Wir alle sehnten den Tag seiner Theorieprüfung herbei, die er dank einer appgestützt fehlberechneten Fahrtzeit („Scheiß Google Maps!“, schimpfte er noch Tage später) und einer unerklärlich frankenfeindlichen roten Welle erst mit zehnminütiger Verspätung antrat und gleichwohl bestand.
Vor der einige Tage später folgenden praktischen Prüfung gerierte er sich als fahriges Nervenbündel, das von zu rettenden Bojen faselte, wegen der vorhergesagten Windstärke vier Panik schob und drauf und dran war, Steuer-, Back- und Bücherbord zu verwechseln. Doch auch dieses Examen absolvierte der Mann aus dem weinberggesprenkelten Binnenland erfolgreich.
„Einen Vorteil hat das Ganze ja“, wandte ich mich in des Franken Gegenwart seufzend an Kramer. „Ich sehe uns schon auf dem Sonnendeck Cocktails schlürfen, während Käptn Ahab uns über die Weltmeere schippert.“
Warum der Franke daraufhin irgendwas von einem Baum salbaderte, der uns beide von der Jolle fegen würde, weiß ich auch nicht. Im Herbst will er übrigens weitere Prüfungen ablegen, die ihn dazu berechtigen, nicht nur über die Alster, sondern auch quer durch Dreimeilenzonen zu marodieren.
Wo ist eigentlich Windstärke zwölf, wenn man sie mal braucht?
PS: Weiteren Frankenhorror gibt es in meinem E-Book „Die Frankensaga“ für einen stark untertriebenen Preis bei Amazon.
11 August 2013
Die bisher beste Beatles-Woche
Vor einigen Tagen lud mich das East-Hotel zur Vernissage des legendären Künstlerfotografen Jürgen Vollmer ein. Eins seiner berühmtesten Bilder zeigt den jungen John Lennon, wie er in der Jägerpassage in einem Hauseingang steht und arrogant guckt.
Dieses Foto machte Lennon Mitte der 70er zum Cover seines Albums „Rock’n’Roll“, und 30 Jahre später stellte ich es mit Ms. Columbos Hilfe am Originalschauplatz nach – wir berichteten.
Als ich nun zur Vollmer-Vernissage ins East aufbrechen wollte, dachte ich mir: Warum druckst du das Foto mit dir als Lennon nicht aus, steckst es in eine Mappe, nimmst es mit, schnappst dir Vollmer in einem günstigen Moment und lässt es dir signieren?
Schnapsideen muss man sofort umsetzen oder sie ganz lassen, und zwar für immerdar, also druckte ich es aus, steckte es in eine Mappe, ging damit ins East und wartete auf den günstigen Vollmer-Moment, um es mir signieren zu lassen.
Er kam auch. Vollmer, dessen 1961er-Pilzkopfschnitt die Beatles so umwerfend fanden, dass sie ihn baten, in diesem Sinne an ihnen herumzuschnippeln – der Rest ist Geschichte –, Vollmer also saß mit Klaus Voormann (der das „Revolver“-Cover designt hatte) bei einem Glas Vernissagesekt zusammen, als ich lautlos herantrat und um ein Autogramm bat.
Er war gleich dazu bereit, und ich gab ihm einen Stift. Dann schlug ich – ein wohlgesetzter dramaturgischer Moment – die Mappe mit dem Foto auf.
„Das ist aber nicht von mir!“, rief Vollmer sogleich überrascht aus und schien zu meinem aufkeimenden Entsetzen alle Anstalten zu machen, die Unterzeichnung zu verweigern.
Ich beschwichtigte ihn dergestalt, dass ja die Motividee von ihm stamme und als solche natürlich signierenswert sei, auch wenn die pophistorische Lichtgestalt Lennon durch einen unwürdigen Blogger blablabla …
Beruhigt und beherzt setzte der Meisterfotograf (74) daraufhin den Kugelschreiber an und unterzeichnete. Zu Hause steckte ich die Devotionalie sofort in einen Echtholzrahmen und ging zwei Tage später zum Konzert von Lennons Witwe Yoko Ono, was die Woche aufs Allersinnigste abrundete.
Die Ausstellung läuft übrigens noch bis zum 5. September, Eintritt frei.
PS: Das Originalmotiv links hat Vollmer mir natürlich nicht signiert. Das ist Photoshop, haha! Leider steht dieses Foto bei der Ausstellung auch nicht zum Verkauf, da Vollmer es schon vor einiger Zeit an Yoko Ono veräußert hat. Angebote für den Erwerb meines Fotos mit der Originalsignatur nehmen ich und Sotheby’s indes ab sofort entgegen. (Spaaaaß!)
Dieses Foto machte Lennon Mitte der 70er zum Cover seines Albums „Rock’n’Roll“, und 30 Jahre später stellte ich es mit Ms. Columbos Hilfe am Originalschauplatz nach – wir berichteten.
Als ich nun zur Vollmer-Vernissage ins East aufbrechen wollte, dachte ich mir: Warum druckst du das Foto mit dir als Lennon nicht aus, steckst es in eine Mappe, nimmst es mit, schnappst dir Vollmer in einem günstigen Moment und lässt es dir signieren?
Schnapsideen muss man sofort umsetzen oder sie ganz lassen, und zwar für immerdar, also druckte ich es aus, steckte es in eine Mappe, ging damit ins East und wartete auf den günstigen Vollmer-Moment, um es mir signieren zu lassen.
Er kam auch. Vollmer, dessen 1961er-Pilzkopfschnitt die Beatles so umwerfend fanden, dass sie ihn baten, in diesem Sinne an ihnen herumzuschnippeln – der Rest ist Geschichte –, Vollmer also saß mit Klaus Voormann (der das „Revolver“-Cover designt hatte) bei einem Glas Vernissagesekt zusammen, als ich lautlos herantrat und um ein Autogramm bat.
Er war gleich dazu bereit, und ich gab ihm einen Stift. Dann schlug ich – ein wohlgesetzter dramaturgischer Moment – die Mappe mit dem Foto auf.
„Das ist aber nicht von mir!“, rief Vollmer sogleich überrascht aus und schien zu meinem aufkeimenden Entsetzen alle Anstalten zu machen, die Unterzeichnung zu verweigern.
Ich beschwichtigte ihn dergestalt, dass ja die Motividee von ihm stamme und als solche natürlich signierenswert sei, auch wenn die pophistorische Lichtgestalt Lennon durch einen unwürdigen Blogger blablabla …
Beruhigt und beherzt setzte der Meisterfotograf (74) daraufhin den Kugelschreiber an und unterzeichnete. Zu Hause steckte ich die Devotionalie sofort in einen Echtholzrahmen und ging zwei Tage später zum Konzert von Lennons Witwe Yoko Ono, was die Woche aufs Allersinnigste abrundete.
Die Ausstellung läuft übrigens noch bis zum 5. September, Eintritt frei.
PS: Das Originalmotiv links hat Vollmer mir natürlich nicht signiert. Das ist Photoshop, haha! Leider steht dieses Foto bei der Ausstellung auch nicht zum Verkauf, da Vollmer es schon vor einiger Zeit an Yoko Ono veräußert hat. Angebote für den Erwerb meines Fotos mit der Originalsignatur nehmen ich und Sotheby’s indes ab sofort entgegen. (Spaaaaß!)
06 August 2013
High five, Hieronymus
Heute las ich auf Spiegel online die Geschichte eines US-amerikanischen Touristen, der in einem Museum in Florenz einer mittelalterlichen Statue den Finger abgerissen hat. Eventuell wollte er ihr ein high five geben.
Der (US-amerikanische!) Direktor des Museums, Timothy Verdon, beklagte laut Spon bitterlich die verrohten Sitten im Hier und Jetzt: „In einer globalisierten Welt wie der unseren“, schüttelte der Mann fassungslos den Kopf, „scheint man eine der grundlegenden Regeln für den Besuch von Museen vergessen zu haben: nämlich dass man die Werke nicht anfassen darf.“
Nun, ich kann ihn beruhigen: Das gilt nicht nur für eine globalisierte Welt wie die unsere, sondern auch für die unglobalisierte von gestern. Mir ist nämlich ein ähnlicher Fall aus den 80er Jahren bekannt. Er spielte in der Alten Pinakothek in München, und der für die verrohten Sitten zuständige Vollhorst war – ich.
Damals war ich ganz vernarrt in Deep Purples titelloses, doch nach seinem zentralen Stück als „April“ bekanntes Album, welches ein Gemälde des niederländischen Meisters Hieronymus Bosch (1450–1516) als Covermotiv zeigt. Das Bild ist Teil des Triptychons „Der Garten der Lüste“ und bekannt als „Die musikalische Hölle“ (s. Ausschnitt oben).
Darauf wird munter gemetzelt und gemeuchelt, und zwar gerne auch mal mit Musikinstrumenten; dass Deep Purple mit dieser Coverwahl also sich selbst und die Rezeptionsgeschichte des Hardrock ein wenig auf die Schippe nehmen, ging mir erst viele Jahre später auf, genauer gesagt: gerade eben.
In seiner Lust an Folterszenen jedenfalls zeigt der Maler höchst eindrucksvoll, welch verheerende Wirkung die Lektüre der Bibel auf die Synapsen selbst eines Jahrhundertgenies haben kann. Mit seiner psychedelischen Apokalyptik lieferte Bosch quasi die „Saw“-Serie des Mittelalters und wirkte damit auf das noch nicht völlig ausgeformte Hirn des jungen Matt durchaus faszinierend, zumal in Verbindung mit der Musik von Deep Purple.
Boschs Bilder boten schaurigschöne Trips in die Hölle und zurück, echt wahr, und mit diesem Vorwissen ging ich auf Klassenfahrt nach München und landete in der Alten Pinakothek. Und siehe da: Dort hing zu meinem wohligen Erschaudern ein echtes Gemälde von Herrn Bosch! Er höchstselbst hatte den Pinsel geführt, seine Hände die Leinwand gespannt.
Selbstverständlich handelte es sich wieder mal um eine fieberheiße Höllenfantasie abgründigster Natur. Es war aber nicht „Der Garten der Lüste“, das weiß ich noch. Welches Werk aber dann? Leider nicht mehr festzustellen, denn heutzutage hängt kein Bosch mehr in der Alten Pinakothek, wie eine kurze Recherche ergab – und ich hoffe nicht, dass diese Tatsache irgendetwas mit mir zu tun hat.
Ich stellte mich jedenfalls fasziniert vor Boschs Bild, welches einfach so an der Wand hing, ungeschützt, weder in einer Vitrine noch hinter einer Scheibe; wenn ich mich recht erinnere, hielt nicht mal eine Anstandskordel unsereins auf Abstand. Nein, der 500-jährige Firnis der Leinwand wurde unmittelbar umfächelt von der Atemluft der Moderne, falls man so großmütig sein möchte, die trüben 80er dieser Ära zuzurechnen.
Neben mir hielten sich verwirrte Mitschüler auf, die ich mit meinem Deep-Purple-generierten Bosch-Fachwissen zutextete. Während der Exegese wies ich mit dem Finger mal hier-, mal dorthin, kam der Leinwand in meinem Eifer plötzlich unbemerkt sehr nah – und dann geschah es:
Ich berührte sie.
Mein Finger auf der Farbe, die Hieronymus Bosch einst aufgetragen hatte. Mal eben ein halbes Jahrtausend überbrückt mit einer unbedachten Bewegung. Hier Hieronymus, der Kunstolympier, da ein Deep-Purple-Fan in einem schlecht sitzenden 80er-Jahre-Cordsakko, und beide teilten jetzt und für immer eine Erfahrung: die gleiche Stelle auf einem unsterblichen Gemälde berührt zu haben.
In meiner Erinnerung dauerte es keine zwei Sekunden vom erschreckten Zurückzucken meiner Hand bis zum Losheulen einer Sirene. Ich eilte geduckt weg vom Tatort, meine Mitschüler hinterher. In der Alten Pinakothek herrschte Aufregung, Ordnungskräfte eilten herbei, die Besucher schauten erschrocken, wildes Stimmengewirr.
Ich eilte durch die Menge zum Ausgang – adrenalinüberflutet, weil ich mir intuitiv sicher war, der Grund für den Alarm zu sein. Und ich entkam.
Was mich heute vor allem wundert, ist die widersprüchliche Strategie des Museums. Einerseits konnte jeder, der sich der damals noch unglobalisierten Welt zum Trotz bereits präventiv verrohte Sitten antrainiert hatte, ein Gemälde betatschen, weil es ungeschützt dahing; andererseits löste anscheinend schon ein Moskito, der sich im Garten der Lüste eine Verschnaufpause gönnen wollte, einen Großalarm in halb Bayern aus.
Jedenfalls habe ich noch nie einer florentinischen Statue einen Finger abgebrochen, und das plane ich dereinst, wenn Hieronymus Bosch mich zur Rede stellen wird, zu meiner Verteidigung anzuführen.
Und dann werden wir uns ein high five geben.
Der (US-amerikanische!) Direktor des Museums, Timothy Verdon, beklagte laut Spon bitterlich die verrohten Sitten im Hier und Jetzt: „In einer globalisierten Welt wie der unseren“, schüttelte der Mann fassungslos den Kopf, „scheint man eine der grundlegenden Regeln für den Besuch von Museen vergessen zu haben: nämlich dass man die Werke nicht anfassen darf.“
Nun, ich kann ihn beruhigen: Das gilt nicht nur für eine globalisierte Welt wie die unsere, sondern auch für die unglobalisierte von gestern. Mir ist nämlich ein ähnlicher Fall aus den 80er Jahren bekannt. Er spielte in der Alten Pinakothek in München, und der für die verrohten Sitten zuständige Vollhorst war – ich.
Damals war ich ganz vernarrt in Deep Purples titelloses, doch nach seinem zentralen Stück als „April“ bekanntes Album, welches ein Gemälde des niederländischen Meisters Hieronymus Bosch (1450–1516) als Covermotiv zeigt. Das Bild ist Teil des Triptychons „Der Garten der Lüste“ und bekannt als „Die musikalische Hölle“ (s. Ausschnitt oben).
Darauf wird munter gemetzelt und gemeuchelt, und zwar gerne auch mal mit Musikinstrumenten; dass Deep Purple mit dieser Coverwahl also sich selbst und die Rezeptionsgeschichte des Hardrock ein wenig auf die Schippe nehmen, ging mir erst viele Jahre später auf, genauer gesagt: gerade eben.
In seiner Lust an Folterszenen jedenfalls zeigt der Maler höchst eindrucksvoll, welch verheerende Wirkung die Lektüre der Bibel auf die Synapsen selbst eines Jahrhundertgenies haben kann. Mit seiner psychedelischen Apokalyptik lieferte Bosch quasi die „Saw“-Serie des Mittelalters und wirkte damit auf das noch nicht völlig ausgeformte Hirn des jungen Matt durchaus faszinierend, zumal in Verbindung mit der Musik von Deep Purple.
Boschs Bilder boten schaurigschöne Trips in die Hölle und zurück, echt wahr, und mit diesem Vorwissen ging ich auf Klassenfahrt nach München und landete in der Alten Pinakothek. Und siehe da: Dort hing zu meinem wohligen Erschaudern ein echtes Gemälde von Herrn Bosch! Er höchstselbst hatte den Pinsel geführt, seine Hände die Leinwand gespannt.
Selbstverständlich handelte es sich wieder mal um eine fieberheiße Höllenfantasie abgründigster Natur. Es war aber nicht „Der Garten der Lüste“, das weiß ich noch. Welches Werk aber dann? Leider nicht mehr festzustellen, denn heutzutage hängt kein Bosch mehr in der Alten Pinakothek, wie eine kurze Recherche ergab – und ich hoffe nicht, dass diese Tatsache irgendetwas mit mir zu tun hat.
Ich stellte mich jedenfalls fasziniert vor Boschs Bild, welches einfach so an der Wand hing, ungeschützt, weder in einer Vitrine noch hinter einer Scheibe; wenn ich mich recht erinnere, hielt nicht mal eine Anstandskordel unsereins auf Abstand. Nein, der 500-jährige Firnis der Leinwand wurde unmittelbar umfächelt von der Atemluft der Moderne, falls man so großmütig sein möchte, die trüben 80er dieser Ära zuzurechnen.
Neben mir hielten sich verwirrte Mitschüler auf, die ich mit meinem Deep-Purple-generierten Bosch-Fachwissen zutextete. Während der Exegese wies ich mit dem Finger mal hier-, mal dorthin, kam der Leinwand in meinem Eifer plötzlich unbemerkt sehr nah – und dann geschah es:
Ich berührte sie.
Mein Finger auf der Farbe, die Hieronymus Bosch einst aufgetragen hatte. Mal eben ein halbes Jahrtausend überbrückt mit einer unbedachten Bewegung. Hier Hieronymus, der Kunstolympier, da ein Deep-Purple-Fan in einem schlecht sitzenden 80er-Jahre-Cordsakko, und beide teilten jetzt und für immer eine Erfahrung: die gleiche Stelle auf einem unsterblichen Gemälde berührt zu haben.
In meiner Erinnerung dauerte es keine zwei Sekunden vom erschreckten Zurückzucken meiner Hand bis zum Losheulen einer Sirene. Ich eilte geduckt weg vom Tatort, meine Mitschüler hinterher. In der Alten Pinakothek herrschte Aufregung, Ordnungskräfte eilten herbei, die Besucher schauten erschrocken, wildes Stimmengewirr.
Ich eilte durch die Menge zum Ausgang – adrenalinüberflutet, weil ich mir intuitiv sicher war, der Grund für den Alarm zu sein. Und ich entkam.
Was mich heute vor allem wundert, ist die widersprüchliche Strategie des Museums. Einerseits konnte jeder, der sich der damals noch unglobalisierten Welt zum Trotz bereits präventiv verrohte Sitten antrainiert hatte, ein Gemälde betatschen, weil es ungeschützt dahing; andererseits löste anscheinend schon ein Moskito, der sich im Garten der Lüste eine Verschnaufpause gönnen wollte, einen Großalarm in halb Bayern aus.
Jedenfalls habe ich noch nie einer florentinischen Statue einen Finger abgebrochen, und das plane ich dereinst, wenn Hieronymus Bosch mich zur Rede stellen wird, zu meiner Verteidigung anzuführen.
Und dann werden wir uns ein high five geben.
04 August 2013
Fundstücke (179)
Travemünde heute Nachmittag: ein Trennstrich zu wenig, ein paar Wolken zu viel – die perfekte Mischung.
Dass die Preußen aus Münster den FC St. Pauli aus dem DFB-Pokal warfen, lag eindeutig daran, dass sie sich nicht scheuten, auch zu höchst unlauteren Mitteln zu greifen … (Foto: Sky-Screenshot)
Auf dem Kiez gibt es übrigens nichts, was man nicht käuflich erwerben kann. Quod erat demonstrandum.
31 Juli 2013
Ideologischer Hirnschaden
Ein hübscher Shitstorm tobt zurzeit auf der Seite der St.-Pauli-Ultras.
Die wollen einen Fan, der beruflich bei der Polizei Vergewaltiger jagt, nicht mehr in ihren Reihen auf der Südtribüne dulden. Nicht, weil der Mann sich als Fan irgendetwas FCSP-Schädliches hätte zu schulden kommen lassen. Nein, einfach weil er von der Bundesrepublik Deutschland – dem barbarischen Schweinesystem also – dafür bezahlt wird, Vergewaltiger zu jagen.
Die Ultras offenbaren damit einen ideologischen Schwersthirnschaden, der bereits spätestens ab Mitte der 80er von vorvorgestern war, aber anscheinend jederzeit neu erworben werden kann, wenn man nur jung und dumm genug ist.
Peinlicherweise schweigt die Vereinsführung des FC St. Pauli dazu höchst vernehmlich, obwohl der Fall inzwischen längst überregional Schlagzeilen macht, den Ruf des Vereins beschädigt und somit eine Stellungnahme dringend erforderlich wäre.
Dazu sieht sich die Vereinsführung aber anscheinend nicht in der Lage, weshalb ich nun nachträglich noch zufriedener damit bin, meine Mitgliedschaft vor einiger Zeit wieder beendet zu haben.
Ich wüsste übrigens gern, was der Berufskollege des ausgegrenzten Fans, der Kommissar und FCSP-Mannschaftskapitän Fabian Boll, über die ganze Sache denkt.
Gerne als Kommentar, danke.
Die wollen einen Fan, der beruflich bei der Polizei Vergewaltiger jagt, nicht mehr in ihren Reihen auf der Südtribüne dulden. Nicht, weil der Mann sich als Fan irgendetwas FCSP-Schädliches hätte zu schulden kommen lassen. Nein, einfach weil er von der Bundesrepublik Deutschland – dem barbarischen Schweinesystem also – dafür bezahlt wird, Vergewaltiger zu jagen.
Die Ultras offenbaren damit einen ideologischen Schwersthirnschaden, der bereits spätestens ab Mitte der 80er von vorvorgestern war, aber anscheinend jederzeit neu erworben werden kann, wenn man nur jung und dumm genug ist.
Peinlicherweise schweigt die Vereinsführung des FC St. Pauli dazu höchst vernehmlich, obwohl der Fall inzwischen längst überregional Schlagzeilen macht, den Ruf des Vereins beschädigt und somit eine Stellungnahme dringend erforderlich wäre.
Dazu sieht sich die Vereinsführung aber anscheinend nicht in der Lage, weshalb ich nun nachträglich noch zufriedener damit bin, meine Mitgliedschaft vor einiger Zeit wieder beendet zu haben.
Ich wüsste übrigens gern, was der Berufskollege des ausgegrenzten Fans, der Kommissar und FCSP-Mannschaftskapitän Fabian Boll, über die ganze Sache denkt.
Gerne als Kommentar, danke.
28 Juli 2013
Unterwegs im Speckgürtel
„Immer, wenn ich so ein Schwein sehe“, sagte Ms. Columbo beim Anblick dieses Hängebauchschweins im Wildpark Schwarze Berge, in dessen schattige Wälder uns die Großstadthitze vertrieben hatte, „dann rechne ich es in Koteletts um.“
Allein für solche Bemerkungen lohnen sich die Ausflüge mit Ms. Columbo bereits, aber auch aus diversen anderen Gründen. Auch gestern waren wir in den Hamburger Speckgürtel gezockelt, und zwar zum Tomatenfest einer Demeter-Gärtnerei in Ochsenwerder.
Eigentlich hätte Ms. Columbo konsequenterweise den ganzen Ort Ochsenwerder in Rinderfilets umrechnen müssen, doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen geriet uns die abgebildete Hausfassade in den Blick und warf die Frage auf: Ist das nun der dämlichste Tippfehler seit Erfindung des Einzelhandels oder eine pfiffige und wahrscheinlich nicht mal justiziable Markenverulkung?
Klären konnten wir das vor Ort freilich nicht, zumal das Haus leerstand. Sogar eine Scheibe war zerborsten – wahrscheinlich das Werk eines von der Edeka-Kette beauftragten Fenstereinschmeißers, die so ihren Willen zum außergerichtlichen Dialog kundtun wollte.
Vorher hatten wir auf einem Flohmarkt in Hausbruch vorbeigeschaut, wo ich einen formidablen blauen Zegna-Zweireiher erwarb, der mir allerdings zu groß ist. Bei Kaufinteresse bitte Mail.
Allein für solche Bemerkungen lohnen sich die Ausflüge mit Ms. Columbo bereits, aber auch aus diversen anderen Gründen. Auch gestern waren wir in den Hamburger Speckgürtel gezockelt, und zwar zum Tomatenfest einer Demeter-Gärtnerei in Ochsenwerder.
Eigentlich hätte Ms. Columbo konsequenterweise den ganzen Ort Ochsenwerder in Rinderfilets umrechnen müssen, doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen geriet uns die abgebildete Hausfassade in den Blick und warf die Frage auf: Ist das nun der dämlichste Tippfehler seit Erfindung des Einzelhandels oder eine pfiffige und wahrscheinlich nicht mal justiziable Markenverulkung?
Klären konnten wir das vor Ort freilich nicht, zumal das Haus leerstand. Sogar eine Scheibe war zerborsten – wahrscheinlich das Werk eines von der Edeka-Kette beauftragten Fenstereinschmeißers, die so ihren Willen zum außergerichtlichen Dialog kundtun wollte.
Vorher hatten wir auf einem Flohmarkt in Hausbruch vorbeigeschaut, wo ich einen formidablen blauen Zegna-Zweireiher erwarb, der mir allerdings zu groß ist. Bei Kaufinteresse bitte Mail.
24 Juli 2013
21 Juli 2013
Acht Gründe, weshalb ich für Prism ein Nazi bin
Für Prism bin ich höchstwahrscheinlich ein Rechter. Zu viel spricht gegen mich, die Beweislage ist geradezu erdrückend.
Meine Metadaten liefern seit Jahren Verdachtsmomente genug, um einen „full take“ zu veranlassen – also auch die Erfassung sämtlicher Inhalte meiner Netzaktivitäten. Und die liefern den Prism-Bots ein eindeutiges Bild. Hier die acht wichtigsten Ermittlungsergebnisse:
a) Ich habe vor einigen Jahren mal einem Freund meine Einschätzung zum Kinofilm „Der Untergang“ elektronisch übermittelt.
b) Im Internet habe ich mir die geleakten internen E-Mails der NPD runtergeladen, um zu erfahren, wie bestialisch die Denkkacke dieser Leute wirklich stinkt.
c) Hie und da schrieb auch ich das (ironische! IRONISCHE!) Twittermem #hitlervergleich fort – etwa in dem Tweet: „Wussten Sie eigentlich, wer auch geatmet hat? Richtig.“
d) Die Hintergrundfarbe meines Blogs ist eine Art braun. Von Anfang an.
e) Das gestrige Blogfoto zeigt unter anderem das Wort „Nazis“.
f) Meine Musiksammlung in der iCloud enthält zwei Rammstein-Songs.
g) Meine Musiksammlung in der iCloud enthält keinen Böhse-Onkelz-Song – was umso mehr gegen mich spricht, als diese Tatsache natürlich meine wahre Gesinnung nur (un)geschickt vertuschen soll.
h) Dieser Blogeintrag hier verdoppelt sämtliche soeben aufgezählten Verfehlungen.
Wie man sieht, ergibt all das aus Sicht der Prism-Algorithmen ein glasklares Persönlichkeitsprofil, und seine Exegese lautet: Ich bin höchstwahrscheinlich ein Rechter.
Meine einzige Rettung: Die NSA interessiert sich ü-b-e-r-h-a-u-p-t nicht für Nazis.
PS: Die abgebildeten hochmodernen Funkmasten auf dem Reeperbahnhaus gegenüber wurden erst vor wenigen Tagen installiert. Und warum wohl? Ganz genau!
Meine Metadaten liefern seit Jahren Verdachtsmomente genug, um einen „full take“ zu veranlassen – also auch die Erfassung sämtlicher Inhalte meiner Netzaktivitäten. Und die liefern den Prism-Bots ein eindeutiges Bild. Hier die acht wichtigsten Ermittlungsergebnisse:
a) Ich habe vor einigen Jahren mal einem Freund meine Einschätzung zum Kinofilm „Der Untergang“ elektronisch übermittelt.
b) Im Internet habe ich mir die geleakten internen E-Mails der NPD runtergeladen, um zu erfahren, wie bestialisch die Denkkacke dieser Leute wirklich stinkt.
c) Hie und da schrieb auch ich das (ironische! IRONISCHE!) Twittermem #hitlervergleich fort – etwa in dem Tweet: „Wussten Sie eigentlich, wer auch geatmet hat? Richtig.“
d) Die Hintergrundfarbe meines Blogs ist eine Art braun. Von Anfang an.
e) Das gestrige Blogfoto zeigt unter anderem das Wort „Nazis“.
f) Meine Musiksammlung in der iCloud enthält zwei Rammstein-Songs.
g) Meine Musiksammlung in der iCloud enthält keinen Böhse-Onkelz-Song – was umso mehr gegen mich spricht, als diese Tatsache natürlich meine wahre Gesinnung nur (un)geschickt vertuschen soll.
h) Dieser Blogeintrag hier verdoppelt sämtliche soeben aufgezählten Verfehlungen.
Wie man sieht, ergibt all das aus Sicht der Prism-Algorithmen ein glasklares Persönlichkeitsprofil, und seine Exegese lautet: Ich bin höchstwahrscheinlich ein Rechter.
Meine einzige Rettung: Die NSA interessiert sich ü-b-e-r-h-a-u-p-t nicht für Nazis.
PS: Die abgebildeten hochmodernen Funkmasten auf dem Reeperbahnhaus gegenüber wurden erst vor wenigen Tagen installiert. Und warum wohl? Ganz genau!
19 Juli 2013
17 Juli 2013
Der Chemie ist nicht zu trauen
Schon immer hatte ich intuitiv vermutet, dass man eine dubiose Tätigkeit namens „chemische Reinigung“ am besten zu übersetzen hat mit: „Wir tun gar nix, bitten Sie dafür aber herzlich gern zur Kasse.“
Die Verifikation dieser Vermutung erfolgte heute, als ich zwei auf dem Flohmarkt günstig geschossene Canali-Zweireiher aus reiner (und daher nicht waschbarer) Schurwolle von der Reinigung abholte. Als ich sie abgegeben hatte, wiesen die Hosen am Innenbund teils erhebliche Verschmutzungen auf, und jetzt, als ich sie abholte, hatte sich an diesem Status Folgendes geändert: nichts.
„Das sieht ja genau so aus wie vorher“, murrte ich verstimmt, während ich der Reinigungskraft vorwurfsvoll die Innenbünde entgegenhielt. Das müsse man halt waschen, antwortete die Frau, eine von jahrelanger Reeperbahnkundschaft hartgesottene Fachkraft. Ich hingegen bin nach all den Jahren auf dem Kiez noch immer eher zartgesotten und wandte daher zaghaft ein, Waschen ginge meines Wissens nicht, wegen Schurwolle und so.
Doch, sagte sie, da gäbe es ein spezielles Waschprogramm, das koste nicht mal mehr. Warum man diese Methode dann nicht bei meinen Anzügen angewandt habe, fragte ich mit inzwischen leicht bohrendem Unterton. Weil die Verschmutzungen dank meines Schweigens beim Erstbesuch unbekannt geblieben seien, sagte sie.
Einen Reinigungsauftrag, erwiderte ich inzwischen recht aufgebracht, müsse man doch wohl nicht mikrogeografisch spezifizieren; man komme als Kunde nun mal mit verschmutzter Kleidung und nähme sie sauber wieder mit – so meine, wie ich zugeben muss, laienhafte Vorstellung von „Reinigung“.
Nach einigem Hin und Her endete die ganze Geschichte damit, dass die Dame meine beiden Canali-Wollanzüge dabehielt und sie nun dem hochbrisanten Vorgang des speziellen Waschens unterziehen will. Und das alles belegt letztlich meine eingangs formulierte These zur chemischen Reinigung, was mich auf eine mir selbst ein wenig suspekte Art befriedigt.
Morgen jedenfalls wird ein spannender Tag. Die Canalis sind nämlich pro Stück mehrere hundert Euro wert, ob günstig geschossen oder nicht.
Update: Die meisten Flecken waren immer noch da – und zwar, weil die Anzüge doch nicht gewaschen worden waren. Grund: Ich hätte ja die Reinigung mit einer entsprechenden Unterschrift nicht von der Haftung entbunden. Wäre natürlich kein Problem gewesen, wenn man mir das nur vorgeschlagen hätte! Ich lachte höhnisch auf, woraufhin die Fachkraft mal telefonieren musste. Als sie zurückkam, hieß es, die Anzüge seien doch gewaschen worden. „Etwa ohne meine Unterschrift?“, brummte ich bedrohlich. „Ja, wenn etwas schiefgegangen wäre“, erklärte mir die Frau, „wäre das auf meine Kappe gegangen, ich wäre die Idiotin gewesen.“
So kann selbst ein kleiner Dienstleistungsauftrag zu unterhaltsamsten Verwickl- und Verwerfungen führen.
Die Verifikation dieser Vermutung erfolgte heute, als ich zwei auf dem Flohmarkt günstig geschossene Canali-Zweireiher aus reiner (und daher nicht waschbarer) Schurwolle von der Reinigung abholte. Als ich sie abgegeben hatte, wiesen die Hosen am Innenbund teils erhebliche Verschmutzungen auf, und jetzt, als ich sie abholte, hatte sich an diesem Status Folgendes geändert: nichts.
„Das sieht ja genau so aus wie vorher“, murrte ich verstimmt, während ich der Reinigungskraft vorwurfsvoll die Innenbünde entgegenhielt. Das müsse man halt waschen, antwortete die Frau, eine von jahrelanger Reeperbahnkundschaft hartgesottene Fachkraft. Ich hingegen bin nach all den Jahren auf dem Kiez noch immer eher zartgesotten und wandte daher zaghaft ein, Waschen ginge meines Wissens nicht, wegen Schurwolle und so.
Doch, sagte sie, da gäbe es ein spezielles Waschprogramm, das koste nicht mal mehr. Warum man diese Methode dann nicht bei meinen Anzügen angewandt habe, fragte ich mit inzwischen leicht bohrendem Unterton. Weil die Verschmutzungen dank meines Schweigens beim Erstbesuch unbekannt geblieben seien, sagte sie.
Einen Reinigungsauftrag, erwiderte ich inzwischen recht aufgebracht, müsse man doch wohl nicht mikrogeografisch spezifizieren; man komme als Kunde nun mal mit verschmutzter Kleidung und nähme sie sauber wieder mit – so meine, wie ich zugeben muss, laienhafte Vorstellung von „Reinigung“.
Nach einigem Hin und Her endete die ganze Geschichte damit, dass die Dame meine beiden Canali-Wollanzüge dabehielt und sie nun dem hochbrisanten Vorgang des speziellen Waschens unterziehen will. Und das alles belegt letztlich meine eingangs formulierte These zur chemischen Reinigung, was mich auf eine mir selbst ein wenig suspekte Art befriedigt.
Morgen jedenfalls wird ein spannender Tag. Die Canalis sind nämlich pro Stück mehrere hundert Euro wert, ob günstig geschossen oder nicht.
Update: Die meisten Flecken waren immer noch da – und zwar, weil die Anzüge doch nicht gewaschen worden waren. Grund: Ich hätte ja die Reinigung mit einer entsprechenden Unterschrift nicht von der Haftung entbunden. Wäre natürlich kein Problem gewesen, wenn man mir das nur vorgeschlagen hätte! Ich lachte höhnisch auf, woraufhin die Fachkraft mal telefonieren musste. Als sie zurückkam, hieß es, die Anzüge seien doch gewaschen worden. „Etwa ohne meine Unterschrift?“, brummte ich bedrohlich. „Ja, wenn etwas schiefgegangen wäre“, erklärte mir die Frau, „wäre das auf meine Kappe gegangen, ich wäre die Idiotin gewesen.“
So kann selbst ein kleiner Dienstleistungsauftrag zu unterhaltsamsten Verwickl- und Verwerfungen führen.
14 Juli 2013
So weit, so Kot
Aus hier nicht näher zu erläuternden Gründen gewähren wir gerade für ein paar Tage dem heimatvertriebenen German Psycho Asyl.
Als wir gemeinsam auf dem Balkon sitzen und gemütlich das sonntägliche Treiben unten auf der Straße verfolgen, sehen wir an der Postfiliale einen Hund sein großes Geschäft verrichten.
Das ist ganz alltäglich – und die deutlich angenehmere Variante dieser Tätigkeit, denn hier auf dem Kiez neigen auch vermeintlich höher entwickelte Säugetiere zu vergleichbarem Verhalten, und zwar geschlechtsübergreifend, wie ich leider sagen muss.
So weit, so Kot also – doch dann geschieht etwas geradezu Unerhörtes, es verschlägt mir schier den Atem: Das dabeistehende Herrchen kramt eine schwarze Plastiktüte hervor, ergreift damit die Hinterlassenschaft Hundis und wirft sie in den parat stehenden Mülleimer. So etwas – Kacke, die aufgesammelt wird – habe ich in 18 Kiezjahren noch nicht erlebt.
„Wahrscheinlich ein Schwabe“, murmelt German Psycho, während er behaglich an der Kippe zieht. Dann hören wir Herrchen allerdings mit seinem Vierbeiner reden, und das klingt sehr Hamburgisch.
Die einzige Erklärung für dieses bizarre Verhalten, die mir einfällt, ist daher folgende: Die bloße Präsenz von German Pyscho in unserem Viertel führt bereits zu einer intuitiven Disziplinierung des Plebs. Er ist gleichsam der Travis Bickle von St. Pauli.
Vielleicht sollten wir seinen Aufenthalt unbefristet verlängern.
PS: Mit dem Foto unserer Vorspeise heute Abend im Restaurant Mazza hat das natürlich alles nichts zu tun (außer der Tatsache, dass alles, was unten rauskommt, erst mal oben rein muss), aber ich möchte Ihnen eine realistischere Bebilderung nicht zumuten. Man nennt mich eben nicht umsonst auch Mr. Rücksichtsvoll.
Als wir gemeinsam auf dem Balkon sitzen und gemütlich das sonntägliche Treiben unten auf der Straße verfolgen, sehen wir an der Postfiliale einen Hund sein großes Geschäft verrichten.
Das ist ganz alltäglich – und die deutlich angenehmere Variante dieser Tätigkeit, denn hier auf dem Kiez neigen auch vermeintlich höher entwickelte Säugetiere zu vergleichbarem Verhalten, und zwar geschlechtsübergreifend, wie ich leider sagen muss.
So weit, so Kot also – doch dann geschieht etwas geradezu Unerhörtes, es verschlägt mir schier den Atem: Das dabeistehende Herrchen kramt eine schwarze Plastiktüte hervor, ergreift damit die Hinterlassenschaft Hundis und wirft sie in den parat stehenden Mülleimer. So etwas – Kacke, die aufgesammelt wird – habe ich in 18 Kiezjahren noch nicht erlebt.
„Wahrscheinlich ein Schwabe“, murmelt German Psycho, während er behaglich an der Kippe zieht. Dann hören wir Herrchen allerdings mit seinem Vierbeiner reden, und das klingt sehr Hamburgisch.
Die einzige Erklärung für dieses bizarre Verhalten, die mir einfällt, ist daher folgende: Die bloße Präsenz von German Pyscho in unserem Viertel führt bereits zu einer intuitiven Disziplinierung des Plebs. Er ist gleichsam der Travis Bickle von St. Pauli.
Vielleicht sollten wir seinen Aufenthalt unbefristet verlängern.
PS: Mit dem Foto unserer Vorspeise heute Abend im Restaurant Mazza hat das natürlich alles nichts zu tun (außer der Tatsache, dass alles, was unten rauskommt, erst mal oben rein muss), aber ich möchte Ihnen eine realistischere Bebilderung nicht zumuten. Man nennt mich eben nicht umsonst auch Mr. Rücksichtsvoll.
13 Juli 2013
Fundstücke (176): Die einzig wahre Diät
Man streiche dem Janus das J und ersetze Meditation durch „Kacken“ – schon ergibt die auf diesem Plakat beworbene Veranstaltung endlich so etwas wie Sinn. Und es funktioniert wirklich, versprochen!
Entdeckt in der Wohlwillstraße.
Die gemütlichsten Ecken von St. Pauli (88)
Ästhetik der Regelverletzung: Pyronebel türkischer Fans beim Spiel FC St. Pauli–Beşiktaş Istanbul gestern Abend.
10 Juli 2013
Offener Brief an den NSA-Zuträger Apple
Von: Matt Wagner
Betreff: Aufforderung zur Änderung der AGBs anlässlich des NSA-Skandals
Datum: 10. Juli 2013 20:56:01 MESZ
An: media.de@apple.com
Sehr geehrter Herr Albrecht,
ich bin seit vielen Jahren Apple-Kunde, mein erster Rechner war ein Performa, dann kam ein iMac, schließlich diverse Power- und MacBooks, natürlich iPods, Airport Express, Apple-TV und so weiter. So um die 20.000 Euro dürften in den vergangenen 20 Jahren von meiner Börse in Ihre geflossen sein, aber das war es mir wert. Ich war (fast) immer nicht nur zufrieden, sondern begeistert von der Qualität Ihrer Produkte und von ihrer Schönheit und Eleganz.
Das galt auch für Ihre Software. Auf iTunes bin ich begeistert eingestiegen, als Sie die iCloud gestartet haben, war ich gefühlt der erste deutsche Abonnent. Und natürlich habe ich seit langem eine Apple-ID mit entsprechender Mailadresse.
Bei den letzten beiden Punkten aber wird es neuerdings heikel. Denn, wie inzwischen herauskam, haben Sie anscheinend dem amerikanischen Auslandsgeheimdienst NSA einen generellen Zugriff auf meine Cloud- und Maildaten erlaubt. Dabei bin ich kein Terrorist.
Ich finde das erschütternd. Denn all die Jahre habe ich Ihnen vertraut. Wenn meine Freunde sagten, sie würden Dienste wie Dropbox meiden, weil sie sich Sorgen um die Privatheit ihrer Daten machten, dann habe ich nur gelächelt. Schließlich war ich bei Apple, einer Firma, die von einem Hippie gegründet worden war, dem die privaten Entfaltungsmöglichkeiten über alles gingen. Ich wähnte meine Privatsphäre bei Ihnen sicher.
Aber das war sie nicht. Sie haben meine Daten geteilt. Obwohl Sie wussten, dass die NSA mit ihrer Forderung gegen nationale Gesetze und sogar gegen das Völkerrecht verstieß, haben Sie den Zugriff erlaubt und mich nicht darüber informiert.
Dabei hätten Sie nur nein sagen müssen.
Recht, Gesetz, Moral und Anstand wären auf Ihrer Seite gewesen. Und mir als Kunden gegenüber, der sich nichts hat zuschulden kommen lassen, wären Sie dazu verpflichtet gewesen. Das ist ein schwerer Schlag für mich und meine Meinung über Sie. Ich fange an, über die 20.000 Euro nachzudenken, die ich Ihnen überlassen habe. Und ich denke ernsthaft nach über die Zukunft unserer Geschäftsbeziehung.
Daher meine Forderung an Sie: Versichern Sie mir, dass meine Daten von jetzt an sicher sind bei Ihnen. Versprechen Sie mir, dass Sie den unrechtmäßigen, völkerrechtswidrigen flächendeckenden geheimdienstlichen Zugriff auf Apple-Kundendaten – darunter auch meine – ab sofort unterbinden. Schreiben Sie das in Ihre AGBs, in die Geschäftsbedingungen, in die Kaufverträge.
Dann werde ich mit Sicherheit auch wieder einen mit Ihnen abschließen.
Auf eine baldige Zusage freue ich mich.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Wagner
PS: Diesen Brief werde ich als offenes Schreiben in meinem Blog veröffentlichen und erbitte die Erlaubnis, das auch mit Ihrer Antwort tun zu dürfen. Es ist – da sind wir uns sicher einig – in unserem gemeinsamen Interesse.
Update vom 22.7.2013
Nach zweimaligem Nachfragen kam heute eine Mail mit folgendem Text:
„Apple’s Commitment to Customer Privacy
June 16, 2013
Two weeks ago, when technology companies were accused of indiscriminately sharing customer data with government agencies, Apple issued a clear response: We first heard of the government’s “Prism” program when news organizations asked us about it on June 6. We do not provide any government agency with direct access to our servers, and any government agency requesting customer content must get a court order.
Like several other companies, we have asked the U.S. government for permission to report how many requests we receive related to national security and how we handle them. We have been authorized to share some of that data, and we are providing it here in the interest of transparency.
From December 1, 2012 to May 31, 2013, Apple received between 4,000 and 5,000 requests from U.S. law enforcement for customer data. Between 9,000 and 10,000 accounts or devices were specified in those requests, which came from federal, state and local authorities and included both criminal investigations and national security matters. The most common form of request comes from police investigating robberies and other crimes, searching for missing children, trying to locate a patient with Alzheimer’s disease, or hoping to prevent a suicide.
Regardless of the circumstances, our Legal team conducts an evaluation of each request and, only if appropriate, we retrieve and deliver the narrowest possible set of information to the authorities. In fact, from time to time when we see inconsistencies or inaccuracies in a request, we will refuse to fulfill it.
Apple has always placed a priority on protecting our customers’ personal data, and we don’t collect or maintain a mountain of personal details about our customers in the first place. There are certain categories of information which we do not provide to law enforcement or any other group because we choose not to retain it.
For example, conversations which take place over iMessage and FaceTime are protected by end-to-end encryption so no one but the sender and receiver can see or read them. Apple cannot decrypt that data. Similarly, we do not store data related to customers’ location, Map searches or Siri requests in any identifiable form.
We will continue to work hard to strike the right balance between fulfilling our legal responsibilities and protecting our customers’ privacy as they expect and deserve.“
07 Juli 2013
Im Paradies
Wintermütze, Kunstpelzmantel in Tigeroptik, dazu halblange Leggings über blauen Plastiksandalen: ouw-hah …
Was genau die Outfitentscheidungen dieses älteren Herrn beeinflusst haben mag, werden wir wohl nie erfahren, doch eins ist gewiss:
Es braucht wirklich keinen Schlagermove, um auf dem Kiez sehr merkwürdig ausstaffierten Menschen zu begegnen.
St. Pauli ist eben nicht nur ein Paradies zum Vögeln, sondern auch eins für Paradiesvögel.
Was genau die Outfitentscheidungen dieses älteren Herrn beeinflusst haben mag, werden wir wohl nie erfahren, doch eins ist gewiss:
Es braucht wirklich keinen Schlagermove, um auf dem Kiez sehr merkwürdig ausstaffierten Menschen zu begegnen.
St. Pauli ist eben nicht nur ein Paradies zum Vögeln, sondern auch eins für Paradiesvögel.
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