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09 November 2012

Eine kleine Gewalt Fantasie


 

Ich glaube, wir müssen uns allmählich wirklich vom altehrwürdigen zusammengesetzten Hauptwort verabschieden.

Über Jahrhunderte tat es tapfer seinen Dienst, übte sich lustvollst im Kreieren von Neuschöpfungen, schmolz zusammen, was oft nicht mal ahnte, dass es zusammengehört, schuf wie aus dem Nichts neue Wort- und damit Sinnwelten.

Diese Ära geht nun zuende, gewalt- und grausam. Denn die Kompositazerstückelung grassiert inzwischen in einem Maße, wie sie in der Vergangenheit nur in Serienkillerhaushalten vorkam. Irgendwann werden in der deutschen Sprachlandschaft nur noch Wort fet zen her um lie gen, zuckend und zappelnd und den letzten Rest ihrer Semantik aushauchend.

Das oben dokumentierte Beispiel eines Promoteranschreibens, das mich heute erreichte, ist nur die Spitze des Scheißbergs, ich schwör. So was bloß als „Deppenleerzeichen“ zu diskreditieren, wäre eine Beschönigung, der ich mich keinesfalls schuldig machen möchte.

Nein, Hopfen, Malz und das zusammengesetzte Hauptwort scheinen verloren. Oder gibt es einen Untergrund, in den man gehen könnte, um zurückzuschlagen? Könnte man von dort aus nicht mit kapitalen Kompositakanonen auf diese Spatzen Hirne schießen?

Wenigstens einen Vorteil hätte es ja, dass schon so viele davon herumflattern: Man träfe garantiert mit jedem Schuss.

05 Oktober 2012

Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde

Hm, wenn ich die Sachlage historisch richtig rekonstruiere, dann waren jene Uhren, die durchs bloße Mitsichherumtragen in Gang gehalten wurden, einst deswegen das große Ding, weil sie weder händisch aufgezogen noch mit Batterien betrieben werden mussten.

Diese Uhren vereinten auf verblüffend sinnige Weise das damalige Bedürfnis nach allumfassender körperlicher Entlastung (kein nerviges Aufziehen mehr) mit dem aufkeimendem Ökotrend (weniger umweltschädliche Batterien).

In diesem historischen Kontext ist für mich Naivchen der strombetriebene Automatikuhrenbeweger, den ich diese Woche (und wahrscheinlich wieder mal erst mit jahrelanger Verspätung) bei Tchibo entdeckte, eine recht überraschende Entdeckung. Bei Amazon kann man für so was übrigens auch gerne mehr als 39 Euro ausgeben, zum Beispiel 180.

Dafür kriegt man dann aber auch einen Megaautomatikuhrenbeweger aus neuseeländischem Gehäuseholz mit verchromten Scharnieren und Hochglanzklavierlack in Makassaroptik (was immer das ist). Und alles nur, damit die Uhr niemals nicht wackelt.

Ja, es ist eine fremde und seltsame Welt. Vor allem für einen, der nur eine Uhr hat: die da rechts oben auf dem Monitor meines Macbooks.

Habe ich eigentlich schon den Deppenbindestrich erwähnt, den Tchibo in die Produktbezeichnung eingebaut hat? Nicht?



26 September 2012

Öffentliche Selbstkritik

Ich muss ja eine hämische Genugtuung eingestehen, wenn Leute, die oberschlau dem denglischen Zeitgeist nach dem Mund reden wollen, orthografisch – und in der Folge auch semantisch – voll gegen die Wand fahren.

Dafür findet man natürlich überall Beispiele („Back Shop“ etc.), aber selten so schöne wie heute in Westerland auf Sylt. Der gute Jan Schwarze, der möglicherweise gar nicht mal schlecht darin ist, Sanitäreinrichtungen zu entwerfen, hat nämlich mit seinem „Bad Design“ ein wunderbares Eigentor geschossen.

Jeder Kunde aus dem englischen Sprachraum wird über so viel öffentlich demonstrierte Selbstkritik erstaunt sein und sich lieber einen Baddesigner suchen, der sein Handwerk auch versteht.

Und wer der deutschen Rechtschreibung halbwegs mächtig ist, wird dem guten Herrn Schwarze raten, sich künftig (nein: am besten gestern) vor Deppenleerzeichen tunlichst zu hüten.

Wie hiermit geschehen.


09 Juli 2012

Madonna bevorzugt



Geschäftlich in Marburg, ausgerechnet und zufällig während des Stadtfestes, dem in der aparten Unistadt unumstrittenen Höhepunkt des Jahres. Überall Stände, Buden, aufgeregte Menschen.

In der Oberstadt haben Initiativen und Parteien Infostände aufgebaut, auch Die Linke. Per Transparent fordert sie die Rettung des „Uniklinkums“, und man muss sich fragen, ob eine Partei, die nicht mal das Wort Klinikum richtig buchstabieren kann, in der Lage sein wird, es zu retten. Natürlich ist es kleinlich, das hier zu erwähnen, aber vielleicht auch nicht.

Beim Essen erzählte mir mein Gastgeber von einem befreundeten Sänger, der sich mal samt Gattin mit einem potenziellen Arbeitgeber im Restaurant traf und während einer kurzen Abwesenheit der Dame vom Chef in spe folgendes Angebot erhielt: „Wenn ich Ihre Frau mal pudern darf, dürfen Sie bei mir alles singen.“

Der Schlag, den der Freund meines Freundes im unmittelbaren Anschluss und ungeachtet der Auswirkungen auf seine Jobchancen über den Tisch schickte, knackte dem Lustmolch gepflegt den Unterkiefer. So verständlich diese Reaktion auch war, für die hübsche Metaphorisierung des Verbs „pudern“ hätte man den Mann auch durchaus vorher kurz belobigen können, was hiermit nun als nachgeholt gelten soll.

Als ich mich abends ins Getümmel des Stadtfestes stürzen will, bleibe ich im Steinweg an den Filmplakaten kleben und beschließe spontan, mir statt feiernder Marburger den von Madonna gedrehten Film „W.E.“ anzuschauen, der in dieser Minute anfängt.

Beim Kauf der Karte grinst die Kassiererin komisch, das Gleiche tut auch die Kartenabreißerin. Der Grund: Keiner außer mir will diesen Film sehen, alle bevorzugen das Stadtfest, den unumstrittenen Höhepunkt des Jahres.

Mir aber führt man privat und exklusiv „W.E.“ vor, und ich fühle mich zwei Stunden lang wie einst Michael Jackson, der hatte ja auch ein Privatkino. Allerdings lief bei Jacko daheim vor der Vorstellung wahrscheinlich kein Werbespot der Glastanzdiele Hermershausen.

Vor „W.E. übrigens auch nicht. Aber früher, als ich noch in Marburg wohnte, lief der immer. Ach, selige Studentenzeiten!



02 April 2012

Leber und Leber lassen



Eine knappe Woche lang habe ich ohne Eiweiß, Fett und Drogen gelebt – nur leider aus den falschen Gründen.

Es sind Gründe, auf die ich wegen akuter Unappetitlichkeit nicht näher eingehen möchte. Nur so viel: Sie haben mich sensibilisiert für den hygienischen Gesamtzustand meiner unmittelbaren Umwelt.

Als die Fachverkäuferin der Kiezbäckerei heute Morgen ganz gegen die Geschäftsusancen meine Sonntagsbrötchen mit bloßer Hand ergriff statt mit der Zange, erwog ich kurz, mich spitz nach ihren tagesaktuellen Beweggründen zu erkundigen. Doch dazu hätte ich mehr Kraft gebraucht, als mir nach einer Woche, in der ich vier Kilo Körpergewicht die Kanalisation hinunter spülte, noch verblieben ist.

Also nahm ich das Gebäck wortlos mit nach Hause und desinfizierte es – obzwar frisch – durch Toasten.

Selbst während dieser ein Stück weit entwürdigenden Tätigkeit ging mir übrigens das Tagesangebot des Kiezbäckers („Krabben-Leber“) nicht aus dem Sinn. Wobei mir nach einer Woche wie dieser die Vorstellung, mir freiwillig französische Krabbenleber oral zuzuführen, noch vomitöser vorkommt als der fulminante Deppenapostroph im Wort „Sonntag’s“. Wer hier schon länger mitliest, weiß die Bedeutung dieser Hierarchie gewiss einzuschätzen.

Übrigens hätte ich nicht mal darauf schwören können, dass Krabben überhaupt eine Leber haben. Solche Sachen lernt man beim Kiezbäcker!

16 März 2012

Fundstücke (156)



Nach den einst in Wolfsburg entdeckten Nudeln Togo und dem überall grassierenden Kaffee zum Gehen (vulgo: zum Weglaufen) wird hier das Prinzip endlich mal konsequent – nämlich kiezadäquat – zu Ende gedacht.

Entdeckt in der Kneipe Makrele in der Talstraße.


12 März 2012

Ein Tag auf der Internorga



„Du weißt schon, dass uns heute Abend speiübel sein wird, oder?“, sagte ich zwischen englisch-indischen Pakoras und einer Kugel Black-Mamba-Eis aus Schwarzvanille zu Ms. Columbo. „Bis dahin“, antwortete sie und nahm eine Probe Schupfnudeln mit Sauerkraut ins Visier, „ist es noch lange hin.“

Eine solche Szene kann sich praktisch nur auf der Gastronomiemesse Internorga abspielen, wo wir heute einen halben Tag lang mit dem Verzehr von Happen, Pröbchen und Schlückchen beschäftigt waren. Hier stößt man auf alles, was uns Konsumenten demnächst konvenieren soll. Also Sachen wie gezapfte Automatensuppe, Würstchen aus dem Toaster (das Ding hat Röhren statt Schlitze!), Kuchen am Stiel sowie Tofu, das so verzweifelt wie vergeblich ein Schnitzel zu simulieren versucht.

Es gibt kalten Latte Macchiato in Einwegdosen und – o Wunder! – sogar Tomaten, die mal nicht schmecken wie schnittfestes Wasser. Sie heißen „Honigtomaten“ und kommen aus Holland. Warum sie außen allerdings nach überhaupt nichts riechen, weiß wahrscheinlich nur Jean-Baptiste Grenouille. Oder der Genetiker, der diese neueste Paradiesapfelvariante zusammengemixt hat.

Neben der bisweilen kuriosen kulinarischen Auswahl begeisterten mich übrigens besonders die Kalauer. Überall auf der Messe versuchten Anbieter, ihren Produkten mit Sprachspielereien den besonderen Kick zu verleihen. „Cup & Cino“ ist ja schon lange von der Kette gelassen worden, aber ein Teigmaschinenhersteller, der in seinem Slogan „Dough-how“ unterbringt, hat augenblicklich meinen Respekt.

Auch die Wohltäter von „ChariTea“ beweisen kalauertechnisch höchste Treffsicherheit. Nicht aber die voll auf Nüsse setzenden Leute von „Well Nuss“; das kann man einfach nicht richtig aussprechen – je nach voreingestelltem phonetischen Sprachmodus scheitert man entweder am W oder am u.

Die Firma „Tussi on Tour“ hingegen kalauert überhaupt nicht, sondern alliteriert nur. Sie gibt sich aber viel zu pink, um nicht zur Illustration des heutigen Blogeintrags missbraucht zu werden. Was sie eigentlich herstellt, weiß ich allerdings auch nicht. Tussis?


11 März 2012

Fundstücke (155): Die hartnäckige Kortaffel



Wenn man „knadschgabutt“ (O-Ton meine Mutter) und vollzerflossen aus dem Bodyfitkurs von Chris, dem Schlächter, gekrochen kommt und an einem Plakat vorbei muss, auf dem steht „SWEAT IS WEAKNESS“, dann fühlt man sich sofort noch knatschkaputter und zudem unfein veräppelt.

Doch zum Glück gibt es
im öffentlichen Raum auch Kommunikationsversuche, die eher lustig sind als düpierend. Zum Beispiel die oben abgebildete Schaufensterwerbung in einer Schanzenboutique. Wer also demnächst vorhat, sich den ein oder anderen Menschen mit geschlechtsunabhängigen 50 Prozent Ermäßigung anzuschaffen, sollte dort einmal vorbeischauen.



Die Kumpir-Kette hingegen beharrt seit Jahren hochoffiziell per Leuchtreklame darauf, eine „Patoto“ statt „Potato“ zu backen, und zwar stadtteilübergreifend, denn ich habe das gleiche Schild schon vor Jahren im Grindelviertel entdeckt.

Mein Rat daher an die Kumpir-Kette: Verwendet doch einfach das hübsche Wort „Kartoffel“, dann dürften solche Blamagen bald Geschichte sein. Andererseits gibt es natürlich auch die Möglichkeit „Kortaffel“ …

Ach, macht doch, was ihr wollt.


20 Februar 2012

Fundstücke (153)

Noch während ich dieses Schild in der Sternstraße im Schanzenviertel fotografierte, glaubte ich an einen unfreiwilligen Missgriff der Kioskinhaber. Vielleicht hatten sie ja „Alkoholika“ gemeint.

Doch die daneben ausgestellten Fotos des sogenannten „geschulten Personals“ belehrten mich eines Besseren. Darauf zu sehen waren nämlich ausschließlich mittel- bis vollderangierte Männer, die der Gruppenbezeichnung des Schildes außergewöhnlich treffsicher entsprachen.


Nein: Das hier war keine Real-, sondern gewollte Satire. Eine, welche die tagtägliche Kioskwirklichkeit wahrscheinlich ebenso gut widerspiegelte, wie sie dem anvisierten Zielpublikum Heimeligkeit suggerierte. Sie war somit Fazit und Ausblick zugleich.

Und da sage noch einer, die Schanze sei nur was für Hipster.


19 Februar 2012

Die denkbar größte Keule



„Ich finde, wer freiwillig Höfl-Riesch heißt“, sagte ich heute während der Sportnachrichten sinnierend zu Ms. Columbo, „dürfte bei einem Skirennen gar keine Starterlaubnis bekommen, und zwar aus sprachästhetischen Gründen.“

„Und was“, zückte sie als Antwort die praktisch denkbar größte Keule, „wäre mit Eva Sibylle Haule-Frimpong?“ Na, die auch nicht.

Es gäbe gewiss auch gegen einige Details der abgebildeten Scrabblepartie massive sprachästhetische Einwände, doch alle werden sie dadurch weggewischt, dass sie remis endete.

Ich meine: Scrabblepartien enden nie remis. Allenfalls genauso oft, wie Eva Sibylle Haule-Frimpong ein Skirennen gewinnt.


27 Januar 2012

Fundstücke (152)



Dieses forschfrivole Reklameschild ist dort, wo es steht, durchaus ein Wagnis, denn es verziert die Altstadt des stark christlich kontaminierten hessischen Städtchens Herborn.

Möglicherweise führt der anzüglich unterfütterte Claim bei manchem Zufallspassanten zu mentaler Verschnupfung. Oder zu noch Schlimmerem: einem Leserbrief an die Lokalpresse. Das ist dort die Bazooka des rechtschaffen Empörten.

Aber vielleicht sind sie inzwischen auch schon viel weiter als damals, zu meiner Zeit.

22 Januar 2012

Am nördlichen Weißwurstäquator



Zweimal im Jahr lädt der Franke in seine Butze nach Eimsbüttel, um eine ausgewählte magenstarke Klientel mit einer Fußballübertragung in HD und fränkischen Weißwürsten zu beglücken. Wir kommen vor allem wegen der Weißwürste, lassen den Franken aber im Glauben, es läge am HD.

Diesmal ist auch der Syrer dabei, der nicht nur
FC-Bayern-Fan und davon überzeugt ist, dank transzendentaler Meditation irgendwann fliegen zu können („Ich bin halt noch nicht so weit!“), sondern auch Weißwürste für ein Werk des Teufels hält.

Übrigens denkt er das erstaunlicherweise nicht über harte Alkoholika, die einem – in ausreichender Quantität inkorporiert – das Hirn wegpusten, aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls bekaut der Syrer statt Weißwürsten munter wurstförmigen Seitan, lehnt aber gleichwohl unser Mitleid schroff ab.

Die Weißwürste, an denen wir anderen vier Esser uns wohlig laben, sind übrigens erstaunlicherweise original hamburgischer Herkunft – eine Tatsache, welche die drunten auf der heimischen Krume verbliebene Schwester des Franken telefonisch scharf missbilligt.

Er aber kann mit dem deutschen Meistertitel der liefernden Metzgerei Rose kontern. Bei diesem Wettbewerb schlug die Metzgerei Rose alle anderen angereisten Weißwürste souverän aus dem Rennen, auch und zuvörderst fränkische.

Die Schwester soll diese Botschaft stark getroffen und sich daraufhin, so rekapituliert es der Franke, auf die als Beilage gereichten Brezeln eingeschossen haben, die in Hamburg mit Sicherheit nur „labberich und schmierich“ geraten könnten. Und diese Mutmaßung konnten wir offen gesagt voll und ganz verifizieren.

Zurück zu den Weißwürsten, genauer gesagt: zur Technik der Verzehrvorbereitung. Ich dachte immer, ich zutzelte sie ordnungsgemäß, doch sowohl der Franke als auch der süddeutschlanderfahrene A. verlachten mein eifriges Tun als simples Pellen.

Dass ich offenkundig das liebreizende Verb „zutzeln“ (welches meine automatische Rechtschreibkorrektur verzweifelt in „hutzeln“ umzuschreiben versucht) semantisch seit Jahren missgedeutet habe, schlug mir eine tiefe Wunde, die zum Glück durch die ganzen Gladbacher Tore gegen den FC Bayern wieder vollends geheilt werden konnte.

Dem Franken und dem Syrer ging es übrigens genau umgekehrt.


06 Januar 2012

Fundstücke (151)



Inhaltlich möchte ich diesen am Hauptbahnhof entdeckten Aufkleber erst einmal nicht bewerten. Denn jede Exegese würde sowieso überstrahlt und kontaminiert von der bestürzenden Tautologie des Wortes „KACKSCHEISSE“.

Um das wieder aus dem Kopf zu kriegen, gehe ich am besten heute Vormittag zur Thaimassage. Es wird funktionieren, ich weiß es. Dank Joy.



01 Januar 2012

Nein, alles macht Sinn …



… natürlich auch nicht richtig. Aber beim gemütlich in der Landschaft Herumliegen zwischen Wetzlar und Herborn macht diesem Dorf weltweit niemand etwas vor. Für manche der sechseinhalbtausend Einwohner ist es sogar das Sinn des Lebens.

Wie Sie bereits an diesen wenigen Sätzen merken, nimmt hier auch 2012 die Kalauerdichte nicht ab. Höchstens ab und zu, dann aber über kurz oder lang nicht mehr, nur hie und da mal mehr oder weniger schlecht als recht.

Das alles macht natürlich Sinn. Und zwar mit mir.

30 August 2011

Fundstücke (148): Kulinarisches



Selbstkritik ist eine feine Sache. Es gibt kaum etwas Honorigeres. Das Messe-Café ist mit seinen süßen Tüddelchen ums Frühstück herum aber etwas übers Ziel hinausgeschossen – oder die Betreiber wissen genau, dass sie das, was sie auf der Karte als „Frühstück“ anbieten, keinesfalls als solches bezeichnen dürfen, ohne sofort die Konzession zu verlieren. Also haben sie sich für den ehrlichen Weg entschieden. Respekt.



Im indischen Restaurant Raj Mahal in der Humboldtstraße gibt es das beste Mango Lassi diesseits von Kalkutta. Meinetwegen können sie es auch hundertmal auf der Karte so schreiben wie einen berühmten Fernsehhund: Das ändert nichts an seiner Qualität. Als Beilage servieren sie dort übrigens fast durchweg „Resi“. Da freut sich Lassie.



Reimen ist Glückssache, und mit dem Versmaß bestimmt man die Schuhgröße. Oder war’s andersrum? Ist ja auch Wurscht – Hauptsache, zwischen Leber und Milz passt noch ’n Deppenbindestrich.

12 August 2011

Doch kein Latte Malziato

Man ist total versaut. Total!

Nehmen wir als Beispiel für diese These wieder mal den berüchtigten „Backshop“: Der soll ja heutzutage eine Bäckerei bezeichnen und nicht etwa – was zudem viel interessanter wäre – einen Hehlerwarenverticker im Hinterhof.

Ähnlich verwirrend wirkt auf mich „Latte Astra“. Als ich heute im Herz von St. Pauli ein Schild mit dieser Aufschrift auf dem Tisch stehen sah, wunderte ich mich ernsthaft, wie das denn bloß zusammengehen solle.

Ich meine: Milch gemischt mit diesem sogenannten „Kultgetränk“, das hier auf dem Kiez, wo man es leider nicht besser weiß, seit Jahren als trinkbares Bier durchgeht, ohne dass der Schwindel auffliegt?

Der Franke juchzte natürlich vor Freude über meine Begriffsstutzigkeit. „Die meinen einen Meter Astra, Mensch!“, triumphierte er dank eines endemischen Gens, welches die Angehörigen seiner Ethnie sämtliche Äußerungen in Bezug auf Bier sofort und immer korrekt dechriffrieren lässt.

Natürlich, jetzt begriff ich es auch: Das Latte war die Latte!

Aber ich war eh auf Wein erpicht. Sie haben dort, im Herz von St. Pauli, einen schön fruchtigen Riesling, das sollte man gar nicht meinen.

04 August 2011

Der totale Grieg

Kindischkeit kennt keine Grenzen – zumindest nicht, wenn man das Vergnügen hat, schwüle Sommerabende mit German Psycho zu verbringen.

Vor Rosi’s Bar (Foto: das Hinterzimmer) am Hamburger Berg saßen wir heute in illustrer Runde im Freien, als mal wieder das Gespräch auf unsere überhaupt nicht heimliche Vorliebe für Kalauer und von da aus eins zum andern kam.

„Sagen Sie mal einen Satz mit Ätna und Vesuv“, forderte der stets zu Scherzen aufgelegte Twitterkönig mich bereits nach drei Flaschen Jever rhetorisch auf – und lieferte den Satz sogleich selber ab, wie es sich für bloß rhetorische Aufforderungen ja auch gehört: „Ich komm in ätna ner halben Stunde zu Vesuv“, sagte er.

Mit solchem Hirnriss kann man mein Herz jederzeit zum Juchzen und Jubilieren bringen – und nicht nur deshalb, weil Ms. Columbo und ich noch in diesem Jahr beiden Vulkanen unsere Aufwartung zu machen gedenken.

Ich hatte natürlich keinerlei Hoffnung, mit dem einzigen Satz dieser Couleur, den ich auswendig und unfallfrei hersagen kann, erfolgreich kontern zu können, nämlich jenem berühmt-berüchtigten mit Bochum und Köln.

Trotzdem wagte ich es; schließlich hielten wir uns in St. Pauli auf, einem Viertel, wo Schamlosigkeit gleichsam als Zugangsvoraussetzung gilt. „Er boch um die Ecke“, sagte ich vollkommen erwartungslos zu ihm, „um zu pinköln.“

Ein Ding mit Osamabart, das wahrscheinlich bereits in den 80er Jahren so abgedroschen war wie momentan jede beliebige rhetorische Frage von Heiner Geißler, doch siehe da: German Psycho, dieser Eigentlichalleswisser, wieherte unversehens auf eine Weise los, wie man nur beim Erstkontakt mit solchem Blödsinn loszuwiehern in der Lage ist.

Ich war erfreut. Vielleicht bedeutet das einen echten Wendepunkt in meiner Karriere als Tischunterhalter. Vielleicht steht sie unmittelbar bevor, die Renaissance meines kümmerlichen Repertoires an Witzen, von deren genereller Ranzigkeit ich bis heute Abend ebenso felsenfest überzeugt war wie davon, dass „der totale Grieg“ nichts weiter bezeichnet als das Gesamtwerk eines norwegischen Komponisten.

Wie man sich täuschen kann.

27 Juli 2011

Fundstücke (144)



1. Ein Ramschladen in Treysa schafft es, das eh als Synoym für billig und schlecht etablierte Wort „Mäc“ mit einer allgemein diskreditierten Charaktereigenschaft noch einmal kräftig aufzumotzen. Was der Laden damit über das Wesen seines Zielpublikums aussagt, müsste eigentlich dazu führen, dass kein Einwohner mehr dort einkauft. Dennoch waren einige Flaneure zwischen den Regalen zu entdecken, als wir … hüstel … den Laden betraten.



2. Dem Restaurant Zur Sonne im Herzen der Marburger Altstadt sind die Tageszeiten verrutscht – oder die Gerichte. Jedenfalls gibt es ausschließlich morgens unter keinen Umständen ein Bauernfrühstück.



3. So ist ein misslungener Werbespruch doch noch zu etwas gut. Entdeckt in der Clemens-Schultz-Straße auf St. Pauli.



4. Beinah wäre dieses Geschäft in den Zeisehallen wegen Geschlechterdiskriminierung vor Gericht gelandet. Ein Edding verhinderte in letzter Sekunde das Unglück. Ob man dort allerdings wirklich gewillt ist, auch einen Mann an die Nähmaschine zu lassen, ist eine andere Frage.



5. Immer, wenn ich dem Spiegel ein Sprachunglück maile, das ich im Spiegel selbst entdeckt habe, verzichtet er darauf, es in seiner Hohlspiegelrubrik zu dokumentieren. Mit dem postmortal noch immer durch die Welt wankenden Kippenberger war ich mir meines Erfolges im Grunde sehr sicher. Und was geschah? Wieder nichts. Echt hohl, der Spiegel.

14 Juli 2011

Sss, fff und dies und das



Heute in der Umkleidekabine des Fitnessstudios belauschte ich ein Gespräch zwischen zwei Geschlechtsgenossen, das mir hinfort als Beispiel für die Definition eines Optimisten gelten wird.

Einer erzählte einem anderen, er sei am Wochenende bei einem Opelhändler gewesen, der irgendetwas zu feiern und daher eine gutbestückte Tombola veranstaltet hatte. „Ich wollte eigentlich zu Fuß gehen“, erzählte der Mann, während er sich frottierte, „für den Fall, dass ich das Auto gewinne.“

Dass er es dann doch nicht tat (und – wie sich im weiteren Verlauf der Erzählung herausstellte – auch nicht mal ein Auto als Gewinn ausgelobt worden war), ändert nichts daran: Für diesen Mann ist das Glas bestimmt immer halbvoll; er ist das Musterbeispiel eines Optimisten.

Aufmerksamen Lesern sind sicherlich die drei aufeinanderfolgenden Konsonanten im Wort „Fitnessstudio“ aufgefallen. Es gibt sogar mindestens ein Wort im Deutschen, das dieses seltene Phänomen gleich doppelt aufweist: „Flussschifffahrt“. Wer mir weitere zu nennen in der Lage ist, gewinnt jeweils einen Opel, sofern mir ausreichend viele zum Verlosen zur Verfügung gestellt werden.

Mit dem merkwürdigen Foto, welches ich in der Grindelallee anfertigte, hat das übrigens alles so viel zu tun wie FDP-Politiker mit wissenschaftlichen Standards, aber das ist ja nicht weiter schlimm.