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27 Mai 2010

Drei Kopfnüsse, nicht acht



Schon hoch oben von der Balustrade aus hört man, dass der Streit unten in der Zeisehalle nicht von schlechten Eltern ist. Es wird gebrüllt und geschimpft, doch es hallt zu sehr, um einzelne Worte zu verstehen.

Die Quelle des Streits liegt exakt dort, wo mein Fahrrad angebunden ist. Dort lagern nämlich auch dauerhaft drei Obdachlose, und sie scheinen Probleme zu haben. Oder zu machen.

Als ich zum Fahrrad komme, steht ein Sicherheitsmann telefonierend in der Nähe, während die Obdachlosen zetern. Keine Ahnung, worum es geht, doch die Sache scheint ernst.

„Dem verpass ich drei Kopfnüsse“, blökt der einarmige Zauselbart mit den schlechten Zähnen, „dann liegt der tot am Boden!“

Warum er exakt drei Kopfnüsse verteilen will und nicht zwei schon reichen oder es nicht vielleicht sogar acht sein müssen; warum er glaubt, als ungefähr 70-jähriges Hutzelmännchen einem drahtigen Sicherheitsmann aus dem fernöstlichen Sprachraum gefährlich werden zu können: keine Ahnung. Wahrscheinlich Erfahrungswerte.

Die Folgen des Streites werden jedenfalls bereits am Folgetag deutlich: Das Obdachlosentrio musste die Zeisehalle räumen, ihr Lagerplatz (Foto) ist verwaist. Die Hausordnung hatte ihren Aufenthalt eh schon immer untersagt, doch dieses Verbot wurde nie durchgesetzt. Nun aber, nach dem Streit mit dem Sicherheitsmann und der Kopfnussdrohung, wurde aus der Duldung ein Platzverweis.

Unschön für die drei, doch ein Gutes hat das ja: Der Platz unter der Wendeltreppe wird hinfort von olfaktorisch fragwürdigen Körperausscheidungen verschont bleiben. Dachte ich.

Die heute dort wie üblich anzutreffende taufrische Riesenlache muss wohl als Widerlegung gelten.


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06 Mai 2010

Wie Mediamarkt den Konkurrenten Medimax auskontert

Aus der Mopo fällt mir am Montag der neue Medimaxprospekt entgegen. Er offeriert die Blu-ray-Version des zauberhaften Pixarfilms „Oben“ für noch zauberhaftere 12 Euro, und ich begebe mich schnurstracks ins Mercado nach Ottensen, um ihn zu erwerben.

Im Laden finde ich ihn nicht und wende mich an den Kassenmann. Beim Stichwort „Oben“ sackt er merklich in sich zusammen – wie jemand, dem man diese Frage heute nicht zum ersten, sondern zum hundertsten Mal stellt.

„Leider schon ausverkauft“, antwortet er erschöpft. „Dienstag oder Mittwoch kommt er wieder rein.“ Zeit für eine Belehrung. „Aber Sie bewerben das Produkt doch in Ihrem Prospekt“, sage ich, „dann sollten Sie ihn auch in ausreichenden Mengen vorrätig haben. Andernfalls“, demonstriere ich gesundes Halbwissen im Wettbewerbsrecht, „wäre das ein Lockvogelangebot.“

Der Medimaxmann sackt noch tiefer in sich zusammen, was bei seiner hageren Statur und dem farblosen Teint beinah mitleiderregend wirkt. Doch mir gelingt es ganz gut, die aufkeimende Empathie niederzukämpfen. „Wie gesagt“, seufzt er, „Dienstag oder Mittwoch.“

Na gut, dann eben nicht. Also gehe ich mal schauen, was der Mediamarkt um die Ecke zur „Oben“-Frage sagt. Unter O ist die Blu-ray aber nicht zu finden. Ich spreche einen Verkäufer an. Er sucht, blättert und findet „Oben“ schließlich ganz hinten unter P.

„Hier“, sagt er und reicht mir die Scheibe mit der gelangweilten Lässigkeit desjenigen, der einen anderen zur eigenen Freude bei einer lässlichen Dummheit ertappt hat. Ich schaue aufs Preisschild. Dort steht 22,99 Euro. Zweiundzwanzigneunundneunzig.

„Bei Medimax“, trumpfe ich unter geflissentlichem Verschweigen ihres dortigen Ausverkauftseins auf, „gibt’s die für 12.“ Weiterhin erstaunlich gelangweilt schaut mich der Verkäufer an. „Kein Problem“, sagt er, „dann eben 12.“

Ich bin sturzverblüfft und reiche ihm den Film, als er mir wortlos fordernd die Hand entgegenstreckt. Wir gehen zu Kasse. „Wissen Sie“, erläutert er beim Klappern auf der Tastatur, „wir sind da sehr kulant. Sobald die den Prospekt rausbringen, passen wir sofort die Preise an.“

Er zuppelt das 22,99-Schild vom Cover und reicht mir die Disc. „Im System ist der neue Preis auch schon drin. Kein Problem.“ Ich trotte zur Kasse, der Scanner blinzelt über den Strichcode, und das Display zeigt wahrhaftig 12 Euro an, nicht 22,99.

Medimax legt der Mopo also für einen wahrscheinlich fünfstelligen Betrag ein Riesenfaltblatt bei – und generiert damit wegen dilettantischer Einkaufspolitik Umsätze beim größten örtlichen Konkurrenten.

Manchmal liebe ich den Kapitalismus.

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23 April 2010

Wie das Partybild auf die Bahncard kam

Nein, nicht alle Kollegen sind eine Zierde meines Standes.

Manche scheinen sich trotz eines IQs, der Lothar Matthäus’ Lebensalter entspricht, geradezu verirrt zu haben in diese Welt des Denkens und Schreibens, ohne allerdings – und das ist das besonders Merkwürdige – sogleich zügig wieder hinausexpediert worden zu sein.

Zu diesen Journalisten gehört Regina.

Regina beklagt sich in einem Forum öffentlich über die Bahn. Die nämlich, schimpft sie am 3. 11. 2009, habe ihrer Bahncard statt des üblichen Passfotos etwas ganz anderes eingeschweißt: nämlich ein seltsames Partybild von ihr.

„Rätsel DB!“, schlägt sich Regina vor den überforderten Kopf – ohne auch nur ansatzweise zu begreifen, dass weltweit nur ein Mensch das Partybild beim Antragstellen versehentlich hochgeladen haben muss, und zwar sie höchstselbst: Regina.

Denn woher in Mehdorns Namen sollte die Bahn das Bildchen sonst wohl haben?

Ach, es ist ein Kreuz. Da lobe ich mir doch die Bauernschläue der Pennyfiliale in Ottensen, die einfach einen Aushang macht, wenn sie mal ein paar Ls billig loswerden will.
(Sowie ein Deppenleerzeichen.)

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30 März 2010

Be stupid



Nicht nur in Berlin stößt man auf öffentlich besichtigbare Merkwürdigkeiten, auch beim Schlendern durch Hamburg geraten immer wieder Dinge ins Blickfeld, die des Stutzens wert sind, zumindest für mich.

In der Großen Bergstraße stieß ich heute mal wieder auf das Ergebnis höchst eifrigen Kalauerns unter Friseuren, weshalb mir diese Berufsgruppe bereits seit längerem ans Herz gewachsen ist.

„Komm-hair“ bietet jedenfalls in seiner geschickten bilingualen Verschmelzung eines Imperativs mit dem dezenten Hinweis auf die Art des Geschäftsmodells viel Grund zur Freude. Hätte ich diesen Berufsstand noch nötig, ich wäre glatt geneigt gewesen, den Komm-hair-Friseur in Anspruch zu nehmen.



C&A hingegen scheint sich von seinem Geschäftsmodell komplett verabschiedet zu haben. Verkaufen die nicht eigentlich Klamotten? Wenn sie aber nicht mal mehr ihre Schaufensterpuppen einkleiden können (außer mit Socken), dann darf man ihnen wohl auch keineswegs mehr zutrauen, ihre Kundschaft auszustatten. Vielleicht hat C&A sich einfach den neuen Diesel-Werbespot „Be stupid“ allzu kritiklos zu Herzen genommen.

Jedenfalls mied ich nach dem Anblick des Herrenensembles (der auch mit Damen und Kindern variiert wurde) diesen Laden sorgsam und beschränkte mich auf das, was ich im Grunde eh am besten kann: die Flanage.


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17 März 2010

Fundstücke (72)



Wie fern und fremd uns der Sommer inzwischen geworden ist, beweist unfreiwillig der Penny-Laden in Ottensen: Er weiß nicht mal mehr, wie man „Strandtuch“ schreibt.

Und das Schlimmste ist: Er verramscht es schon jetzt, ganz so, als sei der Sommer bereits wieder vorbei.

Es ist alles so furchtbar traurig.


23 Februar 2010

Skurrilitäten des Alltags

Im Hans-Albers-Eck mitten im Rotlichtviertel sahen wir vier Jungs von allenfalls knapp 18, die wie an der Schnur aufgereiht an einem Wandtresen saßen.

Die Wand vor ihnen war verspiegelt, und statt miteinander zu sprechen, starrten die Jungs die ganze Zeit ihr jeweils eigenes Spiegelbild an. Ab und zu nippten sie an ihrem (höchstwahrscheinlich illegal ausgeschenkten) Bier, ansonsten waren sie sich selbst genug. Ein irgendwie friedliches Bild. So voller Narzissmus und vielversprechender Zukunft.

Ein irgendwie unheimliches Bild
hingegen präsentierte sich mir heute Mittag im Ottenser Restaurant Zinken. Auf der Herrentoilette gibt es zwei Waschbecken im Meterabstand, und wenn du bei einem den Hahn aufdrehst, läuft synchron auch der andere. Verblüfft deklinierte ich alle Möglichkeiten durch: Der Effekt war immer der gleiche.

Zurück im Gastraum sprach ich einen Kellner darauf an. „Auf dem Herrenklo laufen immer beide Wasserhähne, wenn man einen aufdreht. Wissen Sie das eigentlich?“ Kellner: „Ja.“ Matt: „Und welchen Zweck hat das?“ Kellner: „Das ist ein Defekt.“

… Der allerdings schon jahrelang besteht, wie ich später vom Franken hörte, der diese Geschichte dereinst bereits vom Syrer erzählt bekommen hatte (der Franke selbst nämlich besucht niemals Toiletten in Gaststätten und richtet es immer so ein, dass er zu Hause … Aber lassen wir das.).

Die Waschbecken des Zinken jedenfalls verbrauchen seit Jahren ungestraft eine doppelt so hohe Wassermenge wie nötig, dabei würde man in der Sahelzone töten für zwei Tropfen davon und auf Haiti …

Aber lassen wir das.

PS: Mein Beispielfoto ist schon älter. Inzwischen heißt der Laden Zum kleinen Zinken, Untertitel: „Restaurant für Arm und Reich“. Die Herrenklohähne übten sich aber auch schon zum damaligen Zeitpunkt im Synchronfließen.


21 Februar 2010

Kein Risiko



Matt
zum alten Freund C: „Wie geht es eigentlich deiner Tochter?“

Junge frische Freundin des alten Freundes C. mit aufgerissenen Augen zum alten Freund C.: „Was: Du hast eine TOCHTER?“

Exakt wegen dieses denkbaren Gesprächsverlaufs fragte ich meinen alten Freund C. (M., scharf) in Gegenwart seiner jungen frischen Freundin dann doch lieber nicht nach dem Befinden seiner Tochter. Und als sie mal nicht dabei war, dachte ich nicht dran.

Vielleicht ist das aber auch alles völlig unwichtig.



03 Februar 2010

Geschnieft, aus verschiedenen Gründen

Schnuffelnd stieg ich heute Morgen in den 37er-Bus, ließ mich ächzend auf den Sitz fallen und kramte den iPod raus, um mir die Fahrt nach Altona mit Roger Eno zu versüßen.

Zwei Sitze vor mir drehte sich plötzlich ruckartig eine Frau zu mir herum. Sie starrte mir in die Augen, ihr rechter Arm schoss hervor wie vom Katapult abgefeuert, und in ihrer ausgestreckten Hand erblickte ich – eine Packung Papiertaschentücher.

Ich hatte wohl einen Tuck zu lang geschnieft. Doofer Roger Eno.

Zum Glück wurde der Tag abends noch veredelt. Und zwar von der drahtigen alten Cree-Indianerin Buffy Sainte-Marie, die mir in der Fabrik ihre 46 Jahre alte überzeitliche Protesthymne „Universal Soldier“ vorsang.


Drei Minuten für die Ewigkeit; ich hätte ein Taschentuch gebraucht. Doch die Frau aus dem Bus war nirgends zu sehen.


16 Januar 2010

Ausgegangbangt



Inzwischen hat der so „frivole“ wie „tolerante“ Downstairs-Club in Ottensen dichtgemacht.

Wahrscheinlich war die Welt einfach noch nicht reif für sein abwechslungsreiches Programm.

12 Januar 2010

Ein Angebot, das man ablehnen muss



Herr Bosch hat es schon vor einem Jahr prophezeiht, doch erst jetzt ist das Phänomen auch in Ottensen angekommen: ein komplettes „Cafe to go“.

Das verblüffend immobile Angebot macht die Bäckerei H. von Allwörden. Mich würde echt mal die Einkaufstüte interessieren – und natürlich, ob das alles von einem x-beliebigen Stammkunden überhaupt zu wuppen wäre, transporttechnisch und vor allem finanziell.

Immerhin gilt die Bäckerei laut Aufkleber als „BILD Top-Händler“, und man weiß ja, an welche Schichten Kai Diekmann sein Blatt
vorwiegend verkloppt: an die so bildungs- wie einkommensfernen. Kurz: Das Verkaufsangebot müsste noch mal überarbeitet werden.

Vielleicht versucht Allwörden es einfach erst mal mit Kaffee zum Mitnehmen.


06 Januar 2010

Krustenfixiert

Heute fiel mir ein schier genialischer Aphorismus ein, den ich sogleich vertwittern wollte. Plötzlich aber erschien er mir viel zu großartig, um als 140-Zeichen-Marginalie ein paar Hundert Followern vor die Füße geworfen und somit in den Internetorkus des baldigen Vergessens getreten zu werden.

Also hob ich ihn mir zwecks literarischer Verwendung auf. Und jetzt habe ich ihn vergessen.

Vielleicht lag das an der amnesischen Wirkung des Krustenbratens, den der Franke und ich mittags an einem einschlägigen Stand im Mercado zu uns nahmen. Ich machte die Verkäuferin explizit auf meine Krustenfixierung aufmerksam und betonte, ich nähme auch gern ausschließlich die Kruste, ohne weitere Fleischbeilage.

Sie lächelte ablehnend und schnitt mir kopfschüttelnd ein Stück ab, dessen Krustenanteil ich als eher suboptimal empfand, doch was war dagegen zu tun? Nichts. Der Kunde ist vielleicht König, doch eine Krustenbratenverkäuferin Gott. Mindestens.

Der Franke orderte sabbernd vor Verlangen das gleiche Mahl, und als er damit an den Tisch trat, fiel mir sofort eins auf: Er hatte mehr Kruste abgekriegt als ich. „Du hast mehr Kruste abgekriegt als ich!“, greinte ich empört. „Und das, obwohl ich meine Krustenfixierung doch wohl klar und deutlich verbalisiert hatte!“

„Ja-ha“, feixte der Franke, während er den ersten Bissen bereits zufrieden mümmelte. „Und weißt du, was die Verkäuferin zu mir gesagt hat: ,Tun Sie mir einen Gefallen: Zeigen Sie’s ihm nicht.’“

Manchmal hasse ich die ganze Welt, aber manchmal auch nur Krustenbratenverkäuferinnen. Insofern ein hassarmer Tag.

PS: Da ich vor lauter empörtem Greinen das Fotografieren vergaß, gibt es heute mal wieder ein Bild, das nur sehr partiell etwas mit dem Eintrag zu tun hat. Aufnahmeort: Zeisehallen, vorm großen Wintereinbruch.


Fundstücke (63): Lose Zusammengekehrtes

1. Im Mercado, Ottensen: Bei Bürobedarf Jürgensen liegt eine tote Maus zwischen den Regalen. Beim Nudelitaliener hingegen wieseln ihre Artgenossen den Angestellten fröhlich zwischen den Beinen rum. Papier ist anscheinend weniger nahrhaft als Pasta.

2. Meine berüchtigte Sammlung ekliger Bandnamen habe ich in der Vergangenheit aus Pietät über mehrere Einträge verstreut (nämlich hier, hier, hier und hier). Heute gibt es mal wieder Nachschub. Zuletzt nämlich kamen mir folgende absolut ekelerregende Bandnamen unter: „Feuerschwanz“, „Knochenfabrik“, „Casanovas Schwule Seite“, „Angeschissen“, „Blumen am Arsch der Hölle“ sowie „Oma Hans“. Der Musikantentruppe „Kommando Sonne-Nmilch“ (sic!) habe ich hingegen die Aufnahme in die Liste verwehrt. Nicht eklig genug.

3. Flohmarktdialog. Kundin (irritiert, mit vorwurfsvollem Unterton): „Darf man hier denn rauchen?“ Händler (rauchend): „Weiß ich nicht. Ich rauche. Nicht so viel fragen – machen.“

4. Segals Gesetz besagt: „Ein Mensch mit einer Uhr weiß, wie spät es ist. Ein Mensch mit zwei Uhren ist sich nie ganz sicher.“ Mir ist der mit den zwei Uhren näher – obwohl ich keine einzige besitze.


07 November 2009

Die gesammelten Irritationen des Tages



In der Weinstube Zur Traube in Ottensen lassen wir uns Wirsingrouladen schmecken, die bedauerlicherweise mit stark überwürztem Rehhack gefüllt sind.

Die weitaus nachhaltigere Irritation ereilt mich allerdings auf der Herrentoilette: Dort stehen auf einer Ablage über der Kloschüssel Mikadostäbe in einer kleinen Glasvase, die zu einem Drittel mit Wasser gefüllt ist. Mikadostäbe.


Wenn Zahnstocher auf dem Tisch stehen, kann ich ihre Funktion unmittelbar nachvollziehen. Aber bei Mikadostäben auf dem Klo?

Es läge nahe, von den Zahnstochern ausgehend analog rückzuschließen auf eventuelle Einsatzgebiete ihrer großen Brüder, doch hält mich nicht zuletzt die im Gastraum überdeutlich ausgestellte Gutbürgerlichkeit der Traube davon ab, diesen Gedanken bis zum unappetitlichen Schluss durchzudeklinieren.

Leider habe ich die Kamera nicht dabei, sonst hätte ich das Ganze fotografisch festgehalten und zu einer längst fälligen weiteren Folge der Herrenkloserie ausgebaut. So bleibt mir nur, die dritte Irritation des Tages zu dokumentieren; chronologisch gesehen war sie sogar die erste.

Sie suchte mich mittags heim. Als ich in meine Espressotasse blickte, schien die Crema zu meinem namenlosen Entsetzen das Jack-Wolfskin-Logo nachbilden zu wollen. Auf dem Foto sieht man das leider praktisch überhaupt nicht.


Jedenfalls half nur die sofortige Vernichtung aller Beweise. Und darin bin ich zum Glück spitze.


20 Oktober 2009

Der lachende Afrikaner

Stieß gestern in Ottensen in der Nähe des Aurel (Foto) mit einem anderen Radfahrer zusammen, einem Afrikaner.

Ich wollte gerade auf die Bahrenfelder Straße einbiegen, als er unversehens hinter einem parkenden Auto auftauchte, und zwar auf seiner linken Seite. Unmöglich zu bremsen, ich rasselte ihm heftig ins Vorderrad, doch der Notarzt musste nicht anrücken.

Er: „Sorry, sorry!“ Ich: „Puh!“ Und dann begann der Afrikaner laut aufzulachen.

Ich muss derart perplex geguckt haben, dass er nicht anders konnte. Sein Lachen ließ mich freilich noch perplexer gucken, was es weiter steigerte. Ähnlich verläuft wohl eine atomare Reaktion.

Gerne hätte ich ihn an dieser Stelle darauf verwiesen, dass wir hier nicht in England seien, wo man die Straßen nicht nur links befahren darf, sondern muss, doch sein inzwischen am Rande des Krampfartigen angelangter Lachanfall ließ mich davon Abstand nehmen. Die semantische Vermittlung der Botschaft schien mir angesichts seiner mangelnden Rezeptionsbereitschaft schlicht zu ungewiss.

Als ich weiterfuhr, verklang sein Lachen nur sehr allmählich im Gewirr der Ottenser Gassen.

Irgendwie schon ganz andere Menschen, diese Afrikaner.


11 Oktober 2009

Die fatalen Folgen von Pfefferminztee auf polnische Kracherblondinen

Ms. Columbo, German Psycho, Pat Bateman, Cinema Noir und ich haben den besten Platz in der schlauchförmigen Bar Gazoline in Ottensen, nämlich direkt am einzigen Fenster mit freiem Blick auf die Bahrenfelder Straße.

Dort passiert zwar nix, aber trotzdem. Könnte ja.

Nach einem mäßigen Bioriesling und einem erheblich passableren Grauburgunder haue ich bereits Thesen raus, die die Welt noch nie gehört hat und deshalb dringend braucht. Zum Beispiel die, dass es bei Frauen auf die inneren Werte ankäme.

„Und auf Doppel-D!“, plärrt GP, was ich mit dem Argument auskontere, das von Doppel-D bergend und stützend Umschlossene zähle ja wohl ebenfalls zu den inneren Werten, denn es sei ja gerade durch die segensreiche Wirkung von Doppel-D nicht sichtbar. Und so weiter.

Später in der Nacht landen wir in der bekanntlich schlimmen Kiezspelunke Windjammer in der Davidstraße. Dort ruft Ms. Columbos argloser Getränkewunsch bei der so polnischen wie tiefdekolletierten Kracherblondine, die hier gemeinsam mit ihrer Schwester als Tresendame fungiert, eine beeindruckende Reaktion hervor.

„Haben Sie Pfefferminztee?“, fragt Ms. Columbo nämlich.

Die polnische Kracherblondine bricht augenblicks mit vors Gesicht geschlagenen Händen auf dem Tresen zusammen und beginnt fassungslos zu gackern, während sie ihre Blondmähne derart schüttelt, als wolle sie damit den nicht vorhandenen Ventilator vertreten.

Ein Ventilator wäre übrigens bitter nötig, denn hier wird geraucht. Vor allem Zigarillos, die Pat Bateman generös verteilt, sogar an ausgewählte andere merkwürdige Menschen, die es aus unerfindlichen Gründen ebenfalls heute Nacht in den Windjammer gezogen hat.

Also kein Pfefferminztee, entnehmen wir der Reaktion hinterm Tresen.


Los geht eine mühselige Suche nach Ersatz. Neben den zwölfhundertvierundachtzig Sorten Alk, die Windjammer-Chef Fred aus durchweg durchsichtigen Erwägungen offeriert, gibt es immerhin auch ein Getränk ganz ohne Umdrehungen, nämlich – tätä – Apfelsaft (links unten).

Und das muss man an dieser Stelle einfach mal so stehenlassen.


28 August 2009

Beim Büffetinder

Franke: „Ich glaube, ich hole mir noch ne Portion.“
Matt: „Du brauchst dich mir gegenüber nicht zu rechtfertigen, Franke.“
Franke: „Ich habe nicht mit dir geredet.“
Matt: „Sondern?“
Franke: „Mit mir selbst.“
Matt: „Aha. Du hättest deinen Plan also auch dann bekanntgegeben, wenn ich nicht hier säße?“
Franke: „Nein, das tut man nur, wenn man einen Schatten hat.“
Matt: „Dann hast du dich ja doch mir gegenüber gerechtfertigt!“
Franke: „Quatsch. Ich hol mir jedenfalls noch ne Portion.“
Matt: „Ich auch.“


20 August 2009

Die aufgeflogene Flanage

Mist, der Aldiverkäufer ist uns Flaneuren auf die Schlenderschliche gekommen …

„Wieder Mittagspause?“, fragt er scheinbar leutselig, doch mit desillusioniertem Blick. Wir bejahen. „Na, klasse“, sagt er.

Dieses „Na, klasse“, die Art, wie der Aldiverkäufer Resignation und Weltekel in seine Intonation einfließen lässt, offenbart alles. Er hat uns durchschaut, er hat erkannt, dass wir dort bei Aldi nichts weiter tun als gemächlichen Schrittes die lieblos eingeräumten Regale abzuschreiten, uns lustvoll über die „Ampullen-Monatskur“ mokieren und abschätzig den Preis für die hinter Glas gesperrte externe Festplatte kommentieren (320 GB für wahnsinnige 59,99 Euro – hallo???).

Er weiß, wir werden hier nie etwas kaufen. Und durch sein „Na, klasse“ sollen auch wir wissen, dass er es weiß.

Irgendwie macht danach die Flanage nicht mehr so viel Spaß. Wir drücken uns an der Kassenschlange vorbei hinaus. Doch noch lange hallt sein „Na, klasse“ nach, und sein trauriger Blick hängt uns an den Kleidern wie ein Brandloch.

Vielleicht sollten wir doch mal was kaufen bei Aldi.
Zum Beispiel eine Dose Hundebelohnungskekse.

Foto: Aldi-Nord


03 Juni 2009

Doctor, my eyes!

Willigte nur deshalb in eine Netzhautfrüherkennungsuntersuchung ein, weil mein Augenarzt das Wort auf seinem Infoblatt korrekterweise ohne Deppenbindestrich geschrieben hatte.

30 Euro später dämmerte mir, dass mir manche meiner Macken im Grunde selber seltsam vorkommen sollten.

Zumal ich nach der deppenbindestrichlosen Netzhautfrüherkennungsuntersuchung drei Stunden lang mit klodeckelgroßen Pupillen und entsprechenden Schlitzaugen durch eine psychedelisch leuchtende verschwommene Welt stolperte.

Sogar zu Hause auf der Toilette musste ich eine Sonnenbrille tragen, um nicht durchzudrehen. Zum Trost hörte ich mir später Jackson Brownes „Doctor, my eyes“ an – aber erst, als ich das iPod-Display wieder entziffern konnte.

Mein Arzt sitzt übrigens in Ottensen und heißt Dr. Hasenbein, genau wie in dem Helge-Schneider-Film.

Kein Scherz.



17 April 2009

Fundstücke (46)



Die Features dieses Handys (s. Hervorhebung) sind nur auf den ersten Blick fantastisch.

Beim näheren Hinsehen nämlich stellt sich heraus, dass man im Grunde ständig telefonieren muss, damit der Akku sich nicht rasend schnell entleert. Und ohne Flatrate geht so was immens in die Kosten.

Doch für Vieltelefonierer und Fans magischer Technik ist das Teil ein Muss, ganz klar.

(Entdeckt bei Penny in Ottensen.)