Nicht nur aus alliterierenden Gründen – ich schlug dort mit dem Franken, den Frauen und Freunden auf – war der gestrige Abend im Palazzo-Spiegelzelt an den Deichtorhallen ein erinnernswerter. Man fühlt sich dort ein wenig wie auf einem Kreuzfahrtschiff: eingetaucht in eine künstliche Schummerwelt ohne Gestern und Morgen, in der die Stunden unversehens verfliegen. Ein Abend getaktet im Rhythmus der Essensgänge und den Nummern des Unterhaltungsprogramms.
Während die frühere Sterneköchin Cornelia Poletto, die mit dem früheren Bahnchef Rüdiger Grube verheiratet ist, für vier anspruchsvolle Gänge sorgt (natürlich zeitgeistgemäß für Fleischesser und -verächter), versucht sich die Rahmenhandlung aus Nummerrevue und Akrobatik an etwas sehr, sehr Schwierigem: mit allerlei Derbheiten das Zielpublikum kräftig zu erweitern, ohne Kulinariker mit kulturellem Anspruch ganz zu verschrecken. Denn damit das Palazzo-Spiegelzelt bis März – so lange bleibt es stehen an den Deichtorhallen – zuverlässig gefüllt bleiben möge, müssen nun mal auch schlichtere Humorgemüter herbeigelockt werden.
Die Rahmenhandlung feiert unter dem Obertitel „Glücksjäger“ vor allem Süchte wie Rauchen, Trinken, Sex und Glücksspiel, und das in der Nähe der mittigen Rundbühne platzierte Publikum muss durchaus damit rechnen, ordentliche Spritzer aus Wasserpistolen abzubekommen. Die vielen verbalen und realen Tiefschläge des sich hemmungslos zoffenden Ensembles kommen hingegen auch in unserer Randlage unverfälscht an. Doch selbst wenn uns daran etwas ernstlich gestört hätte: Mit den vorzüglichen Weinen – einem Grauburgunder von Hauck aus Rheinhessen und einer Merlot-/Cabernet-Sauvignon-Cuvée aus dem Languedoc – hätten wir uns mühelos auch noch den gröbsten Gag schöntrinken können.
Das Programm mit seinen auf althergebrachte Weise rollenkonformen Anzüglichkeiten zeigt sich jedenfalls komplett unbeeindruckt von den zurzeit grassierenden Sexismusdiskussionen. Hier werden Lauch und sehr große Karotten noch handfest phallisch allegorisiert, und gegen Ende – ich hatte mich gerade ausgiebig der lackierten Perlhuhnbrust mit Mais und geräuchertem Pflaumenjus gewidmet – traten auch noch zwei nackte Rumturner auf, die mit nichts als Pfannen bewaffnet die selbstaufgeworfene Frage lange kunstvoll offen hielten: Sehen wir nun ihre Schniedel noch baumeln oder doch nicht?
(Wenn Sie die Antwort erfahren wollen, müssen Sie schon selber hingehen – hier gibt’s Karten)
Ein Abend also zwischen Zoten, Zoff und Ziegenricotta – um diesen Rückblick ähnlich abzuschließen, wie er anfing: alliterierend.