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15 November 2013

Ach, St. Pauli …

Zwei russisch daherblökende Kieztaumler stellen sich gegenüber an die Hauswand, um zu pinkeln. Einer der beiden trägt eine Lidl-Tüte.

Um sein bestes Stück ans Tageslicht zu befördern, braucht er beide Hände. Also legt er die Tüte neben sich auf den Boden – genau in die Ablaufrinne, wie sich nur Sekunden später herausstellt. Ihm aber egal.

Nachdem dieser herausragende Vertreter menschlicher Zivilisation ausgiebig abgeschüttelt hat, nimmt er die tropfende Lidl-Tüte wieder an sich und taumelt mit seinem Kumpel davon.

Ihm wird wohl niemals dämmern, wie deprimierend das alles ist, und diese Tatsache ist fast noch trauriger als eine vollgepinkelte Lidl-Tüte, die allmählich im Herbstwind trocknet.


PS: Die Abbildung ist nur ein Symbolbild. Sie zeigt einen ganz anderen Fleck als den oben beschriebenen.


29 Mai 2013

Wieder mal woanders

In der Seilerstraße, wo wir wohnen, gab es heute Vormittag eine Schießerei, bei der ein lebensmüder Bewaffneter vom Mobilen Einsatzkommando (MEK) mit Schüssen in die Beine gestoppt wurde.

Zum Glück hatte ich die Stelle (Ecke Hein-Hoyer-Straße) auf dem Weg ins Büro bereits passiert, als es losging, und Ms. Columbo ist eh in die entgegengesetzte Richtung unterwegs.

Abends war die Straße noch immer weiträumig abgesperrt, die Polizei ließ mich nicht durch. Auf dem Asphalt leuchteten dort, wo die Patronenhülsen gelegen hatten, noch gelbe Markierungskreise.

Wahrscheinlich ist es reines Glück, dass wir in mehr als anderthalb Kiezjahrzehnten noch nie in echte Schwierigkeiten geraten sind. Denn hier mangelt es nun wirklich nicht an Freaks und sehr, sehr merkwürdigen Menschen.

Doch im Ernstfall sind wir immer gerade woanders. Möge diese Glückssträhne noch lange halten – oder sich im Bedarfsfall wenigstens just ein MEK bei Freddy
an Hähnchenschenkeln laben.

22 Mai 2013

Das Geheimnis der Fußleiste

Unser Haus ist deutlich über hundert Jahre alt, und die Fußleisten bestimmt kaum jünger, wenn überhaupt. Beim Renovieren mussten sie nun einmal abgenommen werden.

Dahinter tauchte unversehens ein Stapel handschriftlicher Dokumente auf. Sie waren angesengt, verrußt, von den Zeitläuften deformiert und gewellt. Aufregend!

Ich beugte mich konzentriert über die gestochen scharfe Sütterlinschrift. Allerdings konnte ich kaum etwas entziffern. Nur ein paar Datumsangaben und hie und da ein Wort wie „verwundet“ oder so ähnlich.

Vielleicht stammten die Aufzeichnungen aus einem der beiden Weltkriege. Waren wir etwa auf die echten Hitler-Tagebücher gestoßen? Sollte ich Gerd Heidemann – immerhin wohnt er in Ottensen – um eine Expertise bitten?

Ich beschloss, damit noch zu warten und zunächst meine betagten Eltern zu konsultieren, beide des Sütterlins nicht unkundig. Sie beugten sich interess- und konzentriert über die gestochen scharfe Schrift.

Aus den Bruchstücken, die sie enträtseln konnten, schloss ich indes leicht enttäuscht rück auf eine profane Schularbeit. Vielleicht ein Diktat. Es gab rot angestrichene Wörter und ein Kapitel, das klar lesbar mit „Verbesserung“ überschrieben war.

Eine ausführliche sachkundige Exegese der historischen Artefakte steht allerdings weiter aus, Überraschungen sind also ohne weiteres noch drin. Alles ist möglich!

Wenn der Stern Interesse hat, soll er mir bitte ein Angebot machen.

10 Mai 2013

Tage des Elends

Was vom Herrentag übrigbleibt, liegt danach gerne mal in der Seilerstraße rum.

Eine Stunde später war die fotografierte Stelle allerdings schon wieder verwaist – wenn man von der langsam trocknenden undefinierbaren Flüssigkeit absah, die breitflächig Richtung Rinnstein rann.

Es sind Tage des Elends, fürwahr. Gestern stand ich am Bahnhof Altona, als ein – wie man so schön sagt – distinguierter Herr um die 70 den Bahnsteig abschritt.

Sein Haar war weiß und schütter, sein Sakko saß gut, er trug einen Regenschirm, Jeans und tadellose Schuhe. So weit, so gut, doch plötzlich war nichts mehr gut.

Denn er beugte sich über den vierlöchrigen Mülleimer, schaute in jede Öffnung, griff hinein, wühlte drin herum, fand nichts und ging zur einfahrenden Bahn, als sei er nichts weiter als ein distinguierter Herr.

Beim Einsteigen bedeutete er höflich einem jüngeren Mann, er möge vor ihm die Bahn betreten, der lehnte ab, bat seinerseits den Herrn, ihm voranzugehen, und der nahm lächelnd an.

Wahrscheinlich stieg er schon an der Holstenstraße wieder aus. Dort gibt es den nächsten Mülleimer.

02 Januar 2013

Das lässt tief blicken

Am Neujahrsmorgen standen unten vorm Tunnel – einer Diskothek, deren Eingangsbereich wir von unserem Balkon aus sehen können – junge Menschen im Winterregen, darunter eine Frau im kleinen Schwarzen und wadenfrei.

Im Winter sieht man so was erstaunlich oft in Hamburg und vor allem auf dem Kiez, wo das Bedürfnis, sich zu präsentieren, anscheinend stärker ist als jede Lungenentzündungsbefürchtung.

Man sieht sogar bei Minusgraden schalfreie Hälse und Dekolletees von einer derartigen Tiefe, dass sich in ihren Spalten jeder dahergelaufene russische Eiswind formidabel aufwärmen kann. (Und ich spreche nicht von den Huren in der Davidstraße; die tragen nämlich Skianzüge.)

Ich und Ms. Columbo laufen derweil vollvermummt an diesen merkwürdigen Menschen vorbei und fragen uns, ob wir wirklich zur gleichen Spezies gehören. Wenn hier eine dieser Winterhalbnackedeis mitliest: Frieren Sie denn nicht? Und wenn ja: warum bloß nicht?

Ich frage für eine genetisch benachteiligte Halbsardin, die sich schon ins Lammfell mummelt, wenn sie nur Langnese-Werbung im Fernsehen sieht.

Übrigens ließ auch unsere Haustür am Neujahrsmorgen tiefer blicken als noch am Abend zuvor, doch das ist ja durchaus nicht unüblich – und damit für dieses Jahr hoffentlich erledigt.

05 September 2012

Bombige Erkenntnisse



Eins ist sicher: Das nächste Mal, wenn wir mitten in der Nacht irgendwohin evakuiert werden, legen wir uns sofort auf die dort parat stehenden Pritschen.

Gestern, bei unserem Evakuierungsdebüt wegen 750 Kilo übriggebliebenem Weltkriegssprengstoff, begingen wir nämlich den Fehler, nach dem Eintreffen in der Notunterkunft erst einmal anderthalb Stunden an einen Resopaltisch rumzusitzen und zu twittern und zu lesen, ehe wir uns dann doch endlich hinlegten – und prompt nur fünf Minuten später mit der Entwarnung behelligt wurden.

Um kurz vor 3 Uhr in der Früh lagen wir wieder in unserem Bett auf St. Pauli. Den Stadtteil prägte auch bei unserer Rückkunft noch jene gespenstische Leere, wie sie sonst nur an Weihnachten herrscht und selbst dann nicht.

Es ist übrigens interessant, was man so zusammenrafft, wenn es kurz vor Mitternacht plötzlich heißt: Alle Mann raus hier, in zehn Minuten könnte das Viertel in Schutt und Asche liegen. Meine Wahl fiel auf Folgendes:

– die zum Glück stets reisefertig bestückte Toilettentasche
– eine Haushose
– die Geldbörse
– das iPhone
– den Kindle
– die externe Festplatte mit den jüngsten Time-Machine-Sicherungen
– die Digitalkamera (die ich allerdings versehentlich doch liegen ließ)

Diese Auswahl zeigt eins ganz deutlich: einen erschreckenden Hang zu Gadgets. Und wissen Sie was? Je ne regrette rien. Ich würde es wieder tun.

Obwohl sich mir der Sinn der Haushose gerade nicht mehr so recht erschließen will.

27 August 2012

Der alte Kacker



Vor der Postfiliale unten an der Ecke zieht ein betagter Raucher öffentlich die Hosen runter, um den Straßenbaum zu düngen – und zwar nicht flüssig, wie es alle tun, sondern fest, was zwar seltener, doch nach meinem Geschmack noch immer erheblich zu oft vorkommt.

Danach steht er auf, zieht – ohne sich in irgendeiner Form zu säubern – die Hosen wieder hoch und durchwühlt unverzüglich einen nahen Mülleimer nach leeren Flaschen. Er findet drei.

Diese doch recht betrübliche Beobachtung dokumentiere ich nur der Fairness halber für alle jene, die erwägen, auf dem Kiez für 14 €/qm aufwärts eine Wohnung zu beziehen, weil es hier ja so wahnsinnig „hip“ ist.

Übrigens wüsste ich auf die Schnelle auch nicht, wo der alte Kacker sein Geschäft sonst hätte halbwegs sozialkompatibel verrichten sollen. In den zahllosen umliegenden Kneipen wäre er keinesfalls unbeschadet bis zu den Sanitäranlagen vorgedrungen, und das öffentliche Pissoir auf der Reeperbahn ist für die Aufnahme von Feststoffen gar nicht ausgerüstet.

Insofern imitierte er lediglich das von breiten Bevölkerungsschichten fatalistisch tolerierte Verhalten hiesiger Hunde, an deren Aa Herr- und Frauchen ebenfalls jegliches Interesse verlieren, wenn es erst einmal das Licht dieser deprimierenden Welt erblickt hat.

Sonst war es aber ein schönes Wochenende.



27 Juni 2012

Ich wollte nur helfen

Gegen 22:15 Uhr Schreien und Weinen unten auf der Straße. Eine junge Frau lehnte krumm an einem Lieferwagen, als wäre sie verletzt. Leute gingen vorüber und kümmerten sich nicht. Samariter Matt war also gefragt.
 
Ich zog mich an, doch als ich runterkam, war sie bereits einige zehn Meter die Seilerstraße westwärts entlanggetaumelt. Man hörte aber immer noch gut, wo sie war. Ich holte sie vor der Musicalschule ein und fragte, ob ich helfen könne. Viel war nicht zu verstehen. Sie heulte Rotz und Wasser (keine Metapher) und lallte Wortfetzen wie „Herz gebrochen“, „belogen und betrogen“, „will sterben“.

Ihren Namen kriegte ich immerhin raus, nachdem ich mich zunächst selbst vorgestellt hatte, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Sie hieß Anja (zumindest nenne ich sie hier so). Nachfragen nach Freunden oder Verwandten, die ich hätte anrufen können, blieben fruchtlos.

Auf meinen Vorschlag, mit ihr zu Davidwache zu gehen, reagierte sie wie Dracula auf den Anblick eines knoblauchumrankten Kruzifixes. Stattdessen zog sie mich schluchzend und schreiend Richtung Hamburger Berg (Foto), weil dort irgendwo ihre Sachen lägen. Ich stützte sie halbwegs, während sie immer wieder auf ihren zu langen Schal trat, und versuchte uns Richtung Bürgersteig zu dirigieren, doch sie bestand in ihrem Elend auf einer Schlangenlinieroute straßenmittig.

Vorm italienischen Restaurant Don Camillo & Peppone saß eine Gruppe Gäste, die rübergafften. Hätte ich an ihrer Stelle auch getan, denn auf sie wirkten wir bestimmt wie ein Lude mit seiner durchgeknallten Hure. „Was guckt ihr denn so blöde?“, schrie Anja. Dann griff sie so schnell, dass ich überhaupt nichts mehr machen konnte, nach einem metallenen Sektkübel, der auf einem unbesetzten Tisch stand, und schleuderte ihn mit der Treffsicherheit eines Dirk Nowitzki auf die Gruppe.

Der Kübel traf eine Frau, die sich im Aufspringen drehte, am Rücken; von seinem Inhalt hatten aber alle was. Entgeistert zog ich die weiter schreiende Anja am Arm zurück und versuchte gleichzeitig deeskalierend auf den gorillaartigen Vierschröter einzuwirken, der brüllend vor Wut und Rachlust auf uns zustürzte, um die Ehre seiner triefenden Begleiterinnen wiederherzustellen.

Ich schleifte Anja in rasender Eile weg von der Szenerie, auch im eigenen Interesse, denn eigentlich war ich mental lediglich darauf eingestellt gewesen, einem Menschen in Not beizustehen, keineswegs aber, an seiner Statt eine Tracht Prügel einzustecken.

Der Gorilla blieb zu meiner großen Erleichterung stehen und beließ es bei einer Schimpfkanonade. „Fotze!“, schrie Anja, während ich sie anschrie, sie solle verdammt noch mal aufhören mit dem Scheiß.

An einem Hauseingang vorm Sexkino am Hamburger Berg lagen ihre ganzen Sachen: mehrere Taschen mit Kleiderzeugs, auch ihre Handtasche. Inzwischen war sie wieder im Rotz-und-Wasser-Modus, brach halb zusammen, fiel aber nie um.

Mühsam schaffte ich es, sie auf einen Plastikstuhl zu setzen. Ich wollte ihr ein Taxi nach Hause spendieren, denn in ihrem erbärmlichen Zustand konnte sie diese arktische Juninacht unmöglich überstehen. Doch belastbare Angaben zu ihrer Adresse waren keine aus ihr rauszubekommen, stattdessen fiel sie im Sitzen in sich zusammen wie eine Narkoleptikerin, mit dem Kopf zwischen den Knien.

Ich rief die 112 an, nach fünf Minuten kam ein Notarztwagen. „Sie heißt Anja und wohnt in Wilhelmsburg“, informierte ich die Sanitäter. „Wir übernehmen“, sagte einer der beiden jovial. Erleichtert ging ich nach Hause.

„Matthias!“, hörte ich es plötzlich hinter mir schreien. Ich drehte mich um und sah Anja auf mich zutaumeln wie ein Zombie aus „The walking Dead“: der Körper x-förmig abgeknickt, das rechte Bein nachziehend, die Arme wie willenlos baumelnd, ihr Schal schleifte über die Straße.

Als sie mich erreicht hatte und sich an mich hängte wie ein Wäschesack, bog der Krankenwagen um die Ecke und hielt an. Der Sanitäter auf der Beifahrerseite hatte das Fenster runtergekurbelt. Er grinste mir zu, zuckte mit den Schultern – und dann fuhren sie davon. WTF?

„Warn großer Fehler, n Kranknwan’g zu rufn!“, lallte Anja und begann wieder zu weinen. Herz gebrochen, belogen und betrogen, sie will sterben. Ich begleitete sie zurück zu ihren Sachen, als plötzlich wie aus dem Boden gewachsen zwei Polizisten vor uns standen.

„Alles in Ordnung?“, fragte mich der mit dem Unterlippenbart, den ich aus diversen Spiegel-TV-Reportagen über die Davidwache kannte. Ich verneinte und beschrieb kurz Anjas Zustand. Den Zwischenfall mit dem Sektkübel behielt ich für mich.

Anja, deren Artikulationsrepertoire bisher nur in Lallen, Schluchzen, Schreien, Weinen und Lamentieren bestanden hatte, ratterte wie ferngesteuert Namen und Adresse runter. Der Unterlippenbart wandte sich an mich und flüsterte: „Die ist total auf Crack.“

Auf so was wäre ich Naivling wieder mal alleine nicht gekommen. „Haben Sie noch all ihre Sachen?“, fragte er. Ich tastete mich ab, alles noch da. „Kümmern Sie sich um sie?“, fragte ich ihn. Er nickte. Ich winkte der zuckenden, winselnden Anja zum Abschied unsicher zu und ging nach Hause.

Als ich bei Don Camillo & Peppone vorbeikam, war der Tisch leer, an dem vorhin die Gruppe gesessen hatte. Um ihn herum war der Boden nass. Plötzlich hörte ich hinter mir, wie sie meinen Namen schrie.

Ich beschleunigte meinen Schritt.



14 Mai 2012

Eine kiezspezifische Gefahr



Unten auf der Straße wieder mal großes Geschrei. Vom Balkon aus sehe ich einen Jungen flüchten vor zwei anderen, von denen der eine sich benimmt wie ein Pavian.

Er springt mit gereckter Brust auf der Stelle und brüllt irgendetwas auf Türkdeutsch, während er dabei die Arme ausbreitet. Möglicherweise handelt es sich dabei um Dominanzgesten, ich weiß es nicht.

Sein kleinerer Kumpel trägt eine Basecap und markiert derweil sein Revier: Er stellt sich vor eine hölzerne Haustür, um dagegen zu pinkeln.

Ja, er strullt nicht etwa gegen die steinerne Wand dieses bedauernswerten Wohnhauses, was kiezweit durch unzählige Wiederholungen längst den Rang eines Gewohnheitsrechtes gewonnen hat, sondern gegen die Haustür.


Versuchte also ausgerechnet jetzt ein Bewohner das Haus zu verlassen, sähe er sich unversehens konfrontiert mit dem hereinpladdernden lauwarmen Strahl eines Basecapträgers und einem hinter ihm herumhüpfenden Brüllpavian.

Deswegen fiele er zwar bestimmt nicht aus allen Wolken. Doch sich umziehen zu müssen, nur weil man die Straße betreten wollte: Das wäre schon unschön, sogar auf St. Pauli.

19 Januar 2012

Befremdlich vertraut

Auf dem untersten Absatz im Treppenhaus, ein paar Meter hinter der Eingangstür, sitzt ein Mann. Er ist hohlwangig, seine Augen liegen tief versteckt im hageren Schädel, sein Bart ist so stoppelig wie seine Zahnreihen lückenhaft.

In der linken Hand hat der Mann eine Fernsehzeitung und in der rechten eine Packung Jacobs Krönung. Er riecht daran und macht „Ahhh!“.

Ein befremdliches Gebaren, doch auch wenn das jetzt paradox klingt: Gerade das Befremdliche ist einem hier auf St. Pauli besonders vertraut.

Wie auch immer: Erst als ich diesen an einer Kaffeepackung schnuppernden Liederling unter Entbietung eines kurz geknurrten Standard-„Moin“ passiert und unser Haus verlassen habe, dämmert mir das Wichtigste.

Er wohnt hier gar nicht. Aber er sitzt in unserem Hausflur. Und riecht an einer Packung Jacobs Krönung und macht „Ahhh!“.

Das erfordert Maßnahmen, doch zuerst wollen die Frühstücksbrötchen beschafft werden. Unterwegs überlege ich, mit welchen wohlgesetzten, gleichwohl unmissverständlichen und mit der nötigen Grundschärfe im Ton versehenen Worten ich ihn bei meiner Rückkehr hinausexpedieren werde.

Einige Minuten später steht die Ansprache wie eine Eins – doch als ich zurückkomme, sehe ich den Mann Richtung Millerntorplatz davonschlurfen.

Wie er in unser Haus gekommen ist, welche Bedeutung die Kombi TV-Zeitschrift und Kaffeepackung hat bei einem Kantonisten, der mit hoher Wahrscheinlichkeit weder über ein Fernsehgerät noch über eine Kaffeemaschine verfügt:

Wir werden es nie erfahren.

21 November 2011

Seid umschlungen, Neuronen!



Den Briefkasten an der Postfiliale
(l. o.) unten an der Ecke hat jemand mehrfach mit einem rotweißen Sperrzonenband umschlungen. Jetzt stehe ich davor mit meinen wichtigen Briefen wie ein Freier aus Heinsberg-Waldfeucht vor einer Schmuckstraßentranse: relativ ratlos.

Klar, aller Wahrscheinlichkeit nach ist hier ein Witzbold am Werk gewesen, und die Funktionsfähigkeit dieses Briefkastens wird vom Sperrzonenband in keiner Weise eingeschränkt. Gleichwohl gibt es – zumindest in meiner von wichtigen Briefen kontaminierten Fantasie – diese winzige Wahrscheinlichkeit, dass es sich vielleicht doch um eine neue schrullige Kommunikationsmethode der Post handeln könnte, die mir signalisieren soll:

Dieser Kasten wird bis auf Weiteres nicht mehr geleert.
Werfen Sie nichts hinein, es würde erbarmungslos verrotten.


Psychologisch und neuronal gesehen verrät dieses bang imaginierte Szenario natürlich einen erschreckenden Mangel an Risikofreude. Und obgleich mir das völlig bewusst ist, schlurfe ich mit meinen wichtigen Briefen wieder nach Hause. Heute werde ich sie – sicher ist sicher – am Schalter abgeben.


Bitte lachen Sie JETZT.

15 November 2011

Sprechdurchfall ist wohl nicht strafbar



Es war schon eine ganze Ecke nach Mitternacht, die Straßenlampen tünchten die Seilerstraße ins allnächtliche matschiggelbe Licht, als von draußen wieder einmal Lärm jenes Zuschnitts erscholl, der mich bewog, seufzend ans Fenster zu treten.

Verantwortlich für die sonische Belästigung war eine Männerstimme, und zwar ganz allein. Der Mann stand gegenüber am Straßenrand, er laberte und salbaderte, gestikulierte und barmte, schimpfte, schrie und zeterte.

Man kann ohne Übertreibung sagen: Der Mann regte sich kapital auf, ab und wieder auf – und hatte dabei wahrscheinlich das dankbarste Publikum seiner bisherigen Karriere als Straßenrethoriker: ein halbes Dutzend Kiezpolizisten.

Das Auditorium stand im Halbkreis um ihn herum und lauschte aufmerksam. Fünf Minuten, zehn Minuten, eine Viertelstunde. Doch was das alles sollte, worum es ging, was des Mannes erstaunlich dauerhaften Adrenalinerguss ausgelöst hatte und somit einen Solovortrag von geradezu kinskiesker Wucht und Epik am Laufen hielt: Das erschloss sich mir auch nach 25 Minuten noch nicht.

Gerade die aus meiner Laiensicht drei opportunsten Optionen – a) verhaften, b) verschwinden oder c) auch mal was sagen, irgendwas – schien die Schmier nicht im geringsten zu erwägen.

Nach ungefähr einer halben Stunde Zeugenschaft ungebremsten Gestikulier- und Sprechdurchfalls wurde mir das Balkonkino allmählich langweilig; schließlich bin ich aus der Vergangenheit erheblich mehr Action gewohnt, und auch „mein Fass hat Grenzen“ (Stromberg).

Heute morgen, als ich noch halb schlaftrunken wieder ans Wohnzimmerfenster trat und den trüben Blick über die Seilerstraße schweifen ließ, waren alle Protagonisten spurlos verschwunden.

Ich war fast ein bisschen überrascht.

11 November 2011

Eine Frage der (Un-)Moral



„Hey, warte mal“, pfeife ich den Franken auf dem Weg zum Feierabendbier zurück, „ich habe da mal eine juristische Frage.“

Sie bezieht sich, wie der Franke nur wenige Sekunden später erläutert bekommt, auf die im ganzen Viertel flashmobartig verteilten Sattelmützen, ein Werbegag des Mercado. Mein Fahrrad wurde nicht bedacht, weil es in den Zeisehallen stand und nicht draußen; deshalb verfüge ich jetzt über keinen Überzug.

„Wenn jetzt der Besitzer dieses Fahrrads“, schildere ich dem Franken die Sachlage und zeige auf ein Fremdvelociped, neben dem ich meins gerade ankette, „noch gar nicht mitgekriegt hat, dass jemand seinem Rad eine Sattelmützte überzog, und ich sie jetzt abziehe, um sie meinem überzuziehen: Ist das dann Diebstahl?“

Der Franke ist keineswegs elektrisiert von dieser hochmoralischen Fragestellung, sondern reagiert darauf wie ein sibirischer Tiger, dem man mit einer gedünsteten Karotte vorm Maul herumwedelt. Ihn, den Franken, zieht es mit Macht zum Fassbier und weg von sophistischen Diskussionen über Recht und Moral in der Novemberkälte.

Also schließe ich vorläufig die Akte Sattelmütze, mein Fahrrad an den gleichen Pfosten wie das fremde und mich seufzend dem Franken an, der bereits ins Aurel vorgelaufen ist. Dort geht es hoch her und irgendwann um Monty Python’s.

Kramer erzählt von einem Gagvideo auf YouTube, das die Kritik, die einst nach der Veröffentlichung von „Das Leben des Brian“ aufbrandete, karikiert, in dem es sie umdreht. Im Video regt sich ein Plenum über dieses sogenannte Christentum auf, das ja ganz offenkundig eine Parodie auf „Das Leben des Brian“ sei. Dessen Hauptprophet Jesus Christus sei empörenderweise sogar mit den gleichen Initialen ausgestattet worden wie der heilige John Cleese!

Darauf noch ein Helles. „Ich habe den Sinn des Lebens für 5,99 € gekauft“, informiert uns der Monty-Python’s-kundige Franke. „War trotzdem überteuert – denn den gibt es gar nicht“, proste ich ihm heiter zu, und irgendwann heißt es aufbrechen.

Die beiden Fahrräder sind immer noch einträchtig zusammengebunden, eins davon hat einen rotleuchtenden Sattel.

Und so eins – ups – steht jetzt auch in der Seilerstraße auf St. Pauli.

01 September 2011

Wahrscheinlich war es nur der Wind



Ein blechernes Scheppern von draußen, hörbar sogar durch die winterbedingt (sic!) geschlossenen Fenster.

Vom Balkon aus sehe ich nicht nur zwei männliche Passanten, die sich in verdächtiger Hast entfernen, sondern auch eine schöne Bescherung: die stomleitungsführende Stangenkonstruktion auf dem Gehweg gegenüber, mit der die nachbarliche Großbaustelle versorgt wird, ist auf ganzer, also etwa 20 Meter messender Länge umgekippt (worden?) und auf sämtliche parkenden Autos gekracht.

Falls hier Vandalen am Werk waren, so muss man ihre hocheffiziente Vorgehensweise widerwillig bewundern; mit diesen Skills könnten sie binnen kurzem auch einen Daxkonzern verschlanken bis zur Wettbewerbsfähigkeit.

Jedenfalls gelang es ihnen (oder dem Wind – ich will hier nicht vorverurteilen), mit extrem wenig Aufwand ein halbes Dutzend Autos gleichzeitig werkstattreif zu beschädigen.

Eigentlich müsste also jetzt mal wieder irgendjemand die Schmier rufen, im Zweifelsfall also ich, doch das scheint bereits jemand anderes zu tun, nämlich ein aufgeregt vor der Postfiliale herumtrippelnder telefonierender Anzugträger, deshalb bescheide ich mich diesmal mit der Rolle des Beobachters.

Als die Polizei eintrifft, haben sich bereits die ersten ratlosen Autobesitzer eingefunden. Sie stehen da, fröstelnd, stumm, finster, als versuchten sie die Gefühle ihrer Autos zu spiegeln. Sie sehen ihre Wagen eingekeilt zwischen und unter Metallstangen, hier ist kein Fortkommen mehr.

Unsere Haustür hat übrigens auch schon wieder mal irgendwer eingeschlagen, bereits gestern. Wer sind diese Leute, und warum tun sie all das? Liegt es an irreparabel verrenkten Synapsen im Hirn, oder gibt es für dieses Verhalten Gründe, die nicht nur im Zerebralen oder einer schweren Kindheit wurzeln?

Ja, das würde mich wirklich mal interessieren. Und dafür gibt es ja zum Glück die Kommentarfunktion.

23 August 2011

Meine Straße



Zum Glück ist das Stöckchenwerfen in der Blogosphäre zuletzt aus der Mode geraten. Doch ennomanes Idee, seinen Berliner Kiez kommentierend zu filmen und das Produkt online zu stellen, hat zu viel Charme, um seine Bitte, es ihm gleichzutun, einfach abzuwehren.

Deshalb habe ich sein Stöckchen gefangen und bin filmend und plappernd durch meinen Kiez glaufen: die Seilerstraße auf St. Pauli. Nun können Sie alle einmal nachschauen, wie es auf der Rückseite der Reeperbahn so aussieht. Und wie sie sich anhört, nämlich allzu oft nach Polizeieinsatz.

Zum Spiel mit dem Stöckchen gehört es, dass man es weiterwirft. Drei Kandidaten dürfen sich daher jetzt ducken, aber nur ganz kurz: Fräulein Krise, German Psycho und Anna Nuehm.

Kneifen gilt übrigens nicht, wo sogar ich … Na, Sie wissen schon.


19 Juli 2011

Sie zeigt ihm ihre Liebe nicht

Unter unserem Balkon streitet sich lautstark ein Paar. Sie im Mini über Leggings, mit lippenstiftroten Highheels, weißer Plastikjacke und aufgeregt schlenkernder Handtasche; er ein unkonzentriert rasierter Schlaks in Jeans.

„Hau ab!“, schreit sie schlenkernd und will weggehen, doch er stellt sich ihr in den Weg, hält sie fest. Ein Passantenpaar, das vorbeikommt, will schlichten, mit magerem Erfolg.

„Hau ab, du Scheißkerl!“, ruft die Plastikjacke. Wieder will sie weg, und wieder wird sie festgehalten. Das fremde Paar versucht mit dem gleichzeitig defensiven und dennoch dominanten Mann eine deeskalierende Diskussion zu starten. Er erklärt, sie sei seine Frau, während er sich seiner weiterhin wütenden, doch auch nicht mit letzter Entschlossenheit zur Flucht ansetzenden Gattin erneut in den Weg stellt.

Dann erklärt er den beiden Fremden in ruhigen Worten seine Sicht der Welt. Die allerdings ist nur schwer in Einklang zu bringen mit der Realität unter unserem Balkon.

Denn der Mann sagt: „Sie zeigt mir ihre Liebe nicht, verstehst du?“

Und das stimmt absolut, das hat er sehr gut erläutert, denn wieder schreit es „Scheißkerl!“ von der Seite. Und dann kommt auch schon die Polizei, die diesmal jemand anders gerufen haben muss. Mit zwei Streifenwagen fährt sie vor, vier Leute springen heraus, Gerede,
Gemurmel, Rechtfertigungen, und dann zieht das streitende Paar unbehelligt und unverhaftet ab.

Die Polizisten lachen und steigen in ihre Wagen. Solche Einsätze lieben und hassen sie zugleich. Im Grunde war das Ausrücken umsonst, aber andererseits mussten sie auch keine Körperteile von der Straße kratzen, das kann ja auch etwas sehr Unschönes sein.


In der Ferne sehe ich das Ehepaar, wie es diskutierend Richtung Imperial Theater geht. Er zieht sie am Arm. Sie schlägt ihn mit der Handtasche.

29 Mai 2011

Flyer müssen draußen bleiben



„Ja, bitte?“, sagte ich in die Gegensprechanlage, denn es hatte geklingelt. „Schönen Tag“, kam es juvenil beschwingt herauf, „würden Sie bitte aufmachen? Ich möchte bei Ihnen ein bisschen flyern!“

Ein bisschen flyern also. Ungeachtet meiner spontan aufflammenden Bewunderung für diesen sehr sinnig dem Englischen entwundenen Neologismus vermochte ich seinem Ansinnen keinesfalls zu entsprechen. Mit so etwas war der junge Mann bei mir nämlich genau an der richtigen Adresse.

Auf unserem zum Glück im Treppenhaus aufgehängten Briefkasten prangt ganz in Rot „KEINE Werbung und Prospekte – danke!“, wobei das „danke“ als zähneknirschende Konzession an zivile Umgangsformen erst auf den allerletzten Drücker mitaufgenommen worden war. Auf der Robinsonliste stehen Ms. Columbo und ich selbstverständlich auch, und als sich neulich in unser parallel betriebenes Postfach ein Pizzeriaflyer verirrt hatte, warf ich ihn dem Postfilialenangestellten auf den Tresen, begleitet von der rhetorischen Frage, was das solle.

Der Mann war erstaunt über meine Erbostheit und riet, den Wisch doch einfach wegzuwerfen, doch genau so etwas beschleunigt die Entropie und muss aufhören. Ich meine: Er macht sich die Arbeit, den Flyer hineinzulegen, und ich, ihn wegzuwerfen – darin liegt doch kein Sinn, höchstens für Postbedienstete (was ein betrübliches Licht auf das Anspruchsniveau ihrer restlichen Tätigkeiten würfe).

Jedenfalls weigerte er sich, mir zuzusichern, künftig keine unadressierte Werbung mehr in mein Postfach zu legen. Dazu, erklärte der ganz offensichtlich intellektuell fehlgeprägte Heini, müsse ich die zuständige Posthotline anrufen und dort eine entsprechende Weisung hinterlassen.

Diesen Weg, antwortete ich schneidend, könne man ja wohl sehr deutlich abkürzen, indem er einfach hier und jetzt diese Weisung von mir entgegennehme, statt auf eine Order der Zentrale zu warten, die ja auch nur den Kundenwillen – also meinen – an ihn weiterleiten würde. Eine Logik von geradezu kristalliner Unanfechtbarkeit, die zu diesem fleischgewordenen Denkbunker aber leider nicht vordrang; er beharrte auf den Weg der entropischen Beschleunigung, obwohl er mit Sicherheit noch nie von diesem Phänomen gehört hatte.

Schnaubend verließ ich die Filiale, wandte mich an die Hotline, die schnelle Abhilfe zusicherte und dies gar in einem devoten Schreiben noch einmal bestätigte – doch gestern lag wieder ein Pizzeriaflyer im Postfach. Ich betrat dampfend die Filiale auf der Suche nach meinem weisungsresistenten Flyerverteilungsautomaten, prallte jedoch an einer meterlangen Schlange ab. Die Hotline sicherte in beschwichtigenden Worten zu, „die Sache nun eine Stufe höher zu hängen“. Da bin ich aber mal gespannt.

Von all dem konnte der junge Mann, der gestern morgen bei uns flyern wollte, natürlich nichts wissen, und deshalb behandelte ich ihn auch nach den Maßgaben der Genfer Konvention. Nein, beschied ich ihm durch die Gegensprechanlage, ich würde es bevorzugen, nicht zu öffnen, da wir dem Flyern als solchem nur wenig abgewinnen könnten.

„Und Ihre Nachbarn?“, fragte er. „Die bestimmt auch nicht“, sagte ich. „Na, dann noch einen schönen Tag.“ Das wünschte ich ihm auch. Konfliktlösung auf höchstem Niveau.

Ob das am Ende auch für meinen Spezi bei der Postfiliale gelten wird, ist noch nicht raus. Oh nein.

23 Mai 2011

Von der Artenvielfalt kiezianischer Schallquellen



Hubschrauberflüge sind doch, so weit ich weiß, sauteuer, oder etwa nicht?

Warum dann am Sonnabendnachmittag, also am Tag vor Hamburg-Marathon und Weltuntergang, ein Helikopter ungefähr zwei (!) Stunden lang den immergleichen infernalischen Kreis über dem Kiez zog, das wüssten wohl nur die Götter, sofern sie existierten. Vielleicht auch ein hohes Tier bei der Polizei, aber wir nicht. Irgendetwas sagt mir übrigens, dass diese zwei sauteuren Hubschrauberstunden aus Steuergeldern bezahlt wurden, aber natürlich habe ich dafür nicht den geringsten Beweis.

Am Sonntag dann, dem Tag nach Marathon und Apokalypse, besserte sich die Schalllage nur unwesentlich. Denn bereits frühmorgens riss uns laute Musik aus dem Schlaf der Gerechten. Die Nachbarn von gegenüber pumpten wattstark „Human“ von den Killers in den Hinterhof – eine geschmackvolle, wenngleich wenig gottgefällige Wahl für den ersten postapokalyptischen Sonntag aller Zeiten.

Sonisch abgerundet wurde das Wochenende
schließlich abends von den obligatorischen Sirenen mehrerer Peterwagen, die bei uns in die Straße einfielen. Ein vergleichsweise großes Polizeiaufgebot holte mit einfacher körperlicher Gewalt einen verwahrlosten Mann, dessen genaues Vergehen uns bis zum Schluss der Aktion nicht klar wurde, von der Baustelle nebenan.

Vielleicht hatte er ja das Schild „Betreten verboten“ ignoriert. Jedenfalls war der laut und lallend zeternde Mann verdreckt, volltrunken – und dennoch selbstbewusst genug, sich seiner Ingewahrsamnahme entschieden zu widersetzen.

Das bekam ihm nicht gut. Er geriet sekundenschnell in die Horizontale sowie einen gesetzlich legitimierten Schwitzkasten. Sein Allgemeinzustand besserte sich so natürlich nicht.

Nach diesem würdigen Wochenendabschluss wurde endlich alles ruhig in der Seilerstraße, und dieser Zustand pflegt zum Glück ja montags generell anzuhalten – es sei denn, die zuständige Instanz holt den Weltuntergang doch noch nach.

Dann würde ich mich aber noch mal melden.


05 Mai 2011

Fundstücke (132)



Fragen Sie mich bitte nicht, warum dieser Schirm …

a) … auf einen Bauzaun in der Seilerstraße geklemmt wurde und
b) … die Aufschrift „Es regnet Kaviar“ trägt.

Schön wär’s ja (sofern Beluga).


26 April 2011

Fehlentwicklung Individualverkehr

Ein Abend auf dem Balkon. Alles ist vorbereitet, das Arrangement perfekt: Ms. Columbo, eine Flasche Rieslingtrester, Amaretti mit Schokoladenfüllung von Andronaco und dazu als Soundtrack aus dem Wohnzimmer Beethovens siebte Sinfonie.

Der zweite Satz – Beethoven gab als Tempo „Allegretto“ vor – ist zweifellos das schönste Stück Musik, das je geschrieben wurde, und ich würde mich auf Mozarts Komponiertisch stellen und diesen Satz wiederholen.

Einziges Problem aber: die Großstadt.

Während der knapp acht Allegrettominuten beeinträchtigten den Hörgenuss folgende Störfaktoren: ein Dutzend Autos, ein Motorrad, ein Propellerflugzeug, ein ADAC-Hubschrauber, ein Krakeeler per pedes sowie zwei von der Reeperbahn herüberwehende Polizeisirenen. Am Schlimmsten aber war diese envervierend behäbig vorüberknatternde Vespa während der leisesten Passage.

Wäre ich Beethoven, ich hielte den Individualverkehr für eine krasse Fehlentwicklung. Wäre ich ich, ebenfalls.