1. Um ein Smartphonezombie zu werden, brauchen Sie unbedingt ein „Mobile Device“. Zum Beispiel ein iPhone oder ein Tablet, es reicht auch ein gebrauchtes. Mehr ist gar nicht nötig. Alles Weitere liegt ganz allein bei Ihnen – genauer gesagt: aufm Platz.
2. Beginnen Sie Ihre Karriere als Smartphonezombie erst mal zu Hause und im Freundes- und Familienkreis, am besten beim gemeinsamen Essen. Nutzen Sie Ihr Gadget in geselliger Runde, indem sie draufstarren, statt sich an Gesprächen zu beteiligen. Machen Sie mürrisch „Hä?“, wenn Sie angesprochen werden, natürlich ohne aufzuschauen. Vor allem, wenn Sie zur Adipositas neigen, ist ein Dasein als Smartphonezombie bei der Essensaufnahme geradezu ein Segen: Denn jeder Tweet, den Sie tippen, jeder Facebook-Kommentar, den Sie hinterlassen, hält Sie nun mal von der Kalorienaufnahme ab. Smartphonezombies sind nachgewiesenermaßen um 30 Prozent schlanker als der Bevölkerungsdurchschnitt. Denken Sie mal darüber nach!
3. Treten Sie in die zweite Entwicklungsphase ein und nutzen Sie ihr Gadget in der Öffentlichkeit, am besten in Großstädten und – das ist das Wichtigste überhaupt! – während Sie sich fortbewegen. Zu Fuß ist gut für Anfänger, zu Rad für Fortgeschrittene und am Steuer eines Autos auf der sechsspurigen, von Dauerbaustellen zerschredderten Bundesautobahn meisterlich.
4. Wo immer Sie auch sind, was immer Sie auch tun, wer immer zugegen ist: Konzentrieren Sie sich ganz und gar auf ihren kleinen Screen, starren Sie drauf, ignorieren Sie komplett Ihre Umwelt. Aber: Bleiben Sie niemals stehen, bremsen Sie nicht, bewegen Sie sich weiter, immer weiter – das ist der entscheidende Punkt! Karriolen Sie also irre durch die Stadt, taumeln Sie passantengefährdend über den Bürgersteig, eiern Sie raumgreifend über Radwege, befahren Sie jede beliebige BAB in die Gegenrichtung, dafür aber unbedingt in Schlangenlinien – und starren Sie dabei un-a-b-l-ä-s-s-i-g auf den Bildschirm Ihres Mobile Device. Nicht hochschauen! Nicht ablenken lassen! Auch nicht von der Polizei, die Sie möglicherweise anhält – die starrt ja selbst irgendwo rein, um Ihre Daten abzurufen.
5. Zucken Sie nur kurz zusammen, wenn Sie mit jemand zusammenkrachen, aber überlassen Sie es dem Unhold, sich zu entschuldigen. Schließlich ist er der Blöde; er hat Sie ja gesehen und Sie ihn nicht. Das ist nämlich das Tolle, wenn Sie sich als Smartphonezombie etabliert haben: Sie sind damit die komplette Verantwortung für die Folgen Ihrer öffentlichen Anwesenheit los. Im Kleingedruckten der AGB Ihrer Gadgethersteller ist genau geregelt, dass Sie mit der Nutzung der Geräte die Verantwortung für alle Folgen kollektiv an jene übertragen, die solche Geräte noch nicht in der vorgesehenen Weise nutzen. Diese retardierten Hinterwäldler sind jetzt für Sie mitverantwortlich, wie eine Art Vormund – und zwar so lange, bis sie selbst zu Smartphonezombies geworden sind. Aber mal ehrlich: Wer das bis jetzt noch nicht geschafft hat, wird es wahrscheinlich nie mehr schaffen. Im Gegensatz zu Ihnen.
6. Verfluchen Sie ruhig innerlich den Laternenmast, der nicht ausgewichen ist, obwohl Sie gesenkten Kopfes einhermäanderten, doch lassen Sie sich von der blutenden Beule an Ihrer Stirn nicht von Ihrem neuen Lebensentwurf abhalten. Sonst werden Sie niemals ein Smartphonezombie von Weltklasse, und das kann keiner wollen.
7. Hauchen Sie auf der Trage im Rettungswagen mit letztem Atem: „Wo ist mein iPhone? Geht es ihm gut?“ Und wenn der Notarzt wortlos den Kopf schüttelt, dürfen Sie loslassen. Zu überleben hätte jetzt eh keinen Sinn mehr.
8. Sorgen Sie aber vorher unbedingt noch für einen riesigen Vorrat an aufgeladenen Lithium-Ionen-Akkus an einem geheimen Ort, den nur Sie kennen. Denn die Smartphonezombieapokalypse wird kommen, das ist so sicher wie das iPhone 7. Und dann werden Sie ganz vorne dabei sein.
Wir „sehen“ uns.
Wir „sehen“ uns.
Foto: Apple