10 April 2012

Trotzdem 2:1, aus Gründen



Angesichts der hier zu sehenden Abbildung denken Sie sicher, die Bechertheorie sei endgültig widerlegt, da entgegen aller Erwartungen der FC St. Pauli im Spiel gegen Union Berlin siegreich war, obwohl ich gar keinen Namensbecher erwischt hatte.

Doch nicht so voreilig. Denn dazu gibt es mehrerlei zu sagen. Zum einen: Es war sehr knapp. Das Siegtor fiel erst in in letzter Sekunde; man konnte geradezu spüren, wie unwillig das Schicksal dieser Entwicklung letztlich doch stattgab.

Doch warum tat es das überhaupt, obwohl es doch Heimsiege bisher stets mit dem Empfang eines Namensbechers verknüpfte? Nun, vielleicht kann ich es erklären.

Ich hatte nämlich, deprimiert durch den Empfang eines anonymen Bechers und daher auf der Suche nach kulinarischem Trost, gedankenlos die Versuchsanordnung verändert. Genauer gesagt: Ich aß zum Bier eine Currywurst. Und genau das war – so die hiermit der Bechertheorie eilig beigefügte Unterthese – wohl der zufällige Knackpunkt.

Wenn ich keinen Namensbecher erwische, so heilt also möglicherweise der Verzehr einer Currywurst den Schaden. Mal schauen, ob ich noch einmal die Gelegenheit haben werde, diese Feinjustierung zu verifizieren. Ich halte Sie natürlich auf dem Laufenden.

Während des Spiels, an das ich durch die oben geschilderten Umstände zunächst keinerlei Erwartungen hatte, trübte auch noch etwas anderes meine Stimmung, und zwar mein heutiger Sitznachbar. Schon als der Mann sich von Gehilfen gestützt die Treppe von Block H3 hochwuchtete, ahnte ich Unerfreuliches.



Er war riesig und seine Körperform walartig. Eine Mischung aus spätem Orson Welles und mittlerem Otti Fischer. Natürlich ächzte er sich in Richtung unserer Reihe, und wohin zog es ihn, bedingt durch die Koordinaten auf seiner Eintrittskarte? Auf den Sitz neben mich. Genauer gesagt: auf den Sitz neben mich plus die Hälfte von meinem.

Das hier zu sehende Foto, welches ich heimlich anfertigte, soll ein wenig die Dimensionen dieses Mannes verdeutlichen. Links das ist übrigens mein Bein, und ich bin nicht gerade ein Zwerg, sondern weise handelsübliche Körpermaße auf.

Zu seinem schieren Volumen, das allein schon den Abend zu beeinträchtigen imstande war, kamen auch noch gewisse olfaktorische Belastungen. Denn der Mann dünstete einen Geruch aus, der zu je einem Drittel aus Bieratem, Schweiß und Kölnisch Wasser bestand und ihn glockenartig umwölbte. Leider war ich mit ihm im Innern der Glocke.

Einmal während des Spiels, es war kurz vor Schluss, wandte er sich unversehens an mich mit der Information: „Ich bin ein St.-Pauli-Urgestein.“ Warum er das sagte, was ihn zu dieser Offenbarung trieb, welche Reaktion er nun von mir erwartete: Wir werden es nie erfahren.

Denn zum Glück schoss Bartels das 2:1, das Schicksal murrte widerwillig, und ich zog mir augenblicklich einen Stimmbandkatarrh zu.

Die Bechertheorie steht weiter, das wollte ich eigentlich nur sagen.

9 Kommentare:

  1. "Eine Mischung aus spätem Orson Welles und mittlerem Otti Fischer." Made my day.

    Wusste Marius Ebbers, dass man Ihnen einen Becher ohne Bild gegeben hatte?

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  2. Oh je - nicht nur jedes Mal Bier, sondern jetzt auch noch einmal die Woche bzw. alle zwei Wochen eine Currywurst. Das wäre wahres Fantum ([fähn:tuhm], wegen des Unbindestrichs oder Bindeunstrichs).
    ;-)

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  3. Zu Anonym 12:31 noch ein Nachtrag (es läßt mich ja nicht los):
    Vielleicht trägt Ihr Sitznachbar diese Last, weil er vor einigen Jahren dieselbe Gewinn- bzw. Siegmechanik schon entdeckt hatte, Ihnen nur voraus war ?
    Und er ahnt es nicht einmal ?
    Wenn jetzt alle für immer..., dann...
    wird der FC St. Pauli dauerhaft unendlich erfolgreich sein, aber es passen dann nicht mehr so viele Fans in Stadion, was zum finanziellen Ruin führen könnte. Andererseits könnte kompensatorisch die Fanartikelverkaufsabteilung des Vereins Jacken in XXXXSEEHRVERYLARGEANDMORE und Schals mit Überlänge etc. für angemessen höhere Preise verkaufen können (damit es dann auch paßt). Das könnte klappen - so als eine Art originelle Querfinanzierung.
    Sie sollten vielleicht dazu diskrete Verhandlungen mit der Vereinsleitung aufnehmen und könnten dadurch berühmt werden und unsterblich in die Vereinsgeschichte eingehen. Eine einmalige Chance - vielleicht auf ein Denkmal oder eine Umbenennung in "Matt Wagner Stadion" ?
    ;-)

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  4. Diese Stadionumbenennung wäre natürlich sehr angemessen, aber bitte ohne Deppenleerzeichen.

    Usedomspotter, daran hatte ich noch gar nicht gedacht: Ebbers MUSSTE natürlich dafür sorgen, dass sein Tor nicht gegeben wurde, WEIL ich keinen Namensbecher hatte. Und Bartels? Hat sich nicht an die Anweisungen gehalten. Das wird wahrscheinlich Konsequenzen haben, an höherer Stelle.

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  5. Boh, wie gemein ... die Currywurst ist also das Quentchen Pech das 'meine' Eisernen gestern verloren haben.
    Ob ich Ihnen dies je verzeihe ... zeigt mir der Platz von Eisern Union am Ende der Saison!
    Frau-Irgendwas-ist-immer, winkt von nahe bei der Alten Försterei

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  6. Anonym 13:0911.04.12, 17:08

    Herr Matt,

    shit, das Deppen-Leerzeichen.
    ;-)
    Sie haben mich erwischt.

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  7. Anonym 17:0811.04.12, 19:54

    Wir verstehen uns.
    ;-)

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