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16 September 2019

Bloggeburtstag Nr. 14!


Sehr schmeichelhaft, dass die Deutsche Fußball Liga das Hamburger Stadtderby am Millerntor dieses Jahr genau auf den 14. Geburtstag dieses Blogs gelegt hat. Und dann auch noch inklusive Heimsieg! Das nehme ich persönlich.

Statistisch verliefen die vergangenen zwölf Monate aus Blogbetreibersicht sehr zufriedenstellend. Die Besucherzahl stieg auf insgesamt 4.646.268, der Monatsschnitt hat sich über 40.000 stabilisiert. Danke dafür, meine Damen, Herren und Diverse! 

Zwei Beiträge aus dem Berichtsjahr haben sich sogar in den unten aufgelisteten Top Ten der meistgelesenen überhaupt vorgearbeitet. Dass der auf Rang sechs lediglich aus einem Foto bestand (dem Kinosaal der Astor-Filmlounge), verstehe ich als subtile Kritik an meinem Schreibstil. Immerhin stieß auch meine Eloge auf den 70 Jahre jung gewordenen Universalkünstler Ernst Kahl auf reges Interesse, und das kalmiert mich wieder.

Hier nun die zehn meistgelesenen Blogbeiträge mit der Zahl der Aufrufe zwischen September 2005 und heute:



27.09.2005, 44 Kommentare
36960

15.07.2018, 2 Kommentare
10359

9287

8461

8039

7859

24.04.2018, 2 Kommentare
7853

7614

09.02.2019, 2 Kommentare
7536

7491


Standesgemäß sind natürlich weiterhin die Huren ganz weit vorn, und so gehört es sich auch für ein Blog, dessen Hirn und Herz der Hamburger Kiez ist. Auf die nächsten gemeinsamen zwölf Monate!


13 Juli 2018

Diesmal wird vorab geätzt!

Es ist ja nun wirklich nicht so, dass die Hamburger Stadtreinigung das seit Jahren pünktlich zum Schlagermove anschwellende Jammern und Wehklagen der Kiezbewohner immer noch ignorieren würde. 

Nein, die erwartungsfrohe Phalanx der Klohäuschen, die sie in den vergangenen Tagen an nahezu jeder Ecke von St. Pauli aufstellen ließ (das Foto zeigt die hochmotivierte Einsatztruppe Millerntorplatz), zeugt vom durchaus tapferen Versuch, das Schlimmste wenigstens in Bahnen zu lenken.

Irgendwas aber sagt mir (es ist, genau gesagt, die Erfahrung), dass die so geschmacksamputierte wie schnapsaffine Heuschreckenarmee der Hirnlos-durch-die-Nacht-Dschihadisten, die sich in diesen schicksalhaften Stunden bereits an den leider schon vor Jahrhunderten geschleiften Stadtmauern zusammenrottet, eben jene Klohäuschen aus promilletrüben Augen lediglich verständnislos anglotzen wird. Um sie dann – das wäre immerhin die günstigste denkbare Entwicklung – rülpsend anzupinkeln.

Der hochtoxische Mix aus Alkohol und Schlager nämlich wirkt auf die zivilisatorische Stabilität des deutschen Durchschnittbürgers, der den Schlagermove mehrheitlich bevölkert, wie ein Spritzer Nowitschok auf das Herz-Kreislauf-System von Exspionen. Nur dass der Durchschnittsbürger trotz allem weiterhin in der Lage ist, das erstaunlich breite Sortiment seiner Körperflüssigkeiten wahllos im gesamten Stadtviertel zu exkorporieren. Hauptsache nicht innerhalb von Klohäuschen.

Wahrscheinlich werden Sie Naivchen von außerhalb mich jetzt für einen misanthropischen Pessimisten halten, und das bin ich natürlich auch, aber morgen Abend – das verspreche ich Ihnen – wird alles noch viel schlimmer gekommen sein.

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, was ich in der Tat Jahr für Jahr tue: Aber für diese Prognose gibt es handfeste empirische Indizien – und zwar hier, hier, hier, hier und hier. Und hier

Eigene Erfahrungen können in diesem Jahr übrigens erstmals interessierten Stadtbediensteten direkt geschildert werden, und zwar unter folgender „Pipi-Hotline“ (Mopo): 

040-428 28 1000 



15 Juli 2017

Kein Sterbenswörtchen über den Schlagermove

Beim Wettbewerb um die widerlichste regelmäßige Großveranstaltung auf St. Pauli hält der Schlagermove (Archivfoto) seit Jahren konstant eine Spitzenposition unter den Top drei – ästhetisch, musikalisch, sonisch und generell zivilisatorisch. 

Umso großartiger, dass wir ihn dieses Jahr wegen eigener Abwesenheit verpassen, und zwar – vielleicht gibt es ja doch einen Gott – rein zufällig. 

Denn ohne dieses Event aus dem Terminkalender des Teufels überhaupt auf dem Schirm zu haben (das menschliche Gedächtnis versucht ja, die schlimmsten Erinnerungen am schnellsten abzulegen, und zwar im Unterbewusstein unter einem Rubrum namens „Trauma“), buchten wir im Januar arg- und sorglos eine Urlaubsreise. 

Diese startet ausgerechnet am heutigen Sonnabend – also genau an jenem Tag, an dem die im Verlauf der Veranstaltung zuverlässig zu unkontrollierbarer Inkontinenz tendierenden Hossahorden unseren Kiez heimzusuchen planen.

Deshalb habe ich diese Jahr nicht den winzigsten Grund, irgendetwas zu dieser Veranstaltung aus der Vorhölle zu sagen. Wir sind ja nicht da. Ich kann mich jeder Bemerkung enthalten. Kein Wort, nicht das kleinste, wird heuer hier stehen über Miniplimarodeure, Perückenpaviane und „Marmor, Stein und Eisen bricht“-Vomitierer.

Ich kann und werde den Schlagermove 2017 deshalb komplett so was von ignorieren. Er wird diesmal hier auf der Rückseite der Reeperbahn einfach totgeschwiegen.

Und wenn wir wiederkommen, in einer Woche, werden mit Sicherheit sogar die letzten breitflächigen Kotzlachen der vereinigten Helene-Fischer-Chöre längst derart eingetrocknet sein, dass sie uns höchstens noch optisch zu beleidigen vermögen, aber nicht mehr olfaktorisch.

Also wie gesagt: diesmal kein Sterbenswörtchen über den Schlagermove. Denn wir sind nicht da. Hossa!






12 Mai 2017

Der Mondpreiseffekt des ESC

Der deutsche Schauplatz des Eurovision Song Contest ist ja, wie Sie auch als Nichthamburger sicherlich wissen, der Spielbudenplatz hier auf St. Pauli, direkt an der Reeperbahn. Uns trennt genau eine Häuserzeile vom Ort des Geschehens, und bei geöffneter Balkontür bekämen wir – wie schon mehrfach mitgeteilt – auch ohne Fernsehton alles mit. 

Diese Veranstaltung erreicht zwar zugegebenermaßen nicht ganz die Vergrätzungskraft der Harley Days oder gar des Schlagermove, doch sie löst hier im Viertel reflexhaft einen ähnlichen Impuls aus – nämlich den fraglichen Abend (also diesen Samstag) lieber ganz woanders zu verbringen, zum Beispiel auf einer Almhütte oder der internationalen Raumstation.

Angesichts solcher instinktiv richtigen Fluchtreflexe umso unfasslicher ist allerdings die Tatsache, dass es anscheinend Menschen gibt, die den Kiez nicht nur nicht weiträumig meiden, sondern an diesem Wochenende wegen des ESC sogar gezielt anreisen. Die extra hierher kommen, nach St. Pauli, nur wegen des Eurovison Song Contest. 

Und das scheinen sogar erfahrungsgemäß nicht wenige zu sein – wie sonst wäre die auf dem Foto dokumentierte Mondbepreisung des Ibis-Hotels bei uns um die Ecke zu erklären? Dort rechnet die Geschäftsführung mit einem deutlich erhöhtem Gästeaufkommen – und lässt deshalb den Doppelzimmerpreis an diesem Wochenende auf sagenhafte 209 Euro explodieren. 

Zweihundertneun Euro! Dabei hat diese Absteige Etagenbetten! Sie ist mehr Jugendherberge als Vier Jahreszeiten! Und wenn schon nicht die Veranstaltung als solche, so sollte doch derlei leicht durchschaubare Melk- und Ausquetschabsicht auch den gutmütigsten Eurodancetolerierer sofort von einer Anreise Abstand nehmen lassen.

Andererseits … Möchten Sie stattdessen vielleicht lieber bei uns übernachten? Ab 666 Euro würden wir mit uns reden lassen. 

(Wobei ich Ms. Columbo über diese Offerte noch gar nicht informiert habe; da bleibt also ein Restrisiko.)



23 September 2016

Kann man machen



Reeperbahnfestival: Das bedeutet alljährlich, dass ein Wochenende lang Leute mit gutem Musikgeschmack den Kiez dominieren und nicht die üblichen Heerscharen von Ballermännern und Eckenpinklern.

Denn das muss man zur Ehrenrettung der Hipsterbartträger auch mal sagen: Sie sind zivilisiert(er). Nach einem Schlagermove sieht das Viertel aus, als wäre eine Konfettibombe über einer Urin- und Kotzlache explodiert; nach dem Reeperbahnfestival liegen höchstens Programmprospekte rum.

Ich startete den Abend im Sommersalon mit Me + Marie – und die strahlenden Augen des Trios beim fröhlichen Herumlärmen (u. a. coverten sie Motörheads „Ace of Spades“) machten sofort klar und deutlich, dass auch in hundert Jahren noch junge Menschen zur Gitarre greifen und rumrocken werden.

Diese Art und Weise, seine Jugend zu verbringen, ist einfach unübertrefflich. Meistens zwar nur für die Musiker selbst, aber das galt heute Abend keineswegs für Me + Marie, nicht nur wegen „Ace of Spades“.

Weiter ging’s im Imperial Theaer, wohin mich der vokalreiche Wohlklang des Künstlerinnennamens „Olivia Sebastianelli“ gelockt hatte. Die junge Frau kam allerdings nicht aus Livorno, sondern aus London, und sah auch noch aus wie der jüngste Sprössling der Addams Family.

Gleichwohl sang sie derart laut und fest, dass Dieter Bohlen glatt ein Ei aus der Hose gesprungen wäre, doch er war überhaupt nicht da, sondern wahrscheinlich in Tötensen. Die Sebastianelli wird mal ein Star, da leg ich mich fest, und wenn sie nicht spätestens nächstes Jahr im Vorprogramm von Adele auftritt, dann nur deshalb nicht, weil Adele Schiss vor der Konkurrenz hat.

Nächste Station: Bunker. Kurioserweise virtuosierte dort die Starpianistin Olga Scheps, und zwar außergewöhnlicherweise in Lederhosen und Pumps. So was erlebt man weltweit wohl nur beim Reeperbahnfestival: die Parallelität von Indierockern, Folkpflänzchen UND Weltklassetastenfrauen, die Chopin spielen.

Dass die Scheps auch noch akzentfrei Deutsch spricht, hätte man in der Laeiszhalle, wo sie in der Regel stumm vor einem höchstsituierten Schurwollzwirnpublikum ihre Superskills vorführt, nie erfahren. Auf dem Reeperbahnfestival schon – weil die Booker sich nicht entblödeten, frohgemut gegen den Strich zu denken und eine Frau wie sie einzuladen.

Kurz vor Scheps’ Satie-Part hetzte ich rüber ins Knust, wo das gemütliche Dickerchen Noah Guthrie in Triobesetzung den Country mit Crooning verschmolz. Handwerklich super, aber als Songschreiber ist Guthrie (trotz seines legendären Namens) nicht vom Himmel, sondern höchstens vom Dreimeterbrett gefallen.

Dann halt Black Oak in der St.-Pauli-Kirche am Pinnasberg. Dabei handelt es sich um holländische Indiefolkies mit einem Hang zu Westcoastharmonien und kaum verhohlenen Stolz auf einen amerikanischen Akzent beim Englischsprechen.

Kann man machen, aber faszinierender als ihre Musik war das oben abgebildete Schild auf dem Klo der St.-Pauli-Kirche, was an einem milden Hamburger Septemberabend noch eine Spur grotesker wirkt als sowieso schon.

Morgen Abend geht es weiter mit dem weltweit besten Festival von ganz St. Pauli – und wahrscheinlich sogar dem Rest des Planeten. 







18 August 2016

Kobern anno 27

Unlängst wurde ich von dem verdienstvoll in der Literaturgeschichte stöbernden @germanpsycho auf einen Text von Kurt Tucholsky hingewiesen. 

Der, also Tucholsky, war bereits 1927 nach einem St.-Pauli-Besuch zu dem Schluss gekommen: Rund um die Reeperbahn (oben ein Foto von heute) wird ganz schön rumgentrifiziert. Und nicht in jeder Hinsicht zum Nachteil des Viertels:


So leid es mir tut: Sankt Pauli ist sehr brav und fast gut bürgerlich geworden. Der stöhnende Trubel der Inflation ist dahin; und es gibt keine ›Sailors‹ mehr, die vier Monate auf dem Meer mit dem Schiffszwieback und den Ratten und dem Kapitän allein waren, und vier salzige Monate lang keine Frau mehr gesehen hatten; und es gibt nicht mehr diese tobenden Nächte und nicht die bunten Verbrechen ...

Nun, Tucho wusste natürlich noch nichts vom Schlagermove, sonst wäre sein Urteil anders ausgefallen. 

Was es 1927 ebenfalls schon gab, waren die Koberer, die Passanten in die Etablissements locken sollten und wollten. Ihre Sprüche unterschieden sich damals allerdings deutlich von den heutigen.

Während unsereins bisweilen konfrontiert wird mit unwiderstehlichen Verheißungen wie „Ihr könnt gar nicht so schnell wichsen, wie die sich ausziehen!“, versuchte man Tucho vor 90 Jahren mit einem anderen Killerargument zu bezirzen:

Da, an der Ecke, wollte uns der Portier hineinlocken – die Damen seien alle in Schwimmhosen, versicherte er. 

Wie es bei den Damen obenrum aussah, erwähnte der „Portier“ leider nicht. Und da die Aussicht auf Schwimmhosen bei Tucholsky nicht verfing, bekam er auf St. Pauli keine einzige dieser Damen zu sehen, weshalb er sich zu weiteren Bekleidungsdetails auch nicht äußert.

Erfolgreicher war er aber in der Nähe des Gänsemarktes, jedoch nicht mehr in jener Nacht; längst nämlich war auch diese Gegend, wie Tucholsky bedauert, des nachts brav und bieder geworden.

Doch er erinnert sich noch an einen Anbaggerspruch, mit dem ihn dort am Gänsemarkt einst eine Frau ins Separee bitten wollte, wahrscheinlich zu einem philosophischen Gespräch.

Der Spruch sollte, wie ich hiermit finde und ultimativ verlange, sofort auf dem Kiez – vor allem in der David- und Herbertstraße – wiederbelebt werden:

»Na Kleiner! Komm! Dich kenn ich doch noch aus Honolulu!« 

Und wäre sie wirklich jemals dort gewesen, dann hätte diese Dame – darauf setze ich alle meine Dollhouse-Dollar – Schwimmhosen getragen. 



16 Juli 2016

Dann lieber Todeszone

Neulich stieß ich auf eine super Argumentation, weshalb die Zweiradapokalypse namens Harley Days für uns St. Paulianer erträglicher sei als der Schlagermove. 

Sie ging ungefähr so: Während Motorräder zugegebenermaßen enervierend laut durchs Viertel öttelten, benähme sich der Rest des Ensembles – also die Leute, die draufsitzen – vergleichweise gesittet. 

Beim Schlagermove hingegen sei die Lautstärke – also so was wie „HOSSA!“ mit der Dezibelzahl einer startenden Northrop Black Widow in fünf Meter Entfernung – leider nur eins der Probleme, und nicht das drängendste.

Neben den Augenkrebs verursachenden ästhetischen Begleiterscheinungen dieser in der Verbrechensgeschichte der Menschheit beispiellosen Veranstaltung bietet sie nämlich eine weitere Eigentümlichkeit, die zweifellos alle anderen Unzumutbarkeiten bei Weitem überbrifft.

Teilnehmer des Schlagermoves neigen nämlich kollektiv dazu, sämtliche verfügbaren Körperöffnungen als jederzeit aktivierbare Auswurfvorrichtungen fehlzudeuten. Und an Körperöffnungen, meine Damen und Herren, gibt es einige; da machen sich anatomisch Minderbewanderte, also Nicht-St.-Paulianer, kaum eine Vorstellung von.

Man könnte natürlich sagen: Passt doch inhaltlich perfekt zu dem, was beim Schlagermove den lieben langen Tag aus den Lautsprechern kommt. In Teilen stimme ich dem auch zu, doch während der sonische Auswurf in jenem Moment St. Pauli verlässt, in dem die Mottowagen ihre Stecker ziehen, kontaminiert der biologische erfahrungsgemäß noch tagelang unsere Gehwege, Grünflächen und Hauswände.

Optisch und olfaktorisch macht das unseren Stadtteil erst mal unbewohnbar. In der Todeszone von Tschernobyl ist es – was das angeht – zweifellos angenehmer.

Apropos: Bietet jemand vielleicht zufällig noch heute eine Mitfahrgelegenheit in die Ukraine? Kontaktdaten bitte in den Kommentaren. Wir zahlen gut! 

PS: Vor Jahren habe ich die beiden zweifellos von Psychopathenhirnen erfundenen Veranstaltungen aus der Vorhölle gemeinsam mit Ms. Columbo schon einmal gegeneinander abgewogen, bin also letztlich zu meiner eigenen Überraschung selbst der Urheber der oben geschilderten Argumentation. Den Beweis finden Sie hier.   






04 Juli 2014

Eine Mail aus der Hölle

AN: Kundenzentrum-StPauli@hamburg-mitte.hamburg.de

Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr,

ich maile Ihnen aus der Hölle: St. Pauli.

Seit Wochen jagt eine Großveranstaltung die nächste. Sie machen unsere Wochenenden unerträglich, eins nach dem anderen. Erst Motorradgottesdienst, dann Schlagermove, nun drei Tage lang Harley Days. 


Wie ist es möglich, dass z. B. schwere Motorräder offenbar keinerlei Lärmemissionsgrenzen einhalten müssen? Seit heute morgen donnern sie durch unsere Wohnstraße, und das wird bis Sonntag so weiter gehen.

Wie soll man es im Sommer in St. Pauli überhaupt noch aushalten? Wie kann es sein, dass die Stadt Hamburg durch Genehmigungen allsommerlich praktisch die Unbewohnbarkeit eines ganzen Stadtviertels fördert, das als Amüsierviertel eh schon ganzjährig außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt ist?

Für eine Antwort danke ich Ihnen schon vorab. Und fordere hiermit ausdrücklich eine Änderung dieser Politik, im Sinne der Gesundheit aller St. Paulianer.

Mit freundlichen Grüßen
Matt

07 Juli 2013

Im Paradies

Wintermütze, Kunstpelzmantel in Tigeroptik, dazu halblange Leggings über blauen Plastiksandalen: ouw-hah

Was genau die Outfitentscheidungen dieses älteren Herrn beeinflusst haben mag, werden wir wohl nie erfahren, doch eins ist gewiss:

Es braucht wirklich keinen Schlagermove, um auf dem Kiez sehr merkwürdig ausstaffierten Menschen zu begegnen.

St. Pauli ist eben nicht nur ein Paradies zum Vögeln, sondern auch eins für Paradiesvögel.

29 Juni 2013

Pest und Cholera

Noch nie war der Kiez derart vollgepflastert mit Dixiklos wie seit heute Morgen – eine verzweifelte Maßnahme gegen die dank Schlagermove stets explodierende Zahl der Wildpinkler, die unseren Stadtteil jährlich in eine noch größere Kloake verwandeln als sowieso üblich.

Der Effekt ist denn auch sofort deutlich spürbar: Die Hossahamas muss dank der von den Dixiklos verstellten Flächen deutlich länger suchen, bis sie eine freie Hauswand oder Einfahrt zum Wildbepinkeln gefunden hat. Schafft sie aber dann doch (siehe Foto). Denn auch nach der Inhalation von „Blau, blau, blau blüht der Enzian“ scheint das Resthirn dieser Schunkeldschihadisten zumindest die elementaren Körperfunktionen noch so steuern zu können, dass ihre öffentliche Sichtbarkeit sichergestellt ist.

Mit Ms. Columbo diskutiere ich, was weniger schlimmer für St. Pauli ist: Harley Days oder Schlagermove. Wer verliert, muss die Veranstaltung für nächstes Jahr absagen. Oder sagen wir bis 2030. Um das wissenschaftlich sauber zu ermitteln, arbeiten wir gemeinsam eine Liste ab.

Pinkeltechnisch ist die Sache schon mal klar: Hier punkten die Harleyhirnis. Anscheinend suchen sie bei aufkommender Notdurft entweder wirklich öffentliche Toiletten auf, oder sie tragen ordnungsgemäß Urinale unter der Kluft. Denkbar ist auch wasserdichtes Schuhwerk; das würde jedenfalls erklären, warum viele Mitglieder dieser Hubraumhisbollah ihre Lederhosen in die Stiefel stecken.

Jedenfalls gehen die Zweiradzombies erst mal 1:0 in Führung. Olfaktorisch allerdings kacken sie schwer ab. Klar, die Kornfeldkamarilla beginnt zwar im Verlauf der Veranstaltung immer unerträglicher zu müffeln, doch die Bikes haben einfach den erheblich größeren Dunstkreis. Zwischenstand also 1:1.

Kommen wir zur Schallentwicklung. Was ist nervenzerrüttender, fragen wir uns: der kakofonische 170-db-Dauerpegel der „Schmidtchen Schleicher“-Schnulzensalafisten oder das rhythmische Brüllen der Motorradmarodeure? Schweren Herzens muss ich zugeben: Letzteres. Und das bedeutet die vorläufige 2:1-Führung für die „Anita“-Al-Kaida.

Letzter Punkt unserer Liste: die Ästhetik. Die „Mendocino“-Amöben setzten auf grüne Polyesterperücken, Sonnenbrillen in Herzchenform und bis in den Schritt ihrer pinken Schlaghosen hinunterlappende Plastikblumenhalsketten, während die ergrauten PS-Pestbeulen auf den Liebreiz von Jeansjackentattoos und meterbreiten Nietengürteln über den Frührentnerwampen vertrauen. Und damit fügen die Auspuffpissnelken den Augen unschuldiger Opfer doch etwas weniger Schaden zu als die „Guildo hat euch lieb“-Guerilla.

Das Ergebnis ist also ein klares 2:2. Was laut selbsterlassenem Regelwerk bedeutet: Wir müssen bis auf weiteres beide Veranstaltungen ausfallen lassen. Tja.

24 Juni 2012

Überall ist es schlechter, wo wir nicht sind



Hamburg sollte uns wirklich dafür bezahlen, dass wir die Stadt nicht verlassen. Denn bereits mehrfach, wenn wir das taten, passierte irgendetwas, das besser nicht geschehen wäre – oder dem man besser fernbleiben sollte, was wir ja auch in intuitiver Voraussicht manchmal tun.

Zum Beispiel schlug mal der Blitz in unser Haus ein, als wir gerade auf der Ostsee herumschipperten. Statt wie unsere Nachbarn im Nachthemd, Regen und Blaulicht zitternd auf dem Bürgersteig vorm Haus herumzustehen, flanierten wir elegisch durch St. Petersburg. Die weitaus bessere Wahl.

Das gilt seit neuestem auch für dieses Wochenende, welches wir in Wolfsburg (Foto) statt in Hamburg verbringen. Nicht nur, dass wir so wie durch ein Wunder dem Horror der Harley Days entgehen, nein, auch die am Samstagnachmittag in der Großen Freiheit entdeckte Weltkriegsbombe, von der uns die segensreiche App „Katwarn“ per SMS warnte, tangierte uns buchstäblich nur peripher.

Kurz überlegte ich, was alles verlorenginge, wenn der Kiez komplettemang in die Luft flöge, während wir in Wolfsburg weilten – und merkte: Alles Wichtige ist sicherheitskopiert. Und das Materielle – CD-Sammlung, Plasmafernseher, Benjaminus, Weinklimaschrank – wäre zu ersetzen. Außer der letzten verbliebenen Flasche Chateau D’Yquem natürlich.

Ein guter Grund, schnellstmöglich nach Hamburg zurückzukehren. Denn wie gesagt: Wenn wir dort sind, passiert ja nichts. Außer manchmal der Schlagermove, wogegen eine Weltkriegsbombe übrigens nur Pipifax ist.

03 Juli 2011

Das Wetter spielte mit



Um den Schlachthofflohmarkt (Foto) tut’s mir natürlich Leid.


Aber bin ich eigentlich ein schlechter Mensch, wenn ich mich klammheimlich über punktgenaue Sturmböen und Dauerregen beim Schlagermove gefreut habe?

Ich frage für mein Karma.

25 Juni 2011

Fluchtreflexe, wie jedes Jahr



Eigentlich wollen wir St. Paulianer auch in den kommenden acht Tagen lediglich das tun, wonach wir das ganze Jahr über friedvoll streben: uns behaglich dem neuen Wohnkult auf dem Kiez hingeben. Doch daraus wird nichts. Definitiv nicht.

An diesem Wochenende nämlich rollt ein sonischer Tsunami namens Harley Days röchelnd und öttelnd über uns hinweg, und kommende Woche erfüllt die terroristische Hossa-Hamas ebenso zuverlässig diese Aufgabe, und zwar im Rahmen einer Veranstaltung namens Schlagermove.

Heute las ich übrigens, Osama bin Laden habe erwogen, seine Al-Qaida umzubenennen, wegen ihres „schlechten Images“. Den von mir erfundenen Namen Hossa-Hamas hätte ich ihm aber, falls er mich um Rat gefragt hätte, nicht guten Gewissens als Alternative angeraten; damit wäre das Al-Qaida-Image nämlich keinesfalls aufzupolieren gewesen.

Doch zurück zum Text: Immer, wenn ich zu Ms. Columbo wieder mal „Wie bitte?“ sagen oder die DVD zurückspulen muss, weil der entscheidende Moment, als der Name des Mörders fiel, von einem Zweitakter (= Harley) oder Zweizeller (= Schlagermoveteilnehmer) übertönt wurde, fantasiere ich kurzzeitig von einer festinstallierten Panzerfaust auf dem Balkongeländer. Dabei bin ich Kriegsdienstverweigerer.

Im Ibis-Hotel um die Ecke übrigens stiegen die Preise für ein Doppelzimmer im Verlauf der Woche um rund 50 Euro. Das spiegelt eine Nachfrageentwicklung wider, die sich reziprok proportional zu unseren Fluchtreflexen verhält.

Daraus, legte ich heute Ms. Columbo dar, sollten wir ein Geschäft machen. Das Vermieten unserer zentralst gelegenen Kiezwohnung an Höllenwochenenden müsste, wenn man die Ibis-Maßstäbe zugrundelegt, mehr bringen, als ein zweitägiges Exil an der Ostsee kosten dürfte.

Doch was würden wohl Harley-Hirnis und „Griechischer Wein“-Gröler mit unserer Bude anstellen …?

Na ja, wahrscheinlich gar nichts.

So lange sie dieses Blog nicht kennen.

12 Juli 2009

Der Schlagermove ist überall

Dank einer Wochenendreise verpassten wir zuletzt schon die Harley Days, und jetzt entgeht uns aus dem gleichen Grund auch noch der Schlagermove – was sind wir bloß für Menschen …!

Bevor der Kiez von Myriaden sich die Kante gebender Halbirrer mit strassbesetzten Riesensonnenbrillen in Herzform und rosa Minipliperücken heimgesucht wird (der sog. „Hossa-Hamas“), müssen penible Vorbereitungen getroffen werden – ähnlich wie im Film „Mars Attacks!“.

Wir leben nicht im Erdgeschoss, das Verrammeln von Fenstern entfällt daher. Die Fahrräder aber werden hochgeholt, und hätten wir einen Vorgarten, wir brächten auch ihn in Sicherheit.

Trotz aller Präventionsmaßnahmen fahren wir nur halbwegs beruhigt nach Marburg. Dort allerdings geraten wir in etwas Schlagermoveadäquates: das Stadtfest namens „3TM“ („3 Tage Marburg“). Halb Hessen ist hier, und die meisten sind 20 Jahre jünger als wir.

Das alles aber wird mühelos aufgewogen durch die Film-noir-hafte Lage und Ausstattung unseres Hotels. Nichts in unserem Zimmer und Bad ist jünger als 40 Jahre, der Drehregler für die Klobelüftung unterliegt mit Sicherheit dem gleichen Denkmalschutz wie die Fachwerkhäuser in der Oberstadt, und über die Leuchtreklame vor unserem Fenster (Foto) hätte James Cagney Tränen der Rührung geweint.

Hoffentlich kann ich trotzdem schlafen wie Bogart in „The big Sleep“. (Ähm, hat er überhaupt je geschlafen in irgendeinem Film?)