14 Oktober 2013

Es war die Mirabelle

Wir sind aufm Dorf zu Gast und schließen uns am Samstagvormittag mangels aufregenderer Alternativen dem jährlichen Spaziergang der sog. Forstbetriebsvereinigung an.

Organisationsleiter Thomas, ausstaffiert mit Stock und Hut, erläutert vorm Losgehen alle Essentials: „Zwischedurch mache mer en Paus, do gitts wos tse dreng-ge. Bejer kost ahn Euro, Wasser foffzich Sent, unn ’s Schnäbbsje es imsost.“

Spätestens zu diesem Zeitpunkt dämmert uns: Dieser Gemarkungswalk war die richtige Entscheidung. So komme immerhin ich (Ms. Columbo kneift) zu der lebensweit erstmaligen Erfahrung, morgens um elf in Wald und Flur einem hochprozentigen Wässerchen zuzusprechen, welches unschuldigen Mirabellen abgerungen wurde.

Nach einer weiteren Stunde deutlich beschwingteren Ausschreitens erreichen wir das Ziel: eine bestens ausgestattete Grillhütte mitten im Wald. Es gibt Hackbraten von der Größe eines Kinderkopfes, reichlich Bier, ein weiteres Schnäbbsje imsost – und irgendwann auch die aus dem milchigen Nebel des Angeheitertseins hervordämmernde Erkenntnis:

Der jährliche Spaziergang der Forstbetriebsvereinigung ist nur ein McGuffin. In Wahrheit geht es um etwas ganz anderes.

Ja: auch um Hackbraten.

5 Kommentare:

  1. Wie das bei Bräuchen nunmal so üblich ist. Bei uns ziehen immer am Faschingsdienstag diverse Vereine und Kinder durch die Straßen, die einen - wenn man ihnen nach mehrsekündigem Dauergeläut die Tür öffnet - mit dem fröhlichen Spruch "Bäsle, Bäsle gib ma Oile" bombardieren. Übersetzt soll das heißen "Tante, Tante, gib mir ein Ei". Oliver Kahn hätte sich da klarer ausgedrückt, nichtsdestotrotz wird den Vereinen nach Nennung dieses Codesatzes sofort ein Gastgeschenk mitgegeben. Dieses besteht in aller Regel aus einem sofort zu trinkenden Schnaps ("Damit ihr das heute durchhaltet") und keinem bis einem Ei. Die Kinder bekommen mittlerweile nur noch Süßigkeiten und keinen Schnaps, was dazu führt, daß sie mittlerweile etwas trotzig Straßen blockieren und Faschingszoll einfordern, damit sie das fehlende Pendant eigenständig erwerben können.

    So ein Verein klappert dann eine dreistellige Häuseranzahl ab und am Ende geht es in Wahrheit tatsächlich um etwas ganz anderes: Um ein leckeres Schmalzbrot, damit man am vierten Tag danach endlich wieder kraftvoll arbeiten kann.

    (Offenlegung: Nein, ich war in keinem dieser Vereine. Das hielt mich aber nicht davon ab, mit ihnen mitzulaufen.)

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  2. Raoul, „Oile“ und „Ei“? Dass ich nicht lache! Das heißt bestimmt in Wahrheit auf Hochdeutsch „Öl“, was eine recht unverhohlene Allegorie für „Schnaps“ ist.

    Tut mir leid, dass ich damit einen Kindheitsmythos pulverisiert habe.

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  3. Und mich haben Sie dazu gebracht, eine Bildungslücke (McGuffin) zu schließen. Ja-HAAA! Ich bin mir NICHT zu fein, das zuzugeben, Sie Wissensablaicher, Sie!

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  4. Oile heisst bei uns tatsächlich Öl, wenn auch etwas anders ausgesprochen.

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  5. Wie kommt der Skandinavier nur darauf dass das Bier sei??

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