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14 Oktober 2023

Die gemütlichsten Ecken St. Paulis (200)

Es ist ja schon zum Fremdschämen, wenn Hamburger sich nicht entblöden, in Dirndl und Krachlederner ein „Oktoberfest“ in der Fischauktionshalle aufzusuchen.

Wenn aber just dann eine Sturmflut kommt und all die Pseudobayern sich draußen ratlos das Dekolletee und ihre weißen Waderln verkühlen, weil die Halle überschwemmt ist und sie nicht reinkönnen, dann ist das sogar zum Fremdhämen.


20 August 2023

Fundstücke (259)

Dieser prachtvolle Lincoln Continental steht im Automuseum Loh Collection aufm Dorf in Hessen. Sinnigerweise wird er dort als der Wagen vorgestellt, den John F. Kennedy „zuletzt lebend verließ“. Das war am 22. November 1963 vormittags. Und in der Tat: Am selben Tag stieg JFK in eine dunkelblaue Variante des Lincoln um, tja, und dann kam Lee Harvey Oswald. Das dunkle Modell haben die USA aber ganz offensichtlich nicht rausgerückt, weshalb der autosammelnde Milliardär Friedhelm Loh zähneknirschend „nur“ das weiße anschaffen konnte. Deshalb musste er das Ausstellungsstück argumentativ ein wenig pimpen. Trotzdem auratisch, das Teil – am Wochenende selbst getestet. 

Ein Blogleser hat sich vom Foto eines Portals in Inverness aus diesem Eintrag zu einer – wie man sieht – sehr gelungenen Tuschezeichnung inspirieren lassen. Und da er mir postalisch sogar das Original vorbeischickte, hat nun unsere Bilderwand im Flur Zuwachs bekommen. 

Fußball spielt auf dem Kiez durchaus eine Rolle, für manche offensichtlich sogar eine derart wichtige, dass sie sich deswegen selbst das Betreten ihrer Loggia versagen. Entdeckt am Fischmarkt.


Apropos Fischmarkt: Hier präsentiere ich mit Stolz und Freude ein Sonntagmorgen-um-halb-zehn-Schnäppchen für insgesamt drei Euro. Und das Beste (und die große Ausnahme): keine verschimmelten dabei! 


24 September 2021

Die langweilige Katastrophe






Die App Katwarn hat sich für uns Kiezbewohner schon mehrfach als äußerst nützlich erwiesen. Zum Beispiel, wenn auf St. Pauli mal wieder eine scharfe Weltkriegsbombe entdeckt wurde, die sich nach einer missmutig ertragenen rund achtzigjährigen Zwangspause danach verzehrt, endlich doch noch ihrem Sinn und Zweck nachkommen und unser Viertel endlich nachhaltig verwüsten zu dürfen.

Allerdings ist die Lage nicht immer so ernst, wenn es Ping macht und Katwarn aufgeregt den Finger hebt. Gestern zum Beispiel warnte uns die App wieder einmal vor einer Sturmflut, und das klingt nach den Erfahrungen von anno neunzehnhundertzweiundsechzig (die Geburtsstunde des Mythos Helmut Schmidt) erst einmal nicht unbedrohlich. Die heutige Sturmflut sollte mit drei Meter neunzig über Normalhöhe Hamburg heimsuchen, doch anders als dereinst ist das Einzige, was eine solche Meldung bei eingesessenen Hafenanrainern hervorruft, das gelangweilte Heben einer bis anderthalb Augenbrauen. Und mehr ist die Meldung auch nicht wert.

Zugezogene wie ich lassen sich allenfalls dazu herab, den Termin des Scheitelpunkts der Welle zu ermitteln (gestern war er für 19:09 Uhr angekündigt), seufzend das Smartphone einzustecken, gemütlich zum Fischmarkt zu radeln und dort pflichtgemäß zu dokumentieren, wie Elbwasser träg über die Waterkant schwappt, Vorschulkinder in rosa Overalls durch Pfützen hüpfen, Abendstimmung sich über der wassersatten Elbe breitmacht – und wie diverse andere Fotografen und -innnen, die ebenfalls gemütlich zum Fischmarkt gepilgert sind, all das ebenfalls dokumentieren.

Kurzum: Eine Sturmflut ist hier am Hafen – trotz des aufgeregten Pings der Katwarn-App – längst keine Katastrophe mehr, sondern allenfalls Anlass eines Verdauungsspaziergangs nach dem Dinner.

Quod erat demonstrandum in der der heutigen kleinen Bilderstrecke.







20 November 2014

Anfassen erlaubt, aber schwierig


Kiezweit gibt es ja das freundlich-strenge Prinzip „Nur gucken, nicht anfassen“. In den Tabledancebars und Stripclubs sollte man sich auch tunlichst an diese Prämisse halten, um nicht unversehens von einem stoppelglatzigen Muskelberg, der es hinterher natürlich nicht gewesen ist (wie alle Anwesenden bezeugen können), eine aufs Maul plus Platzverweis zu bekommen.

Dass diese sinnvolle Handlungsanweisung, die lediglich in den Bordellen gegen Entrichtung eines saftigen Obolus außer Kraft gesetzt werden kann, inzwischen aber bis hinunter zum Fischmarkt Geltung beansprucht, war mir bis zum Sonntag neu. Statt der Apfelpos von Tänzerinnen sind hier indes türkische Granatäpfel Gegenstand des Verbots.

Allerdings ist mir selbst das, was das oben abgebildete Schild ausdrücklich erlaubt, partout nicht gelungen. Immer, wenn ich mich den Früchten auf eine Weise intim näherte, die ein Anfassen mit den Augen ermöglicht hätte, kam mir der vegetativ gesteuerte Blinzelreflex dazwischen.

Wer kieztauglich ist, muss eben noch lange nicht fischmarkttauglich sein.

25 Mai 2013

Auf dem Elbjazzfestvial


Pianomeister Chilly Gonzales bittet vor seinem Auftritt darum, keine Handyaufnahmen zu machen.

Haha – das ist ungefähr so, als würde man von Fischen verlangen, für anderthalb Stunden die Kiemenatmung einzustellen. Es ist 2013, Chilly, der Geist ist aus der Flasche, die Büchse der Pandora steht sperrangelweit offen!

Derweil gibt es Ärger am Eingang der Halle, weil niemand mehr reingelassen wird. In der Tat wirkt die Location, wie wir Medienleute sagen, halbleer; ein Anblick, den die draußen Wartenden mit eskalierendem Unmut quittieren.

Irgendwann schaffen sie es sogar, sich zum Chor zu solidarisieren. Ihr „Wir wollen rein!“ erinnert mich an „Wir sind das Volk!“ von Leipzig, 1989. Und wie damals fällt schließlich auch hier die Mauer, allerdings nur für jeweils so viele, wie die Halle verlassen.

Dazu gehöre auch ich bald. Ich bin leicht verstimmt, weil man mich a) mit Getränkebons versorgt hatte, die man sich b) nun weigert einzulösen.

Na gut, schaue ich mir eben c) die Girls In Airports im Golem gegenüber an – ein Plan, der schnell scheitert, weil nunmehr ich zu jenen gehöre, die wegen „Überfüllung“ oder aus „Sicherheitsgründen“ nicht eingelassen werden. Der Rückweg in die Fischauktionshalle ist nun natürlich ebenfalls versperrt.


Klingt, als sei ich gefangen in the middle of nowhere, doch wir sind hier beim Elbjazzfestival, da geht immer auch noch was anderes. Zum Beispiel ein paar hundert Meter weiter westlich im beeindruckend hohen Atrium des Holzhafens.

Dort spielt d) das wunderbare Don Friedman Trio unter LED-illuminierten Glas- und Klinkerflächen. Und weil der altgediente Klaviervirtuose Friedman von keinem Fisch der Welt verlangen würde, die Kiemenatmung einzustellen, gelingt mir e) ein geometrisches Foto fürs Blog.

Morgen geht das Festival weiter. Mal gespannt, wie viele Leute sich bei The Notwist in der Fischauktionshalle einfinden werden – Anpfiff … äh … Konzertbeginn ist f) (wie Fußball) kurz vorm Champions-League-Finale.

13 Dezember 2010

„Denkst du, ich bin Sozialamt?“



Auf dem Fischmarkt morgens um zehn. Das ist die Zeit, um tabula rasa zu machen.

Alles muss raus, definitiv, und wer jetzt noch hier herumläuft, weil er auf Ausverkaufspreise spekuliert, der ist garantiert Kiezianer.

Die Busladungen Touristen, die um fünf Uhr im Halbschlaf hierhergekarrt wurden, sind dagegen längst wieder zurück im Hotel. Sie haben den überteuerten Nippes und den Aal für 30 Euro das Kilo in ihren Zimmern abgeladen und sitzen jetzt zerschlagen im Frühstückssaal, mit den Augen auf Halbmast.

Hier auf dem Fischmarkt aber hat die Marktleitung inzwischen schon dreimal die Beschicker per Lautsprecherdurchsage zum sofortigen Schließen ihrer Stände aufgefordert. Allmählich wird es also ernst. Und das ist eine Situation wie gemalt für Schnäppchenjäger, die sich mit Wochenrationen an Obst und Gemüse eindecken wollen. Für Leute wie mich.

Händler (brüllt heiser): „KISTE SECHS MANGO NUR DREI E-URO! SECHS MANGO NUR DREI E-URO!“
Matt: „In dieser Kiste liegen sieben, können wir …“
Händler (sofort aufgebracht): „DENKST DU, ICH BIN SOZIALAMT? DENKST DU?“
Matt: „Na ja, ich dachte, ich frage …“
Händler: „Du denkst, ich BIN Sozialamt!“
Matt: „Na gut, also … ich nehme die sechs für drei.“ (reicht 10-Euro-Schein rüber)
Händler (nimmt den Schein und pfeffert ihn zu Boden): „WAS REDEST DU FÜR SCHEISSE! WIR MÜSSE AUCH LEBE!“
Matt: „Das bezweifle ich keineswegs. Aber sieben statt sechs, jetzt kurz vor Ende …“
Händler (gibt mir mit verächtlicher Geste sieben Euro zurück): „So ein Scheiße redest du! Du denkst, ich bin SOZIALAMT!“
Die Diskussion erscheint mir irgendwie festgefahren. Deshalb verstaue ich verschreckt meine sechs Mangos und trolle mich Richtung Seilerstraße.


Falls du das hier also liest, lieber Fischmarkthändler: Nein, ich glaube nicht, dass du Sozialamt bist, echt nicht.

Nur für den Fall, dass es mir heute Morgen nicht gelungen ist, dies hinreichend zu verdeutlichen.

02 Januar 2010

Die ersten Rätsel der neuen Dekade



Manche werden sich noch an den rattenscharfen Eintrag „Simsalabim“ erinnern, in dem ich ernsthafte Zweifel an der Natürlichkeit der Brüste von Biggi Bardot äußerte (es fielen Formulierungen wie „Kunstbusenwunder“ etc.).

Nun ist Frau Bardot bei mir vorstellig geworden, um die Echtheit ihres Vorbaus zu bestätigen. Sagen kann man allerdings viel, wenn der Tag lang ist (bzw. die Nacht kurz).

Will sagen: Bisher bleibt es bei einer wenig handfesten Behauptung, und es steht Aussage gegen Aussage. Updates folgen, sobald neue Erkenntnisse gewonnen werden konnten.

Die hätte ich auch gern hinsichtlich des abgebildeten Stuhls, der unter gewiss nicht geringen Mühen an einem Wegweiser in Fischmarktnähe befestigt wurde.

Doch sicherlich wird auch in dieser Sache hier bald jemand vorstellig, um alles aufzuklären. In diesem Sinne: ein frohes neues JA.


PS: Einen dem letzten Satz verblüffend ähnlichen Tweet habe ich wieder entfernt, damit es nicht so aussieht, als kupferte ich von mir selber ab.


15 November 2009

An einem ganz normalen Sonntag

Vor der Fischmarktbude steht eine weißhaarige und -häutige Schaufensterpuppe, deren Kopf und Haare sich kaum abheben vom Hintergrund. Ich zücke die Kamera.

„Fünf Euro pro Foto“, scherzt der hinzutretende Budenbesitzer, der gerade am Abbauen ist. „Nur wenn mich die Dame selbst darum bittet“, kontere ich in einem extremst raren Anfall von Schlagfertigkeit, der deshalb auch sofort verbloggt werden muss, um mich hinfort daran zu erinnen, dass ich es wirklich einmal war: schlagfertig.

Jedenfalls komme ich um die fünf Euro herum, denn die Dame bleibt stumm. Im Gegensatz zu diesem schmerbäuchigen Riesen bei Penny an der Reeperbahn, der seine Halbglatze mit kragenlangen fettigen Ringellöckchen zu kompensieren versucht. Er steht in der Kassenschlange und wird von einem alten Graukopf mit Schiebermütze und drei Tetrapacks unterm Arm angesprochen.

Es ist nicht zu hören, was der Alte sagt, doch klar ist: Er möchte angesichts seiner überschaubaren Einkäufe gern vorgelassen werden. Was der schmerbäuchige Riese antwortet, ist drei Schlangen weit zu hören. „Die Antwort ist ein ganz klares Nein!“, schnappt er. Dabei schaut er schräg unter sich. „Ein ganz klares Nein!“

Der Alte murmelt etwas und trottet den Gang hinab, ans Ende der Schlange – vorbei an dem Mittdreißiger mit Bandana und Ziegenbärtchen, der gerade einen unrasierten Mann in seinem Alter anspricht. „Sach ma, kann ich das ma kurz in deinem Wagen zwischenlagärn?“

Umstandslos wuchtet er seine Einkäufe in den Wagen des Fremden, ohne eine Antwort abzuwarten. Der Überrumpelte ist hilflos, denn er telefoniert gerade. Wortfetzen wehen herüber „… Ware angekommen … überprüft … das ist bei der Ware so … kümmer mich drum …“

Pennygeschichten. Solche Dialoge hört man bei Edeka nie. Vor allem nicht innerhalb von drei Minuten.


02 November 2009

Auf dem Fischmarkt



Es ist schon nach halb 10, auf dem Fischmarkt herrscht Ausverkaufswahnsinn.

Seit 9 ist zwar offiziell Schluss, doch erst danach steigern sich die Händler hinein in blanke Hysterie. Allerdings klafft oft eine Lücke zwischen der Warenqualität und dem Enthusiasmus des Anpreisens.

Ich vermute ja schon länger, dass die Händler bereits seit 7 Uhr heimlich Gammelgemüse und Quetschobst hinterm Wagen gesammelt haben, um alles pünktlich zur Marktschließung hervorzuholen und in Kisten zu 10 Euro verramschen.

Amüsiert lassen wir uns durch die wogenden Touristenmassen treiben. Die Händler kreischen und brüllen, ihr Adrenalinspiegel schwappt hoch wie die Elbe bei einer steifen Westbrise, nur Aale-Dieters Stimme ist gerade noch ein armseliges Krächzen, und deshalb schafft er es auch nicht mehr, eine Menschentraube an seinen Wagen zu fesseln.

Es geht gegen 10. Die Marktleitung hat schon dreimal durchgesagt, der Verkauf sei sofort einzustellen; damit treibt sie die Händler allerdings nur zu immer neuen Höchstleistungen. Wir hoffen daher auf günstigen Fisch in allerletzter Minute, vor allem auf Lachs, doch was man uns in Rahmen von 15-Euro-Paketen andrehen will, ist nur unwesentlich weit entfernt von Möwenfutter. Und beim Lachs lassen sie gar nicht nach; ungerührt nennen uns die Händler die alten Kilopreise, während sie weiter Rotbarschberge vor den mit Euroscheinen herumwedelnden Touristen auftürmen.

Wir haben unseren Schnäppchenplan praktisch schon aufgegeben, als wir am letzten Fischstand vor der Lakritz- und Nippesmeile die bereits fertig zusammengestellte Traumkonstellation entdecken: mehrere Lachsfilets, Schwertfisch, Seeteufel, Thun – und natürlich auch ein erhebliches Quantum Rotbarsch, doch das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert.

Wir schlagen zu: viereinhalb Kilo prächtigen Fisch für 15 Euro. Ein Kalmar war nicht dabei, doch der befand sich ja auch auf der gewiss interessant duftenden Wollmütze des abgebildeten Händlers, der schon mal mit Moby Dick geboxt haben muss; anders ist der kecke Knick in seiner Nase kaum zu erklären.


06 April 2008

Der Fischmarkt und die Folgen



„Lass uns mal wieder zum Fischmarkt gehen“, hatte Ms. Columbo heute früh zu mir gesagt, „einfach mal gucken, nichts weiter.“

Zu diesem Zeitpunkt waren wir noch um 50 Euro reicher gewesen. Und um rund 15 Kilo verderblicher Lebensmittel ärmer.


(Die 3 Pfund Lachsfilet sind übrigens nicht Bestandteil des abgebildeten Arrangements.)