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18 August 2016

Kobern anno 27

Unlängst wurde ich von dem verdienstvoll in der Literaturgeschichte stöbernden @germanpsycho auf einen Text von Kurt Tucholsky hingewiesen. 

Der, also Tucholsky, war bereits 1927 nach einem St.-Pauli-Besuch zu dem Schluss gekommen: Rund um die Reeperbahn (oben ein Foto von heute) wird ganz schön rumgentrifiziert. Und nicht in jeder Hinsicht zum Nachteil des Viertels:


So leid es mir tut: Sankt Pauli ist sehr brav und fast gut bürgerlich geworden. Der stöhnende Trubel der Inflation ist dahin; und es gibt keine ›Sailors‹ mehr, die vier Monate auf dem Meer mit dem Schiffszwieback und den Ratten und dem Kapitän allein waren, und vier salzige Monate lang keine Frau mehr gesehen hatten; und es gibt nicht mehr diese tobenden Nächte und nicht die bunten Verbrechen ...

Nun, Tucho wusste natürlich noch nichts vom Schlagermove, sonst wäre sein Urteil anders ausgefallen. 

Was es 1927 ebenfalls schon gab, waren die Koberer, die Passanten in die Etablissements locken sollten und wollten. Ihre Sprüche unterschieden sich damals allerdings deutlich von den heutigen.

Während unsereins bisweilen konfrontiert wird mit unwiderstehlichen Verheißungen wie „Ihr könnt gar nicht so schnell wichsen, wie die sich ausziehen!“, versuchte man Tucho vor 90 Jahren mit einem anderen Killerargument zu bezirzen:

Da, an der Ecke, wollte uns der Portier hineinlocken – die Damen seien alle in Schwimmhosen, versicherte er. 

Wie es bei den Damen obenrum aussah, erwähnte der „Portier“ leider nicht. Und da die Aussicht auf Schwimmhosen bei Tucholsky nicht verfing, bekam er auf St. Pauli keine einzige dieser Damen zu sehen, weshalb er sich zu weiteren Bekleidungsdetails auch nicht äußert.

Erfolgreicher war er aber in der Nähe des Gänsemarktes, jedoch nicht mehr in jener Nacht; längst nämlich war auch diese Gegend, wie Tucholsky bedauert, des nachts brav und bieder geworden.

Doch er erinnert sich noch an einen Anbaggerspruch, mit dem ihn dort am Gänsemarkt einst eine Frau ins Separee bitten wollte, wahrscheinlich zu einem philosophischen Gespräch.

Der Spruch sollte, wie ich hiermit finde und ultimativ verlange, sofort auf dem Kiez – vor allem in der David- und Herbertstraße – wiederbelebt werden:

»Na Kleiner! Komm! Dich kenn ich doch noch aus Honolulu!« 

Und wäre sie wirklich jemals dort gewesen, dann hätte diese Dame – darauf setze ich alle meine Dollhouse-Dollar – Schwimmhosen getragen. 



03 Mai 2014

Pareidolie (96): Cherchez le Gurkensalat


Interessanterweise geht der Wiener ja „am“ Markt und „am“ Berg, aber wenigstens nicht „im“ Bett – und wenn doch, könnte das eine Inaugenscheinnahme durch einen Psychotherapeuten nach sich ziehen. 

Gemeinsam mit der hier im Blog und darüberhinaus weltberühmten Pareidolie-Tante arbeiteten wir heute im Wiener Café Ritter speziell diese Unterschiede zwischem dem Deutschen und dem Österreichischen heraus, dabei aufmerksam, aber in rasch abnehmendem Maße beobachtet von Apfel- und Topfenstrudelstücken sowie begleitender Vanillesoße.

„Topfen“ ist übrigens Quark, und ich meine das sehr konkret und nicht despektierlich. Das Gleiche gilt für das hiesige „Misttelefon“, was keineswegs eine Wienerische Kritik an der Qualität eines Kommunikationsgerätes ist, sondern einfach die Nummer des nächsten Abfallentsorgers. 

Am Abend vorher besuchten wir das Kleinkunst- und Verzehrtheater Kullsse, wo Angelika „Geli“ Niedetzky einen so fur- wie grandiosen zweistündigen Solocomedyparforceritt namens „Niedetzky-Marsch“ aufs Parkett legte. 

Kurioserweise hat Ms. Columbo vor einigen Monaten unfreiwillig den Titel des Programms geliefert, weil sie, als ich gerade Frau Niedetzky anmailte, mit deren Namen herumkalauerte und ich das noch hineinschrieb in meine Mail. Bingo! Manchmal haben die besten Ideen als Hebamme einfach nur den Zufall – oder eine kleine Albernheit zur rechten Zeit. 

Geli Niedetzky verdanke ich übrigens auch weitere tiefe Einblicke ins Österreichische. Sich „oan Fetzen umhänga“ etwa hat sehr, sehr wenig mit Kleidung zu tun – und heißt nichts anderes als sich die Kante geben. Was umgekehrt wiederum wohl die Österreicher nicht auf Anhieb raffen. Aber mir ist das inzwischen so was von blunznhugo, das können Sie mir glauben.

Ein Treffen mit der Pareidolie-Tante kann natürlich nicht ohne Pareidolieentdeckung zu Ende gehen. Abends beim Wiener Schnitzel im Falkensteiner Stübchen war es dann so weit: Cherchez le Gurkensalat.

Übrigens fokussierte meine Kamera, deren Gesichtserkennung aktiviert war, natürlich sofort das hier zu sehende Gurkenscheibenarrangement. Es liegt also nicht an mir, sondern ist objektivierbar! 

Den Termin meiner Inaugenscheinnahme durch einen Psychotherapeuten kann ich also erst mal beruhigt canceln.

PS: Eine ganze Galerie gibt es – natürlich – bei der Pareidolie-Tante.


15 April 2014

Herrn Dinklage ist es hier zu feucht


„Game of Thrones“-Star Peter Dinklage dreht gerade auf St. Pauli. Seine 137 Zentimeter Sexappeal steuert er zur Verfilmung von Karen Duves Roman „Taxi“ bei, der über weite Phasen auf dem Kiez spielt. 

Hamburger „Game of Thrones“-Fans sind jetzt ganz hibbelig und wollen mit Dinklage Bier trinken, wenn man den Schanzentwitterer Weltregierung als Maßstab nimmt. Heute hat sich der kleine Mann, der während der Drehzeit bestimmt bei Sibel Kekili untergekommen ist, in einem Interview mit dem Abendblatt allerdings beklagt über die Stadt.  

„Ich hätte nicht gedacht“, soll er gesagt haben, „dass es hier so viel regnet.“ 

Ein Satz, der mich bis ins Mark trifft. Denn er befeuert erneut das sich seit der fatalen Drei-Wetter-Taft-Werbung hartnäckig haltende Falschgerücht, in Hamburg regne es viel. 

Die vielen Gespräche, in denen ich das fussellippig richtigstellte, die meteorologischen Statistiken, die ich bei Bedarf auch bei scheinbar harmlosen Kneipengesprächen wie zufällig hervorzuzaubern in der Lage bin: alles umsonst, wenn so ein dahergelaufener New Yorker nach zwei gerade mal mittelfeuchten Tagen in der Stadt „Ich hätte nicht gedacht, dass es hier so viel regnet“ sagt.

Deshalb noch mal zum Mitschreiben, Mr. Dinklage und lieber Rest der Welt: In Hamburg regnet es nicht viel. Jedenfalls nicht so viel wie in München. Glauben Sie also bitte keinem Lannister. Er ist auch nicht schlauer als die Drei-Wetter-Taft-Werbung.

Foto: HBO

11 April 2014

Ist Pete Doherty überhaupt kieztauglich?


Aha, so, so, der britische sog. „Skandalrocker“ Pete Doherty zieht also nach St. Pauli. Der Exlover von Kate Moss wird unser neuer Nachbar. Feine Sache. 

Aber ist Doherty überhaupt kieztauglich? Ich habe da so meine Zweifel. Vor einem Konzert seiner Band Babyshambles habe ich Doherty mal über die Hundewiese an der Schmuckstraße staksen sehen, und was soll ich sagen: Er hat kein einziges Mal geguckt, wo er hintritt. FAIL! 

Ich würde sagen, bevor Pete Doherty ein Visum für St. Pauli kriegt, muss er sich erst mal das komplette Blog „Die Rückseite der Reeperbahn“ durchlesen, und wenn er das wegen Überforderung verweigern sollte, dann hat er wenigstens die Beiträge mit dem Etikett „St. Pauli“ durchzuackern. 

Aber vorher Schuhe ausziehen, sonst brauche ich ne Nasenklammer.


27 März 2014

Wenn Leslie mit dem Schnauzer wackelt

Nach dem Tod von Walross Antje († 17. Juli 2003) avancierte Leslie Mandoki (m.) zum weltweit bedeutendsten Schnauzbartträger von ganz Hamburg – wobei ich mir gar nicht sicher bin, ob er überhaupt in Hamburg wohnt. 

Heute jedenfalls traf ich den Dschingis Khan des Schlagerpops in Berlin, und zwar bei einer Echo-Party auf der Dachterrasse des Europa-Centers. Ich musste unwillkürlich an „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ denken, weil Christiane F. sich mit ihrem Freund gern hier oben traf – zwei Teeniejunkies, ausgerechnet bewacht vom Symbol der Bürgerlichkeit schlechthin, dem Mercedes-Stern. 

Auf der heutigen Echo-Party hatte ich übrigens weder Walross Antje noch Leslie Mandoki entgegengefiebert, sondern vorwiegend dem möglichen Eintreffen der blonden Latinbombe Shakira. Indes kam doch nur Tim Bendzko und nahm Goldene Schallplatten mit. 

Noch vor wenigen Jahren hätte Bendzko für seine Erfolge nur genau halb so viele Goldene Schallplatten bekommen. Weil die Labels es aber einfach nicht mehr mitansehen konnten, wie wenige sie dank Ihrer (ja, ich meine Sie!)  illegalen Downloads nur noch vergeben konnten, haben sie die Anforderungen einfach halbiert. Alle sind dadurch wieder viel glücklicher.

Über solche Tricksereien kann ein altgedientes Walross wie Leslie Mandoki freilich nur verächtlich mit dem Schnauzer wackeln. Seine Goldenen Schallplatten waren damals alle noch richtige – und keine halben Sachen.

Darauf ein dreifaches „Hey! Ho!“

11 März 2014

Was der FC Bayern aus jungen Männern macht

Viele denken ja, der tiefe Fall des Uli Hoeneß, gegen den seit gestern wegen Steuerhinterziehung prozessiert wird, sei der einzige dunkle Fleck auf der Weste des strahlenden Weltvereins FC Bayern München. 

Doch das ist ein Trugschluss. 

Denn eine erschreckend hohe Zahl von Angestellten des FCB ist im Lauf der Jahrzehnte in einen existenzgefährdenden Abwärtsstrudel gerissen worden. Uli H. ist beileibe kein Einzelfall, sondern nur ein Name auf einer langen Liste des Leidens, auch wenn dieser Name gleich dreimal drauf vorkommt. 

Und hier kommt sie – die Liste, die beweist, was der FC Bayern München aus vorher völlig unbescholtenen jungen Männern macht:
– Sie zünden Häuser an (Breno)
– Sie fangen an zu saufen (G. Müller)
– Sie werden depressiv (Deisler)
– Sie reden dummes Zeug (Effenberg, Thon, Kahn, Breitner etc. pp.)
– Sie reden saudummes Zeug (Matthäus)
– Sie schlagen ihre Freundin (Lell)
– Sie verlernen die deutsche Sprache (Maier)
– Sie werden größenwahnsinnig (Beckenbauer)
– Sie wählen CSU (Hoeneß)
– Sie werden dick (Hoeneß)
– Sie hinterziehen Steuern (Hoeneß)
– Sie schmuggeln Uhren (Rummenigge)
– Sie haben Sex mit Minderjährigen (Ribery)
– Sie stellen Buddhastatuen auf (Klinsmann)
– Sie steigen ab (Ottl, Rensing)
Gut, sie werden zwischendurch auch alle mal Meister, zugegeben. 
Aber um welchen Preis, Leute!

28 Dezember 2013

Pareidolie (74)

Traurig, aber wahr: Das ist der Bauch von Boris Becker, und zwar vor der Weihnachtsvöllerei. 

Gute Nacht.

PS: Eine ganze Pareidoliegalerie gibt es bei der Pareidolie-Tante.

11 November 2013

Nachwehen einer Ehe


 „The next song is dedicated to my former wife number … eh … It’s called ,Jack the ripper’.“

Nichts für Feministinnen: Nick Cave gestern Abend in der Alsterdorfer Sporthalle.


08 Oktober 2013

GZGZ

Mediendinner mit Yvonne Catterfeld.  

Die außergewöhnlich zuckersüße Erfurterin soll, wie mir aus glaubwürdiger Quelle zugetragen wurde, früher mal in einer Soap mitgespielt haben, die so schlecht war, dass man den Namen dieser Serie inzwischen nur noch schamhaft abgekürzt auszusprechen wagt („GZSZ“).

Später hat sie dann Musik aufgenommen, die ein gewisser Dieter Bohlen produziert hat, der einer Sendung vorsteht, die so schlecht sein soll, dass man sie nur noch mit der Buchstabenkombination „DSDS“ umschreiben kann, und auch das nur stammelnd und errötend.

Heute Abend aber erwies sich Frau Catterfeld als wunderbare Saufkumpanin (wir leerten mehrere Flaschen Mineralwasser, wenn auch nicht auf ex), die sogar – und an dieser Stelle wurde ich extrem hellhörig – über Insiderinformationen zum „Stromberg“-Kinofilm verfügt, jawohl.

Die aus ihrer dunklen Vergangenheit augenscheinlich äußerst gewitzt hervorgegangene Allrounderin nämlich hat sich privat Oliver Wnuk geangelt, mithin „Ulf Steinke“ aus „Stromberg“.

Für mich boulevardfernen Schöngeist war das eine völlig neue Information, was die ebenfalls am Tisch sitzenden Gala-Redakteure mit Prusten und Schenkelklopfen kommentieren zu müssen glaubten; immerhin läuft das mit Catterfeld/Wnuk schon seit sechs Jahren.

Frau Catterfeld jedenfalls ist seit heute Abend derart in meiner Achtung gestiegen, dass ich sie am Ende links und rechts abbusseln konnte, ohne mich vorher verbiegen zu müssen. GZGZ also.

Der „Stromberg“-Film startet übrigens im Februar.


27 September 2013

An der Schwelle der Wodka-Martini-Ära

Zum Auftakt des Reeperbahnfestivals, welches mich seit gestern auf höchst sinnvolle Weise um einen Teil der Nachtruhe bringt, war ich in den Edelstripclub Dollhouse geladen. Dort hielt der Musiker Dave Stewart (l.) Hof.

Viele erinnern sich gewiss noch an seine große Zeit mit den Eurythmics („Sweet Dreams“). Hier im Dollhouse hatte er nicht nur sein neues Album dabei, sondern auch eine schräge Produktidee, an deren weltrevolutionäre Kraft der Mann unerschütterlich glaubt: eine Wodka-Martini-Maschine.  
  
„Wie viele von Ihnen hatten vor zehn Jahren eine Cappuccinomaschine zu Hause?“, rief er uns in seiner Muttersprache Englisch zu. Ich bin mir nicht sicher, ob Engländer zu Espressomaschinen generell Cappuccinomaschinen sagen, er sagte auf jeden Fall Cappuccinomaschine.  

Vor zehn Jahren? Keiner von uns hob die Hand, entweder aus Schüchternheit oder weil wir allesamt vor zehn Jahren keine Cappuccinomaschine zu Hause stehen hatten. „Sehen Sie?“, triumphierte Stewart und legte uns damit den zwingenden Rückschluss nahe, 2023 allesamt zu Hause über Wodka-Martini-Maschinen zu verfügen, und zwar natürlich welche aus seiner Fabrikation.

Nun, bei mir zumindest wird er mit dieser Prognose völlig falsch liegen, weil ich weder Wodka noch Martini mag und die Kombination aus beidem schon mal gleich doppelt nicht. Da ich aber die Suggestionskraft des Kollegen Germanpsycho kenne, der mich unlängst auf den anhaltenden Trip brachte, mich in edle Tuche zu kleiden, und zurzeit viel Zeit darauf verwendet, seine Skills im Cocktailmixen zu verfeinern, will ich Dave Stewarts Nahelegung vorsorglich mal nicht als komplett ins Fabelreich verbannen. 

Er hatte übrigens noch einen anderen Knaller dabei: einen 11.1-Mix seiner aktuellen Single. Wenn ich 2023 dank Fukushima oder einer Überdosis Wodka-Martini über elf Ohren verfüge, höre ich mir den bestimmt (noch) mal in Ruhe an. 

 

18 September 2013

Neues aus der Musikbranche



Hélène Grimauds Finger waren kürzer, Adel Tawils Turnschuhe grüner und Julia A. Noacks Knust-Konzert dürftiger besucht als gedacht: Wie man sieht, hielten die letzten Tage einige Überraschungen für mich parat.

Bei Frau Noack spielte ich nach Mitternacht sogar noch den Hilfsroadie – eine Erfahrung, die mir in meiner langen Karriere im Dunstkreis der Musikbranche (gerade noch) gefehlt hatte. (Scherz!)

 

Die Woche beschließen wird ein Ausflug nach Amsterdam, wo ich mir die nächste Kerbe im Colt holen werde: Tony Joe White. Wenn der Mann nicht zu mir kommt, muss ich eben zu ihm. Betonung auf müssen.

Alles Weitere später. Ich kann zur Einstimmung schon mal eine höchst anregende Amsterdamstory ankündigen, die zwar etwas angejahrt, mir aus bald zu enttarndenen Gründen aber noch höchst präsent in Erinnerung ist. Es hat – so viel vorab – etwas mit Drogen und Striptease zu tun.

Stay tuned, wie wir Hilfsroadies sagen.

11 August 2013

Die bisher beste Beatles-Woche

Vor einigen Tagen lud mich das East-Hotel zur Vernissage des legendären Künstlerfotografen Jürgen Vollmer ein. Eins seiner berühmtesten Bilder zeigt den jungen John Lennon, wie er in der Jägerpassage in einem Hauseingang steht und arrogant guckt.

Dieses Foto machte Lennon Mitte der 70er zum Cover seines Albums „Rock’n’Roll“, und 30 Jahre später stellte ich es mit Ms. Columbos Hilfe am Originalschauplatz nach – wir berichteten


Als ich nun zur Vollmer-Vernissage ins East aufbrechen wollte, dachte ich mir: Warum druckst du das Foto mit dir als Lennon nicht aus, steckst es in eine Mappe, nimmst es mit, schnappst dir Vollmer in einem günstigen Moment und lässt es dir signieren?

Schnapsideen muss man sofort umsetzen oder sie ganz lassen, und zwar für immerdar, also druckte ich es aus, steckte es in eine Mappe, ging damit ins East und wartete auf den günstigen Vollmer-Moment, um es mir signieren zu lassen.

Er kam auch. Vollmer, dessen 1961er-Pilzkopfschnitt die Beatles so umwerfend fanden, dass sie ihn baten, in diesem Sinne an ihnen herumzuschnippeln – der Rest ist Geschichte –, Vollmer also saß mit Klaus Voormann (der das „Revolver“-Cover designt hatte) bei einem Glas Vernissagesekt zusammen, als ich lautlos herantrat und um ein Autogramm bat.

Er war gleich dazu bereit, und ich gab ihm einen Stift. Dann schlug ich – ein wohlgesetzter dramaturgischer Moment – die Mappe mit dem Foto auf.

„Das ist aber nicht von mir!“, rief Vollmer sogleich überrascht aus und schien zu meinem aufkeimenden Entsetzen alle Anstalten zu machen, die Unterzeichnung zu verweigern.

Ich beschwichtigte ihn dergestalt, dass ja die Motividee von ihm stamme und als solche natürlich signierenswert sei, auch wenn die pophistorische Lichtgestalt Lennon durch einen unwürdigen Blogger blablabla …

Beruhigt und beherzt setzte der Meisterfotograf (74) daraufhin den Kugelschreiber an und unterzeichnete. Zu Hause steckte ich die Devotionalie sofort in einen Echtholzrahmen und ging zwei Tage später zum Konzert von Lennons Witwe Yoko Ono, was die Woche aufs Allersinnigste abrundete.

Die Ausstellung läuft übrigens noch bis zum 5. September, Eintritt frei.


PS: Das Originalmotiv links hat Vollmer mir natürlich nicht signiert. Das ist Photoshop, haha! Leider steht dieses Foto bei der Ausstellung auch nicht zum Verkauf, da Vollmer es schon vor einiger Zeit an Yoko Ono veräußert hat. Angebote für den Erwerb meines Fotos mit der Originalsignatur nehmen ich und Sotheby’s indes ab sofort entgegen. (Spaaaaß!)





 

18 Juni 2013

Die männliche Klofrau

Was mich geritten hatte, den Wettvorschlag des Franken zu akzeptieren? Keine Ahnung.

Jedenfalls behauptete ich nachmittags aus irgendeinem Grund und heiterem Himmel, Oliver Welke würde nachher bei seinem Auftritt im Schmidt-Theater bestimmt einen Maß- oder zumindest einen -anzug tragen, schließlich täte er das auch in der „heute-show“.

Pah, machte der Franke, unterstellte dem dicklichen Gütersloher stattdessen Jeans und erklärte, wir sollten dieser gewichtigen Frage die Ehre einer Wette antun. Einsatz: ein Bier.

 

Nach einigem Hin und Her um die Modalitäten (was z. B. wäre, wenn Welke einen Anzug lediglich dabeihätte, z. B. in einem Koffer, ihn aber nicht anzöge etc. pp.) wetteten wir und begaben uns ins Schmidts. Wo der dickliche Gütersloher in Jeans und Polohemd auf die Bühne schlurfte.

Feixend und glücklich nuckelte der Franke alsbald an einem Duckstein for free, was ihm natürlich gleich doppelt so gut schmeckte. Vorher hatte der Leiter des Schmidt-Theaters eine kleine Eröffnungsansprache gehalten, die er mit den Worten „Viel Spaß, auch im Namen der Klofrau“ beschloss.

„Das ist heute ein Mann!“, rief ein Zuschauer, der anscheinend auf soeben gewonnene Erkenntnisse aus dem Sanitärbereich zurückgreifen konnte.

„Habe ich zuerst auch gedacht“, schoss der Theaterleiter nach nicht mal einer Millisekunde zurück, „aber schauen Sie noch mal genauer hin …“

Ein eindrucksvoller, zudem auf elegante Weise kiezkompatibler Konter, um den ich diesen Mann glühend beneide. Denn Schlagfertigkeit steht – neben Weltfrieden, ewigem Sommer und einer baldigen Deutschlandtour von Tony Joe White – sehr weit oben auf meiner persönlichen Wunschliste.

Oliver Welke und sein Kompagnon Dietmar Wischmeyer lasen übrigens aus ihrem Buch „Franz Bsirske macht Urlaub auf Krk“ und waren sehr komisch, trotz Jeans.

28 Oktober 2012

Es gibt Wichtigeres als J. Los Hintern

Mit den fröhlichen Worten „Komm, lass uns Jennifer Lopez auf den Hintern starren!“ lockte ich Ms. Columbo heute Abend erfolgreich in die o2-Arena nach Stellingen. Und da ich gebenedeit bin unter den Musikjournalisten, durften wir das Konzert in der Loge ihrer Plattenfirma Warner Music verbringen.

Die Wände dort sind geschmückt mit Porträts der bedeutendsten Labelkünstler, also Kalibern wie Miles Davis, Ray Charles, Neil Young, Lou Reed … Warner-Chef Bernd Dopp genoss sichtlich meine sinnierende Bewunderung dieser geballten Galerie der Kreativität und erzählte nicht unstolz, er sei mit sämtlichen abgebildeten Künstlern persönlich bekannt, nur mit einem nicht: Frank Sinatra.

Dabei hatte er alles versucht und ihm einst, in den 80ern, die Bitte um ein Treffen mit einer in die Garderobe geschickten Flasche Schampus schmackhaft zu machen versucht. Der Assistent des Meisters beschied ihm allerdings nach sorgfältiger Prüfung Folgendes: „Mr. Sinatra zieht es vor, Sie nicht zu treffen. Doch er bedankt sich für den Champagner.“ Für The Voice war diese Lösung anscheinend das Musterbeispiel einer Win-win-Situation.

Dopp informierte mich des Weiteren darüber, dass Paul Simons Tage in der Galerie bald gezählt seien, denn die Rechte an seinem Lebenswerk seien just an Sony Music verkauft worden. „Ehe Sie das Bild wegwerfen, geben Sie es mir“, hörte ich mich spontan sagen – und zwar leider nicht eingedenk der hier im Blog unlängst geschilderten Strategie, zu Hause kulturelle Bestände im großen Stil abzubauen.

Sofort schritt Dopp zur Wand, nahm das Bild ab und überreichte es mir. „Wir hätten es wirklich weggeworfen“, sagte er. Verblüfft und dankbar nahm ich das Geschenk an und schaffte es später beim Rausgehen sogar, das Foto an den Sicherheitskräften vorbeizuschmuggeln, ohne des Diebstahls verdächtigt zu werden.

Ich war also losgezogen, um Jennifer Lopez auf den Hintern zu starren – und kehrte zurück mit dem gerahmten Porträt eines der größten Songpoeten der Popgeschichte (vgl. „Duncan“ oder „The Boxer“).

Eigentlich habe ich das also nicht verdient. Und Lopez’ Hintern ist keineswegs so spektakulär, wie immer alle sagen.

13 Oktober 2012

Bye, Nils

Mitte oder Ende der 90er, als ich noch mit J. befreundet war, erzählte er mir, er würde häufig mit dem Sänger Nils Koppruch verwechselt.

In der Tat sahen die beiden sich ähnlich, doch es gab einen Unterschied: Immer, wenn man Koppruch auf den Straßen oder in den Kneipen von St. Pauli begegnete, sah er – im Gegensatz zu J. – übernächtigt aus.

Er schien wenig zu schlafen und viel zu arbeiten, als Musiker und als Maler. Schon früh hatte er tiefe Falten im Gesicht, er war praktisch immer unrasiert, und wenn man seinem Blick begegnete, fielen einem die dunklen Augen auf.

Am Mittwoch ist Nils Koppruch plötzlich gestorben, mit 46.
Meine Generation.

Seinen tiefen Stirnfalten wird man auf St. Pauli nie mehr begegnen. Und bald werden auch die Kerzen und Blumen vor seinem Atelier in der Wohlwillstraße wieder verschwunden sein.



08 Oktober 2012

So haben wir nicht gewettet!


Von: Matt Wagner
An:  Reinhold Beckmann
Date: Mon, 8 Oct 2012 23:20:26 +0200
Subject: So haben wir nicht gewettet!


Lieber Reinhold Beckmann,

heute wende ich mich in einer etwas delikaten Angelegenheit an Sie, aber wat mutt, dat mutt, wie wir hier in Hamburg sagen. Aber das wissen Sie ja, Sie wohnen ja auch hier.

Ich muss ein klein wenig ausholen. Im Dezember vergangenen Jahres waren ich und weitere Hamburger Journalistenkollegen zum Weihnachtsessen der Kölner Agentur Position ins Kiezrestaurant Abendmahl eingeladen. Ein hochgeschätzter Traditionstermin, bei dem es alljährlich so kulinarisch wie feuchtfröhlich zugeht. Medienleute, Sie wissen ja …

Die promillebefeuerte Stimmung an jenem Abend mag auch mit ein Grund für eine kleine Wette gewesen sein. Zufällig nämlich saß ich neben Frau Paul aus Ihrer Redaktion, und wir diskutierten angeregt bei ein, zwei (oder drei) Gläsern Wein über die damals noch hochbrisante Frage, wer wohl Nachfolger von Thomas Gottschalk bei „Wetten, dass …“ werden würde.

Für Frau Paul war sonnenklar: Johannes B. Kerner würde es werden und niemand sonst. Ich bestritt das vehement, es ging hin und her, ich brachte aller vertraglichen Verpflichtungen zum Trotz sogar Sie ins Spiel. Auf dem Höhepunkt der Diskussion schlug Frau Paul mir eine Wette vor. Sollte Kerner es werden, so lautete der Deal, hätte ich ihr eine Flasche Wein zu spendieren, wenn nicht, dann umgekehrt. Wenn Sie mögen, können Sie diesen Vorgang sogar im Internet nachlesen, denn ich habe ihn damals unter dem Titel „Kerner und der Weltuntergang“ verbloggt.

Nach Abschluss dieser Wette herrschte eine für mich, wie ich fand, außergewöhnlich komfortable Situation. Denn sobald irgendeiner der sieben Milliarden Erdbewohner mit Ausnahme von Johannes B. Kerner den Job bekommen würde, wäre ich um eine Flasche Wein reicher. Ich will jetzt nicht sagen, dass meine Gewinnchance 7.000.000.000:1 war. Aber sie war größer als die von Frau Paul, so viel war sicher.

Nur wenige Tage nach diesem Essen im Abendmahl schienen meine Chancen allerdings zu schwinden, denn die Agenturen meldeten die Rückkehr Kerners zum ZDF. Oha, dachte ich, wird hier etwa das Feld bereitet für die Übernahme von „Wetten, dass …“? Eine Mail an Frau Paul, in der ich ihr konzedierte, auf dem richtigen Weg zu sein, blieb leider unbeantwortet.

Zum Glück wurde es Kerner aber dann doch nicht. Wie wir alle inzwischen wissen und ich damals schon felsenfest ahnte, kam schließlich doch ein anderer der sieben Milliarden Erdbewohner zum Zug, nämlich Markus Lanz. Am 11. März stand die Personalie fest, und augenblicklich schrieb ich eine zwar tröstende, allerdings auch die Einlösung unserer Wette ansprechende Mail an Frau Paul, in der ich um Abstimmung der Übergabemodalitäten bat.

Doch wieder keine Antwort.
Kein guter Stil.
Und bis heute: kein Wein.

Deshalb wende ich mich in meiner Ratlosigkeit nun an Sie, ihren Chef. Vielleicht können Sie in dieser – wie gesagt: delikaten – Angelegenheit vermitteln. Es muss auch kein teurer Wein sein, da bin ich gesprächsbereit. Aber es sollte ein Wein sein. Schließlich haben wir gewettet.

Zeugin war übrigens ironischerweise eine Kollegin aus der Redaktion von Markus Lanz, aber das nur am Rande.

In der Hoffnung auf eine baldige und positive Antwort verbleibt Ihr ergebener Medienkonsument

Matt Wagner

PS: Eine trockene Spätlese vom Moselweingut Kallfelz würde ich nicht von der Bettkante stoßen.

PPS: Frau Paul ist natürlich auf CC.


14 September 2012

Das Herz von St. Pauli auf US-Tour



Der Kiezbummel gestern Abend mit Andreas endete nach allerkürzester Zeit in der „Korall Bar“. Ja, ich habe das e auch vermisst, aber den ganzen Abend nicht gefunden, auch nicht auf der Getränkekarte.

Jedenfalls blieben wir hängen in dieser netten Kneipe, die seit April an der Ecke Hein-Hoyer- und Simon-von-Utrecht-Straße derart fleißig ihr Auskommen zu finden versucht, dass sie es bisher versäumt hat, am Haus ihren Namen anzubringen. Vielleicht wüssten wir sonst sicherer, ob der Korall Bar ein e abhanden gekommen ist oder nicht.

Wir wandten uns eh bald wichtigeren Themen zu, vor allem Andreas’ mehrmonatiger Amerikareise als Roadmanager, Fahrer, Begleiter und Bespaßer seiner musizierenden Frau Tish, die er in einem grandiosen Blog verewigt hat.

Die beiden hatten bei ihrer Tour durch 42 Bundesstaaten die schrullige Idee, das US-Publikum regelmäßig mit dem auf Deutsch gesungenen Kiezgassenhauer „Das Herz von St. Pauli“ zu überraschen – siehe Video.

Ich würde mich ja so was nicht trauen: einfach auf die Bühne gehen und „Das Herz von St. Pauli“ singen. Dafür stehe ich manchmal sehr dicht vor der Bühne. Manchmal auch zu dicht.

Bei einem Solokonzert von John Cale in den 80ern stand ich mal in der ersten Reihe, als Cale mit der ihm eigenen Vehemenz „Fear is a man’s best friend“ zischte, schrie, brüllte – und spuckte.

Die Spucke des Mannes, der damals mit Andy Warhol, Lou Reed und Nico abhing, flog meterweit und fand auf meiner Wange ihr Ende.

Natürlich habe ich mich seither nie mehr geduscht.


30 August 2012

Geplatzt



Er hätte so schön werden können, mein Tag morgen im Landgericht. Minutiös war alles durchgeplant.

Zum Aufwärmen um 9:55 Uhr wäre entschieden worden, wie viel Kohle Günther Jauch dem Gong-Verlag entwringen darf. Um 10:30 dann die Unterlassungsklage der Volksmusikerin Stefanie Hertel gegen den Klambt-Verlag, ehe in der gleichen Sache um 12 Uhr erneut Günther Jauch tätig geworden wäre.

Alles natürlich nur Geplänkel vorm Hauptkampf um 13:30 Uhr: Papst Benedikt XVI. gegen die Titanic. Gut gegen Böse, Soutane gegen Satire: Das war mein Ziel, deshalb wäre ich hingegangen, hätte mich durch Jauch, Hertel & Co. gekämpft, heimlich nicht nur Hasenbrote reingeschmuggelt, sondern möglichst auch das iPhone zum Livetwittern aus dem Gerichtssaal.

Doch zu meiner namenlosen Enttäuschung ließ Gottes Stellvertreter hienieden heute Nachmittag den Prozess platzen. Er kniff den Schwanz ein, was natürlich nur im übertragenen Sinne gemeint ist.

Was mach ich jetzt morgen an meinem freien Freitag – nur Jauch und Hertel ohne Ratzinger? Immerhin bleibt mir das oben zu sehende Bild. Es zeigt die außergewöhnlich schlecht getroffene Wachsfigurenversion des Papstes und lag neulich auf der Reeperbahn, flankiert von einem toten Ast.

Was immer das zu bedeuten hat.

07 August 2012

Im Pokalfieber



Ein Abend mit (der gertenschlanken) Lena Meyer-Landrut, die uns ihr neues Album vorstellen will.

Sie hat den berühmten Pokal mitgebracht, den sie 2010 als Sensationssiegerin des Eurovision Song Contest in Oslo ergatterte. Ich kenne ihn aus dem Fernsehen. Jetzt allerdings steht er einsam auf der Fensterbank, und ich beginne mit der Kollegin D. Pläne zu schmieden, wie wir das Ding unauffällig außer Haus bugsieren könnten.

„Schließlich brauchen wir was fürs Alter“, begründet D. sehr nachvollziehbar, „das Ding können wir irgendwann auf Ebay versteigern.“ „Nein, bei Sotheby’s“, korrigiere ich. „Bringt mehr.“

Der Pokal ist ziemlich groß und außerdem schwer, wie ich nach einem Hebetest feststellen muss. Eindeutig massives Kristallglas. Und in D.s Handtasche passt er nicht rein.

In Frauenhandtaschen – winzigkleiner Exkurs – passt übrigens nie was rein, wahrscheinlich nicht mal ein Nanopartikel, den man zufällig auf der Straße gefunden haben könnte, sofern er groß genug wäre, dass man ihn ohne Mikroskop sähe. Ein ESC-Siegerpokal jedenfalls passt schon mal gar nicht in eine Frauenhandtasche.

Ich bin gänzlich ohne mobilen Stauraum da, erwäge aber findigerweise meine mitgebrachte Jacke zur Pokaleinwicklungsdecke umzuwidmen und D. zwecks Absicherung als bewegliche Camouflage zu benutzen.

Doch dann gibt es auch schon das Menü; wir ergeben uns augenblicklich willig der Befriedigung elementarer Bedürfnisse und verwerfen alle Pläne hinsichtlich unserer Altersversorgung.

Zum Nachtisch schneidet Lena auch noch Käsekuchen für uns, und so einer fürsorglichen jungen Frau kann man – auch wenn sie gertenschlank ist – unmöglich einen Kristallglaspokal stibitzen, das sieht auch die zunächst murrende D. ein.

Das Album kommt übrigens Mitte Oktober.


29 Juli 2012

Paris makaber



Im tropischen Paris muss man zweimal täglich duschen. Der kurze Regenguss, der zwischendurch wie Manna vom Himmel fiel, war viel zu warm, um der Luft die dumpfheiße Seifigkeit auszuwaschen.

Wir schleppten uns also schwerfällig über die Pflaster von Père Lachaise Richtung sechste Abteilung, um Jim Morrison den obligaten Besuch abzustatten. Ein Sperrgitter steht vor seinem Grab (Bildmitte), auf dessen Stein seine Eltern „καтὰ тὸν δαίμονα ἑαυτοῦ“ eingravieren ließen.

Wortwörtlich bedeutet das „Gemäß seinen Dämonen“; im übertragenen Sinne und etwas böswillig könnte man die Inschrift auch mit „Das hast du nun davon“ übersetzen. Vielleicht ein Generationskonflikt ad infinitum, wer weiß.

Auf den steinernen und einem gänzlich Unbeteiligten zugeordneten Gedenkbau davor haben Morrison-Fans ihre Liebeserklärungen gekritzelt, die selten über einzelne Songfetzen („When the music’s over/turn out the light“) oder Tiefsinniges wie „Jiiiiiiiiiiiiiiiiiimmy“ hinausreichen. Als Morrisons ewiger Nachbar würde ich mich bedanken, echt.

Danach ab in die Avenue Montaigne Nummer 12, wo Marlene Dietrich die letzten Jahre ihres Lebens im vierten Stock im Bett lag. Ein überraschend schmuckloses Haus in einer Straße, die in den Erdgeschossen praktisch ausschließlich Modeedelmarken beherbergt, darunter viele Stammhäuser, von denen aus dann Chanel, Dior, Armani etc. die Welt eroberten. Marlene verdämmerte übrigens direkt über Prada.

Da wir in Rouen bereits den Platz aufgesucht hatten, wo Jeanne d’Arc verbrannt wurde, und in Paris den Ort, an dem Marie Antoinette ihren Kopf verlor, kristallisiert sich allmählich ein etwas morbides Motto dieser Reise heraus, was durch meine Lektüre („Rosemarys Baby“, Ira Levin) nicht gerade konterkariert wird.

Eine Grundstimmung, die auch morgen dokumentiert werden wird, das kündige ich schon mal an.