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09 September 2006

Lachhaft

Ja, es stimmt: Ms. Columbo und ich haben uns auf einer privaten Party mal dem Einfluss eines Lachyogi unterworfen. Vielleicht war es der gleiche, der gerade in Ottensen die Wände mit dem abgebildeten skurrilen Angebot beklebt.

Der Yogi begann also zu lachen, und einige in der Partyrunde ömmelten auch gleich mit, doch uns wollte die Erheiterung auf Kommando partout nicht gelingen. Ich versuchte angestrengt, dem Yogi immer auf die breit gebleckten Zahnreihen zu starren, um die Ansteckungsgefahr künstlich zu erhöhen, doch immer, wenn mein Blick hochrutschte, sah ich die Kühle in seinen Augen; ich sah, dass sein Lachen nur brillantes Handwerk war, und das verdarb mir alles.

Klar, der Mann war ein Profi. Er hätte jederzeit das Casting für „Deutschland sucht den Lachsackstar“ gewonnen, und das Produkt wäre ein Partyknüller geworden. Doch seine Kunst überzeugte eben nur akustisch; ihm dabei zuzusehen, verdarb mir buchstäblich den Spaß.

Dennoch würde ich es jedem Diabetiker gönnen, wenn er nach systematisch generierten Lachanfällen kein Insulin mehr zu spritzen bräuchte, das will ich hier mal klarstellen.

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Lachen
1. „The old laughing lady“ von Neil Young
2. „Wenn du so bist wie dein Lachen“ von Ina Deter
3. „The laughing gnome“ von David Bowie

15 Juni 2006

Reeperwahn nachts um halb eins

An dieser Stelle muss jetzt mal German Psychos Ruf zerstört werden. Also: Er warf für uns heute nicht nur den Videobeamer an und projizierte das Spiel Deutschland-Polen auf eine eigens aufgehängte Leinwand; nein, er gewährte auch bereitwillig Zugang zu seinem Kühlschrank, in dem offenbar unerschöpfliche Astravorräte einer zweckdienlichen Verwendung entgegenbangten oder -fieberten; das weiß man bei Bier generell nicht so genau.

Seine zuvorkommende Art gipfelte im generösen Angebot, mir als Dauerleihgabe sein aussortiertes Nokiahandy zu überlassen, weil sich hinterm Display meines schraddeligen Siemensteils inzwischen derart viele Fusseln verfangen haben, dass ich mich wundere, wieso ich zu Hause überhaupt noch staubsaugen muss.


Kurz: German Psycho war ein vollendeter Gastgeber. Nur die direkt neben der Leinwand geparkte Chromaxt wirkte beunruhigend. Warum nur war sie so überaus blitzeblank gewienert …?

Als wir auf dem Heimweg die Reeperbahn erreichen, übersteigt der Trubel nach dem Sieg alle Vorstellungen. Tausende von Fans springen, hüpfen und singen auf der Meile herum, was einer Vollsperrung gleichkommt (das um 0:03 dokumentierte Bild der Kiezcam zeigt das nur sehr unzureichend). Dem Verkehr aus den Nebenstraßen bleibt nichts anderes übrig, als still zu verzweifeln. Und das war nur ein Vorrundenspiel …

Ein großer bulliger Mann in der Menge fasst plötzlich meine Hand und fragt: „Du Deutscher?“ Ich bejahe mit dem Konter „Und du bist Pole?“ Mit wehem Lächeln bestätigt er. „Tut mir Leid“, sage ich, eingedenk der polnischen Niederlage in letzter Sekunde. Er drückt meine Hand noch fester.

Weitaus merkwürdiger mutet indes der korpulente Typ unter unserem Balkon an, der um kurz vor halb eins an die Hauswand gegenüber schifft und dies mit einem dröhnenden „Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland!“ begleiten zu müssen glaubt; mit passablem Bariton übrigens.


Pissende Patrioten sind mir gleichwohl lieber als brandschatzende, weshalb ich die zag aufkeimenden Chromaxtfantasien recht erfolgreich niederkämpfen kann.

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über fatalen Waffengebrauch
1. „Careful with that axe, Eugene“ von Pink Floyd
2. „If I had a rocket launcher“ von Bruce Cockburn
3. „The man who shot Liberty Valance“ von James Taylor

12 Juni 2006

Schönheit kommt von außen

Nachdem wir gestern auf dem Fanfest noch einmütig die besondere Anmut der persischen Frauen gepriesen haben, die selbst von Niederlage und Tschador nicht zu beeinträchtigen war, ist Andreas heute hochverblüfft von der erstaunlichen Schönheitsquote unter den Ghanaerinnen.

Und ich auch.

Da ist die Welt schon mal zu Gast bei Freunden – und düpiert uns mit brutalstmöglicher Ästhetik. Morgen Abend wartet der nächste, ähem, Höhepunkt: die Brasilianierinnen (Foto: WM-Fankurve).

Ach, die WM müsste ewig währen!

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Schönheit
1. „Came so far for beauty“ von Leonard Cohen
2. „For the beauty of Wynona“ von Daniel Lanois
3. „Cylea“ von Christian Redl (Bonustrack)

25 April 2006

Im Zelt mit den Red Hot Chili Peppers

Sonst spielen die Red Hot Chili Peppers vor 60 000 Leuten, heute nur vor 600. Ins Zirkuszelt an der Glacischaussee werden 200 Fans und 400 Gäste eingelassen, und der Promigehalt ist so hoch wie der Fettanteil in Gorgonzola.

Bassmann Flea (Foto) kann dem frischen Boxweltmeister Wladimir Klitschko praktischerweise persönlich gratulieren, Reinhold Beckmann hält glückselig und graumeliert Hof am Springbrunnen, als wüsste er genau, dass jeder, der sich an ihm vorbeidrängt, ihn um seine WM-Finalkarten beneidet. So ist es ja auch, verdammt …

Neben mir steht Sergej Barbarez und knipst mit seinem supertollen Fotohandy die Chilis, obwohl er von der Plattenfirma bestimmt sogar einen Mitschnitt auf DVD bekäme, bäte er nur darum. Einen Augenblick lang überlege ich, auf Barbarez mit den Worten zuzugehen: „Entschuldigen Sie, wissen Sie eigentlich, dass sie Sergej Barbarez verblüffend ähnlich sehen? Sie könnten Geld damit machen!“

Doch Peppers-Gitarrist John Frusciante lenkt mich ab, weil er sich obenrum gerade frei macht. Der Mann sieht aus wie ein Jesusfreak von 1970, und er ist die einzige Hühnerbrust unter lauter Testosteronbomben. Flea, Anthony Kiedis und Drummer Chad Smith müssen mindestens so viel Zeit mit Bankdrücken wie mit Komponieren verbringen, sonst kämen sie kaum auf diese gewaltig pulsierenden Muskelstränge unter den geschmacklosen Tätowierungen.

Im Garten, wo ich am zweiten Chardonnay des Abends nippe, tauscht Mousse T. gerade Handynummern mit einer jungen Frau, die garantiert nicht seine Gattin ist. Dietmar Beiersdorfer, das wird auf den ersten Blick klar, müsste mal zum Friseur. Aber Kiedis und Frusciante auch, ehrlich gesagt. Letzterer covert kurz vor Schluss den Bee-Gees-Heuler „How deep is your love“ – offenbar ein Konter gegen Fleas Soloversion von Neil Youngs „The needle and the damage done“, die Ex-Junkie Frusciante wohl persönlich genommen hat.

Der Bretterboden schwingt im Takt der Drums, man fühlt sich leicht, man schwebt, und plötzlich ist Kalifornien überall. Inzwischen bin ich so weit chardonnayisiert, dass ich meinen Barbarez-Ulk doch noch an den Mann bringen will, doch ich stoße nur immer wieder auf Beckmann. Er hat Finalkarten, verdammt …

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs von Neil Young
1. „Hurricane“
2. „On the beach“
3. „Out on the weekend“

12 April 2006

Halbfinale


Hollerieth war unser Torwartmann,
Aus hielt er, bis der Schlusspfiff kam.
Er hat zwar verlorn, doch er trägt die Kron,
Er hielt für uns, unsre Liebe sein Lohn.

Gunesch flitzt übers Schlammgeviert,
Ballack ächzt, denn wer hier verliert,
Der fährt im Mai wohl überallhin,
Doch nicht nach Berlin, nach Berlin.

Hargreaves trifft früh, aus großer Distanz.
Hollerieth fliegt, doch es reicht nicht ganz.
Der Kampfgeist wächst, doch Lucio steht,
Und Ismaël bang nach den Angreifern späht.

St. Pauli stürmt vor, sogar mit Morena,
Ein tausendfach' Juchzen erfüllt die Arena.
Die Bayern, sie taumeln, sogar der Sagnol,
Doch Meggle verfehlt, und dann auch noch Boll.

Und die Fans mit Kindern und Fraun
Im Flutlicht schon das Ende schaun.
Und keuchend an Holler heran
Tritt alles: „Wie lang noch, Torwartmann?“
Der schaut nach vorn und schaut in die Rund:
„Noch dreißig Minuten … halbe Stund.“

Und die wilden Paulianer, bunt gemengt,
Bedrängen den Kahn, und der lenkt
Luz’ Kopfstoß zur Ecke, Bolls Schuss hintendrein –
Und Scharping verzweifelt: Der Ball muss doch rein!
Die Bayern, sie taumeln, Lahm läuft nicht rund.
Noch 15 Minuten … Viertelstund.

Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei,
Da klingt aus dem eig’nen Strafraum ein Schrei,
„Tor!“ war es, was da klang,
Ein Qualm aus Tribüne und Fankurve drang,
Es war eine Ecke, der Fuß von Pizarro …
Und nur noch sechs Minuten bis Ultimo.

St. Pauli zerbricht am Ende entzwei
Wieder Pizarro, es steht null zu drei.
Holler ist machtlos, doch lobt nicht nur ihn:
Denn heute verlor das bessere Team!

Hollerieth war unser Torwartmann,
Aus hielt er, bis der Schlusspfiff kam.
Er hat zwar verlorn, doch er trägt die Kron.
St. Pauli, St. Pauli: „You’ll never walk alone!“

(Foto: Spiegel online)

25 Januar 2006

Saaaankt Paulihiiiiiiiii!

Natürlich wissen wir während des Spiels noch nichts vom sich anbahnenden größten Erfolg der Vereinsgeschichte. St. Pauli (Regionalliga) geht gegen Werder Bremen (Bundesliga) in Führung, kassiert aber wenig später ein Gegentor, was mich – kartenlos auf den Fernseher angewiesen – zu einer SMS ins Stadion bewegt („Ausgleich war abseits!“), die Andreas mit einem aufrichtigen „Verdammt!“ beantwortet.

Als es wahr ist, wirklich wahr, das endgültige, unglaubliche, undisputierbare 3:1, bleibt natürlich keine andere Möglichkeit: Ich muss mich bei Ms. Columbo entschuldigen und durch den Schnee in die Domschänke stapfen, um in Euphorie zu baden. Dort, in dieser an gewöhnlichen Tagen dumpf vor sich hin dämmernden Kneipe, ist jetzt gerade das pulsierende Herz der Republik, aber die Augsburger, Bitterfelder, Groß-Gerauer müssen samt und sonders mit der Tatsache ihres Nichthierseinkönnens leben, doch ich kann einfach hinüber gehen, es dauert keine fünf Fußminuten, und deshalb muss ich hin.

In den 80er Jahren ging ein Rekord durch die Presse, der Aufnahme ins Guinness-Buch fand: Ungefähr zwölf Leute (oder mehr) quetschten sich damals in eine Telefonzelle. Schade, dass sich heute Abend niemand aus der Guinness-Redaktion in der Domschänke aufhält. Denn das halbe Stadion ist da. Tohuwabohu! Halleluja! Glück tropft von der Decke!

Ich sehe Menschen, die während eines Handy-Telefonats lauthals einstimmen in den Kiezklassiker „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“, der aus der Musikbox donnert. Sogar Bremer Fans wanken herein. Sie singen „Ihr seid bessä / als der Ha-Ess-Vau“, womit sie bei den Domschänkensardinen mächtig punkten. Am Zigarettenautomaten, wo wir eine halbwegs passable Stelle des ungefährdeten Zusammengequetschtseins gefunden haben, treffe ich einen kugelrunden Dreitagebarttürken, der mir versichert, eigentlich nicht zu rauchen. Aber heute, nach diesem Sieg: Da muss es sein.

Er erklärt mir die neue deutsche Rechtschreibung: Weil St. Pauli im DFB-Pokal ausschließlich Städte besiegte, die mit B beginnen (Burghausen, Bochum, Berlin, Bremen), muss jetzt auch der Wettbewerb als ganzer umbenannt werden – in „Bokal“. Das erscheint mir vollkommen logisch.

Währenddessen spekuliert die Runde wild über den nächsten Gegner. Es kann uns ja, dem Gesetz der Serie folgend, nur Bayern oder Bielefeld zugelost werden; der letzte übriggebliebene Kandidat Frankfurt ist schließlich völlig B-los. Andreas argumentiert noch spitzfindiger: Da bisher jeder Gegner nominell stärker war als der letzte, muss nach Bremen natürlich Bayern kommen. Keinesfalls Bielefeld. Und wenn doch, dann hätte man ja vielleicht die Chance, gar das Halbfinale zu gewinnen, dann führe man zum Finale nach Berlin, und was immer dort geschähe: St. Pauli wäre im Uefa-Cup. St.Pauli.Im.Uefa.Cup. Gegen Inter Mailand oder so, man darf gar nicht drüber nachdenken.

In der Domschänke ist zügig das Astra ausgegangen. Die Menge hebt kurz die Augenbraue und steigt auf Jever und Holsten um. Irgendjemand hat „You’ll never walk alone“ gedrückt, und während ich aus voller Lunge mitsinge, wird mir klar, dass ich heute Abend sogar die Töne treffe, was mir sonst nie gelingt, weshalb ich diese Art der Artikulation gemeinhin sorgsam aus meinem Gefühlsäußerungsspektrum ausklammere. Jaja, der Zauber dieser Nacht!

Auf dem Rückweg sehe ich, wie die Fans den verschneiten Stadtteil verwandelt haben. Auf Windschutzscheiben und Kühlerhauben, auf Heckfenstern und Seitentüren, überall ist es zu lesen: „3:1“. Heute ist St. Pauli das Zentrum der Republik. Ach was: der Welt.

Und manchmal haben sie neben das „3:1” noch etwas anderes in den Schnee gemalt, mit bloßen Händen: ein Herz.


Ex cathedra: Die Top 3 der gößten Akustikgitarrensongs
1. „Caroline’s tune“ von John Renbourn
2. „Thrasher“ von Neil Young
3. „When poets dream of angels“ von David Sylvian

01 Januar 2006

Der Morgen danach

Als ich gegen halb zwölf zum Brötchenholen gehe, ist für erstaunlich viele die Silvesterparty noch voll im Gange. Am Hamburger Berg sind die Kneipen überfüllt, Menschen quellen heraus auf den Gehweg, bestens versorgt mit Getränken, innen wie außen.

Die Kaschemmen erbrechen dumpfe Beats. Aus dem Roschinskys torkelt mir ein Paar vor die Füße; die grell geschminkte rothaarige Frau ist schwer angeschlagen, sie atmet prustend aus mit knatternden Lippen, als müsste sie sich in der nächsten Sekunde übergeben.

Ich halte Sicherheitsabstand. Eine andere junge Frau läuft auf die Straße und lässt die Arme flattern wie ein Vogel; sie trägt eine ärmellose Bluse, die ihren Rücken fast gänzlich unbedeckt lässt, und quiekt: „Mir ist kalt!“ Ein Junge trottet ergeben hinter ihr her.


Über die Bürgersteige röhren schon unerbittlich die Reinigungsfahrzeuge, Passanten gehen unwillig beiseite. Überall liegen die Reste des Feuerwerks. Ihre Besitzer haben jegliches Interesse an ihnen verloren. Wenn man sie gestern Nacht aufgefordert hätte, die ausgebrannten Kartuschen, leeren Flaschen, die Scherben und zurückgebliebenen Raketenstöckchen wegzuräumen, sie hätten dich wahrscheinlich angeglotzt wie ein Alien. Wozu gibt es die Stadtreinigung?


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Rapture“ von Antony & The Johnsons, „Maybe I wish“ von Embrace und „Milk and honey“ von Jackson C. Frank.


09 Dezember 2005

Die Weihnachtsfeier

Das Gute an Weihnachtsfeiern? Temporär freie Kost und Logis sowie viel Zeit für die üblichen dummen Witze, aber ohne dass Arbeit liegen bleibt.

Heute Abend sitzt fast die ganze Welt – na gut, rund eine Drittelmilliarde Menschen – vor den Fernsehern und verfolgt die WM-Auslosung, während das Kollegium sich an Fischsuppe, Ziegenkäse im Speckgürtel und Ente auf Rotkohl mit Polenta und Bohnengemüse laben darf.
Der präventiv eingerichtete SMS-Service von zu Hause liefert zunächst unbefriedigende Ergebnisse – „Heidi Klum hat breitere Schultern als Reinhold Beckmann“ ist zwar eine interessante Beobachtung, aber nicht gerade die Neuigkeit, nach der die Fußball-Aficionados am Tisch sehnlichst gieren. Ich muss telefonisch eine zielgenauere Informationspolitik anmahnen, was auch fruchtet.

In der ersten Auslosungsphase hatte ich ein Ticket für das WM-Spiel am 15. Juni in Hamburg ergattert, und gegen 22.30 Uhr ist dann endlich klar, welches es sein wird: Costa Rica gegen Ecuador. Dabeisein ist alles, argumentiere ich präventiv offensiv, muss aber ohnmächtig erleben, wie dieses Ergebnis die Spottlust der fröhlichen Zechrunde kräftig befeuert. Selbstbewusst verbuche ich das als blanken Neid und ordere trotzig einen Marc de Provence, eine Art französischen Grappa.

Irgendwann stehen mehrere Kollegen gestikulierend im Raum, während sie mit offenbar nur noch vegetativ gesteuerten Reflexen in beiden Händen Weingläser unterschiedlich kolorierten Inhalts ausbalancieren.

Es wird Zeit zu gehen, nicht ohne die spinnenartige Deckenlampe des Restaurants La Provence auf die SIM-Karte zu bannen.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Love street“ von Nigel Kennedy, „Electric edwardians“ von In The Nursery und „Good times are back“ von TV Smith.


02 Oktober 2005

Die Warnung

Wenn ich sonntagsmorgens zum Brötchenholen durchs Viertel radle, schaue ich nicht in die Ferne, auf die nächste Kreuzung oder den entgegenkommenden Verkehr. Nein, mein Blick klebt am Asphalt.

Nach dem ortsüblichen Fieber der Samstagnacht nämlich sind die Straßen erschöpft und wie erschlagen, und obwohl die Besenwagen schon seit Sonnenaufgang durch St. Pauli kriechen, sind noch überall die Spuren der Ekstase und Ernüchterung zu sehen.


Vor allem die kunterbunte Vielfalt der Scherben zwingt Radfahrer zum starren Blick aufs Terrain unmittelbar vorm Vorderrad. Ich fahre Slalom die Seilerstraße hinunter, biege rechts ab in die Hein-Hoyer-Straße, überquere die Simon-von-Utrecht- und Clemens-Schulz-Straße, hole mir dank akrobatischer Fahrkünste KEINEN Platten und parke vor der Konditorei Rönnfeld.

Der kleine Familienladen trotzt wacker den Attacken von Ketten wie Kamps & Co. und ist sonntags erste Wahl. Dann nämlich steht die alte Frau Rönnfeld höchstselbst im Laden; sie geht auf die 80 zu, ist auf ansteckende Weise kreuzfidel, begrüßt einen mit Namen und hat die üblichen vier Sesambrötchen schon griffbereit zurückgelegt.

Heute lobt sie völlig zurecht das Wetter, das uns nachmittags in den Park Planten & Blomen treibt. Mit seinen Wasserspielen, Waldpfaden und vergnügten Enten macht er fast vergessen, dass wir mitten in einer Millionenstadt leben. Und seine Schilder warnen saisonal unabhängig vor Gefahren – zum Beispiel vor gefährlich dünnen Eisdecken (Foto).

Heute, an diesem glorios sonnigen Oktobertag, wollen wir von so was aber rein gar nichts wissen.