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25 August 2010

Ein doppeltes „Das geht nicht“



Warum bloß vergrätzen uns Gastronomie und Einzelhandel bisweilen lieber mit Prinzipienreiterei, anstatt uns zum Segen künftiger Gewinne lieber mit ein bisschen Flexibilität bei der Stange zu halten?

Gleich zwei Beispiele von heute lassen mich ratlos diese systemkritische Frage stellen. Beispiel 1: das Café Leinpfad, eine höchst idyllisch am Alsteranleger gelegene Gaststätte. Wir wollten zwei Gutscheine über je ein großes Frühstück dort einlösen, die wir im Internet erworben hatten. Allerdings erbat Ms. Columbo einen Orangensaft statt Sekt, und ich wünschte mir statt des offerierten Fleischsalats lieber etwas mehr Käse. Das war alles; eigentlich keine Herausforderung für die deutsche Gastronomie im 21. Jahrhundert.

„Das geht leider nicht“, beschied uns allerdings die Kellnerin. „Nur genauso, wie es im Internet stand.“

Dabei wäre das Café Leinpfad mit O-Saft sogar billiger weggekommen als mit Sekt, es hätte also ein Geschäft gemacht. Wir diskutierten und argumentierten, doch die Haltung der Dame erwies sich als ebenso verfestigt wie inzwischen unser stillschweigender Entschluss, das Café Leinpfad hinfort nie mehr freiwillig aufzusuchen – dabei sollte diese Gutscheinaktion im Internet doch neue Kunden werben.

Auch wenn die sture Dame später wortlos doch zugunsten von etwas mehr Käse den Fleischsalat wegließ: Das Café Leinpfad ist künftig tabu. Die können ihren Fleischsalat gerne selber mümmeln.


Auf der Tabuliste steht seit heute auch der Applehändler Gravis in der Innenstadt, das Beispiel Nummer 2. Ich war mit meinem 2007 dort gekauften MacBook vorstellig geworden, weil dessen Verschluss defekt war; das Chassis musste auf Garantie ausgetauscht werden, mehr nicht. Deswegen wollte ich aber meinen Rechner nicht tagelang bei Gravis herumstehen lassen und schlug vor, nach dem Eintreffen des Ersatzteils vorbeizukommen, den Austausch abzuwarten und den Rechner gleich wieder mitzunehmen.

„Das geht nicht“, beschied mir die Dame bei der Reparaturannahme, als sei sie die eineiige Schwester derer vom Leinpfad.

Der Rechner, führte sie weiter aus, müsse dableiben, weil es nämlich schon vorgekommen sei, dass Kunden Ersatzteile nicht abgeholt hätten, die somit zurückgeschickt werden mussten.

Für mich klang das alles wie Klingonisch. Vor drei Jahren hatte ich zweieinhalbtausend Euro dort gelassen, und jetzt wollten sie meinen Computer tagelang konfiszieren wegen eines Ersatzteils, das in weniger als einer Viertelstunde ausgetauscht werden konnte?

„Okay“, sagte ich, vom Leinpfadvormittag noch etwas erschöpft, „dann verpflichte ich mich gern schriftlich, das Ersatzteil trotz Garantie zu bezahlen, wenn ich aus irgendwelchen absurden Gründen mit dem MacBook nicht mehr vorbeikommen sollte. Wo kann ich unterschreiben?“

Die Gravisfrau bat um Geduld, sie müsse nachfragen. Dann ging sie fort und kehrte kurz darauf wieder mit der niederschmetternden Botschaft: „Das geht leider wirklich nicht.“

Inzwischen hatte sich bei mir längst der stillschweigende Entschluss verfestigt, nie mehr irgendwas bei Gravis zu kaufen, vor allen Dingen nicht das nächste zweieinhalbtausend Euro teure MacBook, dessen Update etwa 2011 ansteht.

Stattdessen werde ich mit diesem Anliegen in die Schanze gehen, und zwar zu Arndt und Bleibohm, die eh mein Blog mögen, immer mal wieder Einträge in ihr Kundenmagazin übernehmen und mir den Rechner vielleicht sogar ein bisschen billiger überlassen.

Warum also vergrätzen uns Gastronomie und Einzelhandel bisweilen lieber mit Prinzipienreiterei, anstatt uns zum Segen künftiger Gewinne lieber mit ein bisschen Flexibilität bei der Stange zu halten? Bin ich etwa zu empfindlich – oder werden die allmählich so kundenfreundlich wie Seinfelds Soup Nazi?

Wer jetzt augenrollend kommentieren möchte, dieser Beitrag sei (mal wieder) ein bedrückendes Beispiel für viel Lärm um fast nichts in diesem Blog, der kann sich das sparen.

Das weiß ich nämlich selber. Und zwar am besten.