Heute sah ich mich mit dem merkwürdigsten Imperativ seit fünftem November 2007 konfrontiert.
Aus mehrerlei Gründen war ich deshalb außerstande, ihm Folge zu leisten.
Entdeckt in der Schanzenbäckerei am Gebrüder-Wolf-Platz.
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Heute sah ich mich mit dem merkwürdigsten Imperativ seit fünftem November 2007 konfrontiert.
Aus mehrerlei Gründen war ich deshalb außerstande, ihm Folge zu leisten.
Entdeckt in der Schanzenbäckerei am Gebrüder-Wolf-Platz.
Es ist, als hätte die Senatskommission zur Benennung von Verkehrsflächen – laut Hamburgischem Wegegesetz Paragraf 20 zuständig für Straßennamen – eine Schrotflinte damit munitioniert und wild herumgeballert. Es sind ja nicht nur die „Magellan Terrassen“, die durchlöchert wurden, nein. Wir haben auch den „Vasco da Gama Platz“, die „San Francisco Straße“ oder die U-Bahn-Haltestelle „HafenCity Universität“, Letztere gar mit einer hochnotpeinlichen Binnenmajuskel.
Ob diese Namen wirklich so im Grundbuch stehen oder auf dem Weg in die freie Wildbahn von einer enthemmten Layouterkamarilla mit Deppenleerzeichen perforiert und erst dann auf Mauern und Wänden öffentlich verewigt wurden, ist aus Laiensicht letztlich nicht zu beurteilen.
Empfindsame Sprachstilisten sollten dem bebauten Teil der Hafencity jedenfalls zur eigenen Sicherheit den Rücken zukehren. Vor allem an einem sonnigen Oktobersonntagmorgen wie heute (qed).
Die neue Serie hier im Blog „Wenn es Nacht wird auf St. Pauli“ zeigt den Kiez nach Sonnenuntergang, wenn das Abgeranzte, Verrottete, wenn all der Dreck im Dunklen versinkt und Neonlicht für heimelige Melancholie sorgt.
Alle Fotos von heute entstanden gestern Abend in der Hein-Hoyer- und der Seilerstraße.
Seither sammelten sich hier inklusive diesem 3.055 Einträge an, wodurch Sie sich zu 26.039 Kommentaren bemüßigt fühlten. Wie immer etablierte sich der allem Anschein nach zeitlose Text „Die Huren“ auch diesmal unter den Top Ten des Jahres. Natürlich ist er auch mit 71.165 Aufrufen der meistgelesene Eintrag ever. Für ein Blog des Titels „Rückseite der Reeperbahn“ auch irgendwie verständlich.
Will sagen: Ich danke Ihnen allen. Nur deshalb – wegen Ihnen – geht dieses Blog jetzt ins zwanzigste Jahr.
Eher schlecht als recht zwar, aber das liegt nur an mir.
Man erkennt die Handschrift – vgl. das abgefackelte Dixiklo vom Februar.
Heute Nachmittag verschaffte sich ein gewisser Leon C. Zugang zu unserem Haus. Er hatte sich unten vorgestellt als „Vertreter Ihres Netzbetreibers“ und mich damit reingelegt. Ich hatte trotz jahrzehntelanger Erfahrung mit derlei Tricks den Summer gedrückt. Grober Fehler.
Sein Name stand auf einem Mitarbeiterausweis der Telekom, den ich mir später gerade noch so eben zeigen lassen konnte, ehe eine weitere Eskalationsstufe dies unmöglich gemacht hätte. Leon C. – etwa Mitte zwanzig, akkurat frisiert, energisches Kinn; vgl. die Fotos aus dem Netz, die ihm ähnlich sehen – wollte unbedingt mit mir über Glasfaserverträge sprechen. Meinen Hinweis, die entsprechende Mail, die ich neulich von seinem Auftraggeber erhalten habe, genüge mir als Entscheidungshilfe vollauf, ließ er nicht gelten. Stattdessen versuchte er aufdringlich, mich mit rhetorischen Fragen in ein Gespräch zu verwickeln. Das lehnte ich entschieden ab.
Inzwischen standen mehrere Nachbarn in ihren Wohnungstüren, denn Leon C. hatte natürlich überall geklingelt. Ich warnte sie in seiner Gegenwart lautstark vor einem just anwesenden Telekom-Drücker und bat ihn, das Haus zu verlassen, und zwar unverzüglich.
Ob ich Eigentümer sei, schnappte er zurück.
Nein, Mieter, sagte ich.
Dann müsse er auch das Haus nicht verlassen, argumentierte er. Als Mieter habe ich nicht das Recht, ihm derlei zu befehlen.
Unter der akkuraten Frisur glühte es inzwischen puterrot. Außerdem wechselte er unversehens zum Du. Wenn Sie dieses Blog seit seinen Anfängen verfolgen, ahnen Sie, wie sehr mir höfliche Umgangsformen am Herzen liegen. Deshalb fragte ich ihn, warum er mich plötzlich duze, und verbat mir das.
Das brachte Leon C. endgültig auf Zinne. Seine hervorgestoßenen Worte „Wollen wir das klären? WOLLEN WIR DAS KLÄREN?“ kann ich nur dahingehend deuten, dass ihm als angemessene Lösung unseres Disputs eine zünftige Straßenprügelei vorschwebte.
Auch das, Sie ahnen es, ist nicht vollends kompatibel mit meiner Idealvorstellung zivilisierter Umgangsformen. Deshalb beschloss ich mich sicherheitshalber in unsere Wohnung eine Etage höher zurückzuziehen. Allerdings eilte Leon C. mir hinterher. Gerade noch rechtzeitig gelang es mir, die Wohnungstür zu schließen und die Kette vorzulegen. Er schlug mehrfach gegen die Tür.
Zu meiner nicht geringen Schande muss ich leider gestehen, dass ich ihm daraufhin ein herzhaftes „Verpissen Sie sich!“ entgegenschmetterte. Immerhin ohne ihn zu duzen. Auf dieses Niveau wollte ich mich nun wirklich nicht herablassen.
Nach diesem Vorfall scheint mir die Wahrscheinlichkeit, dass jemand hier im Haus demnächst einen Glasfaservertrag mit der Telekom abschließt, ein wenig gesunken zu sein. Und wer weiß: Vielleicht gelingt Leon C. dieser Erfolg ja dank seiner sehr speziellen Drückerkolonnenmethode in ganz St. Pauli.
In der Galerie im Erdgeschoss hat heute Silke Thoss ihren imaginären Kiosk Silkys Späti eröffnet – und auch wenn bei der Vernissage ein Gewitter den Partycrasher spielte: Bunter, das ist gewiss, wird’s dieses Jahr auf St. Pauli nicht mehr.
In Silkys Späti ist alles Pappmaché, alles ein Einzelstück und jedes „Produkt“ bis zur macho- und kapitalismusparodistischen Kenntlichkeit verfremdet.Schaun Sie doch mal rein. Soll Ihr Schaden nicht sein.
Vorab: Sich im großen Saal der Elbphilharmonie aufhalten zu dürfen, ist immer ein Genuss für sich. Die augenschmeichelnde Architektur, das wohlig warme Dämmerlicht: All das tut dem Gemüt gut, ganz unabhängig davon, wer oder was tief dort unten – wir saßen unterm Dach auf Ebene sechzehn – die Rundbühne bevölkert. Selbst wenn es die amerikanische Sängerin Cat Power ist.
Von ihrer grundsätzlich bezirzenden Idee, Bob Dylans berühmtes 1966er-„Royal Albert Hall“-Konzert (das in Wahrheit in der Free Trade Hall in Manchester stattfand) eins zu eins nachzuspielen, hatte ich mir als passionierter Dylanologe natürlich einiges versprochen – es allerdings vorab verabsäumt, Frau Power davon auch in Kenntnis zu setzen.
Das Problem der an diesem Abend geradezu Liza-Minnelli-haft zu- und hergerichteten Amerikanerin: Sie verfügt zwar über ein ansprechendes Timbre, kann aber – so hart muss man es sagen – nicht singen, zumindest nicht live. Und so leid es mir tut: Einen Ton nicht zu treffen, bedeutet noch lange keine gelungene Neuinterpretation.
Der Lagerfeuerklampfer, der sie in der ersten – akustischen – Konzerthälfte aufs banalste begleitete, verstärkte den Eindruck einer künstlerisch höchst dürftigen Darbietung, deren herausragendes Feature die Langeweile war. In der zweiten Hälfte wurde das Ganze, analog zur Vorlage, dann zum Rockkonzert. An Cat Powers größtem Talent, nicht singen zu können, änderte das freilich wenig, wodurch wir uns ermuntert sahen, in aller Ruhe das Weite zu suchen, also St. Pauli.
Doch was soll’s: Wir hatten uns im großen Saal der Elbphilharmonie aufhalten dürfen, und selbst wenn dort unten auf der Rundbühne eine frisch bemalte Leinwand gestanden hätte, der wir beim Trocknen zugesehen hätten: Es wäre ein Genuss für sich gewesen.
Aber schade um die schönen Songs war’s schon.
Übrigens habe ich noch nie einen Autofahrer gesehen, der sich über Herrn H.s auf der Fahrbahn errichtetes Streetoffice echauffiert hätte. Man hört ja sonst so allerhand, wie es zugehen soll vor Ampeln und auf Autobahnen. Geschrei, Gepöbel, justiziable Eigenschaftszuschreibungen: All das scheint in Deutschland gar nicht selten vorzukommen. Doch nicht in Gegenwart von Herrn H. Man umkurvt ihn offenkundig verständnisvoll und deshalb kommentarlos. Was er als selbstverständlich hinnimmt.
Nein, Herr H. lässt sich bei dem, was immer er dort tut, nicht stören. Man kann sogar sagen, dass die resiliente Konzentration, mit der Herr H. sein Streetoffice-Pensum abarbeitet, bewundernswert ist. Nichts bringt ihn aus der Ruhe.
Herr H. richtet seinen Stuhl immer nach Westen aus. Zwar scheint ihm dann die Sonne mitten ins Gesicht, doch wenigstens nicht aufs Laptopdisplay. Das könnte schließlich bei der Arbeit stören, eventuell sogar die Qualität der Ergebnisse beeinträchtigen. Deshalb vermutlich nach Westen. Manchmal denke ich, dass Herrn H. eine Schirmmütze guttäte, aber wer bin ich, seine selbst geschaffenen Rahmenbedingungen infrage zu stellen.
Herr H. ist mir bisher ein Mysterium. Steht er vielleicht in der Tradition von Melvilles Schreiber Bartleby? Welche biografischen Wendungen und Winkelzüge führten zu seinem stoischen Dasein als Streetworker im wortwörtlichen Sinn?
Vielleicht überwinde ich demnächst meine Scheu und frage ihn einmal. Dann mehr an dieser Stelle.
Die Deutungsmöglichkeiten dieses wohl mit Absicht so gestalteten Nummernschilds sind komplex, verwirrend, schillernd und widersprüchlich. Die Entschlüsselung überlasse ich lieber Ihnen.
Entdeckt heute irgendwo in Hamburg.
Besser kann man die Funktionsweise der Kneipenmeile Hamburger Berg nicht beschreiben.
Entdeckt an der Fassade der Schankwirtschaft Bergbombe.
der Schlagermove.
Grundsätzlich wäre mir die Veranstaltung so was von unsagbar pimpe, fände Sie – sagen wir – in Castrop-Rauxel, Westerland oder Tschernobyl statt. Leider aber tut sie das überallebenda nicht, sondern stattdessen genau hier, auf St. Pauli. Und zwar am bevorstehenden Wochenende. Diesen Termin hat der Impresario des Teufels dieses Jahr anberaumt.
Das einzig Gute (unglaublich, dass ich dieses Wort in Zusammenhang mit dem Schlagermove auch nur denke) an dieser olfaktorisch, sonisch, zivilisatorisch und ästhetisch völlig inakzeptablen, aber seit Jahren erwiesenermaßen höchst erfolgreichen Massenverblödungsmaßnahme ist nur eins: dass er in den vergangenen siebzehn (in Worten: SIEBZEHN!) Jahren immer wieder Stoff für die Rückseite der Reeperbahn abgeworfen hat, wie Sie dieser Sammlung widerlichster Einträge entnehmen können.
Sollte Ihnen der Subtext der heutigen Ausführungen bisher entgangen sein, so möchte ich ihn an dieser Stelle zur Sicherheit noch einmal klar und deutlich hervorkehren. Es ist ein Appell. Er lautet:
Bleiben Sie bloß weg. Meiden Sie vor allem weiträumig das Gebiet auf der abgebildeten Karte.
Wenn Sie bereits auf dem Weg nach Hamburg sind, drehen Sie um.
Wo immer Sie wohnen: Dort ist es besser.
Ja, auch in Bitterfeld!
Wenn ich Sie bei meinen Kontrollgängen am Wochenende trotzdem hier anzutreffen das Pech habe, so muss ich leider Maßnahmen ergreifen, die der Impresario aus der Hölle sich auch nach langem Brainstorming mit allen verfügbaren Dämonen nicht besser hätte ausdenken können. Capiche?
Foto: schlagermove.de
Während es dem großen Hamburger Sportverein erneut mit müheloser Souveränität gelungen ist, die Klasse zu halten, scheiterte mein kleiner Stadtteilverein diesmal krachend an dieser jahrelang gemeisterten Aufgabe. Und nicht nur das: Feige hat er sich damit auch davor gedrückt, in der kommenden Spielzeit die unlängst verlorene Stadtmeisterschaft zurückzuerringen. Das alles ist natürlich eine schwer erträgliche Gesamtschmach. Und um sie halbwegs zu ertragen, beging man sie heute auf dem Kiez mit einer Art Gedenkfeier.
Die für Autos gesperrte Reeperbahn, morgens noch tristes Aufmarschfeld einer Armee von Dixiklos, verwandelte sich im Lauf des Tages zu einer menschensatten Meile, in der Abertausende mühsam versuchten, ihre Frustration über die auf absehbare Zeit nicht wieder eroberbare Stadtmeisterschaft mithilfe von Drogen, Bier und melancholischen Gesängen zu überspielen. So waren unter anderem rührend verzweifelte Sprechchöre wie „Die Nummer eins der Stadt sind wir“ zu hören, was HSV-Fans – sofern anwesend – natürlich nur spöttisch belächelt hätten.
Die Mannschaft des FC St. Pauli, hauptverantwortlich für das Desaster, machte notgedrungen gute Miene zum bösen Spiel und nahm auf dem Spielbudenplatz als Trostpreis eine zur „Meisterschale“ euphemisierte silbern schimmernde Radkappe entgegen. Blamabel das alles, zum Fremdschämen.
Ich hatte zum Kondolieren mein inzwischen 22 Jahre altes Weltpokalsiegerbesieger-T-Shirt aus dem Schrank geholt und kann immerhin erfreut bestätigen: Es passt mir noch. So ausstaffiert, schloss ich mich den vielen Tausend Trauernden an, um in der Masse Gleichgesinnter wenigstens ein wenig Trost zu finden.
Andere nutzten die Versammlung gar zu politischen Übersprungshandlungen. Manch Anwesender aber verdrückte die ein oder andere Träne, und zwischendurch weinte auch der Himmel.
Aber natürlich nur über dem Kiez, nicht über dem Volkspark.
Von: Matt Wagner
Guten Tag, Herr M.,
meine Mutter (Kundennummer: 71844XX) hat mich gebeten, Ihnen diese Mail zu schreiben. Der Grund: Sie ist sehr unglücklich mit der Haltbarkeit des bei Ihnen erworbenen Fernsehsessels, und das möchte sie gerne kundtun.
Nachdem das Möbel bereits ein Jahr nach dem Kauf Zerfallserscheinungen zeigte, haben Sie es damals freundlicherweise und mit allen Anzeichen des Bedauerns ausgetauscht. Dafür war meine Mutter auch sehr dankbar. Allerdings zeigte auch das Ersatzteil bereits nach kurzer Zeit größere Schwächen, die sich mittlerweile zu derart ernsthaften Mängeln ausgewachsen haben, dass der Sessel nicht mehr benutzbar ist. Die beigefügten Beispielfotos, die ich beim letzten Besuch anfertigen konnte, sprechen eine erschütternd deutliche Sprache.
Meine Mutter stört sich vor allem an der kurzen Lebensdauer des Fernsehsessels, die nur mit erheblichen Mängeln bei der Verarbeitungsqualität zu erklären sind. Mein Eindruck, das sage ich ganz unverhohlen, ist derselbe. Überall bröckelt und fasert es, Risse tun sich auf, Spalten klaffen, Schrauben fallen unmotiviert aus dem Möbel, und zu allem Überfluss haben dessen Rollen auch noch den Linoleumbelag im Wohnzimmer großflächig zerstört. Auch das dokumentiert eines der Fotos.
Ein derartiger Totalschaden ist mir nach nur gut dreijährigem Gebrauch wirklich noch nicht untergekommen – und meine Mutter, eine Dame von über 80, ist ehrlich gesagt nicht gerade eine Vandalin, die Fernsehsesselweitwurf als Freitzeitbeschäftigung betreibt.
Nein, dieses Möbelstück verkraftet selbst die ganz normale Benutzung durch eine hochbetagte Rentnerin nur für eine bedrückend kurze Zeitspanne. Man sollte doch wirklich einen fast 500 Euro teuren Fernsehsessel nicht alle drei Jahre austauschen müssen, selbst wenn er nur mit Kunstleder bezogen ist, es sich also wahrscheinlich nicht um Ihr Super-duper-Spitzenmodell handelt, oder?
Natürlich weiß meine Mutter, dass all Ihre Garantie- und Gewährleistungsfristen sich längst verflüchtigt haben. Aber es ist ihr wichtig, Sie an ihrem Unmut teilhaben zu lassen. Und ich kann ihr da nur beipflichten: Ein Möbelstück aus Ihrem Laden sollte sich nicht binnen kurzer 36 Monate unter einem gleichsam auflösen, obwohl man einfach nur jeden Tag darauf sitzt und „Wer weiß denn so was?“ guckt.Mit freundlichen Grüßen
i. A. Matt Wagner
Von: XXX-Möbelservice
An: Matt Wagner
Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,
vielen Dank für Ihre E-Mail, die wir Ihnen hiermit zunächst einmal automatisch bestätigen möchten.
In Kürze erhalten Sie eine persönliche Antwort auf Ihre Anfrage. Bis dahin bitten wir Sie um etwas Geduld und danken Ihnen schon im Voraus für Ihr Verständnis.
Sofern Sie einen Vertrag widerrufen haben, bestätigen wir mit dieser E-Mail den Eingang des Widerrufs.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
XXX-Möbelservice
Von: Matt Wagner
Guten Tag,
meine Mutter hat sich erkundigt, wie Sie auf ihre traurigen Erfahrungen mit dem Fernsehsessel reagiert haben, und ich musste ihr leider mitteilen: bisher nur mit einer automatischen Eingangsbestätigung.
Das ist nun bereits mehr als zwei Wochen her, aber ich bin sicher, dass Sie noch reagieren werden. Mit dieser optimistischen Prognose habe ich auch meine Mutter vertröstet.
Vielen Dank vorab für Ihre Mühe.
Mit freundlichen Grüßen
Matt Wagner
Von: XXX-Möbelservice
An: Matt Wagner
Sehr geehrter Herr Wagner,
bitte entschuldigen Sie zunächst unsere pandemiebedingte späte Reaktion.
Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass der Gewährleistungsanspruch von 24 Monaten bereits verstrichen ist und wir die Reklamation nicht anerkennen können.
Gerne können wir einen Sachverständigen mit der Begutachtung und eventuellen Reparatur der Ware beauftragen. Wir bitten aber um Verständnis dafür, dass wir Ihnen die Kosten von Euro 150,00 in Rechnung stellen.
Bitte geben Sie uns schriftlich Bescheid, ob Sie mit dem Besuch des Außendienstmitarbeiters unter den genannten Bedingungen einverstanden sind. Einen anderen Vorschlag können wir leider nicht unterbreiten.
Für Ihr Verständnis danke ich und wünsche einen schönen Tag.
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Viele Grüße
Ch. H.
- Möbelkundenservice –
Von: Matt Wagner
Sehr geehrte Frau H.,
vielen Dank für Ihre Mail, über die ich mich gefreut habe. Zwar weniger über den Inhalt als über die Tatsache, dass Sie doch noch geantwortet haben. Die Umstände sind aber auch besondere, das ist nachvollziehbar.
Wie ich bereits in meinen vorangegangenen Mails geschildert habe, handelt es sich bei dem Fernsehsessel um einen Totalschaden. Das ist auch ohne einen Besuch Ihres Außendienstmitarbeiters unzweifelhaft. Deshalb wären die 150 Euro leider rausgeschmissenes Geld. Es braucht also zwecks Inaugenscheinnahme oder gar Reparatur niemand von Ihnen zu kommen, wirklich nicht.
Aber: Wenn Sie den Sessel kostenlos abholen und entsorgen könnten, wäre das etwas, gegen das sich meine Mutter keinesfalls wehren würde. Denn das wuchtige Möbel beansprucht natürlich trotz seiner völligen Funktionslosigkeit viel Raum, der so nicht anderweitig nutzbar ist. Ihren hauseigenen Qualitätskontrolleuren hingegen würde die Sesselruine mit Sicherheit wertvolle Erkenntnisse über die zahlreichen Schwachstellen der Konstruktion liefern, wovon künftige Fernsehsesselgenerationen enorm profitieren könnten.
Wäre das nicht der versöhnliche Abschluss einer doch recht unerfreulichen Geschichte, die meiner Mutter viele Fernsehabende verdorben hat? Für Terminvorschläge, die ich dann mit ihr abstimmen würde, bin ich jederzeit offen.
Ich bin guter Dinge, dass Sie diesem – wie ich finde – salomonischen Vorschlag zustimmen, und grüße Sie hiermit herzlich.
Ihr
Matt Wagner
Von: XXX-Möbelservice
An: Matt Wagner
Sehr geehrter Herr Wagner,
gut, dass Sie sich melden.
Bei Bestellung von Polstermöbeln, welche durch ein Speditionsunternehmen ausgeliefert werden, kann die Abholung und Entsorgung von Alt-Polstermöbeln beauftragt werden. Die Kosten hierfür betragen 75,00 EUR pro Abholungsstück.
Bitte beachten Sie, dass eine Entsorgung von dem alten Sessel ohne Neubestellung nicht möglich ist.
Für weitere Fragen bin ich gerne für Sie da! Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.
Viele Grüße aus P.
Ihre
Ch. H.
- Möbelkundenservice –
Von: Matt Wagner
Sehr geehrte Frau H.,
nach unserer bestürzend fruchtlosen Konversation in den vergangenen Monaten habe ich meiner Mutter nun geraten, beim Ersatz für ihren ruinierten Fernsehsessel auf das möglicherweise verlässlichere Produkt einer beliebigen anderen Lieferfirma zu setzen. Hauptsache, nicht von Ihnen.
Ich hoffe und nehme stark an, Sie können das nachvollziehen.
Freundliche Grüße
Matt Wagner
(Seitdem Funkstille)
PS: Diese Korrespondenz liegt schon etwas zurück, deshalb die Bemerkungen zur Pandemie. Meine Mutter hat längst einen neuen Fernsehsessel. Und er zerfällt nicht!