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28 Februar 2011

In Extremo widerlegen das Optimalverspätungsgesetz



Wenn man seit 16 Jahren auf dem Kiez Konzerte besucht, weiß man genau, was man keinesfalls tun darf: pünktlich kommen, also zu dem Zeitpunkt, an dem das Konzert offiziell angesetzt ist.

Pünktlich kommen bedeutet nämlich – vor allem, wenn die Begleitung kurzfristig abgesagt hat – dumm rumstehen und vor lauter Langeweile vor der Zeit das erste Bier bestellen.

Wer auf dem Kiez pünktlich kommt, kommt auf alle Fälle viel zu früh. Die Band ist wahrscheinlich gerade auf dem Weg ins Restaurant und wird erst nach dem gemütlichen Gelage plus obergemütlichem Absacker plus Kurzmalfrischmachen im Hotel ganz allmählich eintrudeln, während man selbst vor Langeweile schon drei Bier getrunken hat. Oder vier.

Einmal wollte ich – was ich wahrscheinlich hier schon mal erzählt habe – zu einem um 22 Uhr angesetzten Konzert ins Molotow, welches dann um 0:30 Uhr endlich anfing. Das waren irgendwelche Dänen, und sie waren verdammt gut. Aber auch verdammt spät dran, und das an einem Donnerstag.

Wenn man also seit 16 Jahren auf dem Kiez Konzerte besucht, kommt man später, so Pi mal Daumen eine Stunde. Schon oft gelang es mir mit dieser ausgefeilten Methode, exakt zur Ansage oder während des ersten Stücks den Club zu betreten, während ich umgeben war von aus bekannten Gründen glasig dreinschauenden Leuten, deren Konzertbesuche keinen empirischen Gesetzmäßigkeiten folgten.

Gestern Abend spielten In Extremo im Grünspan, eine Band, die ich zwar schon mehrfach getroffen, aber noch nie live gesehen hatte. Offizieller Konzertbeginn war 20 Uhr, also machte ich mich gemäß des Optimalverspätungsgesetzes um 21 Uhr auf den kurzen Weg ins Grünspan.

Der Mann an der Kasse glotzte mich verwundert an, als ich Einlass begehrte, und rief mir gegen den herüberbrandenen In-Extremo-Lärm zu: „Die sind aber gleich fertig.“ Ich erwiderte etwas im Sinne von „Wie bitte? Aber gab es denn keine Vorband?“, doch er drückte mir den Stempel auf den Daumenballen und brüllte: „Die haben pünktlich angefangen“ – ein Satz, der mir genauso realistisch vorkam, als hätte er gerade gesagt (nein: gebrüllt), der Papst habe heute eine Bank in Stockholm überfallen.

Doch es stimmte. In Extremo hatten pünktlich um 8 angefangen. Sie spielten nach meiner Ankunft noch drei Stücke, sperrten sich gegen den ausdrücklichen Wunsch des Publikums nach Zugaben und entließen uns alle noch vor halb 10 hinaus in die linde Nacht.

So erlebte ich das wahrscheinlich kürzeste Kiezkonzert meines Lebens, das zudem mit der geringsten persönlichen Biervertilgungsquote seit Erfindung der Gerste in die Annalen einging: null.

Also fragen Sie mich bitte nicht, wie es war. Auskunft geben kann ich höchstens über die Laserlichtspiele überm Toiletteneingang, aber auch das am liebsten nur visuell.

21 Januar 2011

Ganz schön extremo



Vielleicht hätte ich Micha Rhein, den Sänger von In Extremo (Foto), heute Abend besser nicht daran erinnern sollen, wie er und seine Band uns vor knapp drei Jahren bei einer ähnlichen Veranstaltung mit Wodka abgefüllt hatten.

„Ja, stimmt!“, rief er, „du hast Recht!“ Dabei blitzten seine schmalen, konsequent kleingefeierten Äuglein auf vor Dankbarkeit, und schon huschte er davon, um nur wenige Minuten später mit einem Tablett außergewöhnlich gut befüllter Wodkagläser zurückzukehren.

So nahm alles seinen Lauf im abgeranzten Kleinclub King Calavera mitten auf dem Kiez.

Über uns hinweg brauste das neue Album „Sterneneisen“ dieser Berliner Dudelsackrocker (eine sichere Nr. 1), Rhein spendierte mit blitzenden Äuglein Wodka, und praktisch alle außer Ms. Columbo und mir pafften, quarzten und qualmten, dass sich ihre Lungenlappen bogen – und wir das Gefühl hatten, zurückgekehrt zu sein in die Achtziger, als wir uns noch gedanken- und bewusstlos in den dicksten Nikotinwolken aufgehalten hatten, ohne dass uns auch nur irgendetwas daran falsch oder wenigstens merkwürdig vorgekommen war.

Heute Abend, im King Calavera, war es wieder so wie in jenen guten, alten Zeiten. Der Rauch schaute sich überall neugierig um und drang dann bevorzugt tief ein in die Hackfleisch-, Roastbeef- und Ziegenkäseschnittchen, die auf der Theke herumstanden und sich am Anfang ihrer Karriere bestimmt eine mondäneres Verspeistwerden erträumt hatten als unter den gegebenen Umständen in einem abgeranzten Kleinclub mitten auf dem Kiez.

Egal, es ist jedes Mal nett mit In Extremo. Auch wenn unsere komplette Garderobe danach immer genauso laut nach der Waschmaschine schreit wie die Fischverkäuferin in „Atlantic City“ nach der Dusche.

(Kann es eigentlich sein, dass auch meine Kamera nach Rauch stinkt, oder bilde ich mir das nur ein? Ich meine: Sie ist aus METALL!)

19 März 2008

Zwischen Wodka und Bionade

Ja, es ist wirklich schön, auf dem Kiez zu wohnen. Das gilt natürlich ganz generell (den Beweis führe ich seit September 2005 – siehe Monatsleiste links) – und speziell dann, wenn man zu einer sog. „Listening Session“ in Rosi’s Bar eingeladen ist, die nur hundert Schritte von der Wohnung entfernt liegt.

Uns wird die neue Platte von In Extremo vorgespielt. Dazu gibt es Häppchen vom Buffet (Foto), und der Gitarrist läuft ein ums andere Mal mit Wodkatabletts herum. Hicks.

Zwischendurch gibt Sänger Michael Robert Rhein den sympathischen Rockproll. Wenn er seine Sitzbank verlassen will, benutzt er sie als Treppe und steigt über die Lehne. Und natürlich legt er die Füße auf den Tisch. Nur eins passt nichts ins Bild: Er trinkt Bionade.

Aber immerhin süffelt er auch den Wodka vom Tablett des Gitarristen, was ich zum traulichen Prosit nutze. Ich frage den Mittelaltermann, wohin er denn mit einer Zeitmaschine reisen würde.

Eine natürlich eher rhetorische Frage, denn der Mann zog schon früh als Gaukler und Feuerspucker über die Mittelaltermärkte und seit zehn Jahren als Sänger mit In Extremo durch die Welt – einer Band, die Marktsackpfeifen, Trumscheit und Schalmeien mit Krachgitarren verbindet.

Seine Antwort ernüchtert mich zwar nicht, überrascht aber doch. Denn so hat mir noch keiner geantwortet. „Ich glaube“, sagt Herr Rhein, „ich bliebe hier.“

Amtliche Aussage. Darauf noch einen Wodka.