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28 Januar 2011

Rügen haben kurze Beine



In einer Vorverkaufsstelle im Mercado möchte ich auf den letzten Drücker – nämlich nur wenige Stunden vor der Veranstaltung – noch eine Karte für eine Lesung im Literaturhaus erwerben.

Die Frau am Vorverkaufscomputer klackert ein wenig herum und sagt dann: „Ja, das geht noch. Möchten Sie eine Versicherung abschließen für den Fall, dass Sie krank werden bis heute Abend?“

Die Frage erwischt mich kalt. Sehe ich etwa derart moribund aus, dass mein Besuch der Lesung offensichtlich gefährdet scheint? Die Frau verneint das; es handele sich lediglich um eine Routinefrage. Das erleichtert mich, und ich verzichte.

Ich fühle mich sowieso leicht überversichert – Rente, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Rechtsschutz, Riester, Leben, Haftpflicht, Hausrat, Fahrraddiebstahl, Krankenhauseinzelbettzimmer, Chefarztbehandlung: Da brauche ich nun wirklich nicht noch eine Lesungsbesuchsverhinderungsversicherung für heute Abend, zumal ich mich komplett beschwerdefrei fühle bis auf ein bisschen Rücken. Und wäre das auf bedenkliche Weise anders, dann erwürbe ich keinesfalls eine Eintrittskarte für eine Lesung, sondern kuschelte mich prophylaktisch in die Laken.

Für die Versicherung hätte ich übrigens, wie mir die Vorverkäuferin auf Nachfrage bereitwillig erläuterte, einen Euro und 80 Cent berappen müssen. Das sind 18 Prozent des Kartenpreises – eine Rendite, mit der sich auch Josef Ackermann zufrieden gäbe. Vielleicht sogar Carsten Maschmeyer.

Egal, alles ging gut, ich erreichte unfallfrei die Lesung, und die war ganz großartig – vor allem, weil der unvergleichliche Titanic-Autor Pit Knorr Stargast war. Er las unter anderem die Kalauereske „Der Inselpfarrer“, in der unzählige Inselnamen aufs Furioseste zu einer Geschichte verbogen, verzahnt, verknotet und verhackstückt werden. Auszug:

„Da ist doch nichts Hawaii. Ich bin Künstler und Malediven.“ „Du malst Diven? Bahamas doch! Rügen haben kurze Beine. Gestehe: Du willst dich mit ihr auf der Sumatratze wälzen, denn dich erregt der Anblick ihrer entblößten Spitzbergen und ihrer rasierten Formosa. Was regt sich denn da in deiner Helgoländen Gegend?“ „Ach", sagte er, „das ist doch nur mein kleiner Bornholm.“ „Das sieht mir aber mehr aus wie eine ausgefahrene Lanzarote!“ Und er wurde ganz Rhodos.
Viele glauben, dieser Irrwitz sei original von Otto Waalkes, weil der die Nummer im Programm hatte, und das leichtgläubige Internet denkt das mehrheitlich auch, doch nein: Es war Pit Knorr, der sich das Stück für Otto aus den Hirnwindungen wrang, und dafür sollte man ihm auf Knien danken.

Ich täte es jedenfalls sofort, wenn ich nicht auch ein bisschen Knie hätte – aber nicht so stark, dass ich heute Abend nicht die Lesung hätte besucht haben können.

Das Foto zeigt übrigens Rügen, zumindest einen Teil davon.


09 Oktober 2009

Als Krönung die Gröner

Wir waren im Toten Salon, einer Lesereihe von Gerhard Henschel und Richard Christian Kähler, die als Gastgeber heute den Stargast Frank Schulz umrahmten.

Henschel zitierte irgendwann einen bunten Strauß im Web zusammengekehrter Zungenbrecher aus diversen deutschen Dialekten, und ich wunderte mich nicht schlecht, als ich plötzlich aus seinem Munde meine verbloggte hessische „Haa hi ho“-Sentenz vernahm.

Geschmeichelt redete ich mir unwiderlegbar ein, er möge sie in meinem Blog entdeckt haben, und sonnte mich behaglich in diesem für alle anderen außer Ms. Columbo unsichtbaren Ruhm.

Später fingen die drei an zu „singen“, und zwar ein Stück von Leonard Cohen. Ich könnte viel Geld vor allem von Henschel (r.) erpressenbitten für die Bereitschaft, meinen Mitschnitt davon (Szenenfoto) nicht auf YouTube zu veröffentlichen.

Am 10. Dezember, dem übernächsten Toten Salon, wird übrigens Stargast Anke Gröner von Henschel und Kähler umrahmt, was ihnen eventuell noch mehr Spaß macht als mit Schulz.

01 März 2008

Lesen und lallen


Link: sevenload.com


Tage im Zeichen des Teufels Alkohol. Nehmen wir die gestrige Bloglücke: Dafür hatte ich einen guten Grund – nämlich einen im Tee.

Die entscheidenden Informationen zu dieser Nacht gerieten dennoch ans Licht der Öffentlichkeit, wenn auch an anderen Stellen. Daher kann ich mich direkt dem heutigen Abend zuwenden.


Wir besuchten – wie angekündigt – die Lesung betrunkener Autoren im Indra, wobei es richtiger hätte heißen müssen: Lesung sich allzu gemächlich betrinkender Autoren, denn auch nach über zwei Stunden kamen manche dieser Herrschaften erst auf lachhafte 0,27 Promille – jawohl, Frau Schütz, ich rede von Ihnen!

Ziemlich weit vorne aber war von Anfang an Sven Amtsberg. Dennoch glänzte er mit dem besten ersten Satz des Abends: „Ich lag nackt auf dem Bett und schaute ihr dabei zu, wie sie sich mich schön soff.“

Während der Franke und ich solchen Preziosen adäquaterweise mit Bier huldigten, hielt sich Ms. Columbo an Sprudel. Sie wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass Conferencier Gunter Gerlach irgendwann sagen würde: „Wer Wasser trinkt, hat etwas zu verbergen.“ Doch selbst als er es gesagt hatte, lächelte sie nur fein und bewahrte all ihre Geheimnisse.

Sven Amtsberg las seine dritte Geschichte von der untenrum dicken Frauke (siehe Clip) mit bereits 2,10 Promille, womit er seine Führungsposition weiter ausbaute. Zwischenergebnisse wie die von Wiebke Lorenz (3,32!) kamen unter irregulären Bedingungen zustande (Schluck Bier im Mund beim Blasen), weshalb sie hier nicht in die Wertung einfließen.

Der Abend endete absehbar: Irgendwann war das Publikum betrunkener als die Autoren, die indes auch schon zu lallen begannen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Indrabierbänke in drei Stunden stiller Arbeit unsere Rücken und Hintern endgültig besiegt.

Also gingen wir; Ms. Columbo tat das am grazilsten, dank Sprudel.

28 Februar 2008

Wie ich mal ein Rollstuhlpaar am Leben ließ



„Am Film stören mich nur die Bilder“, hat Adorno mal gesagt. Diesen Aphorismus möchte ich gerne aufgreifen, um hier erneut zu bekennen: Mich stören an der Stadt nur die Menschen.

Deshalb war auch „I am Legend“ so erholsam. Ein menschenleeres New York, wie wunderbar. Für Hamburg wünscht sich mein Radler-Ich so was täglich. Vor allem, wenn ich auf dem Radweg unterwegs bin und vor mir einen Rollstuhlschieber mit immobiler Frau sehe, der unversehens einen Schlenker nach links auf meine Fahrbahn macht und in jener Sekunde, da ich ihn ausweichend rechts umkurven will, wieder ebendorthin zurückschwenkt.

Es kam mir in einem Anflug ernster Paranoia so vor, als habe der Mann einen Rückspiegel installiert, mit dessen Hilfe er seine Fahrbewegungen derart auf mein Herannahen abstimmen konnte, dass ein Kollisionskurs unter allen Umständen garantiert war – und zwar auf Kosten der hilflosen Rollstuhlinsassin, die seine Manöver nur als merkwürdigen, doch keineswegs hämischen Schlingerkurs analysiert haben muss.

Ich freilich wusste es besser. Trotz alledem schaffte ich es übrigens, beide am Leben zu lassen und nebenbei auch mich. Was mir aber unterm Eindruck dieses Vorfalls mehrere Stunden lang nicht gelang: mich in die euphorisierende Vorstellung einer menschenlosen Stadt hineinzusteigern.

Vielleicht sollte ich mal wieder einen entstressenden Kurs besuchen – oder am Samstag die Lesung betrunkener Autoren im Indra, wo die Beatles ihr erstes Konzert in Hamburg spielten.

Denn wenn schon Menschen, ob Rollstuhlschieber oder Verseschmiede, dann wenigstens rechtschaffen besoffene.

04 Februar 2008

Beginn einer neuen Ära

Erinnert sich eigentlich noch jemand an Bücher? Ich meine nicht das, was man zu Weihnachten verschenkt, was in der Amazon-Bestenliste auftaucht und sich bei Thalia zu Bergen türmt.

Sondern das, was man aufschlägt und langsam Seite für Seite von vorne bis hinten in der richtigen Reihenfolge durchliest. Bücher. Diese zusammengehefteten Papierseiten, die mal wichtig waren, so verdammt wichtig. In der Ära vor dem Internet, vor Spiegel online, vor der iTunes-Bibliothek mit zehntausend Songs, vor dem Job, der sich immer tiefer hineingefressen hat in dein Leben, deine Freizeit, deinen Urlaub.

Echte Bücher, zerzaust und gealtert durch echtes Lesen. Ich habe festgestellt, dass ich mich kaum noch daran erinnere, aus all den genannten Gründen. Früher habe ich Bibliotheken verschlungen, wild durcheinander, Hauptsache Buchstaben – von „Perry Rhodan“ bis Dostojewski, von Goethe bis Kerouac, von Dan Shocker bis Nabokov und von Rimbaud über Highsmith bis Brussig.

Und jetzt reicht es Woche für Woche nur noch für die FAS und den Spiegel und ein paar Flackerblicke in Fach- und Konkurrenzzeitschriften. Das musste sich ändern, unbedingt. Und seit heute hat sich das geändert, zumindest ist ein Anfang gemacht.

Heute nämlich hatten Ms. Columbo und ich unsere erste gemeinsame Lesestunde. Wir setzten uns pünktlich um halb 10 hin mit je einem Buch – und lasen. Sonst nichts. Keine Musik nebenbei, kein Mailcheck zwischendurch, kein Film im Hintergrund. Nicht mal das Telefon hat geklingelt, danke schön.

Am kommenden Montag folgt die nächste Lesestunde. Vielleicht gehen wir irgendwann sogar auf zwei pro Woche. Eine neue Ära hat begonnen. Sie ist so was von 20. Jahrhundert.

Aber vielleicht hat sie eine strahlende Zukunft.

02 Oktober 2007

Neue lächerliche Fotografierversuche

Es ist stockdunkel im Schmidt’s Tivoli, die Vorstellung beginnt. Als es noch ein bisschen heller war, sah man an der Rückseite der Bühne schwarze Vorhänge. Jetzt flammt ein einzelner Spot auf, und er tritt herein: Nikolai Kinski, Sohn des großen Klaus.

Er trägt Schwarz, vom Haar übers Hemd bis zu den Hosen und Schuhen. Trotz des Spots hat sich also an der gefühlten Finsternis kaum etwas geändert. Nikolai rezitiert Verse seines Vaters, und ich will den üblichen kleinen Erinnerungsfilm anfertigen. Doch sofort eilt aus dem Off eine Theaterangestellte herbei und sagt: „Das ist nicht erlaubt!“

Ja, ja, na gut, mache ich. Kaum ist sie weg, plane ich den nächstkleineren Coup. Ein Foto, das ist von nun an mein Ziel. Heimlich und im, wie gesagt, Stockdunkeln hantiere ich am Gerät herum, versuche es schussfertig zu machen.

Wesentlich dafür ist natürlich das Ausschalten des Blitzlichts. Schließlich ist es duster und das Fotografieren verboten; es wäre sehr unklug, diese Vorsichtsmaßnahme nicht zu ergreifen. Also stelle ich den Blitz aus.

Zumindest versuche ich es. Denn dabei gerate ich Volltrottel versehentlich auf den Auslöser – und ein Blitz von einer Stärke, die ich meiner kleinen, tapferen Digicam niemals zugetraut hätte, erhellt für Sekundenbruchteile das Tivoli.

Ich habe mein Knie fotografiert. Es ist oben zu sehen.

Natürlich schießt auch sofort wieder die Angestellte herbei, droht mir flüsternd mit Konfiskation der Kamera und setzt sich neben mich auf den Boden. Sie traut mir nicht mehr, und das zu recht. Dabei bin ich inzwischen nervlich ebenso zerrüttet wie von jedem illegalen Gedanken geheilt, aber so was von.

Später versuche ich Kinski beim Signieren zu fotografieren, doch das Foto wird unscharf und patinös, als stammte es aus den 30ern. Ich hätte blitzen sollen.

15 Mai 2007

Frau Berg möchte meine Hilfe nicht, das ist auch gut so

Ich weiß nicht, wie es dem Rest von euch geht, aber ich kann mich noch immer kindlich freuen am Wunder des Webs, an der Tatsache, online immer gleich weit weg zu sein von jedem Ort der Welt (nämlich atemnah); immer dort zu sein, wo die Mails ankommen, sei es auf der Rückseite der Reeperbahn oder auf Tuvalu.

Oder in der Schweiz, wo sich fast jede Woche die wunderbare Schriftstellerin Sibylle Berg hinsetzt und einen Brief schreibt an ihre Fans und dann auf den „Senden“-Knopf drückt. Und schwups habe ich ihr Schreiben im Posteingang, wo ich dann zum Beispiel Folgendes zu lesen bekomme:

… Fast den menschen fürs leben gefunden, fats den traumjob, die traumwohnung bekommen, udn nun doch wieder nichts udn dass einzige , was passiert , ist der donnerstag. wo es endlich di eneue BUNTE gibt. so schlinger das leben knapp an uns vorbei, und am ende: KREBS.“

Ja, so ist die Frau Berg: sensibel und schonungslos. Und so was von schlurig in der Rechtschreibung. Man weiß gleich mal wieder die Arbeit brillanter Lektorinnen zu schätzen und gewinnt zeitgleich eine Ahnung davon, welch ein Schicksal es sein muss, Lektorin von Frau Berg zu sein. Kein leichtes, gewiss nicht.

Wie auch immer: Anlässlich ihres letzten Briefes erbot ich mich spontan, regelmäßig kurz über ihre wöchentliche Mitteilung zu schauen und die gröbsten Schnitzer zu entfernen, bevor sie den „Senden“-Knopf drückt. Doch Frau Berg lehnte maßvoll gerührt ab, und zwar mit folgenden Worten:

„nein-- wenn ich begönne die kleinen briefe zu ordnen zu überdenken, in eine form zu bringen, dann würde ich sie nicht mehr spontan an die menschen schicken, sondern verkaufen, udn das wäre doch auch blöd-“

Ja, Frau Berg hat Recht, natürlich. Mir wären grausige Korrekturen unterlaufen, zum Beispiel hätte ich der Welt ihren reizend imaginären Konjunktiv „begönne“ vorenthalten, was höchst schade gewesen wäre. Nein, alles ist gut so, wie es ist.

Hauptsache, ich bin dort, wo ihre Mails ankommen.


Foto: Katharina Lütscher, Allegra

05 April 2007

Abenteuerurlaub Bloggerlesung

Am 14. April – dem gleichen Tag also, nur 152 Jahre später, als John Wilkes Booth Abraham Lincoln erschoss – gibt es in der Hanauer Zehntscheune eine schillernd kompilierte Bloggerlesung mit dem bewusst nach Vollhorst klingenden Titel „Herbert – Die Lesung“.

Beteiligt ist folgendes schrille Ensemble: DieJulia, German Psycho, Turnschuhromantik, Murmeltiertag, kreativbetrunken und Zahltag.

Das Ganze kostet lachhafte fünf Euro, man bekommt also im Schnitt für nur 83 Cent einen Blogger. Oder eine Bloggerin. Das entspricht umgerechnet einem Drittelbier – und entzieht Ausreden fürs Nichterscheinen jede Grundlage. Die Bewohner Hessens und benachbarter Bundesländer mögen also bitte geschlossen erscheinen.

Und keine Angst vor German Psycho: Normalerweise ist er recht harmlos. Zudem haben die Veranstalter versprochen, ihn beim Lesen festzuketten – wie einst King Kong im New Yorker Theater.

(Ja, ich weiß, wie das
damals ausging. Aber die Qualität der Ketten ist inzwischen viel besser. Die halten.)

(Foto: geocities)

25 August 2006

Das Bein von Sibylle

Heute hat mir Sibylle Berg mal wieder ein Newsletter geschrieben. Der Betreff der Mail lautete: „das wird wieder 2 mal kommen,weil ist noch nicht repariert“. Und das stimmte auch. Es lagen knapp drei Stunden dazwischen. (Ich habe trotzdem beide Mails aufgehoben; ich kann einfach nichts wegschmeißen.)

Frau Berg ist eine Schweizer Schriftstellerin, der seit Jahren meine Bewunderung gilt, seit ich mal eine Lesung von ihr besuchte. Ich erlebte sie im damaligen Mojo Club (einst zu finden unter der gloriosen Adresse Reeperbahn 1), wobei mich nicht nur das, was sie las, zur Bewunderung hinriss, sondern auch die Art, wie sie saß.

Frau Berg nämlich ruhte, während sie sprach und rauchte, die ganze Zeit auf ihrem rechten untergeschobenen Bein. Selbiges hatte sie mit gymnastischer Gelenkigkeit, die man ihrem ranken, schmalen, wenn nicht gar hageren Körper auch durchaus zugetraut hatte, rechtwinklig abgeknickt unter ihren linken Oberschenkel geschoben.

Dies ist ebenso
bequem wie orthopädisch bedenklich. Doch wenn ich das tue – und ich tue das gern, zum Beispiel in dieser Sekunde, denn es stabilisiert irgendwie die Sitzhaltung –, dann halte ich es nur kurze Zeit durch. Nach wenigen Minuten bereits beginnt ein Kribbeln im Unterschenkel, schiebt sich schleichend hoch zum Knie, und schon ist mir beinah unbemerkt das halbe Bein weggedrusselt.

Dann fluche ich, stelle das Bein zum Auftauen ab, schiebe nunmehr das andere zwecks Sitzstabilisierung unter den Oberschenkel mit dem tauben Ding untendran, und nach wenigen Minuten wiederholt sich das Beinchenwechseldich. So geht das bisweilen einen ganzen Abend lang.

Frau Berg hingegen sitzt die ganze Lesung lang stoisch auf ihrem rechten Bein, ohne dass sie es je herausziehen muss – und ohne dass es ihr danach einfach abfällt. Dafür bewundere ich Frau Berg sehr.

Heute, in ihrem Newsletter, informiert sie mich über ihr Musical „Wünsch dir was“, das am 29. September in Zürich Premiere hat. Sie zitiert sogar einen Song daraus, und der geht so:

Du hast doch immer so geträumt,

von etwas, das viel größer ist,

und hast dann morgens schon geweint

über all den tristen Mist.

Der Stapel Rechnungen im Müll,

in der Nacht lagst du starr still.


Nie würdest du den Oscar kriegen,

nie einmal um die Welt rumfliegen,

du gehst zur Arbeit früh um acht,

hast du das früher mal gedacht,

als du von Lady Di geträumt,

die deine Sachen dir nachräumt.


Was ist das schon, das kleine Leben,

ein Haufen Stunden voller Müll,

du drehst dich um und greifst den Menschen,

der aus Versehen bei dir ist,

du kraulst den Bauch und weißt dann eben,

dass du doch sehr glücklich bist.


Erst Mist und Müll, und am Ende wartet das kleine Glück: So kenne ich Frau Berg gar nicht, sondern eher umgekehrt.

„ansonsten“, schreibt sie abschließend, „wünsche ich euch ein ereignisreiches wochenende und grosse möpse, eure langgesichtige frau berg“. Das hat sie bestimmt alles getippt, während sie auf ihrem rechten Bein saß, welches garantiert kein bisschen einschlief.


Ich bewundere Frau Berg.

PS: Vor allem für den hochgeschätzten schwäbischen Blogdichter Poodle dürfte übrigens die Tatsache von höchstem Interesse sein, dass in Frau Bergs Stück ein böser Pudel namens Ralf sein Unwesen treibt.

Foto: Katja Hoffmann