07 März 2017

„Fahrscheinkontrolle!“

An Murphys Gesetz (was passieren kann, passiert auch irgendwann, und sei es noch so unwahrscheinlich) denkt man leider nie präventiv, sondern immer erst dann, wenn es mal wieder zur Anwendung kommt. Also dann, wenn es zu spät ist.

Heute Morgen stieg ich um zwei Minuten vor 9 mit einer Karte, die ab 9 Uhr gültig war, an der Haltestelle U-Bahn St. Pauli in den 112er-Bus. 120 Sekunden Risiko – statistisch ist so etwas komplett zu vernachlässigen. 

Bitte streichen Sie „komplett“ aus dem letzten Satz, denn kaum, dass der Bus angefahren war – es war exakt 8:58 Uhr –, erhoben sich drei kräftige Herren in unauffälliger Funktionskleidung und sagten jenes Wort, das man als Besitzer einer ab 9 Uhr gültigen Tageskarte zu diesem Zeitpunkt keinesfalls hören möchte: „Fahrscheinkontrolle!“

Als einer der drei, ein wohlbeleibter Herr mit Brille und recht liberaler Einstellung zur Akkuratesse seiner Rasur, an meinen Sitz trat, aktivierte ich das größte mir mögliche Quantum mimischer Arglosigkeit und hielt ihm mit lässiger Eleganz mein Handydisplay hin.

Er schaute drauf, mich an, stutzte und sagte: „Sie dürfen erst ab 9 Uhr fahren.“
„Oh“, machte ich.

Auf seiner Stirn bildete sich eine Sorgenfalte. Parallel zerknautschte ein Ausdruck vorwurfsvoller Zerknirschung seine Mimik. Auch Bedauern und Mitleid schienen mir in diesem Gesichtsschauspiel mit Nebenrollen betraut zu sein. 

„Das kostet eigentlich 60 Euro“, sagte er und schaute hinter mir den Gang entlang. 
„Hm“, machte ich bang.

Allerdings ließen sowohl das verehrungswürdige, Gnade vor Recht verheißende Adjektiv „eigentlich“ als auch sein schweifender, an mir auf wohltuende Weise desinteressierter Blick Hoffnung keimen. 

Seine beiden Kollegen weiter vorne im Bus hatten bereits zwei Männer in der Mangel, doch ich schien – obzwar vollumfänglich schuldig im Sinne der Beförderungsbestimmungen – den Jagdinstinkt meines Kontrolleurs nicht zu wecken. Inzwischen war es Punkt 9 Uhr, wir hielten an der Handwerkskammer – und dieser Gandhi unter den Hochbahndetektiven ließ mich vom Haken und links liegen.

Habe ich schon erwähnt, dass er ein liebreizender Knuddelbär war? Dass HVV wahrscheinlich gar nicht die Abkürzung für „Hamburger Verkehrsverbund“ ist, sondern für „Herzensgüte Vor Verurteilung“? Dass Murphys Gesetz mir hinfort und immerdar heilig sein wird? Dass gute Rasuren völlig überschätzt werden?





24 Februar 2017

Der Unterschied zwischen Vögeln und vögeln

Neulich beim Lunch bei meinem Lieblingsgriechen im Mittelweg stach mir das Cover einer dort herumliegenden alten Ausgabe der Zeitschrift „Welt vegan“ ins Auge. Dies vor allem wegen der so irritierenden wie vielversprechenden Schlagzeile „Vegan Vögeln“ (sic!). Was meinte die Redaktion wohl damit?

Zunächst dachte ich an einen peinlichen Rechtschreibfehler und nahm an, in Wahrheit seien „Vegane Vögel“ gemeint, also welche, die auf Mücken und Würmer verzichteten und deshalb aus Sicht des Magazins innerhalb der Gattung der Federtiere besonders förderungswürdig seien. Zumindest mehr als Adler oder Enten, die anscheinend noch nicht so weit sind. 

Dann aber dämmerte mir, dass die Schlagzeile „Vegan Vögeln“ lediglich dank der mangelnden Groß-/Kleinschreibungsskills der Redaktion an der Verdeutlichung ihres Sujets scheiterte. Es ging bestimmt nicht um eine der artenreichsten Klassen der Wirbeltiere, sondern um: menschlichen Matratzensport.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen in dieser Situation gegangen wäre, aber ich musste dringend die Zeitschrift zur Hand und den entsprechenden Artikel in Augenschein nehmen. Denn ist nicht veganes Vögeln per se paradox, da doch dabei gewöhnlich ordentliche Fleischportionen involviert sind und manchmal sogar proteinreiche Stoffe inkorporiert werden? Oder meinten die etwa Sex mit Puppen?

Nein, wie sich beim Lesen herausstellte; sondern Kondome, Gleitgel und Sexspielzeuge ohne tierische Inhaltsstoffe. Die Autorin „Einhorn Linda“ (sic!) empfahl zum Beispiel bei der Wahl der Hilfsmittel auf Lederriemen zu verzichten. Ihr Alternativvorschlag: Fahrradschläuche.

Die generelle Voraussetzung aber, um überhaupt in den Infight gehen zu können, stellte Einhorn Linda klar, sei für sie eine vegane Lebensweise. Denn sie könne überhaupt keinen Sex haben, wenn ihr „Gewissen voller Massentierhaltungsszenen“ wäre.

Eine lohnenswerte Lektüre also. Und alles nur wegen eines Rechtschreibfehlers! Nur die olfaktorische Halluzination, die vom Gedanken an Fahrradschläuche ausgeht, würde ich gern wieder los. Am liebsten bald.


PS: Die oben abgebildeten Vögel leben nicht vegan. Trotzdem scheinen sie sehr befriedigenden Sex zu haben, wenn man die alljährlichen Nachwuchsraten betrachtet. Es geht also!



12 Februar 2017

Hmm, lecker Winterwetter!

Wie ich Ihnen unlängst mit deutlichen Anzeichen berechtigten Beleidigtseins schilderte, verschmäht unser Onlinekäseshop grundlos und wider alle Vernunft meine angebotenen Korrekturdienste. 

Und nicht nur das: Seither bohrt er in Form diverser Newsletter weiter mit hämisch verhunzter Grammatik in meiner Wunde, und zwar derart vehement, dass sich selbst Jack the Ripper – wenn Sie mir diesen Kalauer gestatten – eine Scheibe davon abschneiden könnte. Zum Beispiel tut er das mit Botschaften wie dieser:



Was dem Käseshop indes „ziemlich einfach“ vorkommt, ist mir selbst nach vielfacher Lektüre dieser Passage noch immer ein Buch mit sieben Siegeln. Dabei habe ich studiert!

Befremdlich erscheint mir auch das folgende Angebot, welches diesmal nicht auf der sprachlichen, aber auf der mathematischen Ebene dahergeholpert kommt. Denn ist nicht normalerweise eine größere Menge billiger als eine kleinere? Nun: nicht in meinem Käseshop. Der knappst einem als Strafe fünf Cent mehr ab, wenn man einen halben Käse kauft statt zweimal ein Viertel:



Auch in den allgemeinen Geschäftsbedingungen versteckt der Käseshop eine geradezu nostradamische Kryptik, an deren Exegese ich mich erst nach einer Überdosis Cantenaar herantrauen würde:



Apropos Cantenaar: Dabei handelt es sich um einen höchst wandlungsfähigen Vertreter seiner Gattung, der sich sich sogar in so etwas Abstraktes wie einen global ausgerichteten Wettbewerb verwandeln kann:



Gleichwohl ist das natürlich alles harmlos, geradezu pillepalle. Richtig gefährlich wird es hingegen, wenn der Shop sich wegbewegt von vergorener Milch und sich hinaustraut aufs unsichere Terrain geschmiedeten Metalls:



Und trotz alledem werde ich den Teufel tun und das Wetter essen statt einen alten Gouda, und sei es im Winter noch so schmackhaft:








07 Februar 2017

Fundstücke (218)


Die Elbphilharmonie hat sich anscheinend von einem Schweizer korrekturlesen lassen.

Entdeckt an der Plaza.



06 Februar 2017

Zweikilowälzer zu gewinnen!


Zugegeben: Gedruckt wirkt „3000 Plattenkritiken“ erst mal … nun … hochpreisig, auch wenn es sich dabei um einen 2034 Gramm schweren Trumm handelt. Aber 58,99 Euro, heidewitzka! Doch bedenken Sie bitte Folgendes: Allein die Grundkosten liegen nicht weit weg von 50 Euro, und Verlag und Vertrieb wollen ja auch ihren Anteil. Auch der Autor freut sich am Ende über ein kärgliches Überbleibsel im einstelligen Bereich.

Das 572-Seiten-Werk macht sich jedenfalls – das habe ich selbst getestet – ausgesprochen gut auf jedem Kaffeetisch. Diese Erfahrung möchte ich teilen. 

Deshalb verlose ich den Brocken kurzerhand. 

Und zwar unter allen, die nachweisen können, irgendein Werk aus meinem kleinen, feinen Büchershop erworben zu haben. Zum Beispiel die E-Book-Version von „3000 Plattenkritiken“ für beschämende 2,99 Euro. Nur so als Anregung.

Das Verfahren ist sehr einfach: Sie schicken mir ab sofort Ihre Kaufbelege per Mail (Adresse siehe rechts oben auf dieser Seite). Alle Belege mit einem Datum ab 6. Februar landen unabhängig von ihrem Nominalwert als Lose im Topf, und sobald sich hundert Stück angesammelt haben, verlose ich einmal die gebundene Ausgabe von „3000 Plattenkritiken“.

Es ist mir ganz egal, für welches meiner Bücher – gebunden oder digital – Sie mir Belege zusenden: Alle nehmen gleichberechtigt teil, so lange sie ein Kaufdatum haben, das nicht vor diesem Blogeintrag liegt. 

Ihre Chance auf das DIN-A4-große Plattenkritikenbuch (es ist huge, fantastic, tremendous, ich schwör!) ist also mit 1:100 sagenhaft hoch. Ja, im Vergleich zu Euromillions oder 6 aus 49 bedeutet das statistisch geradezu einen fast sicheren Gewinn …!

Sie können natürlich auch einen Kaufbeleg (oder mehrere!) über die gebundene Fassung von „3000 Plattenkritiken“ einreichen. Denn das bei der Verlosung fast sicher gewonnene Zusatzexemplar eignet sich bestens zum Verschenken.

Glaube ich zumindest, denn das habe ich noch nicht selbst getestet.

„
PS: Der Rechtsweg ist natürlich ausgeschlossen. Vertrauen Sie mir einfach.

05 Februar 2017

Löschen oder nicht?

Wenn man viele Jahre lang regelmäßig bloggt, kommt es immer mal wieder vor, dass sich jemand gestört fühlt von dem, was da geschrieben steht. 

Auch bei mir wurden schon einige Leute vorstellig, die mich empört, verärgert oder verängstigt um Korrektur, Löschung oder unzulässige Hintergrundinformationen ersuchten. Diese Woche war es wieder mal so weit. Aber der Reihe nach. 

Erstmals hatte ich im Juni 2009 jemand wegen eines Blogeintrags auf der Matte stehen. Damals war ich zufällig Zeuge geworden, wie ein notgeiles Paar öffentlich rammelte, und zwar auf einem Autodach, das gegen diese ungewohnte Belastung mit einer Delle protestierte. 

Das Beweisfoto des Vorgangs hatte ich aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes natürlich mit Augenbalken versehen. Der Wagenbesitzer hegte allerdings einen Verdacht, wer seinem Wagen aufs Dach gestiegen sein könnte, und erbat die Herausgabe des unverfälschten Fotos. War natürlich nicht drin, aber er war am Ende auch ohne meine Hilfe erfolgreich.
 
Der nächste Vorfall ereignete sich nur einen Monat später. Unter unserem Balkon fand ein Polizeieinsatz mit gezückten Waffen, Gebrüll, Geschrei und überhaupt hohem Erregungspotenzial statt. Matt, der Kiezdokumentarist, zückte furchtlos die Kamera, filmte mit und bloggte darüber.

Zwar waren alle Beteiligten dank der 90-Grad-Aufsicht nur von oben oder hinten zu sehen, doch einer derjenigen, die sich auf Anweisung der Polizei in den Dreck der Seilerstraße zu werfen hatten, befürchtete erkannt zu werden und mailte mich an. Vor allem sein Arbeitgeber, glaubte er, könnte irritiert auf diese Aufnahmen reagieren. Nun, seinem Antrag wurde ex cathedra stattgegeben. Eine Steigerung der Arbeitslosigkeit in Deutschland liegt nicht im Interesse dieses Blogs.

Ein weiterer Fall trat im Oktober 2010 in mein Leben und war entschieden kurioser. Ich hatte im Eingang einer Kiezkneipe einen netten Hund mit St.-Pauli-Halstuch abgelichtet – und plötzlich sein Frauchen am Hals, welches ultimativ die Löschung dieses Fotos verlangte.

Ich erläuterte ihr die Rechtslage – Hunde haben, im Gegensatz zu Menschen, kein Recht am eigenen Bild – und verweigerte die Offlinestellung des Blogeintrags. Allerdings sicherte ich ihr zu, den Text sofort zu löschen, sofern der Hund persönlich mich darum bäte. Dies geschah bisher nicht, und deshalb ist das Foto immer noch online. 

Danach war sieben Jahre lang Ruhe, bis letzte Woche. Ein Eintrag vom April 2006 (!), der sich auf ein Erlebnis von 1995 (!!!) bezog, stieß jemand sauer auf. Dieser Jemand sieht durch die Überschrift „Leblos in der Lincolnstraße“ seinen Geschäftserfolg gefährdet – und würde sich „wirklich sehr freuen, wenn du zumindest den Titel ändern könntest“, wäre aber noch glücklicher, wenn ich „den Artikel gänzlich entfernen“ würde, zumal er „wirklich krass und auch nicht mehr zeitgemäß“ sei. Wichtigstes Argument: ein angeblicher Panikanfall der Mutter bei Lektüre meines Textes.

Ich lehnte ab. Nicht mehr zeitgemäß, führte ich aus, sei ja praktisch alles, was in der Vergangenheit gesagt, getan oder geschrieben wurde. Sollte man all das deswegen nachträglich löschen? So wie den Negerkönig aus Pippi Langstrumpf?

Um ihr die Seltsamkeit ihres Anliegens zu verdeutlichen, machte ich die Person auf zugängliche Zeitungsarchive aufmerksam, in denen sich Artikel über die Bandenkriege auf dem Kiez, über die Pinzner-Morde etc. befänden, alle höchstwahrscheinlich geschäftsschädigend und schlecht für ein mütterliches Herz. Aber so war die Welt nun mal, schrieb ich, und so wird sie immer gewesen sein. Das gelte auch für die Lincolnstraße.

Daraufhin änderte sie ihre Argumentation. Die Überschrift gäbe einem „ein schlechtes und mulmiges Gefühl“ und sei zudem gar nicht wahr, schließlich sei die Frau, die als leblos in der Lincolnstraße beschrieben werde, ja gar nicht tot gewesen.

Ich lehnte erneut ab. Daraufhin wechselte die Person erneut die Argumentationsstrategie – und behauptete, eine Bank habe ihr unter Bezugnahme auf meinen Blogtext einen Geschäftskredit verweigert.

Wow, welch eine Ehre für einen Kiezblogger – die Hamburger Bankenwelt entscheidet auf Basis meiner Blogtexte über Gedeih und Verderb des hiesigen Einzelhandels!

Ich fühlte mich enorm geschmeichelt von der Erkenntnis meiner bisher ungeahnten Wichtigkeit, wies den Antrag aber nichtsdestrotz letztinstanzlich zurück. „Dann bleibt dieser superwichtige Artikel“, kam es hochverschnupft zurück, „eben da, wo er ist, kann man nichts machen.“

Und das entspricht voll und ganz der Wahrheit.


28 Januar 2017

Kalauer (1–3)


 
Kalauer erleben seit einiger Zeit einen Boom. Parallel zur bestürzenden Analphabetisierung der Schreibsprache in den sozialen Medien entwickelt sich auf der anderen Seite des Spektrums die Lust am Sprachspiel, an der hintersinnigen Albernheit, am lustvollen Flachsinn mit doppelter, gelegentlich auch dreifacher Bedeutung.

Unter denen, die beruflich mit dem Schreiben zu tun haben, haben sich Kalauer flächendeckend durchgesetzt, ob im RTL-Edeltrashformat „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ (ein hustender Kandidat wird als „Bronchichi“ veräppelt) oder in den Überschriften der Onlinemedien („Gestickt eingefädelt“). Auch Mittelstand und Einzelhandel frönen längst dem Trend zum Wortwitz, und sei er noch so flach. 

Den Anfang machten vor einigen Jahren die Friseure (die Abbildung oben rechts zeigt ein klassisches Beispiel), inzwischen sind Bäckereien genauso am Start wie Foodtrucks und natürlich Hinz und Kunzt.  
 
Als jemand, der sich bekanntermaßen eine chronische Kalauerdiarrhö eingefangen hat (übrigens praktisch der einzige Durchfall, der mit Lustgewinn verbunden ist), kann ich diese Entwicklung natürlich nur von Herzen gutheißen – und plane sie künftig auch hier im Blog nach Kräften zu fördern und zu unterstützen.

Daher werde ich ab sofort an dieser Stelle regelmäßig Kalauersichtungen in freier Wildbahn fotografisch dokumentieren, um die Nachwelt nach Kräften beim Kopfschütteln zu unterstützen. Denn das ist gesund für die Nackenmuskeln.

Außerdem plane ich gemeinsam mit einem Gesinnungsgenossen ein mit hoher Wahrscheinlichkeit erschütterndes Druckwerk, welches die größte Konglomeration von Kalauern enthalten soll, seit Markgraf Gero das Gebiet der Lusitzi unterwarf. Und das war zirka 963.

Machen Sie sich also auf Unfassbares gefasst.

PS: Alle Fotomotive habe ich in Hamburg entdeckt.

20 Januar 2017

Pareidolie (115–117)


Manchmal, wenn dein Gemüse dich so anschaut, möchtest du glatt wieder zum Carnivoren werden. Von links nach rechts: Hokkaido, Kartoffel, Kohlrabi; alles entdeckt in unserer Küche.

PS: Eine ganze Galerie gibt es bei der Pareidolie-Tante.


16 Januar 2017

Echte S-Klasse



Immer mal wieder fahren die Luden an der Reeperbahn ihre italienischen oder amerikanischen Flundern spazieren. Es sind Wagen mit ungefähr einer Quadrillarde PS und einer Höhe, die sich numerisch erstaunlich eng am IQ ihrer Besitzer zu orientieren scheint. Oder an den Highheels ihrer Topangestellten.

In der Regel guckt man als St. Paulianer da gar nicht (mehr) hin, das wollen die doch nur. Bei dem oben abgebildeten Schmuckstück allerdings, das heute Nachmittag in der Seilerstraße parkte, kam ich nicht nur nicht umhin, es anzustarren, sondern sogar für die Ewigkeit abzulichten. Ein historischer Benz in Gold: wow. 

Einem Luden traue ich so was nicht zu, denn das Schmuckstück macht bestimmt keine 300 Sachen, und außerdem ist es deutlich über 100 Zentimeter hoch; das geht ja gar nicht.

Also: Wem von Ihnen gehört das? Und was machen Sie beruflich?

14 Januar 2017

Fundstücke (217)

Auf Straßen und Gehwegen rund um die Reeperbahn liegen u. a. Kippen, Restmüll und – Klischee, aber wahr – gebrauchte Kondome herum. 

All das überlässt man natürlich herzlich gern der Stadtreinigung, doch ich habe auf St. Pauli im Lauf zweier Jahrzehnte auch schon allerhand Aufklaubenswertes entdeckt – und dann auch aufgeklaubt. 

Zum Beispiel einen Satz Passfotos, diverseste Münzen aus aller Damen und Herren Länder, Kontoauszüge, Einkaufslisten, mindestens ein halbes Dutzend Euronoten bis hin zum Nennwert 50, einen Holzklapphocker, der seit Jahren hier im Flur unverdrossen seinen Dienst tut, einmal einen Personalausweis – und heute erstmals auch einen Führerschein. 

Lieber O., der du 1995 in Hamburg geboren wurdest: Du kannst dir dein Dokument auf der Davidwache abholen. Gegenüber dem diensthabenden Beamten habe ich dummerweise erneut auf jeglichen Finderlohnanspruch verzichtet. „Da wird er sich aber freuen“, meinte der Mann, und das wäre schön.

Über ein weiteres Fundstück stolperte ich unlängst im Edeka-Markt in der Paul-Roosen-Straße. Dort hatte ein Hersteller von Duftsteinen die super Idee, der Kundschaft seine Produkte in einer aufblasbaren Toilettenschüssel darzubieten. Kongenial isses scho, doch jeder Kaufakt wird damit auch zum Griff ins Klo – wenn Sie mir diesen kleinen Ausflug ins Reich der Reimkunst nachsehen mögen.

Übrigens gibt es hier auf der Rückseite der Reeperbahn nicht nur immer wieder was zu finden, sondern auch einiges zu verlieren. Jüngstes Beispiel: Durch einen technischen Fehler sind sämtliche Zugriffszählungen der zwischen August und Dezember veröffentlichten Blogtexte verlorengegangen.

Sie kommen also nicht umhin, all diese Texte erneut zu lesen, damit mir kein wirtschaftlicher Schaden entsteht. Dafür werde ich auch all Ihre Führerscheine und Personalausweise, die Ihnen in den Etablissements des Viertels abhanden kommen und mir anschließend in die Hände fallen, auf der Davidwache abliefern. Ohne Finderlohn zu verlangen!

„