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17 Februar 2012
Der Frühlingsbote
Kramer betritt fremde Büros gewöhnlich mit präzise ausgetüftelten Begrüßungen wie „Hände aus der Hose, es kommt Besuch!“ oder alternativ auch mal mit „Hier stinkt’s nach Hackfleisch – hast du gefurzt?“
Erst danach kommt er zu seinem eigentlichen Anliegen, und das artikuliert er seit einiger Zeit mit einem ökonomisch knappen „Schokolade?“, wobei das Fragezeichen von der Modulation her schon deutlich wahrnehmbar ins Ausrufezeichenhafte lappt. Daraufhin ziehe ich meist stumm die Schokoschublade auf und breche ihm gottergeben eine Rippe ab, die er sich dann erstaunlich geschickt mit der abgebildeten Hand oral zuzuführen weiß.
Heute aber war alles anders. Der Mann, der mir im Lauf der Jahre buchstäblich tonnenweise „Ritter Sport Dunkle Voll-Nuss“ (die ich trotz des Dauerärgernisses ihres Deppenbindestrichs weiterhin bevorzuge) weggemöfelt hat, führte selbst eine Tafel Schokolade bei sich, als er mit den Worten „Hände aus der Hose, es kommt Besuch!“ mein Büro betrat.
Er überreichte sie mir betont nonchalant – wohl weil er intuitiv wusste, dass eine große Sache nicht auch noch eine große Geste braucht. Bei der Tafel handelte es sich um eine Ritter Sport Halbbitter, und ich starrte sie stumpf an wie ein hypnotisierter Karpfen.
„Deine hatten sie nicht“, erläuterte Kramer. Ich fühlte mich, als hätte mir gerade jemand erzählt, der Papst sei in einem Darkroom in der Talstraße erwischt worden. Dann, nach einigen Sekunden des Synapsensortierens, stammelte ich holprige Worte des Dankes.
Gut, es war nicht die richtige Sorte, doch die Tatsache, dass Kramer überhaupt eine Tafel Schokolade vorbeibrachte, statt eine vorgefundene brutal zu dezimieren, rührte mich auf eine Weise, wie es zuletzt E. T. geschafft hatte, als er „Nach Hause telefonieren …“ seufzte.
Zwar ist mir jetzt schon klar, dass ich von dieser Tafel Halbbitter maximal die Hälfte abbekommen werde, weil Kramer schon morgen mit dem nur unzureichend als Frage kaschierten Imperativ „Schokolade?“ mein Büro entern wird. Und doch: Die Welt ist plötzlich eine andere.
Wahrscheinlich wird es jetzt Frühling.
Halbbitter geht doch noch, richtig bitter wäre Vollmilch gewesen :D
AntwortenLöschenSie haben ja so was von Recht.
AntwortenLöschenvielleicht sollten sie "zum anbieten" immer eine zweittafel bereit halten? das könnte ja dann ruhig so eine billige schokoladenkarikatur bspw von aldi sein...
AntwortenLöschenEr würde es spitzkriegen. Und was glauben Sie, was dann los wäre.
AntwortenLöschenWas passiert wenn keine Schokolade in der Schublade ist?
AntwortenLöschenLässt sich Herr Kramer dann auf den Teppich vor ihrem Schreibtisch fallen, brüllt, schlägt um sich und bekommt Heulkrämpfe?
*Einen Versuch wäre es vll wert?!*
Frau-Irgendwas-ist-immer
Nein, er beschimpft mich als unkollegial und verlässt kopfschüttelnd den Raum.
AntwortenLöschenIch empfehle den VanHouten-Lagerverkauf in Norderstedt (Straße 'Am Stammgleis'). Z.B. 1kg frische Traube-Nuß-Schokolade (Sarotti-Tafeln die beim Verpacken im Werk kaputt gingen u.ä. in 1kg-Beutel verpackt) für €2,50.
AntwortenLöschenGruß Paddy
Trauben-Nuss?? Bitte nicht.
AntwortenLöschenNa, gibt ja noch andere Sachen dort. Ist übrigens kein Lagerverkauf, sondern Fabrikverkauf. Die produzieren dort.
AntwortenLöschenWie wäre es denn mal mit dem Versuch Hr. Kramer abgelaufene Schokolade zu überreichen und dessen Gesichtsausdruck während der Verkostung hier zu beschreiben??? :-)
AntwortenLöschenWissen Sie eigentlich, wie lange es dauert, bis Schokolade ungenießbar wird? Dazu fehlt mir die Geduld – und die mentale Stärke, denn ich würde sie vorher essen.
AntwortenLöschengood comment
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