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18 Mai 2011
It ain’t him, babe
Ich weiß nicht mehr genau, wann ich damit begann, systematisch Coverversionen von Bob-Dylan-Songs zu sammeln. Ich weiß nur, dass es keineswegs an Vorbehalten gegen Dylans Stimme oder Gesangsstil lag, was viele Leute ja ins Feld führen, wenn sie begründen wollen, weshalb dieses oder jenes Cover angeblich „besser“ sei als das Original.
Nein, Dylan ist ein einmaliger Interpret seiner selbst und seine Stimme ein Wunder der Natur, von Anfang an. Mittlerweile erinnert sie zwar eher an die verkohlten Ruinen einer metallverarbeitenden Fabrik, aber auch das hat seine Reize. Jedenfalls lag es nicht im mindesten an einer Aversion gegen Dylan selbst, dass ich Covers zu sammeln begann, sondern an der puren Brillanz seiner Songs.
Stücke wie „Desolation Row“, „Wedding song“ oder „Don’t think twice“ sind so wunderbar komponiert, ihre Melodieführung so hinreißend, dass mir das Immerwiederhören der Originale irgendwann einfach nicht mehr reichte. Nein, meine Gier nach Varianten wurde im Lauf der Jahre immer größer – zumal man als Musikfan im Lauf seiner Sozialisation sowieso immer wieder mit verblüffenden Neu-, Um- und Ausdeutungen von Dylan-Songs konfrontiert wird. Van Morrisons dramatisch zwischen Verlustangst und Angstlust schwankendes „It’s all over now, Baby Blue“ wird jeder Mensch mit Geschmack irgendwann kennen- und liebenlernen, ob er nun 1940 geboren ist oder 1990.
Ich jedenfalls begann vor einigen Jahren systematisch damit, alle – alle! – Bearbeitungen von Dylan-Kompositionen zu sammeln. Zunächst schlachtete ich die eigene LP- und CD-Sammlung aus, parallel dazu recherchierte ich weitere Veröffentlichungen und schaufelte mir unzählige Coverblogs in den RSS-Reader (ich LIEBE das Internet!), um keine Interpretation zu verpassen, sei sie alt, abgelegen, scheußlich oder brandneu. Ich kaufte, kopierte, lud runter – kurz: Ich warf ein riesiges Dylan-Coversongs-Schleppnetz aus, und zwar mit durchaus passablem Erfolg. Denn das wäre ja das Schlimmste für einen Jäger und Sammler: dereinst den letzten, allerletzten Schatz gehoben zu haben.
Mein entsprechender iTunes-Ordner verzeichnet momentan jedenfalls nur rund fünf Prozent aller bekannten Covers. Das sind 1513 Stück mit einer Laufzeit von vier Tagen, fünf Stunden, 20 Minuten und 33 Sekunden. Darunter befinden sich epische Progrockversionen („All along the Watchtower“, Affinity), ranschmeißerische Anschmachter („He was a friend of mine“, Cat Power), wildestes Cowpunkgeprügel („Blowin' in the wind“, Me First & The Gimme Gimmes), japanischer Girliekitschpop („Mr. Tambourine Man“, Kumisolo) oder unfassbar grottige Poprockfassungen einer galizischen Amateurcombo namens 7 Ivvas.
So, das war die Einleitung. Denn was ich mit all dem sagen will, ist Folgendes: Am 24. Mai mittags um 12 Uhr laufen beim Internetsender Byte.fm eine Stunde lang abgelegene, skurrile, merkwürdige und keineswegs allgemein bekannte Dylan-Covers aus meiner Sammlung.
It ain’t him, babe, sozusagen – und dennoch sehr unterhaltsam. Oder gerade deswegen – zumindest für all jene, die aus mir völlig unverständlichen Gründen Dylans Stimme oder Stil nicht mögen. Mehr zur Sendung gibt es auf der Programmseite von Byte.fm – und natürlich werde ich Sie kommende Woche noch einmal mit einer kleinen Erinnerung an diese Sendung nerven; das haben Sie sich sicher schon gedacht.
Es gibt übrigens Fanatiker, die katalogisieren jedes einzelne gecoverte Stück, was für einen wie mich eine unschätzbar wertvolle Quelle ist, aber auch ein steter Quell der Qual. Denn natürlich sind die bereits über 30.000 verzeichneten Studioeinspielungen von Dylan-Songs niemals alle zu beschaffen, und das frustriert schon ein bisschen. Andererseits gibt diese Tatsache mir auch die beruhigende Gewissheit, dass die Suche immer weitergehen kann und wird.
Es gibt buchstäblich kein Genre, das es nicht gibt im Kosmos der Dylan-Covers, und jede einzelne Adaption beweist nur eins: wie inspirativ und befeuernd die Originalkomposition ist.
Wenn Dir Nürnberg nicht zu weit ist: morgen findet in Vischers Kulturladen anlässlich des bevorstehenden 70. Geburtstags des Meisters eine Dylan-Session statt. Ich habe "All along the Watchtower" und "I shall be released" einstudiert.
AntwortenLöschenSelbstverständlich wäre ich mit wehenden Rockschößen von Hamburg nach Nürnberg geeilt, doch da Sie mich plump geduzt haben, muss ich leider auf diese Option verzichten.
AntwortenLöschenUm Himmels Willen. Ich hatte ja ganz vergessen, dass hier ...
AntwortenLöschen'tschuldigen Sie vielmals!!!
Zu spät. Sie haben es verkackt.
AntwortenLöschenWürde Herr Wagner mit sich reden lassen, wenn ich ihm die Anrede in der dritten Person andiente?
AntwortenLöschenIch habe Matt im Jahre 1688 ein einziges Mal versehentlich geduzt. Es dauerte 300 Jahre, bis er wieder mit mir gesprochen hat, also direkt.
AntwortenLöschenDavor nur so "Sagen Sie Frau Nuehm doch mal, dass.." und "Richten Sie Frau Nuehm freundlicherweise mal aus, dass...". Selbst wenn ich neben ihm stand! Und die einzige anwesende Person war. Außer ihm.
Noch Fragen, Axel?
:-)
Siezen!Aber "verkackt" sagen....das passt ja super zusammen. Matt, Matt...wenn das mal nich ein FETTER Stilbruch ist..
AntwortenLöschenAxel, das müssen Sie ihn schon selber fragen – sonst geht es Ihnen noch wie Frau Nuehm (die übrigens gerade direkt neben mir steht. Im Bloggarten.)
AntwortenLöschenfrlkrise, dieses Blog ist ein einziger Stilbruch. Wie der Herr, so’s Gescherr.
Oh Mann, ich hab's echt verkackt.
AntwortenLöschenVerdammt, verdammt, verdammt ...
Wie heißt es so schön bei St. Bob? „Ev’ry man must fall …“ Aber das wissen Sie ja am besten.
AntwortenLöschenDu Matt, wenn ich daran denke, dass auf der anderen Seite des Universums vielleicht noch tausende Cover-Versionen herumliegen, kannst du es eigentlich gleich aufgeben, die hier auf dieser Seite zu sammeln.
AntwortenLöschenNoch so ein Rumpelduzer! Wo kommen Sie eigentlich auf einmal alle her?!
AntwortenLöschenWie großartig wäre es, Sie bastelten aus Ihren Coverversionen des Meisters Œuvre nach! Ein paar Alben sollten Sie doch schon beisammen haben. Herr Geller ehrte dergestalt die Fab Four mit seinem grandiosen Projekt Not the Beatles.
AntwortenLöschenBei vielen Alben – vor allem aus der Frühphase – ist das in der Tat mühelos möglich. Schöne Idee! Gestalterisch müsste ich allerdings auf Gunnars Kreativität zurückgreifen, da ist er ganz weit vorne.
AntwortenLöschenPS: Lustigerweise ist einer derjenigen, die sich oben hinter Dylan-Covers verstekcen, Gunnar Geller … ;)
Huch – das hätte ich nun wirklich nicht erwartet. Genauso wenig wie den Umstand, Ihnen eine orthografische Unachtsamkeit entlocken zu können.
AntwortenLöschenOmfG! Und das wird jetzt ewig im Internet verfügbar sein – und mich zweifellos meine Karriere kosten!
AntwortenLöschenHigh Matt,
AntwortenLöschenich wage kaum, Euro Dylaniszenz anzubloggen, kann mich dessen aber doch nicht enthalten und schreibe daher trotzdem:ich habe im NET noch allerhand zu lernen Du Medenbeacher
Dein
Arm1n1us
Schon wieder ein Duzer! Allmählich habe ich das Gefühl, ich muss das Dylan persönlich anlasten.
AntwortenLöschenYou can say You to me.
AntwortenLöschenBob
Danke, Sie mich auch!
AntwortenLöschenWürden Sie konkrete Radiosendetermine auch an nordbadische Leser versenden?
AntwortenLöschenGruß,
J.
Die angegebene Zeit gilt weltweit, sogar in Nordbaden: 12 Uhr MEZ am 24. Mai …
AntwortenLöschenFreut mich, dass hier einer an "Not The Beatles" denken musste.
AntwortenLöschenHier ein Link zu siebzig mit Bedacht und Geschmack ausgewählten Dylancoverversionen, auf Boogie Woogie Flu. MP3s.
Super Quelle, danke! Sogar für mich mit Novitäten!
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