„3000 Plattenkritiken“ | „Die Frankensaga – Vollfettstufe“ | RSS-Feed | In memoriam | mattwagner {at} web.de |
▼
09 Mai 2010
Manche Leute verstehe ich einfach nicht (4): Pissoirdesigner
Bereits mehrfach wurde an dieser Stelle Kiezpinklern mit grobem Unverständnis begegnet.
Mehrfach verwies ich – wengleich ohne Hoffnung auf Gehör bei der angesprochenen Klientel – mahnend auf die inzwischen in fußläufigem Abstand erreichbaren Pissoirs entlang der Reeperbahn, die es auch Männern, die unter Druck stehen, mühelos ermöglichen, auf sozial kompatiblem Wege innere Entspannung zu finden.
Seit gestern aber bin ich etwas kleinlauter. Da saß ich nämlich auf der Reeperbahn im Bus und im Stau. Wir hielten direkt neben einem der angesprochenen Pissoirs, und der Blickwinkel aus meinem Fenster war derart, dass ich direkt hineinschauen konnte.
Drinnen stand ein unbescholtener Mann vorm Rinnbecken, der alle Hände voll zu tun hatte. Als wenn er meinen Blick im Rücken gespürt hätte, drehte er sich plötzlich um und schaute mich an. Ein peinlicher Moment, für uns beide.
Während er fahrig vorne herumnestelte, füllte sich sein Blick mit Scham und Verzweiflung; er schaute wie ein Bischof, den der Papst gerade beim Onanieren erwischt hat. Und das mit Recht: Immerhin beobachtete nicht nur ich ihn gerade beim Pieseln, sondern eine ganz Breitseite Busgäste.
Meine bisherige Begeisterung über diese Pissoirs hat sich seitdem stark abgekühlt. Ich habe ihre Milchglaskonstruktion heute noch einmal als Fußgänger in Augenschein genommen und festgestellt: Man kann wirklich auch vom Gehweg aus reinschauen, ohne sich besonders verrenken zu müssen.
Während man die ganz normalen Haus-und-Zaun-Bepinkler wenigstens noch mit genussvoller Empörung verdammen kann, bleibt einem bei den armen exhibitionierten Wichten im Glaspissoir nur verkniffene Fremdscham, und das ist ein sehr viel unschöneres Gefühl.
Wer hat diese Dinger eigentlich designt – ein Spanner?
>> Die beliebtesten Tags: Brief | Bus | Einzelhandel, Franke | Fußball | Obdachlose | Panne | Reeperbahn | Sex | Sprache | St. Pauli
Zett said.....
AntwortenLöschenAuch aus meiner PKW-Perspektive sind mir genau diese Gedanken schon gekommen. Allerdings ist mir der visuelle Kontakt zu einem Benutzer erspart geblieben.
"Das ist uns in der Ausschreibung so vorgegeben", antwortete mir
AntwortenLöscheneinmal ein Aufsteller.
Es sollen durch die Halböffentlichkeit die Jünger des Gottes Onan
fern gehalten werden, die den Griff in fremde Hosenschlitze bei
Licht scheuen.
(Bischöfliche Umtriebe verlagerten sich so in Sauna und Beichtstuhl)
George Michael hätte seine wahre Freude an den Dingern. Vielleicht sollten Hamburg überlegen, ihm eine zu schenken.
AntwortenLöschenHerzlichst,
A.Nonym
Ich dachte immer, George Michael habe danach gestrebt, sein Treiben vor den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen (auch wenn das bekanntlich schiefging).
AntwortenLöschenNein, ich glaube, diese Pissoirs fänden keine Gnade vor den Augen dieses Londoner Fachmanns.
Auf jeden Fall bitte immer danach die Hände waschen:
AntwortenLöschenhttp://tinyurl.com/34x4yco
Es ist ja nun nicht so, dass man den Herren Tür-, Tor- und Grünflächenwildpinklern nicht auch absolut immer dabei zuschauen könnte. Und das ist denen dann ja auch, immer!, egal. Von daher bekommt weiterhin jeder, den ich z.B. an unserem Tor erwische, einen auf den Deckel. So hässlich und zu durchdacht die öffentliche Konstruktion auch sein mag: Nej, kein Mitgefühl meinerseits, ausser man müsste darin wohnen. Das Gedeckelt werden bleibt außerdem den Pissoir-Benutzern zu 100% erspart, das ist doch schön!
AntwortenLöschenDas ist vermutlich ein "Übergangsmodell", also um den Freiluftpinklern so laaangsm an die Benutzung eines Pissoirs zu gewöhnen. Erstmal halbdurchsichtig und wenn das klappt gehen wir zum geschlossenen Modell über. *grins*
AntwortenLöschenWährend meines Hamburchurlaubs kam ich auf dem Weg zum Dom auch nicht umhin dieses Meisterwerk der urinalen Spätgotik nutzen zu müssen. Alternativ hätte ich mit einer Hose in Batikoptik den Vergnügungsplatz umschweifen müssen. Das will man ja auch nicht. Hätte mich dabei aber ähnlich unwohl gefühlt wie während meines Entleerungsaufenthalts in diesem Glanzstück des Frühpisslichen Neoliberalismus, oder so.
AntwortenLöschenMeine Freundin lachte mich aus "Ich kann alles sehen!" Na toll.
Aber wenigstens nicht an einem paulischen Hauseingang. Da hätte ich mich geschämt.
Sie haben alles richtig gemacht, Sie dürfen wiederkommen (beide)!
AntwortenLöschendanke, sehr gerne. Hamburch ist mir nämlich (ohnr h) sehr sympathisch. Insbesondere die Astrakneipe direkt neben dem ehemaligen Vegasworld :) Lecker Bierchen, nette Leutchen...
AntwortenLöschenPS. entgegen der hier üblichen Umgangsformen bevorzuge ich das Du und diesbezüglich den Michael, danke, Knicks ;)
Tja, die Umgangsformen hier bestimme – mit Verlaub – ich, die können SIE nicht einfach so ändern.
AntwortenLöschenich vermute, die pissoirhütten sind so halb durchsichtig, damit man darin auch wirklich bloß sein geschäft verrichtet und nicht unzucht treibt. ein schöneres design fände ich allerdings auch besser - zeit für ein picassoir!
AntwortenLöschendann behalte ich das Sie-chtum weiterhin. Ich bin ja Gast, daher füg ich mich freundlicherweise. Btw. Pauli 1ste jalalalayeah. Hansa unten juhulalaleeee... Aber das nur nebebenbei Herr Matt ;)
AntwortenLöschen