Heute Nachmittag verschaffte sich ein gewisser Leon C. Zugang zu unserem Haus. Er hatte sich unten vorgestellt als „Vertreter Ihres Netzbetreibers“ und mich damit reingelegt. Ich hatte trotz jahrzehntelanger Erfahrung mit derlei Tricks den Summer gedrückt. Grober Fehler.
Sein Name stand auf einem Mitarbeiterausweis der Telekom, den ich mir später gerade noch so eben zeigen lassen konnte, ehe eine weitere Eskalationsstufe dies unmöglich gemacht hätte. Leon C. – etwa Mitte zwanzig, akkurat frisiert, energisches Kinn; vgl. die Fotos aus dem Netz, die ihm ähnlich sehen – wollte unbedingt mit mir über Glasfaserverträge sprechen. Meinen Hinweis, die entsprechende Mail, die ich neulich von seinem Auftraggeber erhalten habe, genüge mir als Entscheidungshilfe vollauf, ließ er nicht gelten. Stattdessen versuchte er aufdringlich, mich mit rhetorischen Fragen in ein Gespräch zu verwickeln. Das lehnte ich entschieden ab.
Inzwischen standen mehrere Nachbarn in ihren Wohnungstüren, denn Leon C. hatte natürlich überall geklingelt. Ich warnte sie in seiner Gegenwart lautstark vor einem just anwesenden Telekom-Drücker und bat ihn, das Haus zu verlassen, und zwar unverzüglich.
Ob ich Eigentümer sei, schnappte er zurück.
Nein, Mieter, sagte ich.
Dann müsse er auch das Haus nicht verlassen, argumentierte er. Als Mieter habe ich nicht das Recht, ihm derlei zu befehlen.
Unter der akkuraten Frisur glühte es inzwischen puterrot. Außerdem wechselte er unversehens zum Du. Wenn Sie dieses Blog seit seinen Anfängen verfolgen, ahnen Sie, wie sehr mir höfliche Umgangsformen am Herzen liegen. Deshalb fragte ich ihn, warum er mich plötzlich duze, und verbat mir das.
Das brachte Leon C. endgültig auf Zinne. Seine hervorgestoßenen Worte „Wollen wir das klären? WOLLEN WIR DAS KLÄREN?“ kann ich nur dahingehend deuten, dass ihm als angemessene Lösung unseres Disputs eine zünftige Straßenprügelei vorschwebte.
Auch das, Sie ahnen es, ist nicht vollends kompatibel mit meiner Idealvorstellung zivilisierter Umgangsformen. Deshalb beschloss ich mich sicherheitshalber in unsere Wohnung eine Etage höher zurückzuziehen. Allerdings eilte Leon C. mir hinterher. Gerade noch rechtzeitig gelang es mir, die Wohnungstür zu schließen und die Kette vorzulegen. Er schlug mehrfach gegen die Tür.
Zu meiner nicht geringen Schande muss ich leider gestehen, dass ich ihm daraufhin ein herzhaftes „Verpissen Sie sich!“ entgegenschmetterte. Immerhin ohne ihn zu duzen. Auf dieses Niveau wollte ich mich nun wirklich nicht herablassen.
Nach diesem Vorfall scheint mir die Wahrscheinlichkeit, dass jemand hier im Haus demnächst einen Glasfaservertrag mit der Telekom abschließt, ein wenig gesunken zu sein. Und wer weiß: Vielleicht gelingt Leon C. dieser Erfolg ja dank seiner sehr speziellen Drückerkolonnenmethode in ganz St. Pauli.