31 August 2016

Ein halber Euro zu viel


Kurz nach der Eröffnung des Einkaufszentrums Rindermarkthalle in St. Pauli besuchten Ms. Columbo und ich eine dort ansässige Espressobar, wo die abgebildete Tafel uns über die Preise informierte. Unter anderem über den eines sogenannten Americano.

Als monothematischer und somit ignoranter Kaffeekonsument – will sagen: Ich trinke ausschließlich völlig unkontaminierten schwarzen Espresso à la italiano, nichts anderes, niemals – wusste ich nicht genau, was darunter zu verstehen war.

„Das ist ein mit Wasser verlängerter Espresso“, klärte mich Ms. Columbo auf. Also so eine Art Kaffeeschorle. Umso erschreckender der im Vergleich exorbitante Preissprung. Immerhin wird einem ganz normalen Espresso lediglich Leitungswasser beigefügt, und wenn der Barbetreiber schlau ist, nimmt er sogar weniger Espressopulver; merkt ja eh keiner.

Es handelt sich also um ein Produkt, das den Betreiber wahrscheinlich weniger kostet als ein Espresso. Gleichwohl hält er eine 33-prozentige Preissteigerung für opportun. Mir war das eine Thematisierung wert.

Also fragte ich denjenigen, der uns bediente, warum denn ein Americano ein Drittel mehr koste als ein Espresso, obwohl der einzige Unterschied doch lediglich in der Beifügung einer kostentechnisch vernachlässigbaren Menge Leitungswassers bestünde.

Der Mann war baff. Darüber habe er noch gar nicht nachgedacht, gab er zu, und wir hatten keinerlei Grund, an seiner Aussage zu zweifeln. Eigentlich, fuhr er fort, hätten wir aber Recht. Das sei im Grunde nicht zu rechtfertigen, für das bisschen Wasser. Er würde das mal bei der Geschäftsführung zur Sprache bringen.

So kann es also auch gehen in der Gastronomie: Man wird auf einen Fehler aufmerksam gemacht und korrigiert ihn. Wie in so einer idealen Welt. Wir bedankten uns gerührt und empfahlen uns.

Das war, wie gesagt, in der Eröffnungsphase der Rindermarkthalle. Also vor ungefähr anderthalb Jahren. Heute waren wir mal wieder da und hatten die Gelegenheit, unser segensreiches Wirken anhand der dort noch immer aufgestellten Tafel zu überprüfen.

Und jetzt raten Sie mal, wie viel der Americano mittlerweile kostet.

Ganz genau.







12 Kommentare:

  1. Irgendwie verstehe ich die komplette Preisgestaltung nicht so ganz: Warum ist ein Doppio so viel teuerer als ein Einzelner? Und damit sogar teuerer als ein Macchiato, der bestimmt aufwendiger zu machen ist und Milch ist auch teuerer als Wasser....

    Aber in die Kalkulation von Preisen fallen meist Dinge rein, die Außenstehende eventuell nicht sehen: So kann es ja sein, dass die Tassen des Americano komplizierter zu reinigen sind und deshalb das Getränk teurer ist?

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  2. Für einen Doppio (wenn er richtig gemacht wird) nimmt man in der Tat einen größeren Siebträger für zwei Tassen. Also eigentlich ist ein Doppio tatsächlich zwei Espressi. Von daher passt der Preis prima.

    Der Macchiato ist mit nur 0,40€ mehr auch billig, denn man braucht einen Espresso, aufgeschäumte Milch und ein Glas, das man wirklich umständlicher reinigen muss. Nur der Americano ist wirklich übeteuert. Der müsste eigentlich bei 1,70€ liegen.

    Wenn das mein Laden wäre, würde das folgendermaßen aussehen:

    Espresso....1,50€
    Americano..2,00€
    Doppio.......2,50€
    Macchiato..2,50€

    Das fände ich schlüssig, jeder könnte es sich leicht merken und die Kellner oder Kellnerinnen müssten weniger rechnen und mit weniger Kleingeld rumlaufen.

    Und? Was kostet der Americano heute?

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    1. Die Preise sind weiterhin dieselben. Nothing new on the western front.

      Don Krypton, warum würden Sie ebenfalls 2 Euro für einen Americano nehmen? Habe ich mich denn so unklar ausgedrückt …? ;)

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  3. Ich tippe, die Preistafel ist von heute!

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  4. Espresso erhöht auf 2€?

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  5. Das der Latte Macchiato dort in Hamburg nur 1,90 Euro kostet wundert mich, jedoch erfreut mich das auch, denn hier kostet er üblicher Weise meistens ab 2,00 Euro aufwärts bis hin zu 3,80 Euro.
    Nur in einer Bäckerei bekomme ich ihn tatsächlich auch für 1,90 Euro.
    Davon abgesehen, finde ich die überteuerten Macchiatos nicht gerechtfertigt, denn die Milch kostet im Einkauf nur ein paar Cent, also bezahlt man viel für billige Milch. Ein Espresso darf ruhig 2,00 Euro kosten, daher finde ich es für 1,50 sehr günstig. Und einen doppelten, für 50 Cent günstiger zu bekommen ist in Ordnung.
    Was aber den Americano betrifft, so ist das wirklich eine Unverschämtheit, den mit Wasser verpanschten Espresso so teuer zu verkaufen. Da würde ich streiken oder mich beschweren.

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  6. Was will man von einer Kaffeebar erwarten, die nicht einmal Macchiato richtig schreiben kann?
    Allerdings bedeutet der Americano ja nicht nur mehr Wasser, sondern auch Mehrarbeit - bei den heutigen Stundenlöhnen incl. Steuer und Sozialabgaben vielleicht tatsächlich 50 Cent?

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  7. Oh, ich hätte gedacht, dass die Bedienung nur gut geschult war. Zuhören, Verständnis zeigen und dann die Verantwortung auf den Vorgesetzten schieben. Ergebnis nichts passiert ;-)

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  8. Völlig korrekte Preisgestaltung. Den Amerikano gibt es schon seit Jahrzehnten, seit also Amerikaner und Europäer als Italienurlauber nach einem Kaffee verlangten und einen Espresso serviert bekamen. Schmeckte vielen besser als das Gewohnte, aber: sooo wenig!!! Cappuccino kannten sie nicht, konnten diesen also auch nicht ordern.
    Die korrekte Zubereitung ist: heisses Wasser hinzugeben. Die falsche, die man oft sieht: einfach mehr Wasser durchs Sieb mit dem Kaffeepuck.
    Die Legende: wütende Barista, die sich beleidigt wähnten, schickten nochmal 0,2 l Wasser durch den vorherigen Espresso-Puck.
    Zurück zur Preisgestaltung: in der Gastronomie zahlt man auch für die Zeit, die man im Lokal verbringt. 0,15 - 0,2 Liter Heissgetränk trinken sich halt langsamer als ein Espresso.

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    1. Ich gehe also beim Betreten eines Lokals eine Art Mietverhältnis ein? Interessanter Aspekt, der mir bislang noch nicht bewusst war. Müsste dann aber nicht das Glas Wasser, an dem ich mich einen ganzen Abend lang festhalte, bei der Abrechnung im Preis gestiegen sein?

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