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03 Februar 2014
Die Luft ist raus
Mensch, hier passiert ja gar nichts mehr, denken Sie sich sicherlich. Und das haben Sie richtig beobachtet. Nach den Krawallen zwischen den Jahren ist nämlich Ruhe eingekehrt auf dem Kiez.
Praktisch alle Evakuierten der Esso-Häuser sollen inzwischen in vergleichbar billigen Wohnungen untergekommen sein – ein Erfolg für die Protestler, wenn ich das richtig sehe, und damit eigentlich ein Grund zum Feiern. Man hört nur nix davon.
Insofern illustriert das Foto gut die derzeitige Lage auf St. Pauli: Irgendwie ist die Luft raus, und deshalb gibt es erste gute Gründe für ein schiefes Grinsen nach der Krise.
Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, dass immer, wenn man den Boden rund um die Reeperbahn fotografiert, unweigerlich Kippen mit aufs Bild kommen?
Bestimmt noch nie.
Aber der Kronkorken fehlt !! .. Sie haben sicherlich einen schlechten Bildausschnitt gewählt..
AntwortenLöschenkann ja mal vorkommen... beim nächsten mal dann wieder !
Gruß Brick
Ja, genau, der/die Kronenkorken...
AntwortenLöschenPassiert tatsächlich nichts mehr...
Hier passiert nichts mehr?
AntwortenLöschenDie Bayerische Hausbau darf jetzt endlich ihre Gewinne einstreichen: Abriss der Essohäuser ab nächster Woche, Neubau - und dann richtig Geld machen mit zahlungskräftigeren Mietern.
Geld verdienen ist ja nicht verboten, schließlich leben wir im Kapitalismus. Wichtig war doch vor allem, dass eine zentrale Forderung erfüllt wurde und die Altmieter vergleichbaren Wohnraum im Viertel zur Verfügung gestellt bekamen. Und laut Presseberichten scheint das in fast allen Fällen gelungen zu sein.
AntwortenLöschenDamit, Herr Matt, machen Sie es sich aber zu einfach:
LöschenWenn es genügt, dass alle sich nur daran halten müssen, was „nicht verboten“ ist, sind wir auf dem sozialen Niveau unseres Innensenators. Herr Neumann will auch immer nur, dass alles nach Recht und Gesetzt geschieht. Mehr scheint ihn nicht zu interessieren. Aber eine Zivilgesellschaft braucht mehr: soziale Verantwortung, Moral, Gewissen, Mitgefühl, Vision, Kritik…
Gerade Ihr Blog ist doch vor allem deswegen so schön, weil er vieles auf St. Pauli findet, das viel wichtiger ist, als verboten oder erlaubt. Deswegen wundere ich mich, dass ausgerechnet Sie so kritiklos den Immobilienspekulationen in Ihrer Nachbarschaft gegenüber stehen.
Das tue ich keineswegs. Schauen Sie sich die Esso-Häuser doch mal ideologiefrei an: Es handelt sich dabei um asbestverseuchte Plattenbauten aus den frühen 60er-Jahren, die schon lange vor dem Erwerb durch die Bayerische Hausbau marode waren.
LöschenWäre es wirklich sinnvoll gewesen, mit Millionenaufwand einen vergifteten Wohnblock mühsam über Wasser zu halten, statt für einen ähnlichen Aufwand Wohnungen zu schaffen, die modernen Energie- und Sicherheitsstandards entsprechen?
Sofern die bisherigen Bewohner, deren Gesundheit durchs Bewohnen der Esso-Häuser ständig gefährdet war, vergleichbaren Wohnraum zu einem vergleichbaren Mietpreis zur Verfügung gestellt bekommen (und das, wie man liest, größtenteils sogar im Viertel), der zudem in einem besseren Zustand ist, ist doch grundsätzlich nichts dagegen zu sagen.
Die Esso-Häuser sind buchstäblich Schrottimmobilien. Die waren schon beim Bau minderwertig, und es wurde von der Eigentümerfamilie jahrzehntelang zu wenig gemacht, um das niedrige Niveau wenigstens zu erhalten. Die letzten vier Jahre, seit der Investor die Häuser besitzt, haben das Niveau nicht wesentlich gesenkt. Aber es wäre ein Riesenaufwand gewesen, es zu halten.
Außerdem lenkt diese Diskussion von etwas viel Wesentlicherem ab – nämlich der Tatsache, dass sich die Stadt fast komplett aus dem sozialen Wohnungsbau zurückgezogen hat. Welcher private Investor würde denn einen Neubau hochziehen, der sich nur bei einer Quadratmetermiete von mindestens 10 Euro kostendeckend trägt, und ihn dann für 7 Euro vermieten? Dazu muss man irre sein oder Bill Gates, bei dem es auf Verluste nicht ankommt.
Sozialer Wohnungsbau kann nur von der Kommune kommen. Die Zuschüsse zur kostendeckenden Miete müssen dann eben – wenn die Sozialgemeinschaft, also Sie und ich, einverstanden ist – aus Steuergeldern finanziert werden.
Die Häuser hätten natürlich schon lange abgerissen und durch Besseres ersetzt werden müssen!
LöschenAber genau das meine ich doch:
die Eigentümer von Immobilien lassen diese jahrelang verfallen zum Schaden der Mieter und machen damit viel Gewinn - und das eben weil es, wie Sie sagen „nicht verboten“ ist.
Die ehemaligen Bewohner können auch nur deswegen zurück in ihr Viertel, (wenn’s denn stimmt…) weil dafür gekämpft wurde - und zwar gegen den Widerstand der Bayerischen Hausbau. Hätte man stattdessen gesagt: „das ist nicht verboten, das ist eben Kapitalismus,“ bezweifle ich, dass es für die Mieter gut ausgegangen wäre.
Und deswegen haben recht: Wohnungsbau und Stadtentwicklung gehören in öffentliche Hände, sonst glaube ich nicht, dass Sie und ich uns Mieten in Innenstädten noch werden leisten können.
Wer verfallen lässt, muss knallhart mit schmerzhaften Mietminderungen gepiesakt werden, das ist doch klar! Das schmälert die Rendite erheblich und erhöht den Renovierungsdruck. Auch Mieter können (und müssen) handeln, sie sind nicht nur hilflose Opfer.
LöschenAnsonsten freut es mich, dass wir uns einig sind über die Rolle der öffentlichen Hand beim Wohnungsbau. Die geplante Mietpreisbremse wird sie übrigens noch mehr unter Druck setzen, das mit Verve anzugehen, denn den privaten Wohnungsbau fördert man damit nicht, im Gegenteil.
…im übrigen: "Ein Viertel der Bewohner hat noch keine neue Wohnung"
Löschenhttp://www.mopo.de/nachrichten/esso-haeuser-ein-viertel-der-bewohner-hat-noch-keine-neue-wohnung,5067140,26118772.html
Heißt: Drei Viertel haben schon eine Wohnung, oder …? Klingt nach einer guten Quote angesichts der Kürze der Zeit.
LöschenNaja, ruhig(er) ist es zwar geworden, aber ob 'die Luft' wirklich 'raus' ist?
AntwortenLöschenDen aktuellsten Artikel finde ich auf die Schnelle beim NDR vom 17.01. (http://www.ndr.de/regional/hamburg/essohaeuser307.html)
"Die Bayerische Hausbau erklärte, dass inzwischen rund 50 Prozent der etwa 100 Mieter Ersatzwohnungen erhalten oder in Aussicht hätten."
Das klingt noch nicht so dolle. Und was ist eigentlich mit dem Verdienstausfall der gewerbetreibenden / deren Angestellten?
Zumindest die Molotowler sind schwer am Werkeln und wollen noch im Februar den Club ganz in der Nähe neu eröffnen.
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