„Ich bevorzuge ja den doppelten Knoten“, sagt A. lässig, „der ist ganz einfach. Die Falte in der Mitte finde ich dabei besonders elegant.“
Da ich mir gerade einen großen Stapel Seidenschlipse angeschafft habe, bin ich – als Novize bisher nur in zufälligen Ausnahmefällen zu einem maximal einfachen Knoten fähig – höchst neugierig auf sein Herrschaftswissen. Zumal der Satzteil „ganz einfach“ mich elektrisiert.
Ich schlage A. vor, mir das ganz Einfache einfach mal zu zeigen, während ich den Prozess mitfilme. Immer, wenn ich mir hinfort einen doppelten Schlipsknoten binden möchte (obwohl das natürlich ganz einfach ist und ich das im Rahmen meines passablen IQ bestimmt in Nullkommanix gelernt haben werde), habe ich dann den Film als Erinnerungsbackup in der Hinterhand.
Soweit mein Kalkül. Doch A. reagiert auf meinen Vorschlag erstaunlicherweise verhaltener, als ich es mir gewünscht hätte. Statt schneidig „Na klar! Schmeiß die Digimühle an!“ auszurufen, murmelt er etwas von „muss erst mal proben“.
Ich reiche ihm einen meiner zahlreichen Seidenschlipse. „Seide?“, sagt A. und runzelt missbilligend die Stirn. Ich bin verunsichert. Gilt Seide nicht als Königsmaterial der Schlipse?
Nun, einerseits. Anderseits, führt A. fachmännisch aus, rutsche Seide immer so leicht, sie sei gleichsam zu glatt, ja geradezu doppelknotenfeindlich. Da ich aber zufällig gerade keine Krawatte aus grobem Sackleinen verfügbar habe, begnügt er sich grummelnd mit einer aus Seide und verzieht sich in eine entlegene Wohnzimmerecke, um für sich zu proben.
Von dort höre ich ihn von Zeit zu Zeit Dinge murmeln. Es wehen Satzfetzen herüber, so was wie „schon lang nicht mehr gemacht“, „wie ging das noch mal“, auch ein „ich mein, das müsste von unten obendrüber. Oder doch von hinten unten durch?“ vermag ich herauszuhören.
Nach drei Versuchen mit differierender Erfolgsquote mahne ich vorsichtig das Ende der Probenphase an und präsentiere ihm meine gezückte Kamera. Bereit, wenn er es ist. Doch er ist es nicht. „Einer noch“, wimmelt er mich ab und hantiert fahrig an seiner Brust herum.
Zehn Minuten später nähere ich mich ihm erneut, natürlich mit der Demut eines Schülers, der dem Zenmeister ein Stückchen Weisheit ablauschen möchte. Unwirsch bedeutet er mir, mich zu trollen. Auch kaum verhohlene Polemiken gegen den Werkstoff Seide meine ich seiner Suada entnehmen zu können. Doch irgendwann ist es endlich so weit. Ich darf filmen.
Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Finde ich. Gut, das schmale Ende baumelt unten raus, lappt gar übern Gürtel, während die Krawattenspitze hoch unterm Rippenbogen die Aussicht genießt, und ihre Mittenfalte hat durch eine deutliche Verlagerung Richtung Rand einen Großteil ihrer Eleganz eingebüßt.
Doch ich habe zweifellos die technische Ausführung eines Krawattendoppelknotens auf Band und kann jetzt üben.
Ganz einfach. Im Grunde.
PS: Nein, den Lehrfilm werde ich NICHT auf YouTube hochladen. Darüber herrscht zwischen A. und mir eine Art stummes Einverständnis.
Lieber Matt, Sie sollen natürlich auch keine fachfremden Menschen mit diesen Fragen behelligen. Ich möchte Ihnen übrigens auch dringend, dringend, dringend ans Herz legen, sich zunächst mit dem Four-in-Hand-Knoten vertraut zu machen, bevor Sie sich dem doppelten Windsor widmen.
AntwortenLöschenBeide haben ihre jeweiligen Vor- und Nachteile (die ich übrigens mal hier verbloggte: http://germanpsycho.wordpress.com/2012/01/19/1268/).
Bei den meisten Kragenformen sieht der Four-in-Hand-Knoten einfach besser aus. Oder wie Fleming es ausdrückte: Bond mistrusted anyone who tied his tie with a Windsor knot.“
Und der Four-in-Hand-Knoten ist nun WIRKLICH leicht zu binden (der doppelte Windsor allerdings auch). Und ich bin gerne bereit, Ihnen für ein entsprechendes Video (ohne vorherige Probe) zur Verfügung zu stehen.
Hauptsache, Sie können am Ende wenigstens zwei Knoten und wissen, wann welcher einzusetzen ist.
(Immer wichtig! Definition Lernziele!)
Wahrscheinlich haben Sie in allem Recht, was Sie schreiben, doch die Zahl vier in „Four-in-Hand“ treibt mir schon jetzt den Angstschweiß auf die Stirn. Folglich werde ich Ihr freundliches Angebot einer dephobisierenden Therapiesitzung mit Freuden annehmen.
AntwortenLöschenHaben Sie keine Sorge – der "Four in Hand" ist wirklich ein nahezu idiotensicherer Knoten. Der Windsor ist deutlich anspruchsvoller, wenn es darum geht, die richtige Länge zu binden – aber auch kein Hexenwerk. Zeig ich Ihnen alles morgen.
AntwortenLöschenIch denke, dazu ist ein eigens anberaumtes Treffen notwendig. So etwas sollte nicht durch profane Dinge wie Fußball beeinträchtigt werden (und umgekehrt).
AntwortenLöschenBitte auf dem Fußballplatz! Übrigens kann ich Ihnen auch den "Gefühlten Doppelten Windsor" beibringen. Wobei "beibringen" vielleicht das falsche Wort ist, der geht nämlich jedes Mal ein bisschen anders.
AntwortenLöschenAch, den beherrsche ich schon aus dem Eff-eff. Und zwar blind, wenn Sie verstehen, was ich meine …
AntwortenLöschenNun, die ganz einfache Methode findet sich hier: http://www.youtube.com/watch?v=Ql-M-XF4Ixw
AntwortenLöschenUnd: Nein, das ist keine Werbung!
Ach Du je - ich habe Krawatten immer gehaßt, seit meiner Konfirmation 1971.
AntwortenLöschenBis heute weiß ich auch nicht, wofür diese Dinger nun gut sein sollen. Damit kicke ich mich natürlich rettungslos ins absolute chronische soziale Abseits, wenigstens wohl bei Herrn German Psycho. Aber vielleicht kann er (oder jemand anderes) mich in dieser Frage gründlich und vor allem überzeugend aufklären.
Über die knapp 17 Jahre (1994 bis 2010), wo ich beruflich bedingt diese Dinger tragen mußte, habe ich anfangs wirklich ernsthaft versucht, es zu lernen und zu verinnerlichen, um mir am Ende entnervt drei Stück (jeweils für 5.00 DM vom Grabbeltisch) e.i.n.m.a.l binden zu lassen und sie mir dann nach Gebrauch zum Eintritt der Entbehrlichkeit ohne endgültiges Öffnen des Knotens über den Kopf gezogen und weggehängt. Später dann wieder umgekehrt umgehängt. Und Waschen kann man die meisten dieser Dinger auch nicht ohne Schaden.
Na ja - ich bin eben wohl ein Prollkind. Seit ca. 2008 ist eine Krawatte ein beständiges unabdingbares Element einer Art Feindbildes geworden. Und dann war eben Schluß, als ich meinen damaligen Beruf hingeschmissen habe.
Zu retten bin ich wohl nicht mehr. ;-)
Haha, Ihre Biografie kommt mir bekannt vor – ich könnte fast ein „Auto“ davorsetzen … Sonderlich bequem finde ich Krawatten auch immer noch nicht, aber seit ich mir unterm hyptnotischen Einfluss von GP einige grandiose Anzüge zugelegt habe, sehe ich das Ganze ästhetisch: Zu einem Zegna- oder Dior-Anzug sieht eine passende (und richtig gebundene!) Krawatte einfach grandios aus.
AntwortenLöschenZum einen ist es natürlich so, daß der Zwang, Krawatten zu tragen, dazu beiträgt, daß Sie sie innerlich ablehnen. Pschüschologie, wissen's?
AntwortenLöschenIch habe es da etwas leichter gehabt: Ich mußte niemals Krawatten tragen, sondern tat dies immer aus freien Stücken.
Rein ästhetisch gibt der Langbinder dem Gesamtauftritt meines Erachtens erst die entscheidende Note: Der Anzug ist ja einfarbig, zumindest sind Hose und Sakko gleich. Dazu ein meist ebenfalls einfarbiges Hemd – wenn ich dann keine Krawatte trage, sagt das Outfit aus: Beachte mich nicht! Ich will unauffällig sein!
Eine Krawatte aber, die in der Tat ja keinerlei Sinn hat, abgesehen vom ästhetischen, bringt Farbei und / oder Muster hinein. Sie und das Einstecktuch.
Bequem oder unbequem: Eine Krawatte soll gar nicht eng geschnürt sein. Sie KANN eigentlich gar nicht unbequem sein, denn a) haben Sie NATÜRLICH darauf geachtet, daß Ihr Hemd die richtige, bequeme Weite am Hals aufweist (Faust(!)regel: ein Finger breit Abstand zwischen Hals und Knopf) und b) knoten Sie Ihre Krawatte natürlich nur locker und strangulieren sich damit nicht.
Mit diesen beiden Regeln ist es dann kein bißchen unbequem, einen Schlips zu tragen – außer natürlich, Sie laufen in Jogginghose und Feinrippunterhemd herum, aber dann führten wir diese Diskussion ja nicht.
Ich finde, Sie sollten die Krawatte einmal versuchen, als farbenfrohes Accessoire zu sehen, daß es Ihnen ermöglicht, interessanter auszusehen als im Einheitslook mit Anzug und Hemd mit offenem Kragen! Sie werden eventuell feststellen, wieviel Spaß es bereiten kann, die richtige Farben bei Krawatte und Einstecktuch zu wählen, sie mit dem Rest des Aufzugs abzustimmen – und anschließend aber bitte den Rest des Tages keinen Gedanken mehr daran zu verschwenden, was man trägt.
Eine Sache, die ich auch noch ansprechen möchte. Ein offener Hemdkragen wirkt auf mich hässlich. Es ist bei den meisten Kragenformen (außer Button Down) offensichtlich, daß er nicht dafür konzipiert wurde, offen getragen zu werden. Die beiden Kragenenden fallen dann unterschiedlich herunter, das Sakko rutscht häufig hoch, so daß es am Hals kratzt (und dreckig wird) – kurz: offene Hemdkragen bieten eigentlich weit mehr Potential für das Unbequeme als es eine locker gebundene Krawatte an einem gutsitzenden Hemd tut.
"Farbei"... Fabergé ?
Löschen;-)
Herr Matt, Herr German Psycho -
AntwortenLöschenganz ehrlich gesagt hatte ich als vorischtiger Mensch oder auch Pessimist eher lästerliche Antworten befürchtet.
Darum danke ich Ihnen sehr für Ihre wollwollende und einfühlsame Reaktion.
Ob die mich überzeugen vermögen, werde ich wohl erst nach längerem Nachdenken schreiben können, wobei ich über das längere anstehende Wochenende daran gehindert sein werde (einige Tage - schöne - Abwesenheit in der flachen norddeutschen Erdoberfläche bei Freunden).
Mal sehen.
Auf jeden Fall noch einmal: Danke. Alles ergebnisoffen. :-)
Vorsorglich zur Klarstellung: Ich mißschätze (? - o.ä.) Sie nicht Ihrer jeweiligen Auffassung oder Passion ob der Thematik oder Vorlieben...
Übrigens Herr Matt - klären Sie ggf. meine IP-Nummer: Ich bin der, der damals Dino mit den "Marines" aus St. Pauli gerettet hatte. Wirklich, ich bin es.
http://rueckseitereeperbahn.blogspot.de/2012/07/zum-heulen.html
http://rueckseitereeperbahn.blogspot.de/2012/07/zum-jubeln.html#comment-form
Alles Gute an Sie beide.
"vorischtiger"...
LöschenEine neue Gattung der Tiger, Unterart Vorisch ?
Hier werden doch alle traditionell mit Freundlichkeit und Zuneigung begrüßt.
AntwortenLöschenAn die Dinostory erinnere ich mich wohlwollend. Bedauerlich finde ich es nur, dass Sie es bis heute nicht geschafft haben, sich einen Namen zu geben. Aber was nicht ist …
Es ist oder könnte werden...
AntwortenLöschenIch hatte es schon einmal geschafft, mich Ihnen vor reichlich längerer Zeit mit Namen "Olaf M." oder "om_hamburg" o. ä.) zu präsentieren, auch damals per e-mail zu Opa Edi im hier fast benachbarten Haus Reeperbahn 157 (R.I.P) mit diesem elenden pannenanfälligen bekackten Alu-Fahrstuhl im Nuttenturm, zuletzt en detail zum Thema Erbrechen von Teenies in der S-Bahn nahe dem Bahnhof S-Bahn Reeperbahn. Da hatten Sie gemeckert ob der von mir geschilderten Details zum Erbrochenen mit der Frage, ob S.i.e dieses blog schreiben oder ich.
Danach hatte ich mich mit (in etwa) "Sorry, das kommt nicht wieder vor" trotzig aus Ihrem Blog verabschiedet, weil ich Sie damals möglicherweise mißverstanden hatte...
Weiteres eventuell auf Nachfrage...
Lassen Sie uns sehen oder lesen.
Sie müssen mich verwechseln: „meckern“ tu ich nie.
AntwortenLöschenDas wäre, mit Verlub gesagt, dann ja auch zickig. Oder so.
LöschenSorry, trotz Nachprüfung sehe ich mich veranlasst, ein "a" nachliefern zu müssen.
AntwortenLöschenSchade. Wollte gerade das schöne Wort Verlub in meinen aktiven Sprachschatz überführen.
AntwortenLöschenIch weiß, Links in Kommentaren sind nicht sonderlich beliebt, aber zum Stichwort "Angstschweiß" möchte ich gerne auf folgenden Knoten hinweisen, den ich ganz außerordentlich neckisch finde:
AntwortenLöschenhttp://www.youtube.com/watch?v=beDoqe69c5U
Bei mir läuft der Clip nicht. Wahrscheinlich heillos verknotet.
AntwortenLöschenOhje. Dann bei Interesse einfach nach elderedge knot suchen.
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