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29 November 2011
Die Menschen sind schlecht
Der Franke hat an seinem Rad zunächst unter ungeklärten Umständen Tretlager und Gangschaltung gefetzt, alles dann für schmerzhafte 163 Euro reparieren und es sich direkt in der Nacht darauf klauen lassen.
Ein Schicksal, welches mich derart rührt, dass ich mir jeden Scherz darüber verkniffen habe, und ich finde, das sollte der Franke mir hoch anrechnen. Ich würde mich allerdings sehr wundern, wenn er das täte.
Jetzt stromern wir gemeinsam über den Schlachthofflohmarkt, um nach einem neuen Rad Ausschau zu halten. Der Franke aber ist unkonzentriert, denn er befindet sich in jenem Opfermodus, den ich auch schon fünfmal durchlaufen habe: Er scannt mit flackerndem Blick die Bestände sämtlicher Fahrradanbieter in der Hoffnung, sein eigenes darunter zu entdecken.
„Ich bin paranoid“, gibt er unumwunden zu – und auch, dass er überlegt hat, ganz Hamburg mit Plakaten zu pflastern, auf denen sein Fahrrad abgebildet ist sowie der putzige Spruch: „Ich kriege dich, du Dreckschwein!“
Traurig zeigt er mir stattdessen die Fotos seines verschollenen Lieblings, die er zufällig mit sich führt, und wäre jetzt das Dreckschwein von Dieb zugegen, er gäbe das Rad vor lauter Mitleid bestimmt freiwillig zurück.
Doch wir müssen nach vorne blicken, ganz generell, und ich mache mich spontan stark für ein ordentlich wirkendes TCM-Alurad (Foto), für das der Franke nach Händlerangaben 95 Euro latzen soll.
„Fahren Sie Probe!“, lockt der Verkäufer, als er den Franken zweifeln sieht – und schon schwingt sich der Gebeutelte aufs Rad und karriolt damit munter davon. Der Händler will ihn noch stoppen, doch zu spät: Gäbe es hier Berge, der Franke wäre längst über alle.
„Keine Sorge, ich bleibe hier als Pfand“, beruhige ich den unruhigen Mann, der, wie sich herausstellt, zurecht besorgt dem entschwindenden Franken hinterherschaut, denn schon zweimal ist er Opfer unehrlicher Probefahrer geworden. Einmal, erzählt er mir (seiner Geisel) habe eine sympathisch wirkende Frau ihn betuppt.
„Sie war jung und charmant, sie sah harmlos aus“, sagt er, „wie eine Studentin.“ Er betont Studentin auf eine Weise, die ein verwunderliches Grundvertrauen in diese Spezies Mensch signalisiert, welches allerdings längst den Gang alles Irdischen gegangen ist.
Denn die junge Frau kam nicht wieder mit dem Rad, für das der Händler eigentlich 250 Euro haben wollte. Ein andermal ließ ein Probefahrer als Pfand eine Tasche da, die sich allerdings, nachdem er auf Nimmerwiedersehen geflohen war, als öd und leer entpuppt hatte.
Der Händler ist also ein gebranntes Kind. Er scheint daher entschlossen, so etwas nie mehr geschehen zu lassen, und sollte der Franke nicht zurückkehren, wird er mich zweifellos für den Rest meines Lebens Ketten ölen lassen.
Doch da kommt der unheilbar katholisch kontaminierte Würzburger auch schon wieder angeeiert, stellt das Rad ab und sagt: „Nein, doch nicht.“ Wie viel er denn geben würde statt der 95, fragt der Händler, und der Franke sagt „70“, und der Händler sagt: „Geht klar.“
Fast habe ich das Gefühl, als sollte nicht das Rad, sondern ich ausgelöst werden. Und so ganz falsch ist das ja auch nicht.
Was für ein Weiberrad. Wo ist die Querstange und der Stahlrahmen?
AntwortenLöschenOb Ms. Columbo, in einer ähnlichen Lage wie der Franke, wohl auch 70 Euro gezahlt hätte? Für Sie jetzt Herr Matt, ein Fahrrad ist sicher 70 Euro wert.
AntwortenLöschenFrau-Irgendwas-ist-immer
Ich habe mal ein Auto verkauft und der potentielle Käufer verschwand stundenlang auf Probe und ließ seine beiden unmündigen Kinder bei mir zurück.
AntwortenLöschenVallah, war ich froh, als er wiederkam....
frlkrise, da hatten Sie aber Glück, dass er die Blagen wiederhaben wollte …
AntwortenLöschenFür Ms. Columbo, Frau-Irgendwas, bin ich unbezahlbar. Nehme ich zumindest mal an.
Deckard, der Franke nennt es „unisex“.
Und aus wieviel Versicherungen sind Sie schon geflogen, bei diesem Fahrradverschleiß?
AntwortenLöschenAlso ich bin jetzt bei der 3. (Versicherung)
...aber auch ausgerechnet DORT ein Fahrrad kaufen - ich weiß ja nicht.
AntwortenLöschenIch schon: Es ist der einzige Trost, wenn einem wieder mal das Rad geklaut wurde – dass es vom Flohmarkt kam.
AntwortenLöschenDas "Ich kriege Dich, Du Dreckschwein" erinnert mich an die Glasvitrine, die ich vor einigen Jahren an einer Bar in der Derhardtstrasse sah.
AntwortenLöschenDarin hing ein Plakat, welches ein Motorrad zeigte, mit der Überschrift "There are things in life, you can do only once" und der Information darunter "Heels Angels Bike stolen"
Das hat bei mir irgendwie mehr Eindruck hinterlassen und hätte der Dieb das gesehen, hätte er das bike vermutlich schnellstens in der elbe vesenkt... Zumindest ich hätte so getan.
... wechsele ein D in ein G udn streiche ein t... Manman
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