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31 Oktober 2011
Wenn man schon mal was braucht
Ich benötige eine kleine Plastikbürste, aus Gründen. Sie, die Gründe, näher zu erläutern, ist hier allerdings nicht der richtige Ort. Und zwar aus Gründen.
Jedenfalls handelt es sich bei der kleinen Plastikbürste, die mir sehr konkret vorschwebt, um Pfennigware, die man am besten im Ramsch kauft, und wo kann man das besser als bei Woolworth in der Großen Bergstraße?
Ich hätte diesen gemeinhin ungastlichen Ort gleichwohl niemals gezielt angesteuert, doch als ich versonnen dort vorüberzuradeln mich soeben anschicke, sticht mir das Totalausverkaufsschild ins Auge. Die Filiale wird also dichtgemacht; ein kleiner Verlust für die Menschheit und ein ebenso kleiner für Altona. Also rein da, ehe die letzte Plastikbürste verkauft ist.
Wie sich schnell herausstellt, befinden wir uns bei Woolworth bereits auf der Zielgerade des Ausverkaufs. Die Regale: traurige Karikaturen ihrer selbst. Das Publikum: fast durchweg weiblich, beleibt und mit kapitalem Migrationshintergrund ausgestattet. Es wühlt sich gleichmütig durch die Reste der reduzierten Reste – also Grablampen, Hosen für einsneunundneunzig (in Worten: EINSNEUNUNDNEUNZIG!) und Hannah-Montana-Taschen.
Kleine Plastikbürsten aber sind, wie ich nach längerem Durchstreifen der tristen Gänge ebenso erstaunt wie mild empört erkennen muss, längst ausverkauft, wahrscheinlich aus Gründen. So beschließe ich ersatzweise den überaus denkwürdigen Ramschladen ausgangs der Reeperbahn aufzusuchen, der seit mindestens acht Monaten einen Ausverkauf behauptet, ihn zumindest im Schaufenster lockvogelartig bewirbt.
Hier, zwischen Handyschutzhüllen aus den 90ern und Einweggeschirr, keine Plastikbürste zu bekommen, das ist ungefähr so wahrscheinlich wie die Chance, dass die Table-Dance-Damen im Dollhouse samstagsabends nicht blankziehen.
Zumindest eins davon ist allerdings trotzdem wahrgeworden – und nein, im Dollhouse war ich am Wochenende nicht. Aus Gründen.
Just heute war ich ebenso auf dem Weg eine ebendiese Bürste zu besorgen. Leider habe ich keine gefunden. Beides aus Gründen.
AntwortenLöschenOh Mist. Gibt es die Bürsten am Ende gar nicht mehr? Nirgends?
AntwortenLöschenSie benutzen hier das schöne Wort Grablampen. Vor meinem inneren Auge sehe ich sofort einen Maulwurf, der auf dem Friedhof unterwegs ist und zur Unterstützung seiner Arbeit einen Bergarbeiterhelm mit Grubenlampe bzw. keinen Helm, aber eine Stirnbandlampe trägt. Blöd nur, daß Maulwürfe gar keine Grablampen benötigen, sie sollen ja blind sein.
AntwortenLöschenBudnischleckerrossmann. Irgend eine dieser Drogerieketten wird so etwas haben schätze ich, auch wenn ich noch nie so eine Bürste benötigte.
AntwortenLöschenHa, kommen Sie erst mal in das Alter, dann werden Sie diese Bürsten schon benötigen!
AntwortenLöschenWenn es sie dann überhaupt noch gibt – inchtomania und Joh deuten da eine ganz bedauerliche Entwicklung an. Sind Plastikbürsten vielleicht die Pandabären der Badausstattung? Wir werden es erfahren.
Wenn man jetzt schon älter ist und in seinem (früheren) Leben bereits mal körperlich gearbeitet hat, d. h. sich die Finger bei der Arbeit schmutzig gemacht hat, dann sind einem solche Utensilien wohlvertraut, zumal sie früher auch zur Grundausstattung von Haushalten gehörten, behaupte ich hier mal. Das langsame Aussterben der Arbeiterklasse hat offenbar auch einen Rückgang des Handbürstenvorkommens nach sich gezogen. Wobei ich solche Bürsten noch kenne, bei denen der Griff aus Holz war.
AntwortenLöschenIn dem Alter war ich schon, diese Bürsten dienten in frühester Jugend dazu, den Dreck von den Fingern zu schrubben. Da ich inzwischen ein reinlicher Mensch geworden bin, hielt ich die eigentlich nur noch erforderlich für KFZ Mechaniker u.ä. Berufsgruppen.
AntwortenLöschenSchreiberlinge könnten natürlich auch dazu gehören, so sie noch mit Schreibfedern und Tinte hantieren.
Ich werde mir hier von Ihnen keineswegs die genauen Einsatzumstände der Plastikbürste entlocken lassen, dass das mal klar ist.
AntwortenLöschenGerade das ist aber in dieser Situation unklug, denn es läßt Raum zum Spekulieren. Es könnte z. B. mit einer unlängst aufgetretenen seltenen Krankheit zusammenhängen. Ein Dementi dieser hier geäußerten Vermutung wird nicht glaubwürdiger, wenn man die genauen Umstände weiter verscheigt.
AntwortenLöschenWoher wissen Sie das mit der seltenen Krankheit? Sie heißt Tacitusitis, auf Deutsch Verschwiegenheit … ;)
AntwortenLöschenEin jeder bürstet eben vor seiner Tür.
AntwortenLöschenVielleicht auch aus unterschiedlichen Gründen.
Vielleicht auch nicht und er mag Experte in eben diesen Gründen sein.
Welch weise Worte von Wolf!
AntwortenLöschenIch frage mich gerade, wie Menschen ohne eine solche Bürste ihre Fingernägel sauber bekommen. Nach Spareribs, Blumen Umtopfen, Teig kneten, Reifen wechseln, Küche ausmalen, Schokobrunnenorgie, Hennapackung ... man kann doch nicht ständig Gummihandschuhe tragen!
AntwortenLöschenFinger abhacken soll auch tadellos funktionieren.
AntwortenLöschenBei "Ramschladen" musste ich tatsächlich auch direkt an die große Bergstrasse denken.
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