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12 Oktober 2011
Nach Hause ist es am schönsten
Auf dem täglichen Heimweg, in der Louise-Schröder-Straße, liegt eine Kneipe, deren Name mir noch nie zuvor aufgefallen ist.
Vielleicht liegt es daran, dass ich sonst immer auf dem Fahrrad vorüberhusche wie Superman auf dem Weg zur Weltrettung, heute allerdings regenbedingt per pedes unterwegs bin; vielleicht ist sie auch einfach neu, das passiert rund um den Kiez ja ständig.
Jedenfalls heißt die Kneipe „Filmriss“, was ein ausnehmend schöner, weil grundehrlicher Name ist. Damit kündigt der Kneipier bereits per Leuchtschild überm Eingang unverblümt an, welche Konsumbereitschaft er generell und verdammt noch mal von jedem Gast erwartet. Nicht nur aus diesem Grund mied ich den Eintritt sorgsam.
Nur wenige hundert Meter weiter, immer noch auf dem täglichen Heimweg, sind dann jene zu sehen, die Kaschemmen wie den Filmriss in ihrem Leben mindestens einmal zu oft aufgesucht haben. Sie stehen gruppiert vor der Obdachlosenfütterstelle und warten auf das Servicepersonal. Es sind Nonnen.
Noch ein Stückchen weiter auf meinem täglichen Weg nach Hause folgt die Schmuckstraße. Bei ihr war Nomen noch nie Omen, sie müsste eher Schmuddelstraße heißen.
Dort jedenfalls, gegenüber den heruntergekommenen und ständig weiter herunterkommenden Häusern im östlichen Abschnitt, in denen die Ladyboys ihre Zimmer haben, steht heute ein ausnehmend bauchiger Mann mit Schiebermütze und versucht, möglichst unbeteiligt und saumselig auszusehen.
Die Hände in den Taschen, den Schnauzer keck im Wind, schaut er auffällig unauffällig von links nach rechts, von hinten nach vorn – und hofft gewiss, eine der Transen würde sich endlich zeigen, damit er in konspirative Vertragsverhandlungen einsteigen kann.
Doch es ist zu früh, guter Mann, erst mit Einbruch der Dunkelheit kommen die Ladyboys gewöhnlich aus den heruntergekommenen und ständig weiter herunterkommenden Häusern der Schmuckstraße, die eigentlich Schmuddelstraße heißen sollte.
Doch ob der saumselig tuende Schnauzer dafür die Geduld aufbringt, kann ich heute nicht mal heimlich überprüfen: Meine Physiotherapeutin wartet.
PS: Ich habe nicht nur vergessen, ein Schmuckstraßenfoto anzufertigen, sondern nicht mal ein altes im Bestand. Deshalb heute ein (farblich nicht mal ganz unpassendes) aus der direkt benachbarten Talstraße.
Also ich verbinde mit `Filmriss` ja diesen Zustand im Kino wenn die Filmrolle ... bzw. wenn der Schmalflim vom Schwiegervater bei den Kinderfilmen des Herr-Irgendwas-ist-immer ... boh, ich fühle mich gerade gar schrecklich alt ....
AntwortenLöschenFrau-Irgendwas-ist-immer, deren letzter Filmriss mit einem riesigen blauen Fleck auf der körpereigenen Sitzfläche endete weil der Stuhl zur Seite sprang als ich mich niederlasssen wollte, ehrlich!
"Den Schnautzer keck im Wind" ist die Formulierung der Woche! :)
AntwortenLöschenUps ... noch besser ist nur: "den Schnauzer keck im Wind"
AntwortenLöschenWenn jemand so nach Freier aussieht, wie es heutzutage kein Freier mehr tut, dann handelt es sich bestimmt um einen Zivilfahnder.
AntwortenLöschenDieser Gedankengang mag völliger Unsinn sein, aber er gefällt mir und daher vertrete ich ihn auch vehement.
"heute allerdings regenbedingt per pedes unterwegs bin"
AntwortenLöschenund ganz nebenbei als Schönwetterfahrer geoutet. Tzzz
Jetzt dürfen Sie uns natürlich nicht vorenthalten, was es mit den obdachlosen Nonnen auf sich hat.
AntwortenLöschenFrau Irgendwas, wir müssen Ihnen bei Gelegenheit wohl mal „Metapher“ erklären … ;)
AntwortenLöschenGP, bestimmt haben das noch nicht alle Schnauzbartträger mitbekommen. So lebt das Klischee weiter – unter Unwissenden und Zivilfahndern.
inchtomania, ich gebe es zu: Ein Regencape kommt nicht in Frage.
Anonym, Sie sind WITZIG. Hat Ihnen das schon mal jemand gesagt?
"saumselig" wird hiermit dem biologischen thesaurus hinzugefügt. eine etymologisch determinierte frage dazu: heisst es saumse-lig oder saum-selig?
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