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12 November 2010
Von Pfeilgift, Bier und Fasswhiskey
Die ganz hohe Kunst des Kalauerns ist natürlich erst auf Lateinisch möglich. Das gilt unbedingt, vor allem und zuallervörderst auch für mich, der seine diesbezüglichen Sprachkenntnisse ausschließlich auf Basis von Asterix-Heften erworben hat.
Deshalb ziehe ich auch hochachtungsvoll meine Baseballmütze vor German Psychos genialischem „Curare humanum est“, das er nonchalant mitten im Geplauder raushaute und auf mein Geheiß sofort vertwittern musste. Mit großem Erfolg übrigens, wie die augenblicklich folgende Retweet- und Favingquote bewies.
Dieser Geniestreich passierte ihm und uns, kurz bevor die irische Retroband The Riptide Movement ihr Set im Rock’n’Roll Warehouse anpfiff. Ich kenne ja eine (mindestens) dreistellige Anzahl von Liveclubs in Hamburg, aber das Rock’n’Roll Warehouse war mir bis heute Abend völlig unbekannt. Und das mit Recht, denn es liegt an der höchstens für ihr sagenhaftes Verkehrsaufkommen und eine Lärmbelästigung auf Flughafenniveau berüchtigten Stresemannstraße, die nach Westen hinausführt aus Hamburg, um irgendwann in Straßen überzugehen, die direkt ins Nirgendwo Niedersachsens münden. Oder ist es Schleswig-Holstein?
Egal: Die Stresemannstraße ist ganz und gar kein liveclubkompatibler Ort, und doch fand dort heute Abend das Konzert der Iren von The Riptide Movement statt. Eine gemeinsame Bekannte und derzeitige Mitbewohnerin von German Psycho fungierte als Veranstalterin, und deshalb hatte er mich unversehens über unsere gemeinsame Präsenz auf der Gästeliste informiert.
„Hm, eigentlich wollte ich doch zahlen oder wie man das damals nannte, als ich es noch musste“, beschwerte ich mich. „Du weißt doch: Kaum hat man’s nicht mehr nötig, bekommt man’s geschenkt“, brachte er mich zum Schweigen.
Ersatzweise sorgten wir für kräftigen Astra-Umsatz im Rock’n’Roll Warehouse, und spätestens als The Riptide Movement den alten Folksong „Whiskey in the Jar“ exakt im Thin-Lizzy-Arrangement von 1972 nachspielten (höre und siehe Clip), war der Abend voll im Lot.
Rock erat demonstrandum.
Tjaja, der Eine will, muss aber nicht, der Andere muss, kann aber nicht und der Dritte kann aber will nicht... so ist das mit dem Eintritt bei Konzerten. Meine rechte Backentasche drängt mich in die zweite Kategorie, meine panische Angst vor irischer Musik in die Dritte und mein Wille, endlich Photoshop zu lernen in die erste...
AntwortenLöschen...klingt aber doch doch ganz vernünftig was Sie uns da als Gutenachtlied vorschlagen, verehrter Matt, doch, ehrlich! Und Anna: Nehmen Sie sich ein Beispiel! (siehe vorgestern)
Was die Stresemannstr. angeht, so ist das meiner Meinung nach nur des Herrgotts zynische Antwort auf die Frage ob das okay so ist, dass Autos grundsätzlich vier Sitze haben obwohl da immer nur einer drin sitzt.
... gut zu wissen, ich liebe diese Art von Locations. :)
AntwortenLöschenWas die Stresemannstraße angeht, naja, so viel Gewese um eine wichtige Querverbindung in Hamburgs Mitte, inzwischen nahezu unbefahrbar aber trotzdem nicht vermeidbar. Und bitte, komme mir keiner mit dort spielenden Kindern, die habe ich auch nach Einrichtung der 30er Zone noch nie gesehen. Einzig die Lärm- und Abgasbelästigung lasse ich gelten, aber die gibt es an vielen anderen Hamburger Verbindungsstraßen auch. Vielleicht sollte sich die Politik endlich hinsichtlich des Schwerlastverkehrs mal etwas einfallen lassen, der nämlich seit der Maut auf vielen Straßen anzutreffen ist, wo er nicht hingehört.
Doch zurück zum Song: Ich liebe ihn schon seit meiner Kindheit, in der ich ihn erstmalig von Thin Lizzy hörte. Seit dem ist er DER Bringer auf jeder Party. Da steht jeder auf, um sich zu schütteln.
Ich bin ja aus einer etwas späteren Generation, lieber Matt, daher hege ich größere Sympathien für die Metallica-Version. Aber gut: So oder so war es ein grandioses Konzert, abgesehen von den 2 Songs nach der Pause.
AntwortenLöschenAber die Jungs waren echt cool. Hätte ja zu gerne noch die After-Show-Party mitgemacht, aber mir sind die Äuglein zugefallen. Ist nix, wenn man älter wird.
Das Original von 1972 .... hmm ... da bin ich noch mit der Trommel um den Weihnachtsbaum, aber ich kenne das Lied und finde es genial.
AntwortenLöschenZum Thema Sresemannstr. kann ich nur sagen
1.) gab es da im Zeit-Magazin vor ca. 6 Wochen einen interessanten Artikel
und
2.) hat wohl jede Großstadt solche Strassen, also nix ungewöhnliches ....
LG und ein schönes WE wünscht Frau-Irgendwas-ist-immer
@German Psycho
AntwortenLöschenDann gehören wir beide wohl zur selben Generation, denn ich habe den Song ebenfalls erst über Metallica kennen und schätzen gelernt, bin darüber aber auch auf Thin Lizzy und deren Version gestoßen.
Leider läuft es in der Generation *nach* uns zu Lasten der Musik häufig umgekehrt: "Ey, wer spielt'n da so schlecht Guns'n'Roses nach?" (Live and let die) und "Cool, das ist doch von Puff Daddy!" (Every breath you take) sind traurige Höhepunkte dieser Erkenntnis.
starker Drummer! Die haben alle noch echte Freude am Spielen. Das erinnerte mich gleich and den Headbangers Ball.
AntwortenLöschenSchoenes Wochenende nach Deutschland!
Danny: Jede Generation wird von der vorigen als dumm und ignorant bezeichnet. Ganz normal. Und der Musikgeschmack wird subjektiv von Generation zu Generation schlechter.
AntwortenLöschenWas solls? Es zeigt uns nur eines: Daß wir eben auch langsam alt werden :)
GP, nicht ganz. Ich betrachte mich selbst als zumindest aufwärtskompatibel. Beim Musikgeschmack des ganz jungen Gemüses kenne ich mich derzeit nicht aus, schließe aber nicht aus, dass mir davon irgendetwas gefallen könnte.
AntwortenLöschenIch hatte auch mit "I'll be missing you" keine Probleme. Der Song ist so gut, dass auch Puff Daddy ihn nicht kaputt kriegen konnte. Nette Variante.
Gute/Schlechte Musik ist für mich nicht an Zeit gebunden. Zu "unseren Zeiten" gab es Modern Talking und ich würde weder meiner Oma, noch meiner Frau, noch meiner Nichte widersprechen, wenn sie es scheiße finden.
Diese Herren hier: http://www.batvglb.de/ sind deutlich jünger als ich und ich finde ihre Musik fantastisch. Geht doch. Und denen passieren die oben geschilderten Peinlichkeiten bestimmt nicht.
Eben: Es ist eben nicht nur bei der Generation *nach uns* so.Schon in unserer gabs Modern Talking und ähnlichen Schrott. Es gibt einfach immer Schrott, so wie es auch immer gute (Geschmack...) Musik gibt und geben wird.
AntwortenLöschenIn der Tat kann ich den Hip-Hop-Versionen älterer Stücke nichts abgewinnen, aber ich glaube, meine Eltern kamen mit Me First And The Gimme Gimmes auch nicht zurecht ;)
Ihre panische Angst vor irischer Musik, verehrter Herr Sofa_Inferno, hat in den letzten Dekaden aber einige großartige Künstler von Ihnen ferngehalten, zum Beispiel den unvergleichlichen Van Morrison (Empfehlung: „Astral Weeks“, zufällig die beste Platte ALLER Zeiten). Tragisch!
AntwortenLöschenLucky_Jack, ich wollte die Strese gar nicht diskreditieren, sondern lediglich ihre Tauglichkeit für Liveclubs anzweifeln. Und dabei bleibe ich auch nach dem gestrigen Abend.
So, so, Metallica haben sich also auch an „Whiskey in the Jar“ vergriffen. Vielleicht wäre einer der Herren so nett, und würde mir diese Version mal zumailen … äh … vorspielen?
Jetzt bohren Sie doch nicht noch in meiner Wunde herum, werter Herr Matt,schliesslich leide ich seit Langem an der Gewissheit, dass mir meine mannigfaltigen panischen Ängste so einiges qualitativ hoch einzuschätzendes verbauen: meine Batophobie macht mir den Genuss der hamburger Skyline vom Fernsehturm aus unmöglich (sieht man von da aus eigentlich die Strese?), meine Achulophobie raubt mir den Schlaf, meine Autodysomophobie verhindert, dass ich mir selber mal ein Eisbein zubereite, meine Bibliophobie lässt mich vor vor Franzens "Korrekturen" zurückschrecken, und meine Uranophobie bewirkt dass ich überhaupt nicht aus dem Haus gehe, um hier nur mal ein paar Beispiele zu nennen. Abgesehen davon ist meine Gynophobie auch in keiner Beziehung besonders hilfreich.
AntwortenLöschenAber ich bin ja nicht grundsätzlich Therapieresistent bzw. -renitent. "Astral weeks" ist bestellt, ich werde Sie über Ergebnisse bei Interesse gerne informieren.
Unter Bestellophobie scheinen Sie also wenigstens nicht zu leiden, gottlob. Und ich hoffe auch nicht unter Sonophobie, sonst müssen Sie sich Ihr Urteil über „Astral Weeks“ rein optisch bilden, und dann würde ein wesentlicher Aspekt des Genusses wahrscheinlich fehlen.
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