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23 Juni 2010
Besuch in der Herbertstraße
Heute betrat ich die sagenumwobene Herbertstraße, allerdings nur zum Besuch einer Bar- und Ausstellungseröffnung und sonst gar nichts.
Die Adresse lautete Herbertstraße 7. „Hoffentlich verwechsle ich nicht den Eingang“, hatte ich zum Abschied noch scherzhaft zu Ms. Columbo gesagt – und verwechselte dann auch prompt den Eingang nicht.
Allerdings wäre selbst das gar nicht so schlimm gewesen, denn die illustre Hurenschar, die hier normalerweise in den Fenstern sitzt und thematisch abgestufte Dienste offeriert – von Schmusekätzchen über Wuchtbrumme bis Peitschenfrau –, hatte sich vorsichtshalber in ihre Gemächer zurückgezogen angesichts der zu erwartenden Journalist(inn)en und des einen Bloggers (= moi).
Mit O-Saft und Prosecco begossen wurde nämlich die Eröffnung der Kontaktbar Domenicas Lounge, wo diverse Fotos der legendären Sexdienstleisterin an den Wänden hängen und die Flasche Dom Perignon (warum eigentlich IMMER Dom Perignon?) 750 Euro kostet.
Sofern dem kontaktgeneigten Gast das zu hoch erscheint, kann er auch ausweichen auf Wodka für 150 den Liter oder einen Cappuccino für sagenhaft schmale 2 Euro. Alles darf, nichts muss.
Ich nutzte die einmalig kostengünstige Gelegenheit, um einen benachbarten und wie gesagt verwaisten Hurenpräsentationsraum aufzusuchen (Foto oben), weil man so was sonst immer nur von außen sieht und ethnologisch-kiezkulturelle Aspekte unbedingt für eine nähere Inaugenscheinnahme sprachen.
Erstes Fazit: Alles ist immer rot. Übrigens auch die Wände von Domenicas Lounge und sogar der Schirm im … hüstel … Ständer.
Unter den Gästen waren diverse altgediente Kiezianer, und dementsprechend verliefen auch die Dialoge. Einer erzählte von seinem Vater, der im Krieg in Frankreich stationiert war und den Nazigrößen Prostituierte zuführen musste.
„Mein Vater“, erzählte er, „konnte nämlich Französisch.“ Rückfrage des etwa gleichalten Günter Zint: „Auch die Sprache?“
Nur wenige Meter entfernt von der neuen Bar saß übrigens Domenica einst im Fenster und buhlte um devote Kunden. Der verwaiste Stuhl, der heute dort zu sehen war, verströmte eine gewisse Melancholie und schien zu flüstern: Alles ist endlich, auch die Liebe und die Lust.
Obwohl die Liebe sicherlich nur sehr selten vorbeischaute in der Herbertstraße 7. Wenn überhaupt.
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Die Herbertstraße... Was war ich aufgeregt, als ich um ersten mal dort durch ging. Domenica habe ich damals nicht gesehen.
AntwortenLöschenWarum eigentlich immer Dom Perignon? Ich schätze, weil er unter den Champagnern den gleichen Mythos genießt wie Filet unter den Fleischstücken: Ist das Teuerste, also muss es ja das Beste sein.
AntwortenLöschenFür Kenner in beiden Fällen falsch (oder zumindest nicht grundsätzlich richtig), aber mancher mit zu viel Geld und/oder zu wenig Ahnung braucht es eben.
Was nicht heißen soll, dass der Dom Perignon kein Leckerchen wäre. Nur zahlt man hier eben den Mythos mit.
Als Frau ist man doch froh, mal eine genaue Beschreibung ohne Damen zu bekommen.
AntwortenLöschenEine mutige Freundin hat sich mal die Herbertstrasse anschauen....wollen. Sie hat eine Handtasche auf den Kopf bekommen und ging dann wieder.Viel hat sie nicht gesehen.
So konnte sie auch nicht beschreiben, wie es dort in den Häusern aussieht.
Danke.