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02 November 2009
Auf dem Fischmarkt
Es ist schon nach halb 10, auf dem Fischmarkt herrscht Ausverkaufswahnsinn.
Seit 9 ist zwar offiziell Schluss, doch erst danach steigern sich die Händler hinein in blanke Hysterie. Allerdings klafft oft eine Lücke zwischen der Warenqualität und dem Enthusiasmus des Anpreisens.
Ich vermute ja schon länger, dass die Händler bereits seit 7 Uhr heimlich Gammelgemüse und Quetschobst hinterm Wagen gesammelt haben, um alles pünktlich zur Marktschließung hervorzuholen und in Kisten zu 10 Euro verramschen.
Amüsiert lassen wir uns durch die wogenden Touristenmassen treiben. Die Händler kreischen und brüllen, ihr Adrenalinspiegel schwappt hoch wie die Elbe bei einer steifen Westbrise, nur Aale-Dieters Stimme ist gerade noch ein armseliges Krächzen, und deshalb schafft er es auch nicht mehr, eine Menschentraube an seinen Wagen zu fesseln.
Es geht gegen 10. Die Marktleitung hat schon dreimal durchgesagt, der Verkauf sei sofort einzustellen; damit treibt sie die Händler allerdings nur zu immer neuen Höchstleistungen. Wir hoffen daher auf günstigen Fisch in allerletzter Minute, vor allem auf Lachs, doch was man uns in Rahmen von 15-Euro-Paketen andrehen will, ist nur unwesentlich weit entfernt von Möwenfutter. Und beim Lachs lassen sie gar nicht nach; ungerührt nennen uns die Händler die alten Kilopreise, während sie weiter Rotbarschberge vor den mit Euroscheinen herumwedelnden Touristen auftürmen.
Wir haben unseren Schnäppchenplan praktisch schon aufgegeben, als wir am letzten Fischstand vor der Lakritz- und Nippesmeile die bereits fertig zusammengestellte Traumkonstellation entdecken: mehrere Lachsfilets, Schwertfisch, Seeteufel, Thun – und natürlich auch ein erhebliches Quantum Rotbarsch, doch das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert.
Wir schlagen zu: viereinhalb Kilo prächtigen Fisch für 15 Euro. Ein Kalmar war nicht dabei, doch der befand sich ja auch auf der gewiss interessant duftenden Wollmütze des abgebildeten Händlers, der schon mal mit Moby Dick geboxt haben muss; anders ist der kecke Knick in seiner Nase kaum zu erklären.
Das Messer im Kopf macht mir mehr Sorgen. Oder ist das der Rest der Harpune von Queequeg?
AntwortenLöschenSind das nicht die Dinger, die die Richter auch aufm Kopf tragen, in getrocknet?
AntwortenLöschenDie Wiederauferstehung dieses Geister-Käptns aus "Fluch der Karibik 1-46".
AntwortenLöschenHerzlichen Glückwunsch zu diesem Erlebnis, Herr Matt.
PS: Ihr Super-Spar-Fischpaket ohne Fischvergiftung überstanden?
Dein Koenig, bisher dachte ich, es handele sich um so etwas wie den Griff einer Laderampe oder so etwas, aber jetzt machen Sie mir Angst.
AntwortenLöschenFrau Tante, selbstverständlich haben Sie Recht. Als Fischhändler muss man sich aber erst hochdienen bis zum Status des Trockentragendürfens. Alternativ kann man auch Jura studieren.
Frau Nihilistin, bisher verspüren wir keine Symptome. Allerdings hat auch erst der Schwertfisch dran glauben müssen; der Rest liegt in der Tiefkühltruhe.
Oh je, was ist denn mit Aale Dieter los? Er ist doch wohl nicht krank? Ich war seit hundert Jahren nicht auf dem Fischmarkt.... ich glaub, ich brauch mal wieder Besuch von Auswärts :-)
AntwortenLöschenEr hatte aber keinen Starbuck's-Kaffeebecher dabei, oder? Famoser Text mit grandiosem Bild!
AntwortenLöschenOffizieller Schluss für die Marktbeschicker ist übrigens erst um 9.30 Uhr. Ich MUSS mir die Ansage jeden Sonntag mindestens dreimal anhören und kann sie auswendig. Die Melodie auch.
AntwortenLöschenIch meine mich anders erinnern zu können, aber wenn jemand es besser wissen muss, dann Sie.
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