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23 Juli 2009
Wir fühlen uns vergrämt
Die Bushaltestellenbank an der Mö dient eventuell allem Möglichen, doch das wartende Sitzen gehört gewiss nicht dazu.
Man rutscht auf der gewölbten und glattgebohnerten Sitzfläche unablässig nach vorne und somit potenziell runter, und wenn man sich hinten stützend anlehnen will, behandelt die höchst abweisend konstruierte rohrförmige Strebe deinen Rücken, als wolle sie ihn wegen Ungehorsams züchtigen.
Hau ab! – das und nichts anderes ist die Botschaft dieser Bank.
Wie’s scheint, hat der HVV hier nur eins im Sinn gehabt: das öffentliche Möbel so zu designen, dass es sich keinesfalls als Niederlassung oder gar Nachtlager für Obdachlose anpreist.
Es handelt sich somit eindeutig um eine Pennervergrämungsbank. Leider auch um eine Kundenvergrämungsbank, wie Ms. Columbo und ich beim schmerzhaften Warten auf die 36 feststellen mussten.
Aber man muss halt Prioritäten setzen, das zieht sich durchs ganze Leben, auch durch das des HVV.
Heute muß außerdem alles unkaputtbar sein. Wenn man es irgendie zerstören kann, dann wird es auch zerstört. Deshalb sind auch die Waschräume auf den Pinkelplätzen der Autobahn so heimelig mit Spiegeln und Schüsseln aus Edelstahl.
AntwortenLöschenAlles andere wird in Dutt gehauen.
Leider ist die Pennerschlafplatzverhinderungstechnik nicht nur beim HVV, sondern auch bei der Deutsche Bahn AG sehr beliebt. Wer mal nachts drei Stunden auf einem beliebigen Bahnhof der Nation auf seinen Zug warten mußte wird sicher bestätigen können, daß es extrem ärgerlich ist, wenn man nicht mal einnickern kann.
AntwortenLöschenAls Mann der schreibenden Zunft hätte ich aber ein wenig mehr Recherche von Ihnen erwartet. ;-)
AntwortenLöschenNicht der HVV - dem gehören die Häuschen gar nicht - ist dafür verantwortlich, sondern die Stadt Hamburg bzw. die die Ausschreibung gewinnende Firma JCDecaux.
Widerlich aber wahr, der Typ Wartehäuschen wird die Alten bald ersetzten und dann die ganze Stadt so sitz- und rückenunfreundlich bevölkern.
Dabei läßt sich die Pennervergrämung ja durchaus auch kundenfreundlich gestalten, indem man in der Mitte der Bank einfach Armlehnen installiert.
AntwortenLöschenÜbrigens finde ich NICHT, dass man es Obdachlosen möglichst schwer machen sollte, einen Schlafplatz zu finden.
AntwortenLöschenDie sind schon arm genug dran. Lass sie doch um Himmels Willen in Ruhe pennen.
... aber sie sieht gut aus, das ist fuer HH besonders wichtig....
AntwortenLöschenIhr Senat, Matt, wird wohl kostenlos Hand- und Fußschellen bereitlegen, damit sich Odachlose dort selbst fixieren können...
AntwortenLöschen@anonym: bzgl. JCDecaux - warum schreiben Sie das anonym? Wissen Sie noch mehr? Tatsächlich leide ich darunter, dass mein Programmkino direkt vor einer nordbadischen Haltestelle liegt, die ich als schönwetterischer Rollerfahrer meiden muss, weil besagte Firma hinter Plexiglas für H&M etc. wirbt, was widerum oft zu Scherben führt. Wie werden diese Scherben abgerechnet, frage ich mich.
Svenja, der Anreiz, selbst dieses unzerstörbare Metallmöbel zu zerstören, müsste Ihrer Theorie zu folge ins Unermessliche steigen. (In der Tat verspüre sogar ich diesen Drang.) Ihre Meinung, man solle es Obdachlosen nicht erschweren, einen Schlafplatz zu finden, teile ich übrigens uneingeschränkt. Aber die Sitzbankkonzipierer sind anscheinend anderer Meinung, und die sind maßgebend.
AntwortenLöschenAnonym, da habe ich doch wahrhaftig den HVV in Sippenhaft genommen. Daraus wird er hiermit wieder entlassen.
Lars, eine sehr schöne Idee, die mit den Armlehnen. Schnell Patent anmelden!
aquiigoespott, das Aussehen der Bänke ist wirklich cool. Allerdings sieht auch ein Atompilz verdammt cool aus.
Joshuatree, erzählen Sie mir in Ihrem beschaulichen Baden nichts von Scherben! Blinde reden ja auch nicht über Farben.
Adieu, Matt.
AntwortenLöschenWenn man es den Obdachlosen nicht erschweren sollte, irgendwo zu schlafen, warum laden wir sie dann nicht alle zu uns nach Hause ein? Das wäre mal eine ehrliche und echte Anteilnahme.
AntwortenLöschenSolange wir uns aber davor ekeln, ungewaschene und stinkende Menschen in unserem Bett schlafen zu lassen, sollten wir auch anderen Menschen und Firmen dasselbe Recht zugestehen.
Was soll diese Pseudoanteilnahme? Lieben wir die Penner? Finden wir sie angenehm? Wollen wir ihre Geschichten hören? Nein! Wenn wir ehrlich sind, gehen sie uns auf die Nerven. Wir sind nur zu höflich, es uns selbst gegenüber einzugestehen.
Bett und (öffentliche) Bank sind vollkommen verschiedene Dinge – was man allein schon daran sieht, dass ich mit Ihnen schon manche Bierbank teilte, aber noch nie das Bett.
AntwortenLöschenAußerdem ist meine Kritik an den Bushaltestellenbänken ja durchaus egoistisch: Was Penner vergrämt, vergrämt auch mich, und das mag ich nicht. Umgekehrt profitierten Penner davon, wenn man auch mir als Kunde etwas mehr Bequemlichkeit gönnte. Und das wiederum mag ich.
@ germanpsycho:
AntwortenLöschenWenn man Ihrer Logik folgte, müssten Sie dann nicht zu Hause auf einer eisernen Bank mit Rohrrückenlehne schlafen?
Matt, sehen Sie, da sind wir unterschiedlich. Wenn Sie bei mir auf der Matte stünden, weil Sie nirgends schlafen könnten, würde ich Ihnen jederzeit mein Bett anbieten (und ins Wohnzimmer ausweichen). Aber ich gebe es zu: Einem Penner würde ich es nicht anbieten.
AntwortenLöschenUnd nebenbei: Wenn die Bänke so bequem wären, daß Obdachose darauf schliefen, Sie würden dann auf ebenjenen Bänken nicht schlafen wollen.
Vierundachtzig: Was glauben Sie, worauf ich schlafe?
… ein Nagelbrett aus Chrom natürlich. DESHALB würde ich Ihr Angebot auch nicht annehmen …
AntwortenLöschenTja da hätte man die Bank eigentlich auch sein lassen können und das Geld für Obdachlose spenden
AntwortenLöschenJedenfalls haben Sie immer noch nicht glaubhaft belegen können, daß Sie sich gerne auf eine Bank setzen möchten, auf der vorher ein Obdachloser geschlafen hat. Sie wissen ja, wonach dann diese Bänke riechen.
AntwortenLöschenUnd ich glaube, Sie gut genug zu kennen, um sagen zu dürfen: Freiwillig setzen Sie sich nicht in fremder Menschen Scheiße.
Es bleibt Ihnen aber nur die Wahl: In nach Urin und Kot stinkenden, dafür aber bequemen Sesseln sitzen, oder eben auf den Komfort verzichten und in diesen Plastikschalen sitzen.
Ach ja: Oder mit dem Auto fahren.
Nun, bisher sind mir derart verschmutzte Wartebänke noch nicht untergekommen, weder optisch noch olfaktorisch. Dabei habe ich an der Reeperbahn schon oft Obdachlose draufsitzen sehen.
AntwortenLöschenVielleicht haben Sie auch nur ein leicht verzerrtes Bild dieser Bevölkerungsgruppe.
Was für eine nette sinnlose Diskussion.
AntwortenLöschenEine Sitzfrage stellte sich nicht, wenn die Bänke bequemer wären - denn dann wären sie von schlafenden sympathischen oder unsympathischen Obdachlosen belegt. Und ich gehe mal davon aus, dass niemand von den verehrten Herren sich auf einen selbigen setzen möchte?
Wäre zumindest weicher als die Metallbank.
AntwortenLöschenMatt, das ist doch nicht wahr, und Sie wissen das. Obdachlose riechen äußerst streng, jedenfalls die mir bekannten. Nehmen Sie doch mal als Beispiel den ehemaligen Schlafplatz eines solchen direkt bei Ihnen am Verlag. Das stinkt auch jetzt noch bestialisch, auch wenn er weg ist.
AntwortenLöschenEs ist ja außerdem auch nichts wertendes daran, wenn man Fakten beschreibt. Ich kann dennoch Mitleid mit diesen Menschen empfinden, aber ich kann doch nicht aus diesem Mitleid heraus einfach wegfiltern, daß Obdachlose es mit der Körperhygiene nicht so genau nehmen!
Und ich setze mich ganz sicher nicht auf einen Stuhl, auf dem vorher so ein Mensch saß. Ob sympathisch oder nicht.
So kommen wir nicht weiter – denn ich tue das schon, und Sie wissen das, spätestens jetzt.
AntwortenLöschenIch tue das natürlich nach optischer und olfaktorischer Prüfung, aber ich tue es.
@Joshuatree: Bin ja sowas von Schüchtern, da kam mir die Option grade recht. Nun also mit Namen.
AntwortenLöschenMit großen weiteren Neuigkeiten kann ich allerdings nicht dienen. Bin nur interessierter und engagierter Nutzer und dachte es wäre gar nicht so schlecht, wenn mehr Leute mal qualifiziert über dieses Stadtmöbel Quaken könnten.