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01 April 2009
Der direkte Weg
Jährlich sterben 2,7 Millionen Bäume nur für den Werbemüll, der uns unverlangt in die Briefkästen gestopft wird. Das musste ich heute der Zeitschrift „Natur + Kosmos“ entnehmen.
Darob ausgesprochen nachdenklich ging ich zu den Containern an der Budapester Straße, wo ich leere Flaschen abgeben wollte. Zu meinem Entsetzen waren allerdings die Altglasbehälter verschwunden. Nur die für Papier standen noch da.
Zwei Männer holten gerade verschnürte Papierstapel aus einem Transporter und quetschten sie unter roher Gewalt in die bereits überquellenden Container. Ich schaute mir verstohlen die Stapel im Transporter näher an. Es waren Abertausende originalverpackter Werbeprospekte.
Die des umständlichen peu-à-peu-Ausfahrens wohl müden Männer waren allem Anschein nach auf den pfiffigen Gedanken gekommen, den Plunder der Einfachheit halber direkt ab Druckerei dem Recycling zuzuführen.
Eine rundum nachvollziehbare Verhaltensweise: Zwar sterben die 2,7 Millionen Bäume trotzdem, doch sowohl die mit dem Verteilen vergeblich betrauten Fahrer als auch wir, die täglich still fluchenden Briefkastenentmüller, sparen so in beträchtlichem Maße Arbeits- und Lebenszeit.
Am Ende dieses beifälligen Gedankens kehrte allerdings meine Verzweiflung über die fehlenden Glascontainer zurück. Es standen schon Hunderte von Flaschen herum, die ratlose Menschen mit ähnlicher Gemütsverfassung dort zurückgelassen hatten.
Was tun? Nach kurzem Überlegen stellte ich mit ordnungsgemäß roten Ohren meine Tasche dazu. Einer der Prospektentsorger schaute mich an. Ich wich seinem Blick aus und fuhr mittelschnell davon.
Dabei hätte ich allen Grund gehabt, vorwurfsvoll zurückzuschauen. Doch so etwas gelingt mir nur schwer. Ich fühle mich sogar automatisch schuldig, wenn mich ein Polizist ansieht. Vor allem, wenn ich weiß, dass er auf der Davidwache stationiert ist.
(Symbolfoto)
Tja, Hamburg hat es wohl nicht mehr nötig. Eine Tonne Altpapier bringt auf dem Markt rund 60-90 Euro, ohne 2.7 Mio. Bäume zu holzen.
AntwortenLöschenDie werden dann wohl irgendwie genutzt, um meinen sogenannten Öko-Strom zu liefern? Dunno - alles Schwätzer.
Ich finde es unheimlich; letzte Nacht genau das über genau dies (Treppenhauspapier) nachgedacht, und eben jetzt dank Ihnen wieder daran erinnert. Sehr gut. Allerdings ging meine abendliche Ueberlegung den kopfernen Schlenker, dass gedruckte Flyer und Programme (Subkultur und so) endlich weniger werden, ohne dass sie (Netzwerken sei Dank), weniger werden. Ausserdem heute einen Heidenspass durchs Klammern setzen. Gegruesst!
AntwortenLöschenMittelschnell, bzw. Strichtempo, ist doch der Punkt, an dem die Beine vorauseilendem schlechten Gewissens nach im Tremor am Pedal kleben, oder?
AntwortenLöschenInteressante Frage: In der Tat dürfte der Papierverbrauch durch das Internet abnehmen. Ob das aber auch umwelttechnisch positiv ist, wenn man Stromverbrauch und Materialien, die zur Herstellung all dieser Rechner benötigt werden, dagegenhält?
AntwortenLöschenIch dachte übrigens bisher, daß für Kataloge etc. mittlerweile gar keine Bäume mehr sterben, weil das eh alles aus Altbeständen wiederverwertetes Zeuchs ist. Hab mich aber zugegebenermaßen nie damit auseinandergesetzt.
Ausgerechnet DU? Gottes Sinn für Gerechtigkeit...
AntwortenLöschenDas hätte ich nicht gedacht, dass Du doch einer von denen bist. Kommt das von der Umgebung oder eher so eine Art kleiner Sinneswandel?
Als Schüler verteilte ich ein Jahr lang für einen Hungerlohn vergleichbare Prospekte in der Nachbarschaft. Nach einer Weile kam ich ebenfalls auf die Idee, dass den Kram wohl niemanden interessieren dürfte, und warf die Packen ungeöffnet weg. Aber tatsächlich beschwerten sich an den darauffolgenden Tagen mehrere Anwohner bei meinem Arbeitgeber, dass sie nicht wie gewohnt ihr "Blättle" im Briefkasten gefunden hätten. Außerdem gab es auch Beschwerden, wenn die Werbesendung zu spät (das heißt vor Samstag um die Mittagszeit) oder zu früh (Freitagnachmittag) ausgeliefert wurde.
AntwortenLöschenZahnwart, ich habe sogar eine Nachbarin, die mich neulich fragte, ob ich wüsste, wo die Real-, Toom- und Penny-Prospekte abgeblieben seien, die normalerweise im Treppenhaus lägen. Die hätte wohl jemand gestohlen. Sie war empört.
AntwortenLöschenDein_Koenig, ich habe meine dunklen Seiten. Manchmal thematisiere ich sie sogar hier, aber man muss schon suchen.
GP, auseinandergesetzt habe ich mich mit der Materie ebenfalls nicht. Ich vertraue einfach mal der „Natur + Kosmos“. Sind schließlich Journalisten, die das recherchiert haben, also Leute wie ich.
Schnickschnackschnuck, Sie liegen mittelrichtig.
me, ich mag Ihre Klammern auch. Mehr davon.
Joshuatree, bitte keine Sippenhaft. Hamburg kann nichts dafür – weder für das praktisch denkende Duo noch für mich. Ich bin eh zugezogen.
Ich bin heute etwas beunruhigt mit meinem Altpapier losgefahren, aber zum Glück steht unserer hier noch und es war sogar noch Platz drin. Hamburg hat eben auch gute Seiten, zumindest in Hamburg-Bahrenfeld, wo die Altpapierentsorgungslage noch als zufriedenstellend bezeichnet werden kann.
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