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16 September 2008
Presspappe, wenigstens paniert
Beim Coldplay-Konzert in der Color Line Arena kam ich plötzlich auf eine wirklich doofe Idee: etwas zu essen.
Hühnchen, dachte ich, sei ein angenehm leichter Begleiter zum Bier. Also orderte ich „Chicken Nuggets“. Mit kleinen Barren Gold hatte das allerdings nichts zu tun, wie sich rasch herausstellte.
Ich erhielt für 4,30 Euro eine rechteckige Pappschachtel und hegte nicht nur dank des gepfefferten Preises durchaus Erwartungen. In der Schachtel lagen auch in der Tat ein paar panierte Hühnchenstücke, doch wo war die Soße? Und die Fritten?
Absent, alle beide. Das Mahl war also höchst frugal; meine üblichen Ansprüche – mehrere frei kombinierbare Esskompomenten – mussten rapide zurückgefahren werden. Damit hatte ich Fastfoodnovize nicht gerechnet. Einer Ergänzungsorder indes stand mein Stolz entgegen.
Also begann ich zu essen. Bereits beim ersten Bissen in ein Nugget wurde mir die Dimension meines Fehlers klar. Ganz ohne Zweifel bemühte sich das amorphe Etwas zwischen meinen Zähnen, panierte Presspappe zu simulieren – mit dem Unterschied, dass Presspappe auch unpaniert erheblich mehr Aroma besitzen dürfte als dieses feuchtigkeitslose weiße Nahrungsimitat.
Hier war kulinarisch praktisch nichts zu retten, höchstens zu übertünchen, am besten mit Hilfe von Soße. Also ging ich zurück zum Tresen und bat darum. Das Stirnrunzeln des recht betagten Herrn mit seiner lustigen Burgermütze verhieß jedoch nichts Gutes.
Die Soße hätte ich extra ordern und somit auch bezahlen müssen, deutete er an. Doch er wolle mal nicht so sein. Irgendwie konspirativ schob er mir ein winziges Aludöschen rüber, auf dem „Barbecue Sauce“ stand. Kostenlos!
Die Soße entpuppte sich als probates Mittel, die Hühnchensimulation mit einem Geschmack plattzumachnen, der mithilfe einer ganzen Armada künstlicher Aromapampe meiner Fantasie so etwas wie die Ahnung eines Grillabends vorzuspiegeln versuchte.
Mühsam mümmelte ich mich durch die Melange. Doch nicht das entwürdigende Essen war das Schlimmste an der ganzen Situation – sondern mein Gefühl der Dankbarkeit gegenüber dem Chicken-Nuggets-Höker, weil er mir ein Aludöschen Soße ausgegeben hatte.
Es ist schwer, kulturell tiefer zu sinken. Coldplay konnten nur zu einer Verbesserung der Lage beitragen, und das taten sie dann auch – vor allem mit ihrem Bühnenschlussbild „Viva“, das mir wie eine persönliche Botschaft der Band an mich vorkam.
Separatorenfleisch ist durchaus zum Verzehr geeignet, verehrter Herr Matt.
AntwortenLöschenAuch wenn einem die Herstellungweise der Chicken Nuggets bekannt
ist, kann mit einer Chilisosse so etwas wie Gaumenkitzel erreicht werden.
Waren Sie denn wenigstens Presspappsatt hernach?
.... es soll ja auch Menschen geben, die Nikotinpflaster
AntwortenLöschenrauchen, oder Vik Vaporup als Kippendip benutzen.
Sie haben zum ersten Mal in der Colina etwas gegessen? Das müsste doch eigentlich so eine Art zweites Wohnzimmer für Sie sein. Was die Qualität der dort verabreichten Substanzen (ich weigere mich, das "Essen" zu nennen) haben Sie natürlich Recht. Da bringt man sich besser ne Stulle mit.
AntwortenLöschenIch muß ramses zustimmten allerdings hatte ich Fish und Chips und die waren unerwartet lecker ! Und die Botschaft war für mich *schmunzel*
AntwortenLöschenIhr Separatorenfleisch, Herr Oldman, können Sie sich wohin stecken! Satt gemacht hat mich eher das Bier, zumal ich es nicht bei einem beließ.
AntwortenLöschenramses, die Stulle bekäme man wahrscheinlich genauso abgenommen wie eine Pulle Bier. Schließlich zahlen die Essmüllverkäufer drinnen horrende Pacht und müssen protektioniert werden.
Fisch und Chips also, Anonym. Muss ich mir merken, fürs nächste Mal.
Wäre ich Musikkritikerkritiker zöge ich durch die beschriebene desolate Nahrungsversorgung Rückschlüsse auf die gezeigte künstlerische Leistung der genannten Musikgruppe.
AntwortenLöschenIch hoffe, Sie wippten trotzdem mindestens einmal mit dem Fuß ;-)
Sprach ich nicht explizit von einer „Verbesserung“? Ja, das tat ich.
AntwortenLöschenIch habe sogar geklatscht – und zwar nicht nur der Frau neben mir eine, weil sie mir immer wieder durch haltlos euphorisches Aufspringen die Sicht nahm … ;-)
Stimmt, das Wort "Verbesserung" kam vor. Je regrette.
AntwortenLöschenWahrscheinlich haben Sie imvho aus dieser Verbesserung heraus noch andere Menschen aus spontaner Begeisterung heraus umgenietet... ;-)