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12 Juni 2008
Im Türkentrubel
Mittags versagt an sehr delikater Stelle mein Reißverschluss. Die Sache ist komplett irreparabel, zumindest für einen Hosenlatzlaien wie mich.
Ich muss nach Hause, mich umziehen, denn abends steht ein repräsentativer Termin an; es wäre seltsam, stünde ich dort die ganze Zeit herum und zöge mir mit beiden Händen mein St.-Pauli-Weltpokalsiegerbesieger-T-Shirt runter bis zum Oberschenkel.
So handhabe ich es jedenfalls im Bus nach Hause. Auch auf der Reeperbahn, wo mein reißverschlussloses Outfit gewiss noch am ehesten durchginge, verfalle ich in diese verkrampft wirkende Gehhaltung. Zum Glück sind dort – wie immer – viel merkwürdigere Leute unterwegs als meine Durchschnittlichkeit, weshalb mich niemand komisch anschaut.
Zu Hause wechsle ich die Hose und schwinge mich aufs Rad. Auf halber Strecke donnert ein hämischer Regenguss herab, und als ich im Büro ankomme, steht fest: Ich muss mich umziehen. Eigentlich. Doch in Frage kommt jetzt nur noch sukzessives Trocknen im Sitzen.
Als ich kurz vor Mitternacht vom Repräsentieren komme, ist die Reeperbahn ein Tollhaus. Türkische Jugendliche hupen, toben und tanzen herum, als hätte ihr Team das EM-Endspiel just 8:0 für sich entschieden, dabei gewann es nur eine Vorrundenpartie in letzter Sekunde gegen die lahme Schweiz und hat sich bisher noch nicht mal für die K.O.-Spiele qualifiziert.
Wenn man sich aber so anschaut und -hört, was sich bereits jetzt hier abspielt zwischen Boutique Bizarre und Davidwache, dann kristallisiert sich wie von selbst der Wunsch heraus: Bitte, Türkei, lass gut sein, nicht noch mal gewinnen, okay?
Als ich mittendrin war im Türkentrubel, habe ich diesen Wunsch aber nur stumm geäußert. Hey, die hatten Fahnenstangen!
Herr Matt,
AntwortenLöschenbei den Türken heute ging es aber um etwas. Also der Sieg war schon wichtig, der Verlierer scheidet ja definitiv aus(Schweiz).
Im Gegenzug zu den Deutschen, beim mühseligen Sieg gegen Polen letztens, der war noch nicht sehr entscheidend, trotzdem wurde meine Nachtruhe empfindlich gestört, und das in einer eher ruhigen Gegend.
Also gleiches (Un)recht für alle, oder anders gesagt: Für den, der abends ruhig schlafen möchte, wäre ein frühes Ausscheiden der Türkei und Deutschhlands wohl wünschenswert.
Dann verschwänden wohl auch diese gräßlichen Fähnchen.
Was ist einem also lieber?
Man muss schließlich Prioritäten setzen.
Glück auf!
Als alter Wasserballer, weiß ich, dass das absichtliche
AntwortenLöschenUnterwasserziehen eines Gegenspielers vom Schiri
geahndet wird.
Die Türken haben mehrmals unsere Eidgenossen minutenlang
mit dem Kopf unter Wasser gedrückt.
Und auf die Finger getreten haben sie ihnen auch, mehrmals.
Ich würde den Sieg aberkennen oder das Verhalten mit verschärften
Ausfüllbedingungen für den Deutschwerdungsbogen ahnden.
Ich möchte das Bild des Tages beisteuern: http://amberfire.files.wordpress.com/2008/06/einsnull.jpg
AntwortenLöschenund sagen: Nicht verloren ist doppelt gewonnen. Wegen der Schmach. Stellen Sie sich mal vor, die Türkei wird ausgerechnet von der Schweiz geschlagen. Und überhaupt, dass die Schweiz Fußball spielt finde ich an sich eine sehr lustige, weil symphathische Idee und habe immer Lust zu singen: Probiers mal mit Gemütlichkeit... :-)
Wieso überhaupt Bus, was ist aus dem Rad fahren geworden? Sportlicher Ehrgeiz schwindet...?
AntwortenLöschenmir gings auch auf'n senkel. hupende autos und knallkörper bis halb eins - gut dass ich zur zeit urlaub hab. mir tun die leute leid, die dann morgens um 6 aufstehen müssen. ja, und schland darf auch schnell ausscheiden...
AntwortenLöschenLaßt doch den Leuten Ihre Freude! Wie oft ist EM/WM? Alle zwei Jahre?
AntwortenLöschenGreift Euch den Gratis-Döner, schließt die Ohren und freut Euch darauf, daß wir die Kroaten heute wegblasen ;-)
Och, was seid ihr denn alle so fußballmuffelig?? War doch lustig gestern! Na ja, vielleicht war in Hamburg autokorsotechnisch mehr los als in Karlsruhe. Ich finde es jedenfalls nett, durch die Südstadt mit überall quergespannten Türkei-und-was-weiß-ich-noch-Flaggen zu gehen und den Türken beim Feiern zuzusehen :-) Aber nur, wenn wir heute auch wieder feiern dürfen!!
AntwortenLöschenKann mich der Stimme der Vernunft aus dem fernen Engelandt nur anschließen.
AntwortenLöschenBin ich der einzige, der lieber ein Video hiervon gesehen hätte "es wäre seltsam, stünde ich dort die ganze Zeit herum und zöge mir mit beiden Händen mein St.-Pauli-Weltpokalsiegerbesieger-T-Shirt runter bis zum Oberschenkel" ;)?
AntwortenLöschenMit einer 501 wäre das nicht möglich gewesen, Herr Matt.
AntwortenLöschenSelbst wenn ein Knopf in die Grütze ginge (was mir seit ca. zwanzig Jahren nicht passiert ist), so wären noch drei über. Und wenn alle Knöpfe im Eimer sein sollten, dann muß ihnen etwas passiert sein, das Sie an andere Prioritäten denken läßt als an Ihre Hose.
Soweit die Dinger allerdings relativ neu sind, kann die Panne drohen, daß sie die Hose nicht schnell genug aufbekommen vor dem verlockenden Urinal der Entspannung. Dann hätten Sie ein ähnliches Malheur, das sie aber nicht durch Nähen oder ähnliches aus der Welt schaffen müßten.
Und auf dem Kiez fällt das dann auch nicht so sehr auf, denn dort sind die Menschen eher tolerant oder in ähnlicher Weise betroffen.
;-)
Olaf, Sie haben alle Vor- und Nachteile sehr anschaulich angedeutet, vielen Dank.
AntwortenLöschenweltdeswissens, dieses Video sähe ich auch gerne, aber wer filmt mich schon? Nur der Innensenator mithilfe seiner vielen Überwachungskameras, und da kommen wir beide nicht ran.
dein_koenig, ich konnte das Abholen meines Fahrrads mit dem Hosenwechsel verbinden, daher nur eine Fahrt per Rad.
Zu den Türken, für deren Lärmerei viele hier Partei ergreifen: Ja, sie sollen gern Terz machen, aber abgestuft. Man muss sich doch noch steigern können. (Aber wahrscheinlich waren sie realistisch genug, um den Sieg über die Schweiz als den einzigen Feiergrund einzustufen – das ist die Erklärung!)
Ich sage mal so: In Kreuzberg war mindestens genausoviel los. In kreuzberg gab es sogar ganze abgesperrte Bereiche - wie damals auf der reeperbahn zur WM
AntwortenLöschenJa, meine Damen und Herren, so kann man sich täuschen ...
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