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11 November 2007
Man trägt Damenhandtasche
In der Tankstelle am Spielbudenplatz stehe ich hinter einem älteren Herrn in der Schlange. Er trägt ein teures hellbraunes Lederjacket, dessen Farbe perfekt mit der seiner Haare harmoniert.
Auf den Tresen legt er aber nicht etwa die Financial Times Deutschland, sondern die Gala und die Bunte – und bezahlt den Kleckerbetrag mit einer goldenen American-Express-Karte. Erlebt man so etwas nur auf St. Pauli? Wahrscheinlich schon.
Genauso wie den etwa 65-jährigen Mann abends im Bus, der auf eine Weise adrett gekleidet ist, wie man es Mitte der 70er war oder Dustin Hofman in „Tod eines Handlungsreisenden“. Er brabbelt mit unstetem Blick vor sich hin, ohne dass es ihm peinlich wäre. Als wir uns der Haltestelle St. Pauli nähern, brüllt er plötzlich: „ST. PAULI! ST. PAULI!“
Auf dem Sitz neben ihm steht seine Damenhandtasche. Ms. Columbo und ich entwickeln auf dem Heimweg Theorien über diesen Mann. Dass er mit hoher Sicherheit allein lebt und sich dabei für ihn selbst unmerklich lautstarke Selbstgespräche angewöhnt hat, darüber herrscht Konsens. Nur nicht über die Damenhandtasche.
Ms. Columbo vermutet Geiz. Er streifte, so ihre These, durch Kaufhäuser und fand nur für Damenhandtaschen Grabbeltische, weshalb er sich für die leicht merkwüdige, aber preisgünstige Variante entschied.
Meine Theorie hingegen ist folgende: Die Handtasche ist in Wirklichkeit die seiner Frau, und die liegt bei ihm zu Hause in der Tiefkühltruhe.
Selbst Ms. Columbo muss meiner Theorie eine größere Interessantheit zugestehen.
Ich hätte auch darauf getippt, dass sie seiner Frau gehört. Allerdings wollte meine These so enden: ..,die ihn irgendwann verließ.
AntwortenLöschenUnd übrigens gibt es neuerdings tatsächlich ein gar nicht mal zu verachtendes Sortiment an Männerhandtaschen. Da staunte ich schon Bauklötze und freute mich. Männerhandtasche ist ein tolles Wort :-)
Männerhandtaschen, werte Amber, sind schon seit zig Jahren en vogue. Manchmal nennt man sie auch „Sixpacks”.
AntwortenLöschenMatt, Sie sollen doch nicht immer diese Filme mit mir sehen! Da bekommen Sie dann nur dumme Ideen und schlimme Albträume von.
(Und bevor Sie fragen: Ja, ich finde die Schreibweise mit „b” wirklich viel besser.)
Ich vermute eher, dass dies der erste Schritt auf dem Weg zu einer Geschlechtsumwandlung ist.
AntwortenLöschenIrgendwo muss man ja anfangen, oder?
Amber, vielleicht ist die Existenz von Männerhandtaschen zu dem wunderlichen Herrn noch nicht durchgedrungen. Ich wäre allerdings jetzt enttäuscht, wenn etwas so Profanes meine schöne Theorie übertrumpfen würde.
AntwortenLöschenGP, das ist das erste Mal, dass ich Sie bei einer Schreibweise nach neuer Rechtschreibung ertappe. Hier bröckelt wohl eine Abwehrmauer …
Anna, diese Theorie hat etwas für sich. An seiner Stelle hätte ich allerdings beim Weglassen des beamtischen Hutes angefangen.
hmmm ich sag mal so. Mich hat man auch schon als Mann mit Damenhandtasche gesehen. Als ich nämlich eine brauchte, ohne die das abendliche Outfit einfach unvollständig gewesen wäre.
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