07 Mai 2007

Der Allererste

Die Verkäuferin an der MiniMal-Kasse strahlt mich an, als sei sie eng mit der Sonne verwandt. „Es kann ein bisschen länger dauern“, strahlt sie entzückend großäugig, „heute ist mein erster Tag!“

„Oh, bin ich sogar ihr allererster Kunde?“, frage ich in unzulässiger, doch der Situation angemessener Tautologie. „Ja!“, juchzt sie.

Ich finde es fast ein bisschen schade, diesen bedeutsamen Kaufakt mit lediglich drei Tafeln Schokolade bestreiten zu müssen. Doch sie hätte ja auch Pech haben können, und jemand wäre mit einer Rolle Klopapier und zwei Dosen Schwartenmagen angekommen.

„Dann wünsche ich Ihnen eine fantastische Karriere!“, übertreibe ich herzlich, während sie sich von einer Kollegin zeigen lässt, wie die Kasse aufgeht und wie man drei Cent Wechselgeld herausnimmt.

Mein Begleiter, der Franke, wird nur wenig später meinen Karrierewunsch als zynisch brandmarken. Doch hey: Kennt etwa nicht jeder von uns einen Tellerwäscher, der zum Millionär aufstieg? Und eine Supermarktverkäuferin, die irgendwann handstreichartig die Filiale übernahm?

Na gut, wahrscheinlich nicht. Alles nur Hollywoodlegenden. Draußen bin ich dann auch schon wieder runter. „Ihr wird das Strahlen bald vergehen“, jammere ich Kassandro dem Franken einen vor, und er zeiht mich zurecht der Wankelmut.

Trotzdem bleibt es ein sehr schönes Gefühl, ihr erster Kunde gewesen zu sein. Ein fast noch schöneres als damals, als mir Annett Louisan im Nachhinein verriet, dies sei gerade ihr allererstes Interview gewesen.

So etwas kann einem einfach keiner mehr nehmen.

7 Kommentare:

  1. Eine Defloration der besonderen Art.
    Den Ersten im Leben vergessen Frauen nie.

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  2. Um das sicherzustellen, werde ich öfter hingehen. Sie wissen ja: Vertrauen ist gut …

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  3. Das ist doch sehr sympathisch. Wenn sie schon so freundlich strahlt, wird sie die Probezeit sicher überleben. Aus Anett Louisan ist ja auch etwas geworden, vielleicht bringt es ja Glück, wenn Du der Erste bist.

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  4. Das war eine Initiation, keine Defloration - so hoffe ich.

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  5. Kann ich bestätigen. Hoffentlich.

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  6. Ich bin erschrocken ! Herr Matt, Sie haben das Wechselgeld angenommen, an so einem Tag - erschütternd !

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  7. Ich weiß, aber ich befand mich in einem Dilemma. Schließlich musste sie lernen, dass es grundsätzlich opportun ist, Wechselgeld herauszugeben. Hätte ich sie gleich beim ersten Mal auf die falsche Fährte führen sollen? Außerdem sind drei Cent Trinkgeld wirklich popelig. Eine Art schäbiges Almosen. Nein, ich stehe zu meiner Vorgehensweise.

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