Hier auf St. Pauli verfolgt man den grausamen Niedergang des Hamburger SV mit frohgemuter Häme. Jedes Spiel, das die Distanz zwischen dem klitzekleinen Kiezclub (3. Liga, Platz 12) und dem Megamillionenverein (Bundesliga, ganz hinten) verkleinert, wird freudig registriert, selbst wenn noch zwei Ligen dazwischenliegen.
So geht es natürlich auch mir; man atmet diese letztlich hoffnungslose Animosität tagtäglich mit der Kiezluft ein. Und wenn HSV-Torhüter Frank Rost heute Abend den herrlichen Satz sagt: „Tiefer in der Tabelle können wir nicht mehr kommen – das ist schon mal positiv“, dann ist man als Paulianer allzeit zum Feixen bereit.
Doch so ganz allmählich vermischt sich die Genugtuung über den gedemütigten Großverein mit einem anderem Gefühl: dem Bangen vor der Bundesligalosigkeit Hamburgs. Als zweitgrößte und sowieso schönste Stadt Deutschlands haben wir ein natürliches Recht auf einen Platz in der Liga.
Das war schlicht schon immer, immer, immer so; keine andere deutsche Stadt kann das von sich behaupten, vor allem und zuvörderst Berlin nicht. Insofern darf der HSV – und ich weiß, was ich jetzt sage – nicht absteigen. Punkt.
Zumindest nicht bis 2008. Denn dann spielt ja St. Pauli wieder in der Bundesliga.
(Das Foto zeigt übrigens eine riesenhafte Skulptur von Uwe Seelers rechtem Fuß vorm HSV-Stadion.)
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31 Januar 2007
30 Januar 2007
Guido wollte auch mal was sagen
Heute stellt sich doch wahrhaftig FDP-Chef Guido Westerwelle vors Mikro und behauptet, die Einführung eines Mindestlohns gefährde Arbeitsplätze. Ach ja? Mit diesem Argument, Westerwelle, ließe sich auch die Beibehaltung der Sklaverei rechtfertigen.
Denn führte nicht die Einführung eines Mindestlohnes für Sklaven dazu, dass sich die Sklavenhalter leider, leider von den bisher kostenlosen Zwangsarbeitern trennen müssten?
Dem Topverdiener Westerwelle ist die Gewinnspanne der Unternehmen im Zweifelsfall aber wichtiger als ein menschenwürdiges Leben. Deshalb sollen sich nach Guidos Gusto viele Menschen weiter für zwei Euro fünfzig pro Stunde als Halbsklaven verdingen müssen.
Nun, wer das okay findet, der mag ihn das nächste Mal wählen. Hier auf St. Pauli, so viel ist sicher, wird er damit nicht punkten. Viele hier wissen nicht einmal, wie man „Lohn“ buchstabiert.
Zum Beispiel diese orangehaarige Punkerin bei Penny. Im Eingangsbereich streitet sie mit einem Sicherheitsmann. Sie soll gehen, aber sie will nicht gehen. Gut, dann Polizei, sagt der Sicherheitsmann. Dann eben Polizei, sagt die Punkerin und zieht freudlos an der Kippe.
Als die Streife kommt, erklärt sie, sie habe noch nie hier geklaut oder sonstwie Ärger gemacht. „Nur weil ich einen Iro hab, habe ich Hausverbot. Das können die doch nicht machen. Ich will hier einkaufen wie jeder andere auch.“
Aber Hausrecht ist Hausrecht, die Kriterien sind frei definierbar, und eins davon kann eben auch ein Irokesenschnitt sein, sorry. Hätte die Punkerin einen menschenwürdig bezahlten Job, könnte sie sich den Sparmarkt in der Paul-Roosen-Straße leisten. Dort wird man auch nicht wegen seines Aussehens als Kunde abgelehnt.
Selbst Westerwelle würde dort bedient.
Denke ich mal.
Denn führte nicht die Einführung eines Mindestlohnes für Sklaven dazu, dass sich die Sklavenhalter leider, leider von den bisher kostenlosen Zwangsarbeitern trennen müssten?
Dem Topverdiener Westerwelle ist die Gewinnspanne der Unternehmen im Zweifelsfall aber wichtiger als ein menschenwürdiges Leben. Deshalb sollen sich nach Guidos Gusto viele Menschen weiter für zwei Euro fünfzig pro Stunde als Halbsklaven verdingen müssen.
Nun, wer das okay findet, der mag ihn das nächste Mal wählen. Hier auf St. Pauli, so viel ist sicher, wird er damit nicht punkten. Viele hier wissen nicht einmal, wie man „Lohn“ buchstabiert.
Zum Beispiel diese orangehaarige Punkerin bei Penny. Im Eingangsbereich streitet sie mit einem Sicherheitsmann. Sie soll gehen, aber sie will nicht gehen. Gut, dann Polizei, sagt der Sicherheitsmann. Dann eben Polizei, sagt die Punkerin und zieht freudlos an der Kippe.
Als die Streife kommt, erklärt sie, sie habe noch nie hier geklaut oder sonstwie Ärger gemacht. „Nur weil ich einen Iro hab, habe ich Hausverbot. Das können die doch nicht machen. Ich will hier einkaufen wie jeder andere auch.“
Aber Hausrecht ist Hausrecht, die Kriterien sind frei definierbar, und eins davon kann eben auch ein Irokesenschnitt sein, sorry. Hätte die Punkerin einen menschenwürdig bezahlten Job, könnte sie sich den Sparmarkt in der Paul-Roosen-Straße leisten. Dort wird man auch nicht wegen seines Aussehens als Kunde abgelehnt.
Selbst Westerwelle würde dort bedient.
Denke ich mal.
Noro, duck dich!
Ihr alle, die ihr mühselig und beladen seid, vor allem mit der Furcht vorm schröcklichen Norovirus: Ich weiß einen Ort, wo ihr sicher seid, einen Ort, den Viren und Bakterien jedweder Provenienz panisch meiden (müssen), denn dort können sie unmöglich überleben.
Ich spreche vom Bunker auf dem Heiligengeistfeld (Foto). Dort, im vierten Stock, gibt es den Club Uebel & Gefährlich, und der furchterregende Name dieses Clubs scheint auf dich gemünzt zu sein, Norovirus, denn die Lokalität machte dir augenblicks den Garaus, sofern du so tolldreist wärst, dich dort blicken zu lassen.
Ich war heute Abend da und habe es überprüft. Und es stimmt: In diesem Höllenraum herrschen absolut antibiotische Verhältnisse. Nichts kann dort überleben – und zwar dank des unatembaren Gasgemischs, welches sie dort „Luft“ zu nennen belieben.
Es besteht aus einer gut schneidbaren Mischung aus humanem Kohlendioxid, einem Kuppelprodukt der Zellatmung, und blickdichtem Zigarettenrauch. All das wird hermetisch umschlossen von dreieinhalb Meter dicken Betonmauern.
Und sofern du, Novovirus, diesen eigentlich tödlichen Gasangriff überstehen solltest, haben wir, die Besucher des Uebel & Gefährlich, noch die finale Keule in petto: Bier. Viel Bier.
Nach den Konzerten von Malcolm Middleton und Sophia lasse ich mich vom Liftboy nach unten fahren – und frage mich erst auf dem Heimweg, wieso es mir eigentlich nicht genauso erging wie dem Norovirus.
Zumal selbst der letzte tapfere Empfangsbalken auf dem Display meines Handys irgendwo auf dem Weg in den vierten Stock still verröchelte.
Ich spreche vom Bunker auf dem Heiligengeistfeld (Foto). Dort, im vierten Stock, gibt es den Club Uebel & Gefährlich, und der furchterregende Name dieses Clubs scheint auf dich gemünzt zu sein, Norovirus, denn die Lokalität machte dir augenblicks den Garaus, sofern du so tolldreist wärst, dich dort blicken zu lassen.
Ich war heute Abend da und habe es überprüft. Und es stimmt: In diesem Höllenraum herrschen absolut antibiotische Verhältnisse. Nichts kann dort überleben – und zwar dank des unatembaren Gasgemischs, welches sie dort „Luft“ zu nennen belieben.
Es besteht aus einer gut schneidbaren Mischung aus humanem Kohlendioxid, einem Kuppelprodukt der Zellatmung, und blickdichtem Zigarettenrauch. All das wird hermetisch umschlossen von dreieinhalb Meter dicken Betonmauern.
Und sofern du, Novovirus, diesen eigentlich tödlichen Gasangriff überstehen solltest, haben wir, die Besucher des Uebel & Gefährlich, noch die finale Keule in petto: Bier. Viel Bier.
Nach den Konzerten von Malcolm Middleton und Sophia lasse ich mich vom Liftboy nach unten fahren – und frage mich erst auf dem Heimweg, wieso es mir eigentlich nicht genauso erging wie dem Norovirus.
Zumal selbst der letzte tapfere Empfangsbalken auf dem Display meines Handys irgendwo auf dem Weg in den vierten Stock still verröchelte.
28 Januar 2007
Jarvis kann Deutsch
Ein knallbunter Konzertsamstag, wie er nur auf St. Pauli möglich ist. Er beginnt nachmittags gegen 16 Uhr. Ich schaue mir die Berliner Prollrapper B-Tight und Sido im Grünspan an, was sich merkwürdig anfühlt, weil die meisten im Publikum meine Kinder sein könnten.
Trotzdem packt mich der Beat, denn wenn Drums und Bass rhythmisch mit den wilden Wortkaskaden der Rapper verschmelzen, hat das eine seltsame archaische Kraft, der man sich physisch kaum entziehen kann.
Intellektuell schon, denn Sido rotzt Sachen raus wie: „Ich behalt alles für mich, ich geb nie ab, ich scheiß auf Mitleid und Gefühl, ich geb nen Fick, ich bin unberechenbar.“ Vor allem stört mich natürlich der Anglizismus „Ich geb nen Fick“, doch das ahnten hier manche sicher schon.
Schon Freitagabend war ich von Fußballreporter Oliver Forster entsprechend geeicht worden. Kurz vor Schluss hatte er nämlich gruselig herumanglisiert: „Noch zwei Minuten zu gehn.“ Ein Deutschlehrer täte ihm gut, dem Forster (der übrigens in meiner Tipprunde mitspielt).
Abends erzählt uns Pulp-Legende Jarvis Cocker beim Konzert in der Großen Freiheit dann von seinem Deutschpauker. Der trug angeblich eine einzelne weiße Strähne im Haar, die aussah wie Vogelschiss. Immerhin brachte dieser Lehrer ihm Begriffe bei wie „Spiekley mid Bradkardoff'ln“.
Übrigens ist Jarvis auch schlagfertig. Er braucht keine Zehntelsekunde, um den Ruf „Don’t fuck it up!“ aus dem Publikum lakonisch mit „Too late“ zu kontern. (Ich frage mich gerade, wie Sido „Don’t fuck it up“ übersetzen würde – vielleicht mit „Verfick’s nicht“?)
Danach geht es ins Knust, wo ein kleines Festival stattfindet. Die erste Band ist schon durch, doch alsbald betritt der spröde Schwede Kristofer Åström die Bühne, um ein 90-minütiges Vollkonzert zu zupfen, was mir – ausgelaugt von B-Tight, Sido und Jarvis – zusehends die letzten Kräfte raubt. So sieht man mich in den letzten 20 Minuten vor der Theke auf der Couch sitzen, wo ich Bier trinke und versuche, im Halbdunkel Hinnerk zu lesen.
Irgendwelche transferierbare Erkenntnisse für mein Heteroleben gewinne ich nicht, und ich radele nach Hause und gucke noch stundenlang „Schlag den Raab“. Erkenntnisgewinn dort: Raab kann nicht rechnen – was ProSieben satte 1,5 Millionen Euro kostet. Autsch.
(Dieser Eintrag ist übrigens nichts anderes als eine ebenso latente wie wortreiche und absolut überzeugende Rechtfertigung dafür, gestern nichts gebloggt zu haben.)
Trotzdem packt mich der Beat, denn wenn Drums und Bass rhythmisch mit den wilden Wortkaskaden der Rapper verschmelzen, hat das eine seltsame archaische Kraft, der man sich physisch kaum entziehen kann.
Intellektuell schon, denn Sido rotzt Sachen raus wie: „Ich behalt alles für mich, ich geb nie ab, ich scheiß auf Mitleid und Gefühl, ich geb nen Fick, ich bin unberechenbar.“ Vor allem stört mich natürlich der Anglizismus „Ich geb nen Fick“, doch das ahnten hier manche sicher schon.
Schon Freitagabend war ich von Fußballreporter Oliver Forster entsprechend geeicht worden. Kurz vor Schluss hatte er nämlich gruselig herumanglisiert: „Noch zwei Minuten zu gehn.“ Ein Deutschlehrer täte ihm gut, dem Forster (der übrigens in meiner Tipprunde mitspielt).
Abends erzählt uns Pulp-Legende Jarvis Cocker beim Konzert in der Großen Freiheit dann von seinem Deutschpauker. Der trug angeblich eine einzelne weiße Strähne im Haar, die aussah wie Vogelschiss. Immerhin brachte dieser Lehrer ihm Begriffe bei wie „Spiekley mid Bradkardoff'ln“.
Übrigens ist Jarvis auch schlagfertig. Er braucht keine Zehntelsekunde, um den Ruf „Don’t fuck it up!“ aus dem Publikum lakonisch mit „Too late“ zu kontern. (Ich frage mich gerade, wie Sido „Don’t fuck it up“ übersetzen würde – vielleicht mit „Verfick’s nicht“?)
Danach geht es ins Knust, wo ein kleines Festival stattfindet. Die erste Band ist schon durch, doch alsbald betritt der spröde Schwede Kristofer Åström die Bühne, um ein 90-minütiges Vollkonzert zu zupfen, was mir – ausgelaugt von B-Tight, Sido und Jarvis – zusehends die letzten Kräfte raubt. So sieht man mich in den letzten 20 Minuten vor der Theke auf der Couch sitzen, wo ich Bier trinke und versuche, im Halbdunkel Hinnerk zu lesen.
Irgendwelche transferierbare Erkenntnisse für mein Heteroleben gewinne ich nicht, und ich radele nach Hause und gucke noch stundenlang „Schlag den Raab“. Erkenntnisgewinn dort: Raab kann nicht rechnen – was ProSieben satte 1,5 Millionen Euro kostet. Autsch.
(Dieser Eintrag ist übrigens nichts anderes als eine ebenso latente wie wortreiche und absolut überzeugende Rechtfertigung dafür, gestern nichts gebloggt zu haben.)
27 Januar 2007
Herz mit Sprung in der Schüssel
(Quelle: U_mag)
Normalerweise halte ich berufliche Dinge fern von diesem privaten Blog. Heute mal nicht, der Anlass rechtfertigt es.
Ein Kollege hatte ein Interview mit dem jungen Schauspieltalent Hannah Herzsprung geführt. Alles lief gut. Danach allerdings verlangte das Management, die Antworten seines Schützlings vor Veröffentlichung zu sehen und bei Bedarf zu verändern.
Das ist nicht neu, sondern eine Unsitte, die grassiert und gegen die man sich als Redaktion nach besten Kräften wehren muss. Manchmal sagt man aber: Okay, schauen wir mal, was dabei herauskommt; das Thema ist uns wichtig.
Und das, was auf dem heutigen Foto zu sehen ist, kam im Fall Herzsprung dabei raus: Die lustige Mimin hat fast drei Viertel ihrer Antworten im Nachhinein schlicht gestrichen. Nicht korrigiert, verfeinert, geschärft. Nein: eliminiert.
Damit war das Thema natürlich gestorben; schließlich ist man als Redaktion ja nicht der Erfüllungsgehilfe einer blindwütigen Imagesteuerung. Was blieb, war die gedruckte Dokumentation dieses grotesken Akts der Selbstzensur. Sie zeigt, welche gähnenden Abgründe von Paranoia sich in der Showbranche bisweilen auftun.
Jetzt gibt es auf unserer Herzsprung-Doppelseite nicht mehr viel zu lesen, aber dennoch viel zu sehen.
Und zu begreifen.
Normalerweise halte ich berufliche Dinge fern von diesem privaten Blog. Heute mal nicht, der Anlass rechtfertigt es.
Ein Kollege hatte ein Interview mit dem jungen Schauspieltalent Hannah Herzsprung geführt. Alles lief gut. Danach allerdings verlangte das Management, die Antworten seines Schützlings vor Veröffentlichung zu sehen und bei Bedarf zu verändern.
Das ist nicht neu, sondern eine Unsitte, die grassiert und gegen die man sich als Redaktion nach besten Kräften wehren muss. Manchmal sagt man aber: Okay, schauen wir mal, was dabei herauskommt; das Thema ist uns wichtig.
Und das, was auf dem heutigen Foto zu sehen ist, kam im Fall Herzsprung dabei raus: Die lustige Mimin hat fast drei Viertel ihrer Antworten im Nachhinein schlicht gestrichen. Nicht korrigiert, verfeinert, geschärft. Nein: eliminiert.
Damit war das Thema natürlich gestorben; schließlich ist man als Redaktion ja nicht der Erfüllungsgehilfe einer blindwütigen Imagesteuerung. Was blieb, war die gedruckte Dokumentation dieses grotesken Akts der Selbstzensur. Sie zeigt, welche gähnenden Abgründe von Paranoia sich in der Showbranche bisweilen auftun.
Jetzt gibt es auf unserer Herzsprung-Doppelseite nicht mehr viel zu lesen, aber dennoch viel zu sehen.
Und zu begreifen.
25 Januar 2007
Wie auf Ecstasy
So, jetzt ist es also mal Winter. Schnee in Hamburg, Frost in der Luft. Und prompt begrüßt mich mein Fahrrad mit einer eingefrorenen Schaltung. Von meinen sieben Gängen funktionieren nur noch die ersten drei.
Das ist eine ausgesprochen kleine Übersetzung, wie ich feststellen muss. Auf geraden Strecken sieht mein Fahrstil nun aus, als juckelte ein Duracellhase auf Ecstasy durch einen zu schnell abgespielten Stummfilm.
Ähnlich fix war heute Abend die bemützte Bedienung im Aurel. Ich fragte sie, wie sie es bloß schaffe, ein Pils vom Fass, welches doch die sprichwörtlichen sieben Minuten brauche, in exakt sieben Sekunden servierfertig ins Glas zu bekommen.
Sie hatte nicht die Spur einer Ahnung. Es müsse, mutmaßte sie immerhin ein wenig herum, an der Marke liegen: Große Freiheit laufe schlicht schneller ein als zum Beispiel Jever. Viel dünner als Jever schaindes awer drodsdem nich ssussein.
Der Abend endete im Grünen Jäger, wo es so voll war, dass die auftretenden Künstler unsichtbar blieben und dank ihrer zarten Akustikgitarren auch weitgehend unhörbar. Nach einem Wackelfoto der grün bestrahlten Discokugel trat der Duracellhase das Heimradeln an, hibbelig wie eine Nähmaschine.
Ich hätte ja ehrlich gesagt nichts gegen einen außergewöhnlich frühen Frühlingseinbruch.
Das ist eine ausgesprochen kleine Übersetzung, wie ich feststellen muss. Auf geraden Strecken sieht mein Fahrstil nun aus, als juckelte ein Duracellhase auf Ecstasy durch einen zu schnell abgespielten Stummfilm.
Ähnlich fix war heute Abend die bemützte Bedienung im Aurel. Ich fragte sie, wie sie es bloß schaffe, ein Pils vom Fass, welches doch die sprichwörtlichen sieben Minuten brauche, in exakt sieben Sekunden servierfertig ins Glas zu bekommen.
Sie hatte nicht die Spur einer Ahnung. Es müsse, mutmaßte sie immerhin ein wenig herum, an der Marke liegen: Große Freiheit laufe schlicht schneller ein als zum Beispiel Jever. Viel dünner als Jever schaindes awer drodsdem nich ssussein.
Der Abend endete im Grünen Jäger, wo es so voll war, dass die auftretenden Künstler unsichtbar blieben und dank ihrer zarten Akustikgitarren auch weitgehend unhörbar. Nach einem Wackelfoto der grün bestrahlten Discokugel trat der Duracellhase das Heimradeln an, hibbelig wie eine Nähmaschine.
Ich hätte ja ehrlich gesagt nichts gegen einen außergewöhnlich frühen Frühlingseinbruch.
Zurück in die Steinzeit
Zum hinterhältigen Bitsch! eines elektrostatischen Schlags habe ich ein ähnliches Verhältnis wie Ms. Columbo zu Spinnen. Also kein gutes.
Das erklärt vielleicht folgendes bizarre Verhalten, welches von den überall auf St. Pauli installierten Überwachungskameras zum Glück nicht erfasst wird (glaube ich): Beim Staubsaugen ertappe ich mich nämlich manchmal dabei, wie ich mich am Metallrahmen der Jukebox erde, um nicht ständig gebitscht zu werden.
Die linke Hand liegt dabei auf der Box, während ich mit der rechten den Sauger führe und unter komischen Verrenkungen entfernte Flurwinkel zu erreichen versuche.
In solchen Augenblicken habe ich das Gefühl, dieses ganze Zivilisationsding sei eventuell ein furchtbarer Irrtum. Wahrscheinlich waren Steinzeitmenschen besser dran als wir – und machten dabei auch eine bessere Figur.
Okay, da waren die Mammuts und die Säbelzahntiger und die grunzende Nachbarsippe mit ihren nagelgespickten Keulen. Aber kaum Elektrostatik.
Und niemand wurde je dazu verdonnert, die Höhle zu saugen.
(glaube ich)
Das erklärt vielleicht folgendes bizarre Verhalten, welches von den überall auf St. Pauli installierten Überwachungskameras zum Glück nicht erfasst wird (glaube ich): Beim Staubsaugen ertappe ich mich nämlich manchmal dabei, wie ich mich am Metallrahmen der Jukebox erde, um nicht ständig gebitscht zu werden.
Die linke Hand liegt dabei auf der Box, während ich mit der rechten den Sauger führe und unter komischen Verrenkungen entfernte Flurwinkel zu erreichen versuche.
In solchen Augenblicken habe ich das Gefühl, dieses ganze Zivilisationsding sei eventuell ein furchtbarer Irrtum. Wahrscheinlich waren Steinzeitmenschen besser dran als wir – und machten dabei auch eine bessere Figur.
Okay, da waren die Mammuts und die Säbelzahntiger und die grunzende Nachbarsippe mit ihren nagelgespickten Keulen. Aber kaum Elektrostatik.
Und niemand wurde je dazu verdonnert, die Höhle zu saugen.
(glaube ich)
24 Januar 2007
Nerven wie Spinnweben
Vor der Fabrik in der Barnerstraße, wo ich das Konzert der betagten Gitarrenband Wishbone Ash besuchen will, muss ich Schlange stehen im Frost. Habe zu dünne Schuhe an, die frische Kälte zieht zügig durch die Sohlen. Der erste Wintertag, und ich stehe trippelnd im Freien; tolles Timing.
Die Stimmung steigt weiter, als ein zugewachsener Stadtschrat mit Klingelbecher an der Schlange entlangschlurft und uns mit einem hämischen „Stellt euch nicht so an!“ kommt – der Spruch ist noch älter als sein verfilztes graugelbes Zottelgestrüpp, das er der Welt als Bart verkaufen will. Wir muffeln ihn alle an, er verdient keinen Cent.
Endlich bin ich drin in der Fabrik, und die Vorband legt los. Sie heißt Bliss und war vor 15 Jahren mal eine viertelgroße Nummer. Ich weiß nicht genau, ob es an meinen kalten Füßen liegt, aber die Sängerin mit ihrem Hört-mal-wie-ich-in-5-Sekunden-12-Oktaven-schaffe-Gekreische wirkt auf mein Nervenkostüm wie eine Kreissäge in der Ruhesauna.
Und plötzlich nervt mich alles. Wie die abgetakelten Althippies in ihre Bratwürste beißen und Soße aus den kleinen wulstigen Kuhlen ihrer Mundwinkel tropft. Wie ihre fahlen Resthaare todtraurig auf Jeansjackenschultern liegen. Wie all diese hässlichen Leute um mich herum jugendlich tun und Bier aus Plastikbechern in ihre wabbeligen Wohlstandsbäuche schütten.
Andy Powell von Wishbone Ash, einer der einflussreichsten Gitarristen der Rockgeschichte, spielt ein Solo, aber ich muss weg, sofort. Ich laufe die Friedensallee hoch. Neben Aldi fällt mir ein Automat auf (Foto), den ich dort noch nie gesehen habe. Der Trumm entpuppt sich als öffentlicher Eiswürfelautomat, pro Kilo ein Euro. Man kann Münzen einwerfen oder mit Karte zahlen.
Es ist der erste Wintertag, es friert, meine Füße fühlen sich an, als liefe ich barfuß über die Eisbahn in Planten un Blomen – und ich stolpere über einen öffentlichen Eiswürfelautomaten. Ich wusste nicht mal, dass es so etwas überhaupt gibt.
Außerdem habe ich ein Sirren im Ohr, das nicht mehr weggeht. Das war aber vor dem Konzert schon da, dafür will ich die Bliss-Sängerin nicht auch noch verantwortlich machen.
Ex cathedra: Die drei besten Songs von Wishbone Ash
1. „Errors of my ways"
2. „Sorrel"
3. „Surfing a slow wave"
Die Stimmung steigt weiter, als ein zugewachsener Stadtschrat mit Klingelbecher an der Schlange entlangschlurft und uns mit einem hämischen „Stellt euch nicht so an!“ kommt – der Spruch ist noch älter als sein verfilztes graugelbes Zottelgestrüpp, das er der Welt als Bart verkaufen will. Wir muffeln ihn alle an, er verdient keinen Cent.
Endlich bin ich drin in der Fabrik, und die Vorband legt los. Sie heißt Bliss und war vor 15 Jahren mal eine viertelgroße Nummer. Ich weiß nicht genau, ob es an meinen kalten Füßen liegt, aber die Sängerin mit ihrem Hört-mal-wie-ich-in-5-Sekunden-12-Oktaven-schaffe-Gekreische wirkt auf mein Nervenkostüm wie eine Kreissäge in der Ruhesauna.
Und plötzlich nervt mich alles. Wie die abgetakelten Althippies in ihre Bratwürste beißen und Soße aus den kleinen wulstigen Kuhlen ihrer Mundwinkel tropft. Wie ihre fahlen Resthaare todtraurig auf Jeansjackenschultern liegen. Wie all diese hässlichen Leute um mich herum jugendlich tun und Bier aus Plastikbechern in ihre wabbeligen Wohlstandsbäuche schütten.
Andy Powell von Wishbone Ash, einer der einflussreichsten Gitarristen der Rockgeschichte, spielt ein Solo, aber ich muss weg, sofort. Ich laufe die Friedensallee hoch. Neben Aldi fällt mir ein Automat auf (Foto), den ich dort noch nie gesehen habe. Der Trumm entpuppt sich als öffentlicher Eiswürfelautomat, pro Kilo ein Euro. Man kann Münzen einwerfen oder mit Karte zahlen.
Es ist der erste Wintertag, es friert, meine Füße fühlen sich an, als liefe ich barfuß über die Eisbahn in Planten un Blomen – und ich stolpere über einen öffentlichen Eiswürfelautomaten. Ich wusste nicht mal, dass es so etwas überhaupt gibt.
Außerdem habe ich ein Sirren im Ohr, das nicht mehr weggeht. Das war aber vor dem Konzert schon da, dafür will ich die Bliss-Sängerin nicht auch noch verantwortlich machen.
Ex cathedra: Die drei besten Songs von Wishbone Ash
1. „Errors of my ways"
2. „Sorrel"
3. „Surfing a slow wave"
23 Januar 2007
Kiez-TV, überall
Nein, natürlich sind die Hamburger Kollegen von Spiegel TV nicht reisefaul. Sie würden protestlos in Timbuktu drehen und ohne zu schmollen in Schmalkalden. Doch die interessantesten Themen finden sie nun mal im unmittelbaren Einzugsgebiet meines Blogs.
Just ist die dreiteilige Sat1-Horrorshow über den Penny-Laden an der Reeperbahn ausgelaufen. Und gestern zeigte Vox eine mehr als zweistündige Dokumentation über die Esso-Tankstelle am Spielbudenplatz.
Diese Tanke ist nicht gerade mein Wohnzimmer, aber immer wieder Anlaufstelle bei nächtlichen Notlagen. Wo bekommt man morgens um zwei noch einen Sixpack Bier oder die rettende Klorolle? Natürlich nur dort.
Beide Filme verdeutlichten die komplette Durchalkoholisierung unserer Nachbarschaft. Ohne Sprit geht hier offenbar keiner mehr vor die Tür, und sobald er dort ankommt, gibt es in der Regel Ärger; zum Glück steht dann wenigstens eine Spiegel-TV-Kamera parat, weil sie vorher doch nicht nach Schmalkalden oder Timbuktu verbracht wurde.
Meist sind die auftretenden Torkler, Zausel und Trantüten aber einfach nur schrullige Suffköppe mit schwerer, vor allem schwer hanseatischer Zunge. Ein äthanolbeeinträchtigter Partyjunge etwa lallte den Spiegel-TV-Leuten im Tankstellenfilm folgenden großartigen Satz über eine benachbarte Disco ins Mikro: „Das Doggs is kagge. Die Türsteher ham Mundgeruch.“
Ich kann das nicht beurteilen, so nah bin ich noch nie einem dieser vierschrötigen Herren gekommen. Falls das doch einmal geschehen sollte, kann ich ihm das einzig wahre Mittel gegen Mundgeruch empfehlen: einen Zungenschaber (Abb.). Ich hoffe, der Vierschröter nimmt es dann als guten Rat und nicht persönlich.
Das zweitbeste Zitat verantwortete Henry Hübchen, der brockenartige Koberer vom Moulin Rouge an der Reeperbahn. Man nennt ihn Inkasso-Henry, sein grollendes Organ kennt jeder Mann, der mal den Fehler machte, ohne weibliche Begleitung die Meile zu erbummeln.
Inkasso-Henry jedenfalls, der an der Tanke seinen Mercedes waschen ließ, steuerte dem Stammbuch der Kiezweisheiten ein doppelköpfiges Credo bei: „Ein Auto muss sauber sein. Eine Frau muss sauber sein.“
Bei einem von beiden hülfe übrigens in bestimmten Regionen ein Zungenschaber.
Just ist die dreiteilige Sat1-Horrorshow über den Penny-Laden an der Reeperbahn ausgelaufen. Und gestern zeigte Vox eine mehr als zweistündige Dokumentation über die Esso-Tankstelle am Spielbudenplatz.
Diese Tanke ist nicht gerade mein Wohnzimmer, aber immer wieder Anlaufstelle bei nächtlichen Notlagen. Wo bekommt man morgens um zwei noch einen Sixpack Bier oder die rettende Klorolle? Natürlich nur dort.
Beide Filme verdeutlichten die komplette Durchalkoholisierung unserer Nachbarschaft. Ohne Sprit geht hier offenbar keiner mehr vor die Tür, und sobald er dort ankommt, gibt es in der Regel Ärger; zum Glück steht dann wenigstens eine Spiegel-TV-Kamera parat, weil sie vorher doch nicht nach Schmalkalden oder Timbuktu verbracht wurde.
Meist sind die auftretenden Torkler, Zausel und Trantüten aber einfach nur schrullige Suffköppe mit schwerer, vor allem schwer hanseatischer Zunge. Ein äthanolbeeinträchtigter Partyjunge etwa lallte den Spiegel-TV-Leuten im Tankstellenfilm folgenden großartigen Satz über eine benachbarte Disco ins Mikro: „Das Doggs is kagge. Die Türsteher ham Mundgeruch.“
Ich kann das nicht beurteilen, so nah bin ich noch nie einem dieser vierschrötigen Herren gekommen. Falls das doch einmal geschehen sollte, kann ich ihm das einzig wahre Mittel gegen Mundgeruch empfehlen: einen Zungenschaber (Abb.). Ich hoffe, der Vierschröter nimmt es dann als guten Rat und nicht persönlich.
Das zweitbeste Zitat verantwortete Henry Hübchen, der brockenartige Koberer vom Moulin Rouge an der Reeperbahn. Man nennt ihn Inkasso-Henry, sein grollendes Organ kennt jeder Mann, der mal den Fehler machte, ohne weibliche Begleitung die Meile zu erbummeln.
Inkasso-Henry jedenfalls, der an der Tanke seinen Mercedes waschen ließ, steuerte dem Stammbuch der Kiezweisheiten ein doppelköpfiges Credo bei: „Ein Auto muss sauber sein. Eine Frau muss sauber sein.“
Bei einem von beiden hülfe übrigens in bestimmten Regionen ein Zungenschaber.
21 Januar 2007
Was Dieter Bohlen mit meinem Hintern zu tun hat
Da wollte ich einmal ein Solarium ausprobieren! Prompt komme ich nach Hause mit einem Sonnenbrand.
Und zwar am Hintern.
Die Hitze in dieser Region noch während der zehnminütigen Anwendung hätte mich alarmieren sollen. Doch leider bin ich Solariumsnovize und wusste die Zeichen nicht zu deuten. Jedenfalls habe ich mitten im Winter einen Sonnenbrand. Am Hintern. Das ist dekadent, lachhaft und jedes Spottes würdig.
Ich fühle mich wie Dieter Bohlen, nur nicht ganz so ledrig, nicht so gelblich mumienbraun. Gleichwohl haben unser beider Hautprobleme wohl die gleiche Ursache: ein Solarium. Bei ihm kommt natürlich noch Mallorca hinzu.
Neulich beschlich mich übrigens schon mal ein Gefühl, welches mit Bohlen zusammenhing. In mir nämlich verfestigte sich damals der Eindruck, alles – also das Leben und der ganze Rest – könne gar nicht so schlimm sein, solange Dieter Bohlen älter sei als ich.
Keine Ahnung, warum mein Unterbewusstsein ausgerechnet den Tötenser für diesen Trostvergleich heranzog. Doch es war so. Und das wird sich zum Glück ja auch niemals ändern, das Jüngerseinalsbohlen.
So ist also selbst der Dieter zu irgendetwas nütze.
20 Januar 2007
Weg mit den Wischmopps!
Statt dezent herausgeputzten Privatiers vorauseilenden Alters begegnen wir nun wieder torkelnden Schnorrern in Kapuzensweatshirts – ja, wir sind zurück auf dem Kiez.
Zuvor waren wir im Karlsruher Bahnhof auf einen Stand gestoßen, der neben allerlei badischen Spezialitäten auch „Schmalz ohne Schwein“ darbot. Und unterwegs, im Zug irgendwo zwischen Frankfurt und Kassel, hatte der Himmel an einer mächtigen Skulptur gebaut; einer Drohkulisse aus Sturmerinnerung und Frühlingsahnung.
Nach der Fernseherfahrung der letzten drei Tage fordern wir übrigens ultimativ, mindestens ein Jahr lang keine zerzausten Außenreporter mehr sehen zu müssen, die phallische Wischmopps zutexten und vor der Schalte extra ihren Pferdeschwanz gelöst haben, um sich während der Übertragung ständig die Haare aus dem Gesicht fuchteln zu müssen.
Wäre das möglich, ihr n-tvs und RTLs und wie ihr alle heißt? Selbst wenn's mal wieder weht?
Danke SCHÖN.
Zuvor waren wir im Karlsruher Bahnhof auf einen Stand gestoßen, der neben allerlei badischen Spezialitäten auch „Schmalz ohne Schwein“ darbot. Und unterwegs, im Zug irgendwo zwischen Frankfurt und Kassel, hatte der Himmel an einer mächtigen Skulptur gebaut; einer Drohkulisse aus Sturmerinnerung und Frühlingsahnung.
Nach der Fernseherfahrung der letzten drei Tage fordern wir übrigens ultimativ, mindestens ein Jahr lang keine zerzausten Außenreporter mehr sehen zu müssen, die phallische Wischmopps zutexten und vor der Schalte extra ihren Pferdeschwanz gelöst haben, um sich während der Übertragung ständig die Haare aus dem Gesicht fuchteln zu müssen.
Wäre das möglich, ihr n-tvs und RTLs und wie ihr alle heißt? Selbst wenn's mal wieder weht?
Danke SCHÖN.
19 Januar 2007
Total therminiert
Warum man sich nach knapp vier Stunden im hiesigen Thermalbad fühlt, als hätte man gerade den Ironman auf Hawaii absolviert, kann uns auch eine eigens befragte Einheimische nicht schlüssig beantworten, aber immerhin bestätigen.
Sie ergänzt die merkwürdige Zerschlagenheit, die uns postthermal befallen hat, allerdings noch um eine Beobachtung an sich selber. Nach dem Thermenbesuch, erzählt sie, ereile sie stets ein seltsamer Entspannungskopfschmerz – ein Wort, das ich sogleich begeistert zum Wort des Tages küre: Entspannungskopfschmerz!
Stets wandelnd auf dem schmalen Grat zwischen halbwach und wegdämmernd versuchen wir nachmittags telefonisch die Chance zu ermitteln, morgen fahrplangemäß von der Bahn nach Hamburg transportiert zu werden. Dafür wurde eigens eine Hotline eingerichtet. Doch wie immer in solchen Sonderfällen hätte man sich diese Mühe gleich sparen können.
Bei einer Katastrophenhotline durchzukommen ist nämlich etwa so wahrscheinlich, wie den Ironman auf Hawaii zu gewinnen oder nach einem Besuch des hiesigen Thermalbads nicht von bleierner Müdigkeit niedergestreckt zu werden.
Der abgebildete Kran unterm Baldachin der postkyrillischen Wolken steht übrigens direkt neben der Therme; auch er gab sich träumerisch bewegungslos. Mal hoffen, dass sich ihm die Bahn morgen nicht anschließt.
Denn in Baden-Baden festzuhängen wäre nur von sehr beschränktem Reiz, auch wenn man sich mithilfe diverser aquatischer Attraktionen nach Belieben sedieren könnte – und so das Hierhängengebliebensein eventuell wieder vergäße.
Sie ergänzt die merkwürdige Zerschlagenheit, die uns postthermal befallen hat, allerdings noch um eine Beobachtung an sich selber. Nach dem Thermenbesuch, erzählt sie, ereile sie stets ein seltsamer Entspannungskopfschmerz – ein Wort, das ich sogleich begeistert zum Wort des Tages küre: Entspannungskopfschmerz!
Stets wandelnd auf dem schmalen Grat zwischen halbwach und wegdämmernd versuchen wir nachmittags telefonisch die Chance zu ermitteln, morgen fahrplangemäß von der Bahn nach Hamburg transportiert zu werden. Dafür wurde eigens eine Hotline eingerichtet. Doch wie immer in solchen Sonderfällen hätte man sich diese Mühe gleich sparen können.
Bei einer Katastrophenhotline durchzukommen ist nämlich etwa so wahrscheinlich, wie den Ironman auf Hawaii zu gewinnen oder nach einem Besuch des hiesigen Thermalbads nicht von bleierner Müdigkeit niedergestreckt zu werden.
Der abgebildete Kran unterm Baldachin der postkyrillischen Wolken steht übrigens direkt neben der Therme; auch er gab sich träumerisch bewegungslos. Mal hoffen, dass sich ihm die Bahn morgen nicht anschließt.
Denn in Baden-Baden festzuhängen wäre nur von sehr beschränktem Reiz, auch wenn man sich mithilfe diverser aquatischer Attraktionen nach Belieben sedieren könnte – und so das Hierhängengebliebensein eventuell wieder vergäße.
18 Januar 2007
Mitten im Muggensturm
Der rechts dokumentierten Verheißung auf der Fensterscheibe eines Baden-Badener Schmuckladens könnte man wohlwollend unterstellen, sie versuche den Zungenschlag des hiesigen Eingeborenen zu verschriftlichen. Doch gelang das nur unzureichend.
Korrekt nämlich hätte es heißen müssen: „Subberbreise“. Sich selbst aufs Maul schauen können sie hier unten nicht. Neben den „Supper Preisen“ begegnen uns hier eine Vielzahl weiterer absonderlicher Wörter, darunter Ortsnamen wie „Muggensturm“.
Ms. Columbo vertritt die Theorie, dies sei badisch für den Angriff eines Schwarms aggressiver Stechinsekten, während ich die These in die Waagschale werfe, es könne sich dabei auch um einen Turm handeln, der einst der feudalen Familie Muggen grundbuchamtlich zugewiesen war und dessen drumherum allmählich entstandenes Dorf somit den irgendwie genitivisch anmutenden Namen „Muggensturm“ erhielt.
Geklärt werden konnte der genaue Sachverhalt aber bisher nicht. Weitere Seltsamkeiten wie „Felgenbaum“, „Schmutzrasierer“ oder „Staubschwert“ dürfen wir hingegen nicht als ortsspezifisch ansehen, denn wir entdeckten sie in einem Tchiboladen, und so etwas gibt es ja auch in Hamburg zuhauf, wahrscheinlich mit gleichem Sortiment.
Übrigens sind wir noch nicht weggeflogen, obwohl Orkan Kyrill heute in der Fußgängerzone sogar mit gusseisernen Blumentopfständern Bowling spielte.
Korrekt nämlich hätte es heißen müssen: „Subberbreise“. Sich selbst aufs Maul schauen können sie hier unten nicht. Neben den „Supper Preisen“ begegnen uns hier eine Vielzahl weiterer absonderlicher Wörter, darunter Ortsnamen wie „Muggensturm“.
Ms. Columbo vertritt die Theorie, dies sei badisch für den Angriff eines Schwarms aggressiver Stechinsekten, während ich die These in die Waagschale werfe, es könne sich dabei auch um einen Turm handeln, der einst der feudalen Familie Muggen grundbuchamtlich zugewiesen war und dessen drumherum allmählich entstandenes Dorf somit den irgendwie genitivisch anmutenden Namen „Muggensturm“ erhielt.
Geklärt werden konnte der genaue Sachverhalt aber bisher nicht. Weitere Seltsamkeiten wie „Felgenbaum“, „Schmutzrasierer“ oder „Staubschwert“ dürfen wir hingegen nicht als ortsspezifisch ansehen, denn wir entdeckten sie in einem Tchiboladen, und so etwas gibt es ja auch in Hamburg zuhauf, wahrscheinlich mit gleichem Sortiment.
Übrigens sind wir noch nicht weggeflogen, obwohl Orkan Kyrill heute in der Fußgängerzone sogar mit gusseisernen Blumentopfständern Bowling spielte.
Trinken im Theater
Während des Konzertes von Norah Jones im barocken Prachttheater Baden-Baden nippe ich unbefangen an meinem Bier, was einen bestürzten Offiziellen des SWR auf den Plan ruft. Er informiert mich aufgeregt über die hiesigen Sanktionen für Trinken im Theater: „Dess iss hier Dodesstrafe!“
Hinfort versuche ich unbemerkt von ihm den beträchtlichen Biervorrat nicht verkommen zu lassen.
Es ist übrigens ziemlich erstaunlich, mit welch schlechtem Gewissen man Gerstensaft dezimiert, wenn man dafür zuvor mit dem Tode bedroht worden ist.
Hinfort versuche ich unbemerkt von ihm den beträchtlichen Biervorrat nicht verkommen zu lassen.
Es ist übrigens ziemlich erstaunlich, mit welch schlechtem Gewissen man Gerstensaft dezimiert, wenn man dafür zuvor mit dem Tode bedroht worden ist.
17 Januar 2007
Fundstücke (31)
1. Ha, hervorragende Idee: Wer ungern seine Telefonnummer rausrückt, kann künftig einfach die 0163-173 77 43 eintragen. Und wer geht dann ran? Na, Frank natürlich. Eine sonore Profistimme informiert über die Vergeblichkeit dieses und aller weiteren Anrufe. Auch geeignet für Webgewinnspiele, One-Night-Stands und Expartner. (via Lawblog) 2. Sehr schöner DVD-Titel, entdeckt bei Amazon: „A headless body in a topless bar“. Filmtitelerfinder haben es auch nicht leicht. 3. Ja, ich liebe einen Song von Nana Mouskouri: „Küsse süßer als Wein“. Jetzt covert auch Klaus Lage das Stück, was gar nicht so schlimm wäre, hätte der Tausendmal-berührt-Barde ihn nicht umgetextet. Einer der schwer erträglichen Verse, die fast die peinigende Wollsockengefühligkeit des späten Reinhard Mey erreichen, lautet so: „Inzwischen wurden längst aus zwei Kindern vier / und jedes ist für sich unser größtes Plaisir.“ Mal ganz abgesehen von der dahinholpernden Lyrik: Klingt das nicht ein wenig wie die Selbstbeschreibung einer dem Inzest traulich zugeneigten Päderastengruppe? Na gut, wahrscheinlich nicht. 4. Per Mail erhielt ich heute Abend die Kunde, ein Mitglied von Bookcrossing habe am Bahnsteig der U St. Pauli Douglas Adams’ Buch mit dem vor Understatement schier platzenden Titel „Das Leben, das Universum und der ganze Rest“ hinterlegt. Obwohl ich dieses Werk – Bestandteil einer fünfteiligen Trilogie übers Trampen im All – bereits besitze, werfe ich mich in die Windjacke und husche durch den Regen zur U Bahn, wittere über den Bahnsteig, schaue hier hoch und dort runter, luge sogar (verstohlen!) in die Mülleimer, finde das Buch aber nicht mehr vor. Jemand war schneller als ich. Also trotte ich pudelnass wieder nach Hause. Wann sagt dieses Wetter eigentlich mal tschüs zum Norden, hm? 5. Ersatzweise fliehen Ms. Columbo und ich eben nach Süden, ph. Wer heute bei unserer Abendgestaltung in Baden-Baden dabei sein möchte, wo Norah Jones gestern vom Oberbürgermeister ein Baden-Baden-Badetuch geschenkt bekam, findet hier den Live-Stream dazu. Wir werden auch ganz laut schreien.
Alle bisherigen Fundstücke:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, Oh, my Google!
Alle bisherigen Fundstücke:
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15 Januar 2007
Russenpranken bei der Brötchenprobe
Bei Penny sehe ich einen bulligen, einsneunzig großen und russisch brabbelnden Schnauzbartträger, wie er mit bloßen Händen in der Brötchenkiste wühlt. „Entschuldigen Sie“, spreche ich ihn mit hoffentlich deutlichen Zeichen des Ekels an, „eigentlich sind dafür diese Zangen da.“ Ich zeige ihm eine.
Er schaut düster, murmelt unwirsch „Ja, ja“, greift nach der Zange und versucht damit sein Glück. Allerdings ist er ganz offensichtlich kein gelernter Uhrmacher. Derweil tritt sein Kumpel an die nächste Kiste und langt mit Riesenpranken prüfend, wägend und eins ums andere verwerfend mitten hinein ins Backwerk.
Ich gebe auf. Das ganze Prinzip ist falsch. Offene Lebensmittel sind ungeeignet fürs Selbstbedienungsprinzip. Ich meine: Hier kaufen die gleichen Leute ein, die vorhin mitten im Reeperbahn-Passantenstrom an der Litfasssäule ihr Wasser abschlugen, und dabei hielten sie etwas ganz anderes in Händen als Brötchen.
Natürlich will ich der russischen Fraktion nicht a priori unhygienische Verhaltensweisen unterstellen, doch in diesem Fall lautet mein Motto: Vorsicht ist die Mutter des Immunsystems. Und solange ich nicht genau weiß, was sie in der letzten Stunde alles antatschten, möchte ich lieber in nichts beißen, welches zuvor ihrer taktilen Prüfung nicht standhielt.
Mit der Zange fische ich mir desillusioniert ein paar Brötchen von ganz hinten hervor, dort, wo höchstens Wladimir Klitschko mit bloßen Händen hinreichen könnte. Weiterer Vorsatz für 2007: Wieder öfter in anständige Bäckereien gehen.
PS: Es gibt das Problem der verschmähten Brötchenzangen übrigens schon länger.
PPS: Hat eigentlich letzten Montag jemand die Spiegel-TV-Reportage über den Penny-Laden aufgezeichnet? Würde ich mir gerne mal ausleihen.
Er schaut düster, murmelt unwirsch „Ja, ja“, greift nach der Zange und versucht damit sein Glück. Allerdings ist er ganz offensichtlich kein gelernter Uhrmacher. Derweil tritt sein Kumpel an die nächste Kiste und langt mit Riesenpranken prüfend, wägend und eins ums andere verwerfend mitten hinein ins Backwerk.
Ich gebe auf. Das ganze Prinzip ist falsch. Offene Lebensmittel sind ungeeignet fürs Selbstbedienungsprinzip. Ich meine: Hier kaufen die gleichen Leute ein, die vorhin mitten im Reeperbahn-Passantenstrom an der Litfasssäule ihr Wasser abschlugen, und dabei hielten sie etwas ganz anderes in Händen als Brötchen.
Natürlich will ich der russischen Fraktion nicht a priori unhygienische Verhaltensweisen unterstellen, doch in diesem Fall lautet mein Motto: Vorsicht ist die Mutter des Immunsystems. Und solange ich nicht genau weiß, was sie in der letzten Stunde alles antatschten, möchte ich lieber in nichts beißen, welches zuvor ihrer taktilen Prüfung nicht standhielt.
Mit der Zange fische ich mir desillusioniert ein paar Brötchen von ganz hinten hervor, dort, wo höchstens Wladimir Klitschko mit bloßen Händen hinreichen könnte. Weiterer Vorsatz für 2007: Wieder öfter in anständige Bäckereien gehen.
PS: Es gibt das Problem der verschmähten Brötchenzangen übrigens schon länger.
PPS: Hat eigentlich letzten Montag jemand die Spiegel-TV-Reportage über den Penny-Laden aufgezeichnet? Würde ich mir gerne mal ausleihen.
Das Richtige ist das Falsche
Sich auf St. Pauli ethisch einwandfrei zu verhalten, ist nicht einfach. Sogar unmöglich. Zwei Beispiele.
An der Reeperbahn Höhe Hamburger Berg sehe ich einen gutsituierten Passanten mit typischem Accessoire, nämlich einer Pulle Bier. Es handelt sich um eine Pfandflasche, sie ist leer, und er bietet sie netterweise einem gerade vorbeischlurfenden Prekarier an.
Gute Sache. Eigentlich.
Der Berber nimmt die Buddel wortlos, geht zum nächstbesten Mülleimer, legt sie hinein, pflügt dann den Abfall sorgsam um, findet nichts, lässt die Pfandflasche drin und schlurft weiter.
Zur Klarstellung: Kaum etwas ist erschütternder, als Menschen im Müll wühlen zu sehen; gerade diese öffentlich demonstrierte Würdelosigkeit gibt eine Ahnung von der Brutalität ihrer Verarmung. Dass aber nun dieser Mülleimerwühler die Pfandflasche darin liegen lässt, verwirrt mich zutiefst. Das passt nicht zusammen.
Oder beweist dies eine Art Restwürde, nach dem Motto: Ich habe auch meinen Stolz und lasse mich nicht mit einer Pfandflasche abspeisen? Jedenfalls misslang der Versuch des Passanten, ein kleines gutes Werk zu tun und sich ethisch korrekt zu verhalten.
Wenig später misslingt es auch u. a. mir. Ich stehe mit einigen anderen an der roten Fußgängerampel Reeperbahn/Hein-Hoyer-Straße, betrachte sinnierend die Grafittiwand gegenüber und warte geduldig – nicht etwa wegen des Ampelmännchens, wie ich für die anderen einfach mal mit annehme, denn in Hamburg geht man natürlich über jede Straße, wenn dies gefahrlos möglich ist.
Nein, wir bleiben stehen wegen des etwa vierjährigen Kindes, das mit uns wartet und von einem jungen Elternpaar an den Händen gehalten wird. Plötzlich aber geht das Paar los, bei Rot und mit dem Kind in der Mitte. Und wir bleiben belämmert zurück, gehüllt in die Lächerlichkeit einer kümmerlichen und nutzlosen Ethik.
Verdammt, wieso glaube ich eigentlich immer wieder, ein richtiges Leben im falschen sei doch möglich?
Vorsatz für 2007: Keine Pfandflaschen an Penner verschenken – und nicht mehr versuchen, anderer Leute Kinder zu erziehen.
An der Reeperbahn Höhe Hamburger Berg sehe ich einen gutsituierten Passanten mit typischem Accessoire, nämlich einer Pulle Bier. Es handelt sich um eine Pfandflasche, sie ist leer, und er bietet sie netterweise einem gerade vorbeischlurfenden Prekarier an.
Gute Sache. Eigentlich.
Der Berber nimmt die Buddel wortlos, geht zum nächstbesten Mülleimer, legt sie hinein, pflügt dann den Abfall sorgsam um, findet nichts, lässt die Pfandflasche drin und schlurft weiter.
Zur Klarstellung: Kaum etwas ist erschütternder, als Menschen im Müll wühlen zu sehen; gerade diese öffentlich demonstrierte Würdelosigkeit gibt eine Ahnung von der Brutalität ihrer Verarmung. Dass aber nun dieser Mülleimerwühler die Pfandflasche darin liegen lässt, verwirrt mich zutiefst. Das passt nicht zusammen.
Oder beweist dies eine Art Restwürde, nach dem Motto: Ich habe auch meinen Stolz und lasse mich nicht mit einer Pfandflasche abspeisen? Jedenfalls misslang der Versuch des Passanten, ein kleines gutes Werk zu tun und sich ethisch korrekt zu verhalten.
Wenig später misslingt es auch u. a. mir. Ich stehe mit einigen anderen an der roten Fußgängerampel Reeperbahn/Hein-Hoyer-Straße, betrachte sinnierend die Grafittiwand gegenüber und warte geduldig – nicht etwa wegen des Ampelmännchens, wie ich für die anderen einfach mal mit annehme, denn in Hamburg geht man natürlich über jede Straße, wenn dies gefahrlos möglich ist.
Nein, wir bleiben stehen wegen des etwa vierjährigen Kindes, das mit uns wartet und von einem jungen Elternpaar an den Händen gehalten wird. Plötzlich aber geht das Paar los, bei Rot und mit dem Kind in der Mitte. Und wir bleiben belämmert zurück, gehüllt in die Lächerlichkeit einer kümmerlichen und nutzlosen Ethik.
Verdammt, wieso glaube ich eigentlich immer wieder, ein richtiges Leben im falschen sei doch möglich?
Vorsatz für 2007: Keine Pfandflaschen an Penner verschenken – und nicht mehr versuchen, anderer Leute Kinder zu erziehen.
14 Januar 2007
Unverblümt
Unser thailändisches Restaurant am Spielbudenplatz hat plötzlich zu, und ein Schild an der Tür informiert unverblümt über den Grund.
Natürlich hängt der mit viel Frust und Wut beschriftete Zettel innen. Denn nicht nur der zurzeit immer wieder aufbrandende Sturm brächte ihn in Gefahr, sondern sicherlich auch ein Agent der Wohnungsbaugesellschaft SAGA, die sich bessere Außenwerbung vorstellen als diesen Schrieb.
Na, sollen sie halt die Miete senken, dann ist er ganz schnell weg. Und wir können wieder um die Ecke thailändisch essen.
Auf der Website des Phuket pappt der Zettel übrigens noch nicht.
Natürlich hängt der mit viel Frust und Wut beschriftete Zettel innen. Denn nicht nur der zurzeit immer wieder aufbrandende Sturm brächte ihn in Gefahr, sondern sicherlich auch ein Agent der Wohnungsbaugesellschaft SAGA, die sich bessere Außenwerbung vorstellen als diesen Schrieb.
Na, sollen sie halt die Miete senken, dann ist er ganz schnell weg. Und wir können wieder um die Ecke thailändisch essen.
Auf der Website des Phuket pappt der Zettel übrigens noch nicht.
13 Januar 2007
Kippen oder Ketchup
Heute fand ich durch Zufall heraus, auf welche Weise man beim Flanieren über die Reeperbahn garantiert von den Koberern verschmäht wird: Es reicht, sich eine Achterpackung vierlagiges Toilettenpapier von Penny unter den Arm zu klemmen. Merken fürs nächste Mal. Vielleicht funktioniert das sogar gegenüber, bei den Huren am Hans-Albers-Platz.
Allerdings kann das Desinteresse der Koberer auch durch meine Begleiterin – Ms. Columbo – begünstigt worden sein, man weiß es nicht. Bevor wir mit der Stange Klopapier reeperbahnostwärts zogen, waren wir beim Hähnchenhöker Kentucky Fried Chicken eingekehrt, weil uns von irgendwoher Gutscheine ins Haus geflattert waren.
„Das ist wie ein Ausflug in die Disco!“, gruselte sich Ms. Columbo freudig. Ich wusste nicht, wohin ich die Ketchuptüte ausdrücken sollte, erspähte aber herumstehende silberne Aluschälchen, von denen ich annahm, sie stünden hier als Ketchupdipbehältnis.
„Unsinn“, sagte Ms. Columbo, „das sind Aschenbecher.“ Ich sah mich um: Niemand rauchte. Das schien ihre These zu schwächen. „Nein, bestimmt sind sie für Ketchup da. Schau mal“, lenkte ich ihre Aufmerksamkeit auf die drei schräg abfallenden Einkerbungen am Schälchenrand, „da würde jede Zigarette nach vorne kippen, statt fein ausbalanciert auf den nächsten Zug zu warten. Das können keine Oaschebäschää sein“, beschloss ich heftig hesselnd meine Argumentationskette.
Sie schaute mitleidig, was mich forsch eine Wette vorschlagen ließ. Einen Wein beim nächsten Kneipenbesuch für den, der recht behält. Sie nickte gottergeben. Bevor wir gingen, erkundigte ich mich am Tresen und löste das Rätsel.
Danach kauften wir bei Penny eine Achterpackung vierlagiges Toilettenpapier, zogen unbehelligt von den Koberern nach Hause, und jetzt überlege ich, wohin ich Ms. Columbo demnächst mal zum Wein einlade.
Allerdings kann das Desinteresse der Koberer auch durch meine Begleiterin – Ms. Columbo – begünstigt worden sein, man weiß es nicht. Bevor wir mit der Stange Klopapier reeperbahnostwärts zogen, waren wir beim Hähnchenhöker Kentucky Fried Chicken eingekehrt, weil uns von irgendwoher Gutscheine ins Haus geflattert waren.
„Das ist wie ein Ausflug in die Disco!“, gruselte sich Ms. Columbo freudig. Ich wusste nicht, wohin ich die Ketchuptüte ausdrücken sollte, erspähte aber herumstehende silberne Aluschälchen, von denen ich annahm, sie stünden hier als Ketchupdipbehältnis.
„Unsinn“, sagte Ms. Columbo, „das sind Aschenbecher.“ Ich sah mich um: Niemand rauchte. Das schien ihre These zu schwächen. „Nein, bestimmt sind sie für Ketchup da. Schau mal“, lenkte ich ihre Aufmerksamkeit auf die drei schräg abfallenden Einkerbungen am Schälchenrand, „da würde jede Zigarette nach vorne kippen, statt fein ausbalanciert auf den nächsten Zug zu warten. Das können keine Oaschebäschää sein“, beschloss ich heftig hesselnd meine Argumentationskette.
Sie schaute mitleidig, was mich forsch eine Wette vorschlagen ließ. Einen Wein beim nächsten Kneipenbesuch für den, der recht behält. Sie nickte gottergeben. Bevor wir gingen, erkundigte ich mich am Tresen und löste das Rätsel.
Danach kauften wir bei Penny eine Achterpackung vierlagiges Toilettenpapier, zogen unbehelligt von den Koberern nach Hause, und jetzt überlege ich, wohin ich Ms. Columbo demnächst mal zum Wein einlade.
12 Januar 2007
Senait live
Link: sevenload.com
Jetzt funktioniert der Senait-Clip. Die technische Qualität ist sehr mau, aber der Groove kommt durch. Hoffentlich.
11 Januar 2007
Kein Chorizo, aber mehr Trinkgeld
Man könnte ständig bloggen übers heimische Dienstleistungs- und Servicegewerbe und litte dennoch nicht unter Themenmangel.
Gestern etwa war ich mittags im Eisenstein essen, wo sie als Tagespizza eine offerierten, die mit Chorizo, jener pikanten spanischen Wurst, belegt war und mit Manchego überbacken.
Als ich sie erhielt, sah ich keine Chorizo, aber halbgeschmolzene Manchegonester, und darunter wähnte ich die Wurst. Herzhaft haute ich rein. Es schmeckte.
Nach drei Bissen wehte plötzlich flatternd die Bedienung heran und gestand, man habe die Wurst vergessen und füge sie selbstverständlich noch bei. Ich wehrte nachsichtig ab, war ich doch zufrieden mit dem manchegolastigen Fladen. Allerdings akzeptierte ich gern den in Aussicht gestellten kostenlosen Entschädigungsespresso.
Der Grund für die mangelhafte Pizza war übrigens ebenso pikant, wie es die Wurst gewesen wäre: Der Koch, raunte die Bedienung, habe schlicht nicht gewusst, was Chorizo überhaupt sei – und deswegen erst gar nicht versucht, sie aufzulegen.
Das amüsierte mich ziemlich. Immerhin war dieses Pizzamodell doch (von ihm?) in den Adelsstand der Tagesempfehlung erhoben und daher gewiss vielfach geordert worden. Egal: Der Espresso, den mir die Bildungslücke des Kochs einbrachte, war vorzüglich.
Abends musste ich – und jetzt kommt die zweite Servicegeschichte – den gestern angekündigten Gang nach Canossa resp. den Stage Club (Foto) antreten. An der Theke erläuterte ich mein Missgeschick. Ich sei leider nach dem Konzert ebenso gedankenschwer wie -los aus Versehen zechprellerisch verschwunden, und jetzt wolle ich …
„Zwei Weißwein, ein Wasser“, fiel mir der Barkeeper recht barsch ins Wort, „macht 11 Euro 20.“ Offenbar war die ganze Sache durchaus aufgefallen, es hatte unzweifelhaft Ärger und Gezeter geben. Mein Kommen aber befriedete die nur halbwegs beruhigte Lage endgültig.
„Der Bedienung“, fügte der Mann mit schmalem Lächeln an, „haben wir den Kopf nur halb abgerissen.“ Ich schaute mich um, sah die Frau aber nirgends. Irgendwie fühlte ich mich plötzlich zu einer Aufstockung des Trinkgelds verpflichtet, ich weiß auch nicht, warum.
Gestern etwa war ich mittags im Eisenstein essen, wo sie als Tagespizza eine offerierten, die mit Chorizo, jener pikanten spanischen Wurst, belegt war und mit Manchego überbacken.
Als ich sie erhielt, sah ich keine Chorizo, aber halbgeschmolzene Manchegonester, und darunter wähnte ich die Wurst. Herzhaft haute ich rein. Es schmeckte.
Nach drei Bissen wehte plötzlich flatternd die Bedienung heran und gestand, man habe die Wurst vergessen und füge sie selbstverständlich noch bei. Ich wehrte nachsichtig ab, war ich doch zufrieden mit dem manchegolastigen Fladen. Allerdings akzeptierte ich gern den in Aussicht gestellten kostenlosen Entschädigungsespresso.
Der Grund für die mangelhafte Pizza war übrigens ebenso pikant, wie es die Wurst gewesen wäre: Der Koch, raunte die Bedienung, habe schlicht nicht gewusst, was Chorizo überhaupt sei – und deswegen erst gar nicht versucht, sie aufzulegen.
Das amüsierte mich ziemlich. Immerhin war dieses Pizzamodell doch (von ihm?) in den Adelsstand der Tagesempfehlung erhoben und daher gewiss vielfach geordert worden. Egal: Der Espresso, den mir die Bildungslücke des Kochs einbrachte, war vorzüglich.
Abends musste ich – und jetzt kommt die zweite Servicegeschichte – den gestern angekündigten Gang nach Canossa resp. den Stage Club (Foto) antreten. An der Theke erläuterte ich mein Missgeschick. Ich sei leider nach dem Konzert ebenso gedankenschwer wie -los aus Versehen zechprellerisch verschwunden, und jetzt wolle ich …
„Zwei Weißwein, ein Wasser“, fiel mir der Barkeeper recht barsch ins Wort, „macht 11 Euro 20.“ Offenbar war die ganze Sache durchaus aufgefallen, es hatte unzweifelhaft Ärger und Gezeter geben. Mein Kommen aber befriedete die nur halbwegs beruhigte Lage endgültig.
„Der Bedienung“, fügte der Mann mit schmalem Lächeln an, „haben wir den Kopf nur halb abgerissen.“ Ich schaute mich um, sah die Frau aber nirgends. Irgendwie fühlte ich mich plötzlich zu einer Aufstockung des Trinkgelds verpflichtet, ich weiß auch nicht, warum.
Verzeih mir
Wenn man Musikjournalist ist, eine Künstlerin privat kennt, ihr Album aber nicht so prall findet und diese Auffassung auch unverdrossen druckt, hat man ein Problem. Im schlimmsten Fall kennt man sich hinterher privat nicht mehr so gut …
Zum Glück ist Senait Mehari die Hartgesottenste von allen – und kündigte mir die Freundschaft nicht.
Ihr sehr groovelastiges Souljazzkonzert gestern Abend im Hamburger Stage Club gefiel mir viel besser als das Album. Die letzte Zugabe filmte ich mit, und als ich nach dem Konzert mit der im sechsten Monat Schwangeren zusammensaß und zur Frage ansetzte, ob ich den Clip verbloggen dürfe, stand just ihr Manager auf und ging irgendwohin, so dass er die Frage nicht hörte.
Senait jedenfalls sagte: „Klar“, und das zählt. Leider misslang später das Hochladen; die majestätische Grooveviertelstunde der Zugabe „Verzeih mir“ will keins dieser blöden Videoportale akzeptieren, deshalb nur ein Foto.
Heute muss ich noch mal in den Stage Club. Gestern bin ich Wirrkopf nach dem Aftershowplausch nämlich einfach gegangen ohne zu zahlen. Ich hoffe, die verzeihen mir.
Zum Glück ist Senait Mehari die Hartgesottenste von allen – und kündigte mir die Freundschaft nicht.
Ihr sehr groovelastiges Souljazzkonzert gestern Abend im Hamburger Stage Club gefiel mir viel besser als das Album. Die letzte Zugabe filmte ich mit, und als ich nach dem Konzert mit der im sechsten Monat Schwangeren zusammensaß und zur Frage ansetzte, ob ich den Clip verbloggen dürfe, stand just ihr Manager auf und ging irgendwohin, so dass er die Frage nicht hörte.
Senait jedenfalls sagte: „Klar“, und das zählt. Leider misslang später das Hochladen; die majestätische Grooveviertelstunde der Zugabe „Verzeih mir“ will keins dieser blöden Videoportale akzeptieren, deshalb nur ein Foto.
Heute muss ich noch mal in den Stage Club. Gestern bin ich Wirrkopf nach dem Aftershowplausch nämlich einfach gegangen ohne zu zahlen. Ich hoffe, die verzeihen mir.
09 Januar 2007
Das Gekrissel ist weg!
Stolz wie Charles Lindbergh nach seinem Atlantikflug verkünde ich feierlich den erfolgreichen Anschluss einer DVBT-Antenne, führe debil lächelnd die unfassbare Bildverbesserung vor und erwarte das Tosen frenetischen Beifalls.
Ms. Columbo guckt und sagt: „Ich sehe keine Verbesserung.“ Dann wendet sie sich wieder ihrer Lektüre zu.
„Moment mal!“, empöre ich mich, „das Gekrissel ist weg! Aber so was von! Das Bild ist scharf wie ein japanisches Samuraischwert, schau doch mal hin!“
Mir zu Gefallen tut sie es noch mal. Doch sie sieht nichts. Auch vorher, in der dumpfen Ära des analogen Kabelempfangs, hat sie schon kein Gekrissel gesehen. Wie also soll sie was Nichtgesehenes jetzt erst recht nicht mehr sehen?
Grrmpf. Muffelnd wende ich mich wieder der schmerzhaft kristallinen Klarheit des Plasmabildschirms zu, doch ein wenig ist mir der Spaß verdorben. Ein spezielles Mädchen-Gen verhindert offenbar die Wahrnehmung technischer Quantensprünge. Deshalb sind Frauen niemals die treibende Kraft hinter Mondflügen, 7-Gang-Rücktritträdern, Highendboxen oder dem iPhone (Foto). Sondern wir. Menschen wie Steve Jobs.
Immerhin sind Mädchen so nett, uns die Gunst des Mitbenutzens all dieser Dinge zu erweisen. Und mehr dürfen wir einfach nicht erwarten, das schützt vorm Grrmpf.
Trotzdem: Nächstes Jahr kaufe ich mir einen HDVD-Player. Den Unterschied wird sie einfach sehen müssen. Wegger als dann nämlich wird das Gekrissel in der Geschichte des Sehens nie gewesen sein.
(Für so einen bestussten Satz wie den letzten braucht es mit Sicherheit eins: ein Männer-Gen.)
08 Januar 2007
Der eierlegende Tobis-Hahn
Heute Abend, als wir uns noch einmal das wunderbar melancholische Gefühlsdrama „Brokeback Mountain“ auf dem neuen Plasmafernseher anschauten, fiel mir eingangs wieder einmal etwas auf, was mich im Stillen schon seit Jahren wundert. Und jetzt will es endlich verbalisiert werden, schließlich habe ich ein(en) Blog.
Es geht um den Tobis-Hahn, das Markenzeichen der Filmfirma. Er schreitet zu Anfang eines jeden Tobis-Films krähend und gravitätisch von links nach rechts über die Buchstaben T, O und B, verharrt dann aber – nachdem er die linke Kralle auf das abschließende S gesetzt hat – mit deutlichen Anzeichen der Irritation und Unschlüssigkeit.
Es ist offenkundig die breite Lücke zwischen B und S, die ihm missfällt. Doch plötzlich weiß er, was zu tun ist: Er schließt sie, indem er … ein Ei hineinlegt. Es verformt sich im Hinunterfallen zu einer Säule, die ein I bildet und somit den Firmennamen elegant vervollständigt.
Das Problem aber, und das ist es, was ich die ganze Zeit sagen will: Der Vogel ist wirklich ein Hahn, kein Huhn – und als solcher höchstens in der Lage, vorbereitende Maßnahmen zur Produktion von Eiern zu ergreifen. Sie allerdings zur Reife heranwachsen und sodann fallen zu lassen, dazu ist ein Hahn weder befugt noch anatomisch in der Lage.
Zunächst suchte ich die Schuld bei mir und nahm bescheiden an, Tobis sei schlauer als ich und wüsste besser Bescheid über die Physiognomien von Hähnen und Hühnern. Ich glaubte, die prachtvollen Schwanzfedern und der feurige Kamm auf dem Kopf des Vogels könnten eventuell auch bei bestimmten weiblichen Ausformungen dieser ornithologischen Spezies vorkommen.
Doch da war ja dieses Krähen. Und eine kurze Recherche ergab: Der Tobis-Vorspann zeigt eindeutig einen Hahn. Und Hähne, liebe Tobis, können viel, aber definitiv keine Eier legen. Erst recht keine, die sich im Fallen zu I-Säulen verformen.
Meines Erachtens muss die Filmgeschichte umgeschrieben werden.
Es geht um den Tobis-Hahn, das Markenzeichen der Filmfirma. Er schreitet zu Anfang eines jeden Tobis-Films krähend und gravitätisch von links nach rechts über die Buchstaben T, O und B, verharrt dann aber – nachdem er die linke Kralle auf das abschließende S gesetzt hat – mit deutlichen Anzeichen der Irritation und Unschlüssigkeit.
Es ist offenkundig die breite Lücke zwischen B und S, die ihm missfällt. Doch plötzlich weiß er, was zu tun ist: Er schließt sie, indem er … ein Ei hineinlegt. Es verformt sich im Hinunterfallen zu einer Säule, die ein I bildet und somit den Firmennamen elegant vervollständigt.
Das Problem aber, und das ist es, was ich die ganze Zeit sagen will: Der Vogel ist wirklich ein Hahn, kein Huhn – und als solcher höchstens in der Lage, vorbereitende Maßnahmen zur Produktion von Eiern zu ergreifen. Sie allerdings zur Reife heranwachsen und sodann fallen zu lassen, dazu ist ein Hahn weder befugt noch anatomisch in der Lage.
Zunächst suchte ich die Schuld bei mir und nahm bescheiden an, Tobis sei schlauer als ich und wüsste besser Bescheid über die Physiognomien von Hähnen und Hühnern. Ich glaubte, die prachtvollen Schwanzfedern und der feurige Kamm auf dem Kopf des Vogels könnten eventuell auch bei bestimmten weiblichen Ausformungen dieser ornithologischen Spezies vorkommen.
Doch da war ja dieses Krähen. Und eine kurze Recherche ergab: Der Tobis-Vorspann zeigt eindeutig einen Hahn. Und Hähne, liebe Tobis, können viel, aber definitiv keine Eier legen. Erst recht keine, die sich im Fallen zu I-Säulen verformen.
Meines Erachtens muss die Filmgeschichte umgeschrieben werden.
07 Januar 2007
biker bleit biker
„Warum eigentlich“, fragt Ms. Columbo während eines Fernsehberichts über die Vierschanzentournee, dem weltweit bedeutendsten Sportereignis für magersüchtige Männer, „gibt es diese Sportart nicht auch für Frauen?“ Weiß ich auch nicht genau. Ich gehe aber von aerodynamischen Gründen aus.
Neuerdings bin ich übrigens bei ICQ, einem Netzwerk zum Chatten. Was tut man nicht alles für seine 13-jährige Nichte. Heute erhielt ich allerdings keine Nachricht von ihr, sondern unverlangt die eines gewissen Dominik aus dem hessischen Städtchen Lich.
Wie jedes ICQ-Mitglied hat auch Dominik eine Kurzbiografie hinterlegt. Mit folgenden Worten möchte er global punkten:
„hi ich gürse alle biker und denn tobi marcel sven michi tom nobel lucky tobi:k des waren alle biker bleit biker weil bier senn cool gürse meine klasse SIX CROSS:“
Auch für den überraschenden Doppelpunkt am Ende seiner bemerkenswerten Selbstdarstellung ist Dominik übrigens selbst verantwortlich.
Seine Nachricht habe ich dann doch lieber ignoriert – und stattdessen auf dem blauen Oberdeck des Hafenrundfahrtsschiffs River Star meine winterlich befleckten Stiefel fotografiert.
Neuerdings bin ich übrigens bei ICQ, einem Netzwerk zum Chatten. Was tut man nicht alles für seine 13-jährige Nichte. Heute erhielt ich allerdings keine Nachricht von ihr, sondern unverlangt die eines gewissen Dominik aus dem hessischen Städtchen Lich.
Wie jedes ICQ-Mitglied hat auch Dominik eine Kurzbiografie hinterlegt. Mit folgenden Worten möchte er global punkten:
„hi ich gürse alle biker und denn tobi marcel sven michi tom nobel lucky tobi:k des waren alle biker bleit biker weil bier senn cool gürse meine klasse SIX CROSS:“
Auch für den überraschenden Doppelpunkt am Ende seiner bemerkenswerten Selbstdarstellung ist Dominik übrigens selbst verantwortlich.
Seine Nachricht habe ich dann doch lieber ignoriert – und stattdessen auf dem blauen Oberdeck des Hafenrundfahrtsschiffs River Star meine winterlich befleckten Stiefel fotografiert.
06 Januar 2007
Ich bin eine große Hilfe
An der Davidstraße, ziemlich genau zwischen Lustgrotte und Reeperbahn, werde ich von einem Paar um die 20 angesprochen. „Entschuldigen Sie, eine Frage“, sagt der junge Mann, „können Sie uns sagen, wo St. Pauli ist?“
In solchen Momenten muss man Haltung bewahren. Wieherndes Losprusten könnte die Fremdlinge düpieren, und sie sollen ja wiederkommen, zum Nutzen der hiesigen Wirtschaft.
„Nun“, sage ich beherrscht, „Sie sind mittendrin. Das hier“, fahre ich mit einem halbkreisförmigen Schwingen meines rechten Armes fort, „ist die Davidstraße. Da drüben sehen Sie die Davidwache – und die Straße da vorne, das ist die Reeperbahn.“
Ich scheine den richtigen Ton getroffen zu haben, denn die beiden lächeln mehr erleichtert als peinlich berührt. „Genau da wollen wir hin“, strahlt die Frau, die ganz hanseatisch eine offene Flasche Bier mit sich führt. Und dann zockeln sie zufrieden davon, zur Reeperbahn.
Es freut mich immer, wenn ich Menschen weiterhelfen kann, obwohl ich der Geschichte der menschlichen Orientierungsfähigkeit schon viele krachende Niederlagen zugefügt habe.
Doch heute war es wirklich leicht, selbst für eine Katastrophe auf zwei Beinen wie mich.
In solchen Momenten muss man Haltung bewahren. Wieherndes Losprusten könnte die Fremdlinge düpieren, und sie sollen ja wiederkommen, zum Nutzen der hiesigen Wirtschaft.
„Nun“, sage ich beherrscht, „Sie sind mittendrin. Das hier“, fahre ich mit einem halbkreisförmigen Schwingen meines rechten Armes fort, „ist die Davidstraße. Da drüben sehen Sie die Davidwache – und die Straße da vorne, das ist die Reeperbahn.“
Ich scheine den richtigen Ton getroffen zu haben, denn die beiden lächeln mehr erleichtert als peinlich berührt. „Genau da wollen wir hin“, strahlt die Frau, die ganz hanseatisch eine offene Flasche Bier mit sich führt. Und dann zockeln sie zufrieden davon, zur Reeperbahn.
Es freut mich immer, wenn ich Menschen weiterhelfen kann, obwohl ich der Geschichte der menschlichen Orientierungsfähigkeit schon viele krachende Niederlagen zugefügt habe.
Doch heute war es wirklich leicht, selbst für eine Katastrophe auf zwei Beinen wie mich.
05 Januar 2007
Gut bestückt
Nein, ich habe wirklich keine Ahnung, wozu genau mich diese buchstäblich hirnamputierte Puppe bei WoS an der Reeperbahn animieren möchte.
Doch während ich sinnierend davorstehe, kommt mir plötzlich ein Song von Townes van Zandt in den Sinn, wo es eingangs der letzten Strophe heißt:
„We all got holes to fill,
those holes are all that’s real.“
Townes kann natürlich nichts für meine schräge Assoziation – aber ich auch nicht. Es muss irgendetwas mit der Evolution des menschlichen Gehirns zu tun haben.
Doch während ich sinnierend davorstehe, kommt mir plötzlich ein Song von Townes van Zandt in den Sinn, wo es eingangs der letzten Strophe heißt:
„We all got holes to fill,
those holes are all that’s real.“
Townes kann natürlich nichts für meine schräge Assoziation – aber ich auch nicht. Es muss irgendetwas mit der Evolution des menschlichen Gehirns zu tun haben.
04 Januar 2007
Zu spät im Büro
Immer, wenn die S- oder U-Bahn auf freier Strecke langsamer wird und schließlich stehenbleibt, weiß der geübte HVV-Benutzer Bescheid.
Erst einmal wird gar nichts passieren. Still und stumm sitzen wir herum und denken uns unseren Teil. Irgendwann knackt es im Lautsprecher, und eine sachliche Stimme erzählt etwas von einer „technischen Störung“.
Manchmal, wie heute morgen, sagt sie auch etwas, was der Wahrheit näher kommt. Wir stehen also hier auf freier Strecke zwischen Königstraße und Altona wegen eines „Rettungswageneinsatzes“.
Nach zehn Minuten ruckt die Bahn wieder an. Wir fahren im Bahnhof ein. Wir steigen aus, wir wuseln durcheinander. Auf der Rolltreppe – „Entschuldigung, darf ich mal durch?“ – drängeln wir uns aneinander vorbei, gehen zum Kiosk, durch die Halle.
Alles ist wie immer, die Wände, der Boden, die Luft. Der Crobag-Mann reicht seine Croissants über den Tresen, jemand holt sich eine Abokarte am Automaten, er flucht über die Münze, die ihm aus der Hand rutscht und hell keckernd über die Kacheln tanzt.
Wir gehen hoch ins Freie, träge treibt der Westwind atlantische Wolken über die Stadt – und nichts, überhaupt nichts erinnert mehr an diese sekundenlange Explosion der Verzweiflung, die vor wenigen Minuten einen Menschen dazu trieb, sich vor einen Zug zu werfen.
Erst einmal wird gar nichts passieren. Still und stumm sitzen wir herum und denken uns unseren Teil. Irgendwann knackt es im Lautsprecher, und eine sachliche Stimme erzählt etwas von einer „technischen Störung“.
Manchmal, wie heute morgen, sagt sie auch etwas, was der Wahrheit näher kommt. Wir stehen also hier auf freier Strecke zwischen Königstraße und Altona wegen eines „Rettungswageneinsatzes“.
Nach zehn Minuten ruckt die Bahn wieder an. Wir fahren im Bahnhof ein. Wir steigen aus, wir wuseln durcheinander. Auf der Rolltreppe – „Entschuldigung, darf ich mal durch?“ – drängeln wir uns aneinander vorbei, gehen zum Kiosk, durch die Halle.
Alles ist wie immer, die Wände, der Boden, die Luft. Der Crobag-Mann reicht seine Croissants über den Tresen, jemand holt sich eine Abokarte am Automaten, er flucht über die Münze, die ihm aus der Hand rutscht und hell keckernd über die Kacheln tanzt.
Wir gehen hoch ins Freie, träge treibt der Westwind atlantische Wolken über die Stadt – und nichts, überhaupt nichts erinnert mehr an diese sekundenlange Explosion der Verzweiflung, die vor wenigen Minuten einen Menschen dazu trieb, sich vor einen Zug zu werfen.
03 Januar 2007
Die Wetterlüge
Die Werbung für Drei-Wetter-Taft hat Hamburg nachhaltiger geschadet als die Sturmflut anno 62.
In diesem verfluchten Spot steht eine mit flüssigem Haarnetz gepanzerte Geschäftsfrau an der Flugzeugtreppe, und aus dem Off raunt es: „Hamburg: Regen“.
Das stimmt nur manchmal, aber meistens nicht. Nein, Hamburg präsentiert seinen Bewohnern in der Regel ein ausgetüfteltes Ensemble buntester Wetterphänomene, von denen Regen in all seinen Erscheinungsformen nur jeweils eine Detailvariante darstellt.
Vorgestern zum Beispiel ging ich bei Sonnenschein aus dem Haus, geriet in Höhe Imperial-Theater – also rund 50 Meter entfernt – in einen punktuellen Hagelschauer, der mich rund 33 Sekunden zum Unterstellen zwang, ehe ich weitere 100 Meter weiter, an der Fußgängerampel zur U-Bahn, von einem fein zerstäubten Nieseln erfrischt wurde, welches es so wirklich nur in Hamburg gibt.
Du denkst: Dieses putzige Gefusel in der Luft, das nehme ich nicht ernst. Und zwei Minuten später triefst du, als hätte man dich frisch aus der Alster gezogen. Metereo-logisch ist das nicht. Aber interessant.
Und so wild und wuchtig sich auch manch Wolkenkathedrale hochbäumt über den stoischen Hafenkränen, so darf man doch nie überrascht sein von der Plötzlichkeit eines Putschs der Sonne.
Dieser Drei-Wetter-Taft-Tante wünsche ich jedenfalls unser zerstäubtes Nieseln an den Hals, sobald sie wieder mal gepanzert eine Flugzeugtreppe in Fuhlsbüttel betritt.
„Hamburg: Regen“? Na, hoffentlich.
In diesem verfluchten Spot steht eine mit flüssigem Haarnetz gepanzerte Geschäftsfrau an der Flugzeugtreppe, und aus dem Off raunt es: „Hamburg: Regen“.
Das stimmt nur manchmal, aber meistens nicht. Nein, Hamburg präsentiert seinen Bewohnern in der Regel ein ausgetüfteltes Ensemble buntester Wetterphänomene, von denen Regen in all seinen Erscheinungsformen nur jeweils eine Detailvariante darstellt.
Vorgestern zum Beispiel ging ich bei Sonnenschein aus dem Haus, geriet in Höhe Imperial-Theater – also rund 50 Meter entfernt – in einen punktuellen Hagelschauer, der mich rund 33 Sekunden zum Unterstellen zwang, ehe ich weitere 100 Meter weiter, an der Fußgängerampel zur U-Bahn, von einem fein zerstäubten Nieseln erfrischt wurde, welches es so wirklich nur in Hamburg gibt.
Du denkst: Dieses putzige Gefusel in der Luft, das nehme ich nicht ernst. Und zwei Minuten später triefst du, als hätte man dich frisch aus der Alster gezogen. Metereo-logisch ist das nicht. Aber interessant.
Und so wild und wuchtig sich auch manch Wolkenkathedrale hochbäumt über den stoischen Hafenkränen, so darf man doch nie überrascht sein von der Plötzlichkeit eines Putschs der Sonne.
Dieser Drei-Wetter-Taft-Tante wünsche ich jedenfalls unser zerstäubtes Nieseln an den Hals, sobald sie wieder mal gepanzert eine Flugzeugtreppe in Fuhlsbüttel betritt.
„Hamburg: Regen“? Na, hoffentlich.
02 Januar 2007
Baller-Wolle strikes again
Unser Innenminister lässt einfach nicht locker. Obwohl das Verfassungsgericht ihm schon mal behutsam erklärt hat, dass so was bäh ist, will Wolfgang Schäuble weiterhin unbedingt Passagierflugzeuge abschießen dürfen, wenn Terroristen an Bord sind.
In rechtlicher Hinsicht hat Udo Vetter schon das Wichtigste dazu gesagt. Aus psychologischer Sicht könnte man ergänzen: Der vertikal benachteiligte Unionschrist leidet offenbar unter ungestilltem Blutdurst.
Denn wir erinnern uns: Vor ziemlich genau einem Jahr wollte er unbedingt von Folter profitieren und pries innovative Verhörmethoden. Und jetzt würde Schäuble liebend gern mal wieder unschuldige Menschen final vom Himmel ballern lassen, um zu verhindern, dass eventuell vielleicht möglicherweise unter Umständen andere unschuldige Menschen durch das entführte Flugzeug zu Schaden kommen könnten.
Laut Duden sind die Wörter „beschäubelt“ und „bescheuert“ übrigens nicht synonym. Auch ich bin dieser Meinung.
Mehr noch: Das Wort „beschäubelt“ gibt es überhaupt nicht.
In rechtlicher Hinsicht hat Udo Vetter schon das Wichtigste dazu gesagt. Aus psychologischer Sicht könnte man ergänzen: Der vertikal benachteiligte Unionschrist leidet offenbar unter ungestilltem Blutdurst.
Denn wir erinnern uns: Vor ziemlich genau einem Jahr wollte er unbedingt von Folter profitieren und pries innovative Verhörmethoden. Und jetzt würde Schäuble liebend gern mal wieder unschuldige Menschen final vom Himmel ballern lassen, um zu verhindern, dass eventuell vielleicht möglicherweise unter Umständen andere unschuldige Menschen durch das entführte Flugzeug zu Schaden kommen könnten.
Laut Duden sind die Wörter „beschäubelt“ und „bescheuert“ übrigens nicht synonym. Auch ich bin dieser Meinung.
Mehr noch: Das Wort „beschäubelt“ gibt es überhaupt nicht.
In letzter Sekunde
01 Januar 2007
Das muss noch besser werden
Auf der Silvesterfeier thematisiert M. meine Anwesenheit. Man könne sich ja gar nicht mehr unbefangen verhalten, wenn ein Blogger da sei. Mehrfach kommt er darauf zurück, und ich gewinne schließlich den Eindruck, er möchte gern mal verbloggt werden.
Hiermit passiert.
P. erzählt, wie er alljährlich über die Aftershowparty der Berliner Echo-Verleihung marodiert und promifeindliche Streiche ausheckt. Seine überfallartige Schwitzkastentechnik soll vor allem Dieter Bohlen in unschöner Erinnerung haben. Und sein aus dem Hinterhalt inszeniertes Haareverwuscheln kommt bei Feldbusch & Co. auch nie toll an.
Auf unserer Silvesterparty aber spielen derlei Kindereien keine Rolle. Dafür andere. Einige Anwesende, allen voran die vielköpfig vertretenen Thais, frönen einem typischen Vergnügen des 21. Jahrhunderts: sich gegenseitig beim Fotografieren zu fotografieren.
Ich auch.
Nachts auf dem Heimweg begegnet uns an der für ihr zooartiges Ensemble sowieso berüchtigten S-Bahnstation Reeperbahn ein Menschenschlag, den Ms. Columbo kurz und korrekt als „Mischung aus ,Children of men’ und ,Das fünfte Element’“ bezeichnet, allerdings nicht in Hörweite.
Am Neujahrsnachmittag missvergnüge ich mich im Fitnessclub. Hier das Mängelstakkato: kein Klopapier, Geräte kaputt, Sauna kalt, Duschen defekt, keine Seife mehr da. Heroisch beherrscht gehe ich zum Tresen.
„Ich möchte mich beschweren“, sage ich, „haben Sie Stift und Zettel parat?“
„Das kann ich mir merken“, sagt die Frau.
„Da wäre ich mir nicht so sicher“, sage ich.
„So viel?“ fragt sie bang.
„Holen Sie bitte Stift und Zettel.“
Und sie tut’s. Wenigstens das klappt. Abends Terry Gilliams bizarrer Filmtrip „Fear and loathing in Las Vegas“ auf DVD: genau die richtige Droge, nach diesem Tag.
Jetzt muss es sich noch ein wenig steigern, das Jahr 2007.
Hiermit passiert.
P. erzählt, wie er alljährlich über die Aftershowparty der Berliner Echo-Verleihung marodiert und promifeindliche Streiche ausheckt. Seine überfallartige Schwitzkastentechnik soll vor allem Dieter Bohlen in unschöner Erinnerung haben. Und sein aus dem Hinterhalt inszeniertes Haareverwuscheln kommt bei Feldbusch & Co. auch nie toll an.
Auf unserer Silvesterparty aber spielen derlei Kindereien keine Rolle. Dafür andere. Einige Anwesende, allen voran die vielköpfig vertretenen Thais, frönen einem typischen Vergnügen des 21. Jahrhunderts: sich gegenseitig beim Fotografieren zu fotografieren.
Ich auch.
Nachts auf dem Heimweg begegnet uns an der für ihr zooartiges Ensemble sowieso berüchtigten S-Bahnstation Reeperbahn ein Menschenschlag, den Ms. Columbo kurz und korrekt als „Mischung aus ,Children of men’ und ,Das fünfte Element’“ bezeichnet, allerdings nicht in Hörweite.
Am Neujahrsnachmittag missvergnüge ich mich im Fitnessclub. Hier das Mängelstakkato: kein Klopapier, Geräte kaputt, Sauna kalt, Duschen defekt, keine Seife mehr da. Heroisch beherrscht gehe ich zum Tresen.
„Ich möchte mich beschweren“, sage ich, „haben Sie Stift und Zettel parat?“
„Das kann ich mir merken“, sagt die Frau.
„Da wäre ich mir nicht so sicher“, sage ich.
„So viel?“ fragt sie bang.
„Holen Sie bitte Stift und Zettel.“
Und sie tut’s. Wenigstens das klappt. Abends Terry Gilliams bizarrer Filmtrip „Fear and loathing in Las Vegas“ auf DVD: genau die richtige Droge, nach diesem Tag.
Jetzt muss es sich noch ein wenig steigern, das Jahr 2007.