Heiligabend in Hamburg, das Wetter ist sonnigschön, wenngleich ein unchristlicher Wind an Jacke und Laune zerrt. Bewaffnet mit Ulf Krügers „Beatles Guide Hamburg“ gehen wir auf eine kleine pophistorische Sightseeing-Tour durch unser Viertel.
In der Wohlwillstraße gibt es die Jägerpassage, und dort, im Hauseingang Nr. 1, hatte der Hamburger Fotograf Jürgen Vollmer 1961 John Lennon abgelichtet. 14 Jahre später kramte Lennon das Foto wieder aus der Schublade und verewigte es als Cover seines Albums „Rock’n’Roll“.
Ms. Columbo und ich gönnen uns den Spaß, uns in diesem Hauseingang gegenseitig lennonesk zu fotografieren. (Ich habe später meinen gegen Lennons Kopf ausgetauscht – Dr. Freud, übernehmen Sie!)
Als ich versonnen in historischer Pose am Klinkerrahmen lehne, steckt plötzlich ein Mann seinen Kopf aus dem Fenster im ersten Stock. „Hier wohnen Leute“, motzt er, „das Dauerklingeln nervt!“ Stimmt, mein Arm hatte versehentlich multiplen Klingelknopfkontakt. Ich entschuldige mich, bin aber zugleich etwas enttäuscht von seinem wenig weihnachtlichen Ton. Aber wahrscheinlich haben die Jägerpassagiere im Lauf der Jahrzehnte bereits jeden Beatles-Fan der Welt durch die Rabatten stolpern sehen; ich sollte nachsichtig sein.
Danach laufen wir die anderen berühmten Stellen ab. Zum Beispiel die Paul-Roosen-Straße 33, wo einst das Bambi-Kino war. Dort im Flur zündeten Paul McCartney und Pete Best 1960 ein Kondom an. Wegen Brandstiftung buchtete man sie in der Davidwache ein und verwies sie anschließend des Landes. Gut, dass die Liverpooler noch mal wiederkamen, sonst sähe die Popgeschichte heute anders aus.
Ich hätte jedenfalls wohl keinen Anlass gehabt, im Jahr 2005 die Weihnachtsruhe eines Anwohners zu stören. Aber müsste sich der Mann nach einem Moment innerer Einkehr nicht sagen: Besser von diesem Dauerklingler genervt werden, als dass es „St. Pepper’s lonely Hearts Club Band“ nicht gäbe? Und genau das hätte ich ihm nach einem einleitenden „Let it be!“ heroisch entgegenhalten sollen, statt mich kleinmütig zu entschuldigen. Die besten Repliken fallen einem immer erst hinterher ein.
Vielleicht sollte ich noch mal hingehen.
Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Homebase (live)“ von Dzihan & Kamien, „Indi“ von Egberto Gismonti und „Xiong“ von Dao.
-->
Die kleine Gießkanne könnte ich gut gebrauchen. Mal gucken, ob die morgen noch da steht.
AntwortenLöschenIch möchte keineswegs Helfershelfer bei Straftaten sein, auch wenn diese Gießkanne wahrscheinlich aus billigem Recycling-Plastik hergestellt wurde. Also unterstehen Sie sich!
AntwortenLöschenZeitlos gute Idee!
AntwortenLöschenNach nochmaligem, mehrmaligem Lesen werde ich meinen nächsten Hamburg-Besuch mit dieser Tour (und einem guten Stadtplan) krönen.
AntwortenLöschenDie Giesskannen bleiben stehen, der rechte Ellbogen wurde sensibilisiert. Vielleicht schaffe ich es, einem unnahbar scheinenden und doch so kommunikativ seienden Touristen die Digicam in die Hand zu drücken und zu summen...
You say, you want a revolution, ooohh... it´s alright...
Angesichts der Knurrigkeit der dortigen Bewohner wären folgende Verse zum Summen opportuner:
AntwortenLöschen„I hope someday you'll join us
And the world will be as one”
Der Rundgang mithilfe des sehr empfehlenswerten Krüger-Buchs ist übrigens noch viel weiter, aber sehr kiezkonzentriert. Es lohnt sich, damit einen ganzen Nachmittag zu verbringen – und zwischendurch immer mal wieder in einer der zahlreichen Kiezkneipen zu rasten, wenn du weißt, was ich meine … ;-)
Ich hatte Interessehalbar nach diesem Foto gesucht und hier gefunden.Wenn ich aus meinem Wohnzimmerfenster gucke, schaue ich genau auf diesen "legendären" Hauseingang.Ich kann die "Knurrigkeit" der Bewohner aus diesem Haus verstehn,denn andauernd kommen Gruppenweise Touristen und sonstige in die Jägerpassage um sich in der John-Lennon-Pose fotographieren zu lassen.Ja...Ja...es ist wohl nicht so einfach in so einem geschichtsträchtigem Haus zu wohnen...
AntwortenLöschenZeitlos gute Idee!
AntwortenLöschenUnd eine "Kerbe bei mir Colt" ;-)