16 September 2019

Bloggeburtstag Nr. 14!


Sehr schmeichelhaft, dass die Deutsche Fußball Liga das Hamburger Stadtderby am Millerntor dieses Jahr genau auf den 14. Geburtstag dieses Blogs gelegt hat. Und dann auch noch inklusive Heimsieg! Das nehme ich persönlich.

Statistisch verliefen die vergangenen zwölf Monate aus Blogbetreibersicht sehr zufriedenstellend. Die Besucherzahl stieg auf insgesamt 4.646.268, der Monatsschnitt hat sich über 40.000 stabilisiert. Danke dafür, meine Damen, Herren und Diverse! 

Zwei Beiträge aus dem Berichtsjahr haben sich sogar in den unten aufgelisteten Top Ten der meistgelesenen überhaupt vorgearbeitet. Dass der auf Rang sechs lediglich aus einem Foto bestand (dem Kinosaal der Astor-Filmlounge), verstehe ich als subtile Kritik an meinem Schreibstil. Immerhin stieß auch meine Eloge auf den 70 Jahre jung gewordenen Universalkünstler Ernst Kahl auf reges Interesse, und das kalmiert mich wieder.

Hier nun die zehn meistgelesenen Blogbeiträge mit der Zahl der Aufrufe zwischen September 2005 und heute:



27.09.2005, 44 Kommentare
36960

15.07.2018, 2 Kommentare
10359

9287

8461

8039

7859

24.04.2018, 2 Kommentare
7853

7614

09.02.2019, 2 Kommentare
7536

7491


Standesgemäß sind natürlich weiterhin die Huren ganz weit vorn, und so gehört es sich auch für ein Blog, dessen Hirn und Herz der Hamburger Kiez ist. Auf die nächsten gemeinsamen zwölf Monate!


13 September 2019

Endlich sorgenfrei!

Neulich stand ich in Potsdam sehr ratlos vorm Eingangsportal von Schloss Sanssouci und rang um Fassung. Schuld daran war der brachiale Kommafehler, der die Fassade hochprominent kontaminierte. Das tut er, wie mir zugetragen wurde, schon seit zweihundertzweiundsiebzig Jahren.

Zweifellos ist diese voll in die royale Verantwortung fallende Fehlleistung dazu angetan, das ansonsten doch recht beachtliche Lebenswerk des Schlossbauherrn Friedrich des Großen unschön zu überschatten. Zumindest in meinen Augen. 

Dabei hätte es durchaus Eingriffsmöglichkeiten gegeben. Klar, rechtschreibkundige Hofschranzen haben sich damals natürlich nicht getraut, das Maul aufzumachen. Aber warum bloß hat Friedrichs Freund Voltaire ihn beim immerhin vier Jahre andauernden Besuch in Potsdam dafür nicht wenigstens an einem weinseligen Abend böse ausgescholten? Auch der französische Philosoph büßt in diesem Zusammenhang, wie ich zugeben muss, viel an Nimbus ein. Der Mann hätte unbedingt intervenieren müssen, gerade als Muttersprachler!

Heute an der Simon-von-Utrecht-Straße in St. Pauli gemahnte mich ausgerechnet die beschriftete Seite eines parkenden Lkw erneut an Friedrich und Voltaire und diesen gruseligen Moment in Potsdam, den ich längst erfolgreich verdrängt zu haben glaubte. „Echte Kerle, trinken Elbperle“ – da rollen sich dir doch sämtliche Fuß- und Fingernägel auf! Und mir auch!

Es sei denn, derjenige, der sich diesen Werbespruch zurechtdengelte, vertraut auf die intelligente Hintersinnigkeit des vorbeiflanierenden Um-die-Ecke-Denkers und dessen Fähigkeit, die subtile Anspielung auf die Potsdamer „Sans, souci“-Kommakatastrophe zu dechiffrieren. 

Immerhin heißt „sanssouci“ auf Deutsch sorgenfrei, und womit ist dieser Zustand nun mal besser herzustellen als mit einer geexten Gallone Elbperle?

Und siehe da: Plötzlich ergab alles einen Sinn. 
Und sogar einen Blogbeitrag.



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12 September 2019

Mein erstes und letztes Interview mit Daniel Johnston

Vorgestern starb der US-amerikanische Singer/Songwriter Daniel Johnston († 58). Vor neun Jahren habe ich mal mit diesem schrägen Vogel telefoniert. Daraus entstand ein kleiner Text, erschienen im April 2010 in der Zeitschrift uMag. Anstelle eines Nachrufs erscheint er hier noch mal.

„DANKE, GUT“  
Kurt Cobain pries ihn als weltgrößten Songschmied, Indienerds vergöttern ihn: den manisch-depressiven Sänger Daniel Johnston. Ein Mann am Abgrund – doch uMag hat ihn lachen hören.
In zehn Minuten soll ich noch mal anrufen, sagt sein Vater Bill. Und zwar in genau zehn Minuten. Okay, okay. Nach zehn Minuten: „Daniel, hi, how are you?“ Eine Anspielung auf seinen berühmten Graffitispruch, mit dem er als Teenager Kalifornien pflasterte. „Danke, gut“, sagt der größte Songschmied der Welt. 
Kurt Cobain trug mal ein T-Shirt mit dieser Grußfloskel auf MTV. „Das war echt was!“, gluckst Johnston, „richtig cool!“ Er kennt nur Fotos davon. Überhaupt hat er’s nicht so mit Technik. Mail, Web? Nix für Johnston. Er hat auch so genug damit zu tun, sein Leben auf die Reihe zu kriegen – und Alben wie „Beam me up!“ zu schreiben, ein windschiefes, rumpeliges Meisterwerk voller Jaulgesänge und besoffener Bläser, das deine Gefühlswelt völlig durcheinanderbringt. 
„Daniel, unter deinen Fans scheinen mehr Künstler zu sein als Plattenkäufer.“„Ja“, lacht er, „ich bin mehr so der Undergroundtyp.“  
Johnston hat gelacht! Der Typ, der während einer Depression mal den Zündschlüssel eines Flugzeugs abzog und es zum Absturz brachte, hat gelacht! „Daniel, wäre es immer noch riskant, dein Beifahrer zu sein?“ „Yeah“, sagt er und scheint trocken zu grinsen, „man vertraut mir kein Flugzeug mehr an.“  
Ein paar seiner neuen Stücke sind beinah optimistisch, etwa „True love will find you in the End“, der schönste, schrägste Trostsong des Jahres. Wird am Ende doch noch alles gut? „Ich möchte jeden aufheitern, der das Album hört“, sagt der größte Songschmied der Welt mit dieser dünnen Schlingerstimme, die eiern kann wie keine andere. „Jedenfalls ist mir das lieber, als jeden zu deprimieren.“ 
Beim Hören seiner Songs passiert beides, aber das müssen wir ihm ja nicht sagen. Denn es geht ihm gerade danke gut.

PS: Das Foto entstand in der Hamburger Fabrik im April 2010. Dass es ein bisschen verwackelt ist, passt eigentlich ganz gut zu diesem Typen.




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