22 Juni 2016

Pareidolie (109–111)



Keine einzige Pareidolie seit fünf Monaten? Das ist inakzeptabel, und deshalb gibt es hier und jetzt gleich drei auf einmal.

Die Fundorte sind Boppard (das Katzengesicht oben links), Schwerin (das gutgelaunte Nilpferdbaby rechts) und Planten un Blomen.

PS: Eine ganze Galerie gibt es bei der Pareidolie-Tante.

15 Juni 2016

Der weltbeste Pinselstrich


Heute klingelte unser Nachbar, der Künstler 4000, um uns den Katalog zu seiner „25 Jahre 4000“-Ausstellung zu schenken. Er hat ihn sogar mit einer persönlichen Widmung versehen, was ich herzallerliebst finde. 

Die skurrile Geschichte von 2011, wie der für uns bis dahin noch namenlose Nachbar mal eine freundlicherweise entgegengenommene DHL-Kiste mit Wein hereinschleppte, drei Bilder von sich an der Flurwand entdeckte und sich lakonisch als deren Schöpfer enttarnte, habe ich bereits verbloggt.

Der Katalog zur Ausstellung „25 Jahre 4000“ ist großartig; ich habe heute Abend eine ganze Halbzeit des Spiels Frankreich–Albanien verpasst, weil ich mich davon nicht losreißen konnte. 
4000s Bilder – hingerotzte, mit Worten und Textzeilen abgeschmeckte und konterkar(ik)ierte Minutenmeisterwerke in Acryl – sind es ja sowieso (also großartig), aber viele begleitende Elogen seiner Weg-, Trink- und Kampfgefährten aus dem vergangenen Vierteljahrhundert sind es auch.

Ich könnte jedenfalls juchzen vor Freude über diesen Katalog (auch wenn er ihn vorher besser mir zum Korrekturlesen gegeben hätte, aber egal), und das werde ich 4000 demnächst auch persönlich sagen, sobald er mal wieder auf dem Nachbarbalkon steht und Wunderdinge mit seinen Pflanzen anstellt. 

Der Mann nämlich hat nicht nur den weltbesten Pinselstrich von ganz St. Pauli, sondern auch einen derart grünen Daumen, dass er als Weltraumgärtner in „Silent Running“ glatt Bruce Dern aus dem Gewächshaus gefegt hätte. 

Die 4000-Ausstellung läuft seit Anfang des Monats bei Feinkunst Krüger in Kohlhöfen 8, und wer aus der Gegend zwischen Kiel und Kitzbühel kommt und es bis zum 25. Juni wirklich nicht schaffen sollte, dort mal vorbeizuschauen, der hat die Kontrolle über sein Leben verloren. 





10 Juni 2016

Ein Gruß aus der Vergangenheit

Gestern stieß ich in einem vergessenen Winkel zwischen Hängeschrank und hinterster Zimmerecke, neben ausgemustertem Subwoofer und Altkleidersammelsack, auf eine alte Laptopumhängetasche.

Alte Taschen wollen inspiziert werden, das ist ihr Lebenssinn. Ergebnis: Sie war weitgehend leer. Bis auf einen mit Reißverschluss ausgestatteten Gefrierbeutel, in dem sich eine angebrochene Tafel Schokolade befand. Natürlich eine Ritter Sport Dunkle Voll-Nuss.

Es fehlte eine Rippe, verzehrt wahrscheinlich als Notration auf einer längeren Zugfahrt unter den Konditionen eines ausgefallenen (oder als zu teuer eingeschätzten) Bordrestaurants.

Wann ich die Tasche zuletzt in Gebrauch hatte, ist mir jedenfalls völlig unklar. Ein Indiz könnte das Mindesthaltbarkeitsdatum der Schokolade liefern. Es war der 23. August 2015. Auf der Seite von Ritter Sport heißt es zu diesem Sachverhalt:

„Für unsere Schokolade haben wir ein MHD von ca. einem Jahr festgelegt.“
 

Längstens hätte meine prähistorische Tafel also seit August 2014 satt und zufrieden, wenngleich ein wenig einsam in der Laptopumhängetasche geruht. Weiter heißt es bei Ritter:

„Natürlich schmeckt sie auch danach noch, aber eben nicht mehr ganz so gut.“

Na, das wollen wir doch mal überprüfen. Zunächst zur Optik. Die Schokolade wirkt leicht angeranzt, ein Hauch von grauer Patina überzieht die restlichen drei Rippen, vor allem dort, wo die eingegossenen ganzen Nüsse sich keck übers Plateau der Tafel wölben. Aber kein Schimmel, nichts auffällig Unappetitliches.

Nun zur Olfaktorik. Ein starker, den Rande des Strengen nicht nur streifender Kakaoduft steigt intensiv in die Nase. Und rieche da: Er ist gar nicht unangenehm. Ja, er macht sogar Lust auf einen Bissen. Und ich wäre der Letzte, der dieser Lust nicht nachgäbe, die Welt ist meine Zeugin.

Mit einem kräftigen Knack breche ich ein Segment aus Rippe Nr. 2, stecke es mir in den Mund – und erkenne sofort, dass Ritter Sport auf seiner Webseite auf dreisteste Weise LÜGT. Denn diese Schokolade, gefertig irgendwann um den Dreh herum, als Götze Schürrles Flanke zum Entsetzen ganz Argentiniens im Netz versenkte, schmeckt nicht „nicht mehr ganz so gut“.

Sondern sie schmeckt fast wie neu. Beinah so, als hätte sie nicht Jahre in einer Laptopumhängetasche in einem vergessenen Winkel zwischen Hängeschrank und hinterster Zimmerecke verbracht, neben ausgemustertem Subwoofer und Altkleidersammelsack.

Damit ist quasi der Nachweis erbracht, dass nicht nur Kakerlaken (und Lemmy Kilmister leider schon gar nicht!), sondern auch und vielleicht als einzige biologische Substanz eine Tafel Ritter Sport Dunkle Voll-Nuss sowohl einen Atomkrieg als auch die Smartphonezombieapokalypse unbeschadet überstehen würde.

Seit die Tafel im Sommer 2014 fabriziert wurde, ist der Preis dieser Sorte übrigens um ungefähr 33 Prozent gestiegen. Mein schrecklicher Verdacht: Mit meinen zahlreichen Elogen auf diese Schokolade bin vor allem ich schuld daran. Denn ungenießbare Sorten wie Brombeer Joghurt, Vanille-Mousse oder Knusperkeks sind davon komplett unbetroffen. Warum also nur meine Lieblingssorte?

Offiziell ist von Nussmissernten in der Türkei die Rede. Aber das wollen SIE Ihnen natürlich nur einreden, um MICH, ihren besten Kunden, vor dem Mob zu schützen. 


Egal: Auf zum nächsten Bissen.