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20 Juni 2012

Die Krux mit der Kiste



Morgens stehe ich meistens ein, zwei Minuten an der Fußgängerampel am Ende der Großen Bergstraße und lehne mich, um nicht vom Fahrrad absteigen zu müssen, an den Ampelmast. Seit neuestem hängt daran eine sogenannte Pfandkiste, die meine Aufmerksamkeit während der Rotphase in Beschlag nimmt.

Dort hinein soll man Flaschen stellen. Aufgedruckte Begründung: „Mülleimer zu durchsuchen ist gefährlich und demütigend. Stellt Eure Pfandflaschen deshalb daneben. Oder in diese Kiste. Danke!“

Eine sinnvolle Sache. Doch die Verwirrung, welche die Pfandkiste auslöst, übersteigt deutlich meine Fähigkeit, ihr Wirkungsprinzip hinreichend zu lobpreisen. Denn ich kapiere einfach nicht, wie sie dahinkommt.

Der Ampelmast – oben durch die Signalanlage erheblich verbreitert und unten festgemauert in der Erden – durchstößt die Pfandkiste widersinnigerweise mittig, und ich konnte bisher bei meinem je ein- bis zweiminütigen Aufenthalt keine Nahtstellen an der Kiste entdecken.

Und das wäre doch die einzig logische Vorgehensweise, die Pfandkiste so zu befestigen, wie sie nun mal befestigt ist: Man müsste sie symmetrisch in zwei Hälften zersägen, in ihrer Mitte ein Loch vom Durchmesser des Mastes herstellen, sie dann um den Ampelmast herumlegen und wieder zusammenkleben.

Höchstens Harry Potter traute ich die Schilderung und Umsetzung einer Alternativmethode zu. Oder einem meiner Blogleser, in den Kommentaren.


02 Februar 2008

Nur gucken, nicht essen

Wir essen im La Sepia am Schulterblatt. Am Nebentisch sitzt ein illustres Herrentrio.

Einer ist klein und hüftvergoldet, trägt Schnauzer und eine merkwürdige Matrosenmütze mit der Aufschrift „Blues“. Der zweite hat sich zur Lederjacke eine strohfarbene Sturmfrisur im 80er-Jahre-Gedächtnisstil verpassen lassen, und der dritte ist ein Durchschnittsblonder.

All das schaue ich mir allerdings erst genauer an, nachdem Ms. Columbo mir unter Verweis auf die Sturmfrisur zuflüstert: „Schau mal, der sitzt die ganze Zeit vor seinem Teller und isst nichts.“

Das ist wahr. Der Limahlklon stiert versonnen ins Ungefähre, doch sein Besteck hat unverhofft frei. Doch erst, als der Kellner das Geschirr des Trios abräumt, wird das ganze Ausmaß der Merkwürdigkeit deutlich. Denn offensichtlich hat keiner der drei etwas gegessen.

Alle Teller weisen nach menschlichem Ermessen die exakten Liefermengen auf, sogar die Salatschüssel des Matrosenmützenmannes. An der eigenwilligen Speisekartenprosa, die „Ziegen uns Schaafs Käse“ anbietet und dafür sogar Geld verlangt, kann es nicht gelegen haben, denn dann hätten die Drei ja erst gar nicht bestellt.

Manche Rätsel lassen sich nur lösen, indem man jene befragt, die sein Geheimnis kennen. Wer das nicht tut, muss hinfort mit quälender Ungewissheit weiterleben.

Wie wir.

18 Januar 2008

Ein Ort der Scham und Schande

Bereits seit Oktober 2006 haben wir theoretisch die Möglichkeit, den Mailverkehr über unseren Telefonanbieter Alice/Hansenet (Foto) abzuwickeln. Das taten wir aber nie; wir sind schließlich anderweitig gut versorgt.

Heute aber dachte ich wie aus heiterem Himmel, ich schaue mal rein und überlege, ob ich nicht vielleicht doch via Alice mailen sollte.

Noch niemals war, wie gesagt, von diesem Anschluss eine Elektropost versandt worden, nur zwei Testmails hatte ich anno 2006 hingeschickt. Praktisch niemand auf der ganzen weiten Welt und darüber hinaus kennt also diese Mailadresse.


Ich kenne sie ja selber nicht.

Umso frappierender war der Zustand, in dem sich mir heute dieses Mailfach präsentierte. Es war geflutet mit Spam. Mir flimmerten die Augen vor lauter Betreffs wie „Hello“, „Re:“, „Uqtvyujsoiqfgoiv“, „Hi“ oder „Your Account is Suspended For Security Reasons“.

Irgendwo mittendrin – auffindbar nur nach alphabetischer Sortierung – dümpelten meine zwei alten Testmails herum und piepsten ersterbend um Hilfe. Ich löschte rettete sie und beschloss, nie mehr zurückzukehren an diesen Ort, der jungfräulich hätte sein sollen und doch einer der Scham und Schande war.

Dann ritt ich in den Sonnenuntergang.

22 Dezember 2007

Ich verstehe den Kapitalismus nicht mehr

Unablässig rieseln Informationen auf uns nieder. Wir ziehen daraus ständig unsere Schlüsse, ob bewusst oder unbewusst.

Neulich zum Beispiel erfuhr ich, die Post sei zurzeit bis zum Zusammenklapp überlastet, sie kumuliere daher vor lauter Erschöpfung die Sendungen und stelle sie nur noch alle zwei Tage gesammelt zu.

Unter anderem diese Meldung war es, die mich heute bewog, meine beiden Päckchen lieber bei Hermes abzugeben. Wenn die Post am Ende ist, so meine eigentlich logische Überlegung, muss das ja nicht automatisch auch für die Konkurrenz gelten; vielleicht schafft wenigstens die das übliche Tempo.

Doch just als ich durch die schneeüberzuckerte Seilerstraße (Foto) zum Hermesshop wollte, kam der Postbote und überreichte mir vor der Haustür ein Päckchen, worauf erstaunlicherweise ein … Hermeszettel pappte.

„Warum“, fragte ich baff den Postler, „überreichen Sie mir denn ein Hermespäckchen, wo Sie doch von der Post sind?“ „Ach“, sagte er, während er mir sein elektronisches Dingens zum Unterschreiben reichte (dessen blöder sarkastischer Stift mich zum viermaligen Autogrammgeben zwang), „wir helfen aus.“

Aha …? Die Post, obzwar bis zum Kumulierungszwang überlastet, hilft also bei Hermes aus, dem größten postunabhängigen
Logistikdienstleister.

Sollte sie, die Post, diese abgezweigte Manpower nicht besser in den Abbau der eigenen Überlastung stecken? Wahrscheinlich muss sie doch nur deshalb ihre eigenen Sendungen tagelang kumulieren, weil sie auch noch die ganzen Hermespäckchen am Hals hat.

Ich informationsberieselter Rückschlusszieher dachte übrigens wirklich, die beiden seien Konkurrenten. Versteh einer den Kapitalismus.

27 November 2007

Was aß Grass?

Warum mir das Folgende ausgerechnet heute Abend wieder einfiel, weiß ich nicht.

Jedenfalls waren wir im Sommer auf Urlaub in Danzig, im Mercure Hevelius Hotel. In seiner ruhmreichen Geschichte nächtigten dort bereits unzählige Gäste, darunter sogar noch prominentere als Ms. Columbo und ich.

Eine beeindruckende Fotogalerie in der Lobby kündete von ihrer Hochkarätigkeit, und wir standen gleich am ersten Danzigtag ehrfürchtig vor den Porträts von Margaret Thatcher, Richard von Weizsäcker, Günter Grass oder George (Papa) Bush.

Das Interessanteste jedoch waren die dazugehörigen Menükarten. Unter jedem Promiporträt hing eine und informierte die Nachwelt über die kulinarischen Köstlichkeiten, mit denen das Mercure dermaleinst die Zelebritäten verwöhnt hatte.

Mir gibt das Gelegenheit, mal wieder ein kleines Rätselspiel zu veranstalten, bei dem es – wie stets – Unglaubliches zu gewinnen gibt: nämlich einen der hier auf dem Kiez weltberühmten Musiksampler aus eigener Produktion. Wer also folgende vier Menüs den richtigen Prominenten zuordnen kann, für den wird’s viel früher Weihnachten als gedacht.

Hier sind sie (das letzte war bis auf einen Gang nicht zu rekonstruieren):

1. Waldpilzragout, Brokkolicremesuppe, Forelle in Stachelbeersoße, Apfelkuchen mit Vanillesoße

2. In Kirschen manirierte Bratente mit Oliven und Kräutern, Dillcremesuppe, Tournedo (ein Stück aus dem Rindsfilet) mit grünem Spargel in „Gribich“-Soße

3. Parmaschinkensalat mit Krabben und Äpfeln, Toast mit Rührei und gebratenen Tomaten, Birnen in Likör und Grapefruitsoße, grüner Tee mit Sahne und frischgepresstem Orangensaft

4. Scholle
Es gewinnt, wer als erster die vier Namen Margaret Thatcher, Richard von Weizsäcker, Günter Grass
und George Bush von 1 bis 4 in die richtige Reihenfolge bringt und sie als Kommentar hinterlässt. Auch die Auflösung erfolgt nach einer angemessenen Frist ebenda, wo ich dann den oder die Glückliche um eine Mail mit den Adressdaten bitten werde.

Wer also aß die Pilze und wer die Ente, wer Scholle und wer Toast? Man kann drauf kommen …

29 Oktober 2007

Der Eimer

„Mir ist speiübel“, sage ich blass zu einem Kollegen, „könntest du mich vielleicht nach Hause fahren? Ich würde lieber dir ins Auto reihern als dem Busfahrer.“

Er reagiert begeistert. Vorher stand eine Stunde lang ein Sicherheitseimer auf meinem Schreibtisch. Erstmals übrigens. Und weil das keineswegs eine ausreichend breite empirische Basis bedeutet, konnte heute eine höchst dringliche Frage noch nicht final geklärt werden:

Gibt ein Eimer auf dem Schreibtisch nun die nötige Sicherheit oder eher den letzten Schubs?

Heute zumindest weder noch – und jetzt ab in die Koje. Ohne Bild, aus zahlreichen Gründen.

20 August 2007

Das Espressorätsel

Früher bestellte ich den Espresso immer lungo, also mit Wasser verlängert. Seit einiger Zeit arbeite ich an einer Geschmacksverfeinerung und bin im Zuge dessen auf doppio umgestiegen: gleiche Stärke, aber doppelte Menge.

Heute Abend nun gesteht mir Ms. Columbo, sie sei davon überzeugt, beide meiner speziellen Vorlieben beeinflussten seit Jahren die Qualität ihres Espressos, und zwar keineswegs zum Guten.

„Wenn du einen Lungo oder Doppio bestellst“, klagt sie, „kriege ich automatisch immer einen Verlängerten.“ Und das möge sie nicht.

Sie habe diesen Effekt über lange Zeit stillschweigend beobachtet, erläutert sie, und heute Abend sei es nun so weit, mich mit diesem inzwischen empirisch fundierten Forschungsergebnis zu konfrontieren.

Meine Zweifel an dieser Theorie erweisen sich augenblicks als noch größer als mein Amüsement, und wir beschließen die Probe aufs Exempel. In der Pizzeria am Großneumarkt, wo wir im milden Abendsonnenschein draußen sitzen können und uns fühlen wie im Romurlaub, ordert sie einen normalen Espresso, ich einen doppelten.

Woran wir überhaupt erkennen könnten, frage ich vorsorglich, ob ihr Einzelespresso wirklich über Gebühr verlängert worden sei. Sie wisse sehr wohl, welche Menge man gemeinhin beim Italiener serviert bekomme, antwortet sie mit charmanter Schnippischkeit. Dann warten wir. Es ist aufregend.

Zwischendurch frage ich zunächst mich und dann sie, wie man überhaupt einen italienischen Ober herbeirufe. In Frankreich käme man mit einem entschlossenen „Garçon!“ ja durchaus weiter, doch hier und jetzt – vielleicht „Signore“? Nein, erläutert Ms. Columbo als kompetente Halbsardin, es hieße schlicht „scusi“, „Entschuldigung“.

Und da kommt er auch schon, der Signore Scusi. Mit einem Doppio und einem – Cappuccino … Eine Fehllieferung. Der Cappuccino geht zurück, ein Einzelespresso muss nachbestellt werden. Und das verwässert natürlich die Versuchsanordnung völlig.

„Der Effekt“, merkt Ms. Columbo spitzfindig an, „tritt natürlich nur dann auf, wenn wir eine gemeinsame Bestellung aufgeben.“ Was zu beweisen gewesen wäre. Wir werden dranbleiben.

Ober heißt auf Italienisch übrigens „cameriere“.

19 August 2007

Und sie bewegt sich doch!



Die vor einigen Wochen von mir ins Spiel gebrachte Aktion „Anna muss bloggen!“ ist ein voller Erfolg – denn Anna bloggt!

Sherlock Matt hat die ebenso scheue wie enigmatische Saarländerin in den Weiten des Webs aufgespürt. Nun möchte ich alle Doc Watsons da draußen – vor allem Olaf – ermuntern, es mir gleich zu tun.

Einfach so ausplaudern werde ich ihre URL natürlich nicht. Andererseits: „Jeder Mensch ist käuflich, es ist nur eine Frage des Preises“, schrieb mal ein bedeutender Philosoph im 25. Kommentar zu diesem Text, und wenn das richtige Angebot rüberkommt – wer weiß.

Tipp für den Anfang: Sie nutzt Wordpress, und ihren Blogkopf ziert das abgebildete stimmungsvolle Foto. Wer als erster ihre Blogadresse in einem Kommentar erwähnt, erhält natürlich einen der weltberühmten CD-Sampler aus original Reeperbahnrückseitenproduktion.

Das könnte vielleicht auch ein Outinganreiz für Anna selber sein …

09 August 2007

Das Plattenrätsel



Eine Wand seines Musikzimmers tapeziert Andreas immer wieder neu mit wechselnden Plattencovers, die stets eine Gemeinsamkeit aufweisen, zum Beispiel Obstmotive, Leute mit Hut oder Bands, die uns den Rücken zuwenden – alles ist denkbar.

Neuerdings hängt bei ihm das abgebildete Ensemble, welches ich direkt vorm Platziertwerden ablichten konnte. Ich tumber Tor stand indes ratlos davor und kam einfach nicht auf das gemeinsame Kriterium, welches all diese Cover als homogene Gruppe definiert.

Doch bestimmt ist nicht jeder so begriffsstutzig wie ich, und deshalb lobe ich mal wieder einen selbstkompilierten CD-Sampler aus für jenen Schlaumeier, der mir als erstes per Mail mitteilt, aus welchem Grund wohl Andreas ausgerechnet auf dieses Plattencoverensemble gekommen ist.

Er hat’s mir schließlich verraten – und natürlich fiel es mir sofort wie Schuppen aus den Haaren. Aber hinterher ist man ja immer schlauer.

Andreas selbst, seine Verwandten und Leute mit unmittelbarem Zugang zu seinen Kontaktdaten sind natürlich von der Verlosung ausgeschlossen. Und nicht schummeln – das gibt schlechtes Karma!

07 Juli 2007

Lauter Banalitäten, aber wenigstens musikalische

Bereits gestern hatte mich Heißhunger auf bretonische Harfenmusik gepackt.

Wahrscheinlich lag es an etwas Kreuzbanalem, vielleicht war beim Skippen durchs „Fernseh” (Poodle) irgendwo im Off ein Harfenpartikel aufgeblitzt und hatte mir à la Proust eine verschollene Erinnerung aus dem Gedächtnis gefischt.

Heute jedenfalls gestand ich Ms. Columbo diesen Heißhunger – und gleich darauf auch das Bedürfnis, ihn endlich zu stillen, hier und jetzt.

Gottergeben sah sie mir zu, wie ich zur LP-Sammlung schritt und drei 70er-Jahre-Alben der bretonischen Harfencombo An Triskell hervorzog, um eine nach der anderen umstandslos aufzulegen – nicht ohne in erklärendes Salbadern zu verfallen übers Weshalb und Warum dieses von ihr richtigerweise als „schräg“ rubrizierten Tuns.

Aus welchen Gründen ich Ms. Columbo dann aber mit Zeltingers Kölschpunk „Müngersdorfer Stadion“ malträtierte, bleibt unklar. Und warum bloß stellte ich uns danach unter die prasselndste Fremdschämvolldusche seit „Borat“, nämlich mit Udo Lindenbergs „Wozu sind Kriege da?“? Der Abend endete dennoch versöhnlich, dank eines Dylan-Bootlegs („The Genuine Basement Tapes“, Teil 3).

Wen das alles interessieren soll, liegt übrigens genauso im Dunkeln wie die Ursache meines Heißhungers auf bretonische Harfenmusik.

Hat eigentlich jemand die Vinylsingle „Blanc bleu rouge“ von An Triskell? Das Ding muss ich haben. Wirklich.

08 Juni 2007

Das Rot von Ochsenblut

Hm, hat der Hauseigentümer die Farbe seines Wagens nun auf die Immobilienfassade abgestimmt oder umgekehrt?

Jedenfalls alles sehr stilbewusst hier in der Thadenstraße. Dort haben wir uns heute Abend ein italienisches Restaurant gesucht, um ein kleines Jubiläum zu begehen, und sogar die Farbe der Tomaten auf unserer Bruschetta schien mit dem Umgebungston harmonieren zu wollen.

Als ich nach der Penne arrabiata aufsah, war der ochsenblutrote Wagen vor dem ochsenblutroten Haus mit dem ochsenblutroten Graffito allerdings verschwunden.

Vielleicht war also alles nur ein Zufall. Vielleicht sind wir doch keine Deppen in der Matrix, denen man ab und zu mal kleine ästhetische Irritationen vorsetzt, um zu sehen, ob und was sie darüber bloggen.

Sehr beruhigend.

21 April 2007

Im Aidadivawahn

Es ist ein Witz. Hunderttausende strömen an die Landungsbrücken, drängen sich an den Weinstöcken am Stintfang, treten sich am Fuß des Hafenhotels auf die Füße, und alle haben nur ein Ziel: 68 500 Bruttoregistertonnen namens Aidadiva beim trägen Elbabwärtsfahren zuzusehen.

Was wollen diese Menschen hier? Interessiert sie die Lasershow? Das Feuerwerk? Oder wirklich nur das monströs dicke Schiff, das ihrer wildesten Träume verkörpert von Müßiggang und Fernweh?

Es ist ein Witz. Und ich bin mittendrin.

03 April 2007

Das Farb-Mäuse-Rätsel

In den Ottenser Zeisehallen findet ab und zu ein Flohmarkt statt. Er ist stets eine Sammelstelle für Wollsocken, Kräuterteefreaks und Atomkraft-nein-danke-Buttonträger. Nichts gegen Leute, die gegen Atomkraft sind, keineswegs, das bin ich ja selbst, aber optisch und mental geht mit ihnen oft einiges einher, das mich nicht gerade dazu bewegt, auf Deibel komm raus ihre Freundschaft zu suchen.

Im Kontext dieser spezifisch gestrickten Flohmarktbevölkerung muss man auch die zahlreichen Aushänge bewerten, die sich an einem als schwarzes Brett missbrauchten Gitterkonstrukt am Seitenausgang den vorüberziehenden Zeisehallenbesucherströmen präsentieren. Zum Beispiel das heute abgebildete.

Was will der explizit handylose Mensch überhaupt? Was zum Beispiel sind „FARB-MÄUSE“? Und warum fragt er, der FARB-MÄUSE-Anbieter, selbst irritiert nach dem Warum? Woran überhaupt soll man „Interresse“ haben?

Sind das etwa alles Chiffren, die jeder sofort versteht, der Wollsocken trägt und einen Atomkraft-nein-danke-Button? Und warum hat der Aushangkreateur „noch kein Handy“?

Vielleicht hat ja jemand Lust, das mithilfe seiner hinterlassenen Adresse zu klären, wozu man natürlich warten muss, bis der FARB-MÄUSE-Freak wieder mal vorbeikommt, sie sich notiert und dann von sich aus den Kontakt herstellt.

Ach, vielleicht mach ich das morgen selbst. Was tut man nicht alles, um auch in Zukunft was zum Bloggen zu haben.

05 September 2006

Am Rand der Lawine

Wie viele andere Blogger erhielt ich heute einen kryptischen und handgeschriebenen Brief, dem zudem ein alter Autoschlüssel beilag. Sein Motto: „Hustle the sluff!“, was so viel heißen soll wie „Tritt die Lawine los!“ Na, das passiert ja wohl auch gerade.

Nur konsequentes Nichterwähnen des Schreibens hätte es verhindert, mich hier selbst zum Büttel dieses viralen Marketings zu machen, doch dazu ist heute zu wenig Bloggenswertes passiert. Ich verbreite das Virus also gewissermaßen aus Ereignislosigkeit.

Moralisch ist das natürlich verwerflich. Immerhin kann ich mir zugute halten, mit nur recht schläfrigem Interesse der Auflösung des Rätselspiels entgegenzublicken.

Das Ganze erinnert mich an einen hübschen Aphorismus von Werner Mitsch, den ich unlängst in den Kommentaren von brittbees Blog entdeckte: „Wer die Ursache nicht kennt, nennt die Wirkung Zufall.“

Auf durchaus ähnliche Weise kommt auch die heutige Bebilderung zustande. Sie zeigt die untere Ebene des Berliner Hauptbahnhofs, was immerhin den Bezug herstellt zum Lawinenlostreter (der in Berlin lebt) – und mit hinterfotziger Eleganz
noch mal verweist auf den Blogeintrag über Herrn Mehdorns gesammeltes Schweigen.

Und das ist auch gut so.

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Briefe
1. „The letter“ von The Box Tops
2. „Black letter days“ von Frank Black & The Catholics
3. „An open letter to NYC“ von The Beastie Boys

16 März 2006

Die Korruptionswahrscheinlichkeit von Kahn & Co.

Alles überschlägt sich. Die ganze Welt gerät ins Wanken und – noch schlimmer – vielleicht gar die WM. Der Grund für meine düsteren Worte: Gestern meldete die Münchner Boulevardzeitung tz, Jungnationalspieler und Schlichtgemüt Bastian Schweinsteiger gelte als Beschuldigter im Wettskandal.

Nur mühsam beherrscht und
tz-schwenkend trat daraufhin Bayernvorstand Karl-Heinz Rummenigge vor die Presse und dementierte: „Sebastian Deisler, äh, Sebastian Schweinsteiger“ sei keinesfalls in irgendwas verwickelt.

Die Meldung wirkte sich auf die gestern hier gestartete Umfrage, wen die Blogosphäre für den Bestochenen hält, übrigens nicht aus. Schweini gilt uns als relativ integer; er erhielt lediglich 3,13 % der Stimmen.

Der Zwischenstand birgt dennoch Überraschendes. Gleich drei Hauptverdächtige liegen zurzeit Kopf an Kopf vorne, alle punktgleich mit einer Korruptionswahrscheinlichkeit von je 9,38 Prozent – und zwar: Mike Hanke (klar), Oliver Kahn (hä?) und Timo Hildebrandt (wieee bitte??). Es kann natürlich weiter abgestimmt werden; weitere Zwischenergebnisse werden folgen.

Wir Hamburger – St. Paulianer ganz besonders – können die ganze Entwicklung übrigens überlegen feixend verfolgen. Schließlich stellen wir keinen einzigen deutschen Nationalspieler. Endlich hat das mal einen Vorteil.

Einst, in der Gutenaltenzeit, beschäftigten sich Profifußballer übrigens eher damit, sich zum Affen zu machen als Schmiergeld einzusammeln. Deshalb gibt es heute Teil 2 der Fußballsongs, und zwar wie immer …


… ex cathedra: Die Top 3 der von Kickern gesungenen Songs (die ersten beiden Plätze verkündet von BJ Andreas)

1. „Das Mädchen meiner Träume“ von Helmut & Erwin Kremers
2. „Head over heels in love“ von Kevin Keegan
3. „Dann macht es bumm“ von Gerd Müller


15 März 2006

Wer ist das schwarze Schaf?

Unfassbar: Ein neuer Wettskandal erschüttert Fußballdeutschland! Und diesmal sollen nicht nur unterklassige Knallchargen beteiligt sein, sondern sogar ein Nationalspieler. Ob damit ein deutscher gemeint ist? Zurzeit noch offen.

Mal angenommen, es wäre so: Welcher Kandidat ist wohl der wahrscheinlichste? Unten folgt der derzeitige WM-Kader der deutschen Nationalmannschaft. Mein Favorit steht fest, aber den verrate ich (noch) nicht. Ich warte erst einmal aufs Votum der Blogosphäre per Mail. Hier die Liste aller Bewerber:


Timo Hildebrand
Oliver Kahn
Jens Lehmann
Arne Friedrich
Manuel Friedrich
Robert Huth
Marcell Jansen
Philipp Lahm
Per Mertesacker
Christoph Metzelder
Patrick Owomoyela
Michael Ballack
Tim Borowski
Sebastian Deisler
Fabian Ernst
Torsten Frings
Sebastian Kehl
Bernd Schneider
Bastian Schweinsteiger
Gerald Asamoah
Mike Hanke
Miroslav Klose
Lukas Podolski


Das Ergebnis erfahrt ihr alsbald an dieser Stelle, und unter allen Teilnehmern wird natürlich wieder ein Matt-Sampler verlost.


Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Fußballbezug, verkündet von BJ Andreas

1. „Three Lions“ von The Lightning Seeds
2. „You'll never walk alone“ von Gerry & the Pacemakers
3. „Bodo Ballermann“ von Udo Lindenberg.

09 November 2005

Die Brötchenfrage

Ob Beziehungen funktionieren, hängt nach allgemeiner Auffassung wesentlich davon ab, wer welche Brötchenhälfte mag. Brötchenhälftenvorlieben gelten als mindestens so wichtig wie Wesenszüge, Kinogeschmack oder das Bevorzugen bestimmter Sexualpraktiken.

Neueste Erkenntnisse legen jedoch nahe, daß die Brötchentheorie überdacht werden muß. Denn es ist, wie die Feldforschung ergab, objektiv und in jedem Fall ein Unglück, die obere Hälfte zu erwischen, selbst wenn die Brötchen von Rönnfeld kommen.

Das liegt an der Statik, die mit jedem Bissen wechselt. Eine frisch beschmierte obere Brötchenhälfte ist in der Regel fein ausbalanciert. Zwar reagiert sie seismografisch auf grobes Abstellen von Kaffeetassen oder Tritte ans Tischbein. Sie schaukelt wie trunken, pendelt sich aber wieder ein – eine wunderbare Erfindung der Evolution.
Das Problem beginnt mit dem ersten Bissen. Plötzlich ist die empfindliche Balance gestört, die obere Hälfte taumelt, sie kippt, sie fällt schließlich ächzend auf die Seite. Und der Honig fließt runter. Beim Versuch, das Brötchen wieder aufzurichten, besudelt man sich in der Regel die Hand und klebt den ganzen Tag.

Wer oft obere Hälften erwischt, entwickelt Problemlösungsfantasien. Beispielsweise versucht er, den zweiten Bissen genau gegenüber anzusetzen. Die Brötchenhälfte entwickelt aber ebenso ausgefeilte Umkippfantasien. Weitere, mit Hilfe eines Winkelmessers sehr zielgenaue Bisse fruchten nichts. Gegenüber steht derweil die ganze Zeit die untere Brötchenhälfte felsenfest auf dem Brett, beobachtet die Szenerie und feixt bis zum letzten Haps.


Ich kenne einen Bäcker, der sagt, es sei technisch kein Problem, Brötchen mit zwei unteren Hälften zu backen. Der Mann könnte Beziehungen retten.


Das heutige Foto hat mit Backwaren überhaupt nichts zu tun, sondern eher mit dem Eintrag von gestern. Die Fassadenbeleuchtung des Ibis-Hotels am Ende der Reeperbahn sieht nämlich irgendwie alienesk aus. Oder dämonisch? Heute jedenfalls musste sie sich fotografieren lassen. Ich hoffe, ich habe ihr damit nicht die Seele geraubt.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Wicked game“ von Chris Isaak, „Dining“ von Greg Murray und „Common people“ von William Shatner.

08 November 2005

Die Außerirdischen

Seit ich eine Flatrate habe, stelle ich ungenutzte Online-Zeit und Rechnerleistung dem amerikanischen SETI-Institut zur Verfügung. SETI heißt „Search For Extraterrestial Intelligence“, doch dahinter verbirgt sich kein spinnerter Ufo-Verein, sondern eine Forschungseinrichtung, die Radiowellen aus dem All analysiert, um festzustellen, ob irgendeine davon künstlichen Ursprungs sein könnte. Wegen der für Raumschiffe unüberbrückbaren Distanzen im All wäre das die einzige Chance, überhaupt zu erfahren, ob wir wirklich ein Dasein in kosmischer Einsamkeit fristen oder nicht.

Den Unterstützern schickt SETI übers Internet Datenpäckchen, die ein auf dem heimischen Rechner installiertes Programm
automatisch checkt und wieder zurückschickt. Und jeder von uns SETIanern hofft natürlich, er möge derjenige sein, der als erster E.T.s Stimme aus dem chaotischen Chor des kosmischen „Schalls“ herausfiltert.

Vielleicht die einzige Chance zur Unsterblichkeit, wo es schon für Nobel- oder Pulitzerpreis nicht reicht … Bisher hat es bei mir aber noch nicht „Bingo!“ gemacht.


Dafür habe ich vor einiger Zeit am Schulterblatt mal einen Scheinwerfer fotografiert, der die tiefhängenden Wolken dergestalt anstrahlte, dass es aussah, als beamte sich ein Klingone was Nettes von der Erde hoch. Das Foto war meines Erachtens als Ufo-Fake gar nicht soooo unüberzeugend. Also habe ich es einer dieser durchgeknallten Zeitschriften zugespielt, die an grüne Männchen, Untertassen und Roswell glauben. Aber wahrscheinlich kriegen die von Schlaumeiern wie mir jeden Tag so was zugemailt; jedenfalls gab's keine Reaktion.


Das Bild ist trotzdem ganz hübsch, wie ich finde.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Great waves“ von Dirty Three & Cat Power, „Roch'n'Roll“ von The Sounds und „Contact myself“ von Katja Werker.