11 Oktober 2005

Die Jukebox

Ja, es war ein Jugendtraum: eine eigene Jukebox, zu Hause, ganz für mich allein, mit meinen Lieblingssingles.

Dazu braucht man aber nicht nur einen Batzen übriges Geld und eine verständnislos-tolerante Lebensgefährtin, sondern auch die entsprechende Wohnung.


Die in St. Pauli hatte das richtige Format, endlich. Und schon kurz nach unserem Einzug ging ich Kleinanzeigen durch, telefonierte mit Inserenten, zockelte nach Wandsbek und Winterhude, nach Barmbek und Eimsbüttel – und schließlich nach Stillhorn, wo sie stand: meine Musikbox. Eine echte Wurlitzer.

Keine aus den Fünfzigern, die sind unbezahlbar, aber die späten Siebziger sind ein guter Kompromiss – vor allem, wenn die Lichtspiele der Box so hübsch kitschigbunt psychedelisch verspiegelt sind, dass es kaum stört, dem Plattenteller nicht beim Rotieren zusehen zu können.

Der Privatverkäufer, Cheffe einer vielköpfigen Sintifamilie, erbot sich, mit Hilfe diverser kräftiger Söhne den vier Zentner schweren Apparat nach Hamburg zu fahren, was ich gerne annahm
.

So geschah es. In St. Pauli luden sie den Trumm vom Transporter, stellten ihn ächzend auf dem Bürgersteig ab – und fuhren zu meiner Überraschung davon, wenngleich nicht grußlos. Da stand ich also nun, 80 plus 220 Kilo, ratlos. Ein paar herbeitelefonierte Freunde versuchten, mit mir das Ding in den zweiten Stock zu hieven, doch wir schafften nur eine einzige Treppenstufe. Und es drohte die Dunkelheit St. Paulis, wenn ihr wisst, was ich meine.


Mir blieb nichts anderes übrig, als – quasi über ein Notdiensttelefon – eine Spedition herbeizuflehen. Zwei Gorillas, ausgerüstet mit Tragegurten und einer an tausend Klavieren geschulten Grundgrimmigkeit, wuchteten die Wurlitzer hoch in den Flur.


Hat schon mal jemand einen Schlüsseldienst gerufen, weil er sich ausgesperrt hatte? Nun, die Kosten sind vergleichbar. Am Ende zahlte ich für sieben Meter Luftlinie rund ein Siebtel des Preises der Box.
Immerhin weiß ich jetzt ziemlich genau, was ein Jugendtraum wert ist.

Details auf Anfrage.


2 Kommentare:

  1. Ich würde behaupten wollen, "das" Trumm klänge besser als "den" Trumm.

    Aber ich sage ja auch der Butter und der Radio.

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  2. Rein klanglich gesehen mögen Sie Recht haben, laut Duden indes geht beides. Zumindest bei „Trumm“ ...

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